Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätinnen Dr. Pollak, Mag. Hainz Sator und MMag. Ginthör sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, in der Revisionssache der Ärztekammer für Kärnten in Klagenfurt, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Gernot Murko, Mag. Christian Bauer, Mag. Gerlinde Murko und Mag. Daniel Herbert Klatzer, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 6/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 31. Juli 2020, Zl. KLVwG 1423/39/2019, betreffend Errichtungsbewilligung für ein selbständiges Ambulatorium (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kärntner Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Dr. E S in K, vertreten durch die Tschurtschenthaler Walder Fister Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch Platz 7), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Ärztekammer für Kärnten hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 1.1. Mit Spruchpunkt I. des Bescheids vom 3. November 2015 erteilte die belangte Behörde der Revisionswerberin über deren Antrag vom 29. August 2013, zuletzt geändert mit Eingabe vom 17. Juni 2015, gemäß § 13 der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1999 K KAO, LGBl. Nr. 26, die sanitätsbehördliche Errichtungsbewilligung für ein „entwicklungsdiagnostisches/therapeutisches Ambulatorium“ für Kinder und Jugendliche mit neurologischen und/oder psychischen Auffälligkeiten mit der Bezeichnung „Ambulatorium K“ an einem näher bezeichneten Standort in Klagenfurt.
2 Die dagegen von der Ärztekammer für Kärnten erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten mit Erkenntnis vom 5. August 2016 ab.
3 Dieses Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof, einer (außerordentlichen) Revision der Revisionswerberin stattgebend, mit Erkenntnis vom 23. November 2017, Ra 2016/11/0145, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.
4 1.2. Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Beschluss vom 22. Februar 2018 hob das Verwaltungsgericht, gestützt auf § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG, den eingangs erwähnten Spruchpunkt I. des Bescheids der belangten Behörde auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurück.
5 Diesen Beschluss hob der Verwaltungsgerichtshof, einer (außerordentlichen) Revision der Mitbeteiligten stattgebend, mit Erkenntnis vom 26. Juni 2019, Ra 2018/11/0092, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.
6 1.3. Im fortgesetzten Verfahren wies das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde der Revisionswerberin neuerlich ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
7 Das Verwaltungsgericht stellte als Anstaltszweck ein entwicklungsdiagnostisches und therapeutisches Angebot für Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsauffälligkeiten sowie neurologischen und/oder psychischen Störungen (und die begleitende Betreuung der Angehörigen) fest. Sodann stellte das Verwaltungsgericht das Leistungsangebot durch wörtliche Wiedergabe von Teilen einer Vereinbarung zwischen „Land Kärnten und Krankenversicherungsträger“ fest, gegliedert in (jeweils näher beschrieben) Zielgruppe, medizinische bzw. fachärztliche Untersuchung und Therapie, klinisch-psychologische Diagnostik bzw. Behandlung, psychologische Beratung, psychotherapeutische Diagnostik bzw. Behandlung, ergotherapeutische Diagnostik bzw. Therapie, logopädische Diagnostik bzw. Therapie, sowie die vorgesehene Personalausstattung und die Öffnungszeiten.
8 Das Einzugsgebiet erfasse rund um den beabsichtigten Standort in Klagenfurt 33 Gemeinden mit 226.739 Menschen oder 40,4% der Kärntner Gesamtbevölkerung. Im Einzugsgebiet würden daher ca. 6.700 Menschen im Alter zwischen drei und 18 Jahren leben, die eine Krankheit mit psychischer Auffälligkeit haben dürften.
