Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des DI F, vertreten durch Huber Huber Rechtsanwälte in 4050 Traun, Heinrich Gruber Straße 1, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 7. März 2019, LVwG 150854/43/RK/FE/CJ – 150855/6, betreffend einen Beseitigungsauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Stadtgemeinde Ansfelden; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die vom Revisionswerber gegen den Berufungsbescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde A. (im Folgenden: Gemeinderat) vom 11. Dezember 2015 erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ihm gemäß § 49 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994 Oö. BauO 1994 die Beseitigung der auf einem näher bezeichneten Grundstück errichteten, ein weiteres näher bezeichnetes Grundstück südlich und östlich umzäunenden Lärmschutzwand binnen zwei Monaten ab Zustellung dieses Erkenntnisses aufgetragen.
2 Der Revisionswerber begründet den mit der Revision verbundenen Aufschiebungsantrag im Wesentlichen damit, dass zwingende öffentliche Interessen einer umgehenden Beseitigung der Lärmschutzwand offenkundig nicht entgegenstünden und eine solche vorzeitige Beseitigung einen unverhältnismäßigen Nachteil bewirken würde, weil die mit hohen Kosten von ca. € 66.000, errichtete bauliche Anlage mit einem zusätzlichen erheblichen Kostenaufwand beseitigt werden müsste, wobei diese Kosten im Falle eines Erfolges der Revision als frustrierter Aufwand anzusehen wären (Hinweis auf VwGH 27.2.2007, AW 2006/06/0072).
3 Der Gemeinderat sprach sich in seiner Äußerung vom 23. März 2020 gegen diesen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus und brachte im Wesentlichen vor, dass einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstünden, weil die verfahrensgegenständlichen „Lärmschutzwände“ konsenslos errichtet worden seien und der Baubehörde keine Projektunterlagen samt ausreichender Baubeschreibung und statischen Nachweisen vorlägen, weshalb aus Sicht der Baubehörde nicht ausgeschlossen werden könne, dass „ebendiese die hierfür notwendigen statischen Erfordernisse aufweisen bzw. dass die Standsicherheit nach der hier einschlägigen Bestimmung des § 3 Abs 1 Z 1 Oö BauTG 2013 idgF tatsächlich gewährleistet ist“. Aufgrund der an diesen Lärmschutzwänden angrenzenden und bebauten Nachbargrundstücke, der dort ansässigen Bevölkerung und der Nichtvorhersehbarkeit von Auswirkungen etwaiger Witterungseinflüsse auf die Statik der Lärmschutzwände sei eine akute und a priori nicht auszuschließende Gefahr für Leib und Leben der dort ansässigen Bevölkerung sowie die nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließende Gefährdung der umliegenden baulichen Anlagen bzw. Sachwerte gegeben. Eine Vollziehung werde seitens der Baubehörde in der beschriebenen Dringlichkeit bzw. im Hinblick auf das unabschätzbare Gefahrenpotenzial angestrebt. Ferner sei mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für den Revisionswerber kein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden, weil ein wirtschaftlicher Nachteil von € 66.000, nichts an der Konsenslosigkeit der baulichen Anlage ändere und aufgrund des Widerspruches der Lärmschutzwand zum Bebauungsplan, der als Lärmschutz ausschließlich einen mit standortgerechten Sträuchern bzw. Bodendeckern bepflanzten Lärmschutzwall vorsehe, keine Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung bestehe. Darüber hinaus habe der vom Revisionswerber behauptete unverhältnismäßige Nachteil keine hinreichende Konkretisierung erfahren, die die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung mit den dargestellten zwingenden öffentlichen Interessen erst ermöglichen würde. Diese zwingenden öffentlichen Interessen seien als prioritär einzustufen.
4 Der Revisionswerber brachte in seiner zu diesem Vorbringen mit Schriftsatz vom 6. Mai 2020 erstatteten Äußerung im Wesentlichen vor, dass die gegenständliche Lärmschutzwand bereits mit dem im Akt erliegenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L. vom 5. April 2002 gewerbebehördlich genehmigt, deren Steher und Betonsockelleisten sodann bis 2005 errichtet und deren Verfüllung mit Holzelementen bis 2015 erfolgt seien. Diese Lärmschutzwand sei nach Maßgabe des (näher bezeichneten) Einreichplanes vom 21. Juli 2000, des (näher bezeichneten) schalltechnischen Projektes vom 28. März/3. August 2000 sowie der Stellungnahmen des gewerbetechnischen und medizinischen Amtssachverständigen vom 20. März 2001, 14. Februar 2002 und 15. März/18. März 2002 den Regeln der Technik gemäß errichtet worden. Irgendwelche statischen oder bautechnischen Bedenken seien seither nie hervorgekommen, wobei statische Belange von einem befugten Bauführer wahrgenommen worden seien. Auch sei in all den Jahren keine konkrete Gefährdungssituation für „Leib und Leben der dort ansässigen Bevölkerung“ oder für „umliegende bauliche Anlagen bzw. Sachwerte“ aufgetreten und eine solche aus dem bisherigen Verwaltungsgeschehen auch nicht ersichtlich. Bloß abstrakte, schlechthin nie auszuschließende Befürchtungen könnten ein gemäß § 30 Abs. 2 VwGG besonders qualifiziertes öffentliches Interesse nicht begründen. Ferner bleibe der Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten, ob eine einer nachträglichen Baugenehmigung unzugängliche Konsenslosigkeit dieser Lärmschutzwand vorliege. Insofern wäre daher mit einer sofortigen Vollstreckung des Beseitigungsauftrages ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden. Die Beseitigung dieser 59 m langen Lärmschutzwand, deren Errichtung € 60.924, (Angebot S. Bau vom 13. August 2001) gekostet habe, würde einen Aufwand von weiteren ca. 19.000, erfordern, was bei Durchdringen der Revision als frustrierter Aufwand anzusehen wäre. Es werde daher weiterhin die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Mit diesem Schriftsatz legte der Revisionswerber Kopien des von ihm genannten Einreichplanes, des Angebotes S. Bau vom 13. August 2001 und eines Angebotes der H. Bau GmbH vom 30. Oktober 2019 für einen Abbruch von Lärmschutzwänden um einen Gesamtpreis von € 18.372,31 mit dem Bemerken vor, dass dieses Angebot eine typengleiche Lärmschutzwand in einer Länge von 56 m betreffe.
5 Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof (ab Vorlage der Revision) auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