9 Zu den Wartezeiten stellte das Verwaltungsgericht fest, von den zwölf im Einzugsgebiet befindlichen einschlägigen Fachärzten seien nur sechs „versorgungswirksam“, die anderen sechs Wahlärzte seien nicht einschlägig tätig. Von den sechs einzubeziehenden Fachärzten seien fünf Wahlärzte; ein Facharzt verfüge über eine Kassenplanstelle. Einer der sechs Fachärzte könne keine neuen Patienten aufnehmen, drei Fachärzte behandelten (zwei davon „nach Möglichkeit“) noch am selben Tag Akutfälle, zwei weitere binnen einer Woche. Die Wartezeiten bei nicht dringlichen Fällen reichten von „ein bis zwei Wochen“ bis zu rund einem Monat. Ein Facharzt habe keine Wartezeiten angegeben. Nach den Ausführungen des Gutachters stellten die Wahlärzte „kein niederschwelliges Angebot“ dar, weil die Patienten in Vorleistung treten müssten, was für die Zielgruppe des Ambulatoriums (sozioökonomisch „nieder gestellte“ Kinder und Familien) nicht machbar sei.
10 Das geplante Ambulatorium werde auf Grund der „weiterhin ausnützbaren Betriebsbewilligung“ derzeit betrieben. Es sei im Datenmaterial, welches von den Kassen vorgelegt worden sei, berücksichtigt worden. Der Vergleich der Fallzahlen bei Vertragseinrichtungen und bei den Wahlärzten zeige, dass den Wahlärzten nur „sehr geringe Versorgungsrelevanz“ zukomme. Bei Wegfall des bereits versorgungswirksamen geplanten Ambulatoriums ergebe sich ein noch größerer Mangel in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen, und es entstünden weitaus längere Wartezeiten.
11 Die von der Mitbeteiligten vorgelegten eigenen Erhebungen würden sich mit der Wartezeitenerhebung des Entwicklungs- und Planungsinstituts für Gesundheit (EPIG) und dem Datenmaterial der Krankenkassen decken.
12 Die beteiligten Krankenkassen hätten einen Bedarf bejaht. Es sei eine begründete Stellungnahme des Kärntner Gesundheitsfonds eingeholt worden, in der mit Blick auf das bestehende Versorgungsangebot im Einzugsgebiet festgehalten werde, dass das Ambulatorium eine Verbesserung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen/neurologischen Erkrankungen darstelle.
13 Beweiswürdigend stützte das Verwaltungsgericht seine Feststellungen insbesondere auf ein (von der belangten Behörde beauftragtes) Gutachten und zwei (vom Verwaltungsgericht beauftragte) Ergänzungsgutachten des EPIG sowie die Ausführungen des sachverständigen Gutachters in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.
14 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst zunächst aus, der Umstand, dass das Ambulatorium seit Jahren betrieben werde, sei für das vorliegende Verfahren nicht weiter von Belang.
15 Das Gutachten des EPIG habe das Einzugsgebiet schlüssig ausgehend vom Standort innerhalb eines 30 Minuten-Radius mit 33 (namentlich aufgezählten) Gemeinden festgelegt und werde der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt. Auch der Österreichische Strukturplan Gesundheit 2017 definiere 30 Minuten als „Erreichbarkeitsfrist“ für die ambulante Kinder- und Jugendpsychiatrie.
16 Aus den Angaben der Krankenkassen und des Sachverständigen ergebe sich, dass die Wahlärzte im Hinblick auf die Anzahl der versorgten Patienten „mangelnd“ bzw. „nur wenig“ versorgungsrelevant seien. Eine „quantitative Betrachtungsweise“ ergebe somit das Vorliegen eines Bedarfs.
17 Aus dem Gutachten des EPIG ergebe sich bei den „relevanten Leistungsanbietern“ eine Wartezeit von „etwa einer Woche bis einem Monat“ für nicht akute Fälle und von einigen Tagen bei akuten Fällen. Zwar sei „bei wenigen Wahlärzten im Einzugsgebiet keine Überschreitung“ der in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genannten zumutbaren Wartezeit von zwei Wochen in nicht dringenden Fällen und von einem Tag in Akutfällen gegeben. Das Argument der Revisionswerberin, es bestehe auf Grund der geringen Wartezeiten bei Wahlärzten kein Bedarf am zu bewilligenden Ambulatorium, sei nicht relevant, da im Fachgebiet Kinder und Jugendpsychiatrie das Hauptaugenmerk auf eine „qualitative Betrachtungsweise“ im Sinn eines (finanziell) „niederschwelligen Angebots“ zu richten sei.
18 Die Revisionswerberin sei dem Gutachten und den Ergänzungsgutachten des EPIG nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
19 Das zu bewilligende Ambulatorium sei im Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG) Kärnten 2025 als fester Bestandteil der ambulanten Versorgung von Kindern und Jugendlichen genannt. Dies habe im Hinblick auf § 13 Abs. 3 K KAO „Relevanz“, weil die Bedarfskriterien ausgehend von den Ergebnissen der Planung des jeweiligen RSG zu prüfen seien.
20 Nach den Ausführungen des Sachverständigen, welche nicht bestritten worden seien, entspreche das multiprofessionelle und interdisziplinäre Angebot der Entwicklungstendenz in der Medizin.
21 Zusammenfassend könne durch das geplante Ambulatorium daher eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes erreicht werden, sodass der Bedarf gegeben sei.
22 1.4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, auf § 13 Abs. 8 K KAO in Verbindung mit Art. 133 Abs. 8 B VG gestützte (außerordentliche) Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren durchgeführt, in welchem die belangte Behörde und die Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstatteten, auf welche die Revisionswerberin replizierte.
23 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
24 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
25 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
26 3.1. Gemäß Art. II Abs. 3 der Novelle LGBl. Nr. 82/2013 zur K KAO sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle (die Kundmachung erfolgte am 17. Dezember 2013) anhängige Verfahren über Anträge gemäß § 13 nach der früheren Rechtslage weiterzuführen (vgl. VwGH 23.11.2017, Ra 2016/11/0145).
27 Im Hinblick darauf, dass das dem Revisionsfall zugrundeliegende Verfahren zur Erteilung einer Errichtungsbewilligung für ein selbständiges Ambulatorium im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle LGBl. Nr. 82/2013 bereits anhängig war, ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, (weiterhin) die K KAO idF der Novelle LGBl. Nr. 78/2012 maßgeblich. Es genügt daher, auf die Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen im Erkenntnis VwGH Ra 2016/11/0145 gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zu verweisen.
28 3.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Vorerkenntnis Ra 2016/11/0145 (mwN) seine ständige Rechtsprechung zur Bedarfsprüfung bei selbständigen Ambulatorien zusammengefasst. Demnach ist ein Bedarf nach einem selbständigen Ambulatorium dann gegeben, wenn dadurch die ärztliche Betreuung der Bevölkerung wesentlich erleichtert, beschleunigt, intensiviert oder in anderer Weise wesentlich gefördert wird. Als wichtigster Indikator für die Beantwortung der Bedarfsfrage betreffend selbständige Ambulatorien ist nach dieser Rechtsprechung die durchschnittliche Wartezeit anzusehen, die der Patient im Einzugsbereich in Kauf nehmen muss. Eine Wartezeit von etwa zwei Wochen in nicht dringenden Fällen hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur für durchaus zumutbar gehalten und selbst bei einem Überschreiten dieses Richtwertes in einzelnen Fällen um einige Tage noch kein unzumutbares Versorgungsdefizit gesehen. Von einem Bedarf nach einem beabsichtigten Ambulatorium kann der Judikatur zufolge dann nicht die Rede sein, wenn im Großen und Ganzen die Wartezeiten zwei Wochen nicht übersteigen und Akutpatienten noch am selben Tag behandelt werden. Als unabdingbare Voraussetzung für die Feststellung des Bedarfs wurde freilich angesehen, dass das Einzugsgebiet für das zu bewilligende Ambulatorium klar umrissen ist, wobei eine Bindung an Bezirks und Landesgrenzen nicht gegeben sei. Bei der Bedarfsprüfung sind nach der zitierten Judikatur die im Einzugsgebiet des Ambulatoriums gelegenen bestehenden Behandlungseinrichtungen zu berücksichtigen. Die Größe des Einzugsgebietes hängt unter anderem wesentlich vom jeweiligen medizinischen Fachgebiet in der Weise ab, dass bei häufig in Anspruch genommenen Leistungen (zB allgemein oder zahnmedizinischen Leistungen) das Einzugsgebiet kleiner anzusetzen ist als bei selten in Anspruch genommenen Facharztleistungen; bei solchen sei den Patienten eine längere Anreise zuzumuten als bei Inanspruchnahme von allgemeinmedizinischen Leistungen. Vor diesem Hintergrund, so die Judikatur, erfordert die Prüfung der Bedarfslage mängelfreie Feststellungen hinsichtlich des in Frage kommenden Einzugsgebietes des Ambulatoriums sowie darüber, in welchem Umfang ein Bedarf der in Frage kommenden Bevölkerung nach den angebotenen medizinischen Leistungen besteht und inwieweit er durch das vorhandene Angebot befriedigt werden kann. Dazu sind insbesondere Feststellungen hinsichtlich der Anzahl, der Verkehrsverhältnisse (Erreichbarkeit) insbesondere hinsichtlich öffentlicher Verkehrsmittel und Betriebsgröße der in angemessener Entfernung gelegenen bestehenden Behandlungseinrichtungen sowie deren Ausstattung und Auslastung (Ausmaß der Wartezeiten) erforderlich. Nicht ausreichend ist nach der Judikatur hingegen die Übereinstimmung des zu beurteilenden Projekts mit dem Österreichischen Strukturplan Gesundheit, der die Prüfung des Bedarfs anhand der genannten Kriterien nicht ersetzt.
29 3.3.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das Verwaltungsgericht habe keine konkreten, widerspruchsfreien Feststellungen zum Einzugsgebiet und im Besonderen zum zumutbaren durchschnittlichen Zeitaufwand für die Anreise zum Ambulatorium getroffen und sich auf das mangelhafte Gutachten des EPIG gestützt. Auch fehle eine Begründung für das angenommene Einzugsgebiet. Die Anwendung eines „30 Minuten Radius“ als Einzugsgebiet stehe in Widerspruch zu den Ausführungen im Gutachten, wonach eine Bereitschaft von Patienten für psychiatrische Versorgung für Wegstrecken von mehr als 30 Minuten gegeben sei. Im Gutachten habe das EPIG auch Bereiche außerhalb dieses Radius einbezogen. Auch seien im Gutachten Gemeinden als Ganzes in das Einzugsgebiet einbezogen worden, bei denen das Ambulatorium lediglich von deren Zentrum aus innerhalb von 30 Minuten erreichbar sei.
30 Der Sache nach wendet sich die Revision damit gegen die Beweiswürdigung. Sie legt jedoch mit ihrem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen nicht konkret auf den Fall bezogen dar, dass das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (zum diesbezüglichen Prüfungsmaßstab vgl. etwa VwGH 27.10.2020, Ra 2019/11/0022, mwN). Insoweit die Revision aber eine Widersprüchlichkeit in Zusammenhang mit der Anwendung des „30 Minuten Radius“ behauptet, geht dieses Vorbringen fallbezogen schon deswegen ins Leere, weil es auf die Bereitschaft von Patienten, bestimmte Wegstrecken für die Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen auf sich zu nehmen, für die Abgrenzung des Einzugsgebietes nicht ankommt.
31 In Bezug auf das Einzugsgebiet wird eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG somit nicht aufgezeigt.
32 3.3.2. Sodann wendet sich die Revision in der Zulässigkeitsbegründung gegen die Art der Ermittlung der Wartezeiten, welche ausschließlich durch Befragung der im Einzugsgebiet angesiedelten Fachärzte vorgenommen worden sei.
33 Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. März 2015, 2013/11/0048, unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 10. März 2009, C 169/07, Hartlauer , ausgeführt hat, Wartezeiten könnten sofern deren Feststellung auf objektiven Ermittlungsergebnissen beruht je nach ihrem Ausmaß für oder gegen den Bedarf entsprechender Leistungen in Krankenanstalten sprechen. Daran anknüpfend wurde im hg. Erkenntnis vom 27. April 2015, 2012/11/0055, unter Bezugnahme auf das genannte Urteil des EuGH entschieden, dass eine Wartezeiterhebung „lediglich“ mittels Befragung bestehender, mit der zu bewilligenden Krankenanstalt in wirtschaftlicher Konkurrenz stehender Einrichtungen nicht geeignet ist, eine objektive und unparteiliche Ermittlung der Wartezeiten zu gewährleisten (vgl. auch VwGH 13.12.2018, Ro 2017/11/0009).
34 Ein Abweichen von dieser Rechtsprechung zeigt die Revision schon deswegen nicht auf, weil das Verwaltungsgericht seiner Beurteilung der Wartezeiten im vorliegenden Fall nicht ausschließlich die Ergebnisse der vom EPIG bzw. ergänzend von der belangten Behörde selbst durchgeführten Befragung bestehender, mit der zu bewilligenden Krankenanstalt in wirtschaftlicher Konkurrenz stehender Einrichtungen zu Grunde legte. Vielmehr berücksichtigte das Verwaltungsgericht auch das „vorgelegte Datenmaterial der gesetzlichen Kassen“, welches sich mit der Wartezeitenerhebung des EPIG decke. Damit nimmt das Verwaltungsgericht erkennbar auch Bezug auf eine im Verfahren eingeholte Auswertung der Österreichischen Gesundheitskasse (vom 7. Februar 2020), nach welcher die Wartezeiten bei bestehenden Ambulatorien im Einzugsgebiet deutlich über jenen Wartezeiten liegen, die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung des Bedarfs genannt werden. Gegen dieses Beweisergebnis hat sich die Revisionswerberin weder im Verfahren noch in der Revision gewendet.
35 Vor diesem Hintergrund legt die Revision nicht dar, dass das Verwaltungsgericht in Zusammenhang mit der Art der Ermittlung der Wartezeiten fallbezogen von der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.
36 3.3.3. Zu ihrer Zulässigkeit macht die Revision weiters geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das bestehende Versorgungsangebot von Wahlärzten nicht berücksichtigt und dies damit begründet, dass diesen lediglich eine geringe Versorgungsrelevanz zukomme und ihr Angebot wegen der Notwendigkeit, finanziell in Vorleistung zu treten, nicht niederschwellig sei. Es sei auch den Bewilligungsunterlagen der Mitbeteiligten nicht zu entnehmen, dass sich das Ambulatorium vorrangig an sozial schwächere Menschen richte. Dieser Mangel sei auch relevant, weil das Verwaltungsgericht bei Berücksichtigung der Wartezeiten bei den Wahlärzten zum Ergebnis gekommen wäre, dass kein Bedarf bestehe.
37 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Vorerkenntnis Ra 2016/11/0145, klargestellt, dass in die Bedarfsprüfung nicht nur das Leistungsangebot niedergelassener Ärzte mit Kassenvertrag oder von Einrichtungen mit Kassenvertrag, sondern auch das der Wahlärzte und Wahlarzteinrichtungen einzubeziehen ist, soweit es sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähig ist (Rn. 49). Sollten, so der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis weiter, Wahlärzte ein einschlägiges Versorgungsangebot im Einzugsgebiet bereitstellen und lägen bei diesen die Wartezeiten in einem zumutbaren Bereich, dürfte dies insbesondere nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt allenfalls die Leistungen von Wahlärzten in geringerem Ausmaß in Anspruch genommen werden als die von niedergelassenen Ärzten mit Kassenvertrag (Rn. 56).
38 Auch hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. Mai 1997, 96/11/0342, unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 19. März 1996, 93/11/0274, zur Bedarfsprüfung bei einem Zahnambulatorium grundsätzlich ausgeführt, dass unzumutbare Wartezeiten bei der Hälfte der in Betracht kommenden Zahnbehandler bereits ein Indiz für einen Bedarf nach einem Ambulatorium darstellen. In seiner jüngeren Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Gedanken so formuliert, dass von einem Bedarf nach einem beabsichtigten Ambulatorium nicht die Rede sein kann, wenn „im Großen und Ganzen“ die Wartezeiten zwei Wochen nicht übersteigen und Akutpatienten noch am selben Tag behandelt werden (vgl. zuletzt VwGH 27.9.2019, Ro 2017/11/0019, mwN).
39 Im Revisionsfall wurden die Wartezeiten bei den Fachärzten im Ergebnis einem Ermittlungsauftrag im hg. Vorerkenntnis Ra 2018/11/0092, Rn. 26, entsprechend im Zuge der Erstellung des Gutachtens (vom 28. Jänner 2019) durch Befragung des EPIG und, bei den vom EPIG nicht erreichten Fachärzten, durch Befragung der belangten Behörde ermittelt. Die Ermittlungsergebnisse wurden in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 25. Februar 2020 hinsichtlich jedes einzelnen (namentlich genannten) Facharztes erörtert und in der Folge für ein ergänzendes Gutachten (vom 17. März 2020) die Wartezeiten bei weiteren Fachärzten durch Befragung des EPIG erhoben. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass von den insgesamt zwölf im Einzugsgebiet bestehenden einschlägigen Fachärzten nur sechs versorgungswirksam (im Sinn von Patienten behandelnd) seien, von denen einer einen Kassenvertrag habe und die anderen Wahlärzte seien. Von diesen sechs Fachärzten nehme einer keine neuen Patienten auf, bei Akutfällen würden zwei binnen einer Woche und drei (nach Möglichkeit) noch am selben Tag behandeln; bei nicht dringenden Fällen würden die Wartezeiten von „ein bis zwei Wochen“ bis zu rund einem Monat betragen. Diesen Feststellungen wird in der Revision nicht entgegengetreten. Weiters hat das Verwaltungsgericht die Wartezeiten bei den im Einzugsgebiet bestehenden einschlägigen Ambulatorien ermittelt. Aus der (bereits erwähnten) Auswertung der Österreichischen Gesundheitskasse ergibt sich als Beweisergebnis, dass die Wartezeiten (sowohl für akute als auch für nicht akute Fälle) jedenfalls über den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genannten zumutbaren Wartezeiten für die Beurteilung des Bedarfs liegen.
40 Vor diesem Hintergrund kann aber das Revisionsvorbringen dahinstehen, das Verwaltungsgericht habe bei der Einbeziehung der Wahlärzte in die Bedarfsprüfung zu Unrecht auf deren mangelnde Versorgungswirksamkeit und Niederschwelligkeit abgestellt. Angesichts der ermittelten Wartezeiten bei den bestehenden Einrichtungen im Einzugsgebiet (einschließlich der Wahlärzte), insbesondere jener für die Behandlung von Akutpatienten, legt die Revision mit ihrer unsubstantiierten Behauptung nicht konkret dar, dass das Verwaltungsgericht, hätte es die Bedarfsprüfung ausschließlich unter Heranziehung aller dieser Wartezeiten durchgeführt, zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass ein Bedarf zu verneinen sei. Damit gelingt es ihr aber nicht, ein entscheidungsrelevantes Abweichen des Verwaltungsgerichtes von der hg. Rechtsprechung aufzuzeigen.
41 Wenn sich die Revision in diesem Zusammenhang zu ihrer Zulässigkeit auch gegen Inhalte des Gutachtens des EPIG (betreffend die Auswahl der häufigsten Störungen im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie und eine im Gutachten entwickelte „qualitative Betrachtungsweise“) wendet, zeigt sie eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG schon deswegen nicht auf, weil sie diesem Gutachten im Verfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2019/11/0117).
42 3.3.4. Schließlich bringt die Revision zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe den RSG bei der Bedarfsprüfung entgegen § 13 Abs. 3 K KAO nicht bloß berücksichtigt, sondern diesem Verbindlichkeit beigemessen.
43 Auch damit wird keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG dargetan:
44 Gemäß § 13 Abs. 3 K KAO hat die Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, maW: ob ein Bedarf an dem geplanten Ambulatorium besteht, „ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen RSG“ unter Berücksichtigung der in dieser Bestimmung genannten Kriterien zu erfolgen.
45 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist (nach der insoweit vergleichbaren Rechtslage) zumindest bei einem selbständigen Ambulatorium die Übereinstimmung mit den Planungsvorgaben des ÖSG bzw. des RSG nicht zwingende Voraussetzung für die Erteilung der krankenanstaltenrechtlichen Bewilligung. Weder ersetzt also die Übereinstimmung eine Bedarfsprüfung an Hand der gesetzlichen Kriterien, noch ist bei Fehlen einer solchen Übereinstimmung die Bewilligung - selbst bei Erfüllung der gesetzlichen Bewilligungsvoraussetzungen - zwingend zu versagen (vgl. VwGH 13.12.2018, Ro 2017/11/0009, mwN; 4.4.2019, Ro 2017/11/0017).
46 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass das gegenständliche Ambulatorium im Regionalen Strukturplan Gesundheit Kärnten 2025 (als Teil der ambulanten psychosozialen Versorgung von Kindern und Jugendlichen) explizit angeführt sei, und folgerte im Rahmen der Bedarfsprüfung in rechtlicher Hinsicht, dies habe „mit Blick auf § 13 Abs. 3 K KAO Relevanz“. Das Verwaltungsgericht hat folglich dem RSG nicht in dem Sinn Verbindlichkeit beigemessen, dass die Nennung des gegenständlichen Ambulatoriums im RSG die Bejahung des Bedarfs vorweggenommen hätte, mithin an die Stelle der Bedarfsprüfung nach § 13 Abs. 3 K KAO getreten wäre. Vor diesem Hintergrund geht das Zulässigkeitsvorbringen, das offenkundig von einer solchen Verbindlichkeit ausgeht, aber ins Leere.
47 Es kann daher auch dahinstehen, inwieweit der Regionale Strukturplan Gesundheit Kärnten 2025, Version vom 16. Juli 2020, kundgemacht am 4. August 2020 unter Nr. 2/2020 im RIS (Sonstige Kundmachungen), im Revisionsfall überhaupt anzuwenden war.
48 Der Vollständigkeit halber wird Folgendes angemerkt: Die Revision regt (in den Revisionsgründen) an, der Verwaltungsgerichtshof möge einen Antrag nach Art. 139 und 140 B VG zur Aufhebung von Bestimmungen in Zusammenhang mit dem RSG stellen. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 6. Oktober 2021, V 46/2019 ua., ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit u.a. der grundsatzgesetzlichen Bestimmung des § 3a Abs. 3a KAKuG sowie von bundes(grundsatz) und landesgesetzlichen Bestimmungen betreffend die Erlassung der Verordnungen zur Verbindlicherklärung der Gesundheitspläne eingeleitet. Im Revisionsfall waren jedoch schon im Hinblick auf die anzuwendende Rechtslage weder der in Ausführung des § 3 Abs. 3a KAKuG erlassene § 13 Abs. 3a K KAO idF der Novelle LGBl. Nr. 24/2018 noch die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH über die Verbindlicherklärung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Kärnten 2025, kundgemacht am 28. Juli 2020 unter Nr. 5/2020 im RIS (Sonstige Kundmachungen), anzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof sieht schon aus diesem Grund keinen Anlass für einen entsprechenden Antrag nach Art. 139 bzw. 140 B VG.
3.3.5. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 8.2.2021, Ra 2020/11/0150, mwN).
49 4. In der Revision werden sohin insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
50 Der Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. und im Besonderen auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 24. Februar 2022
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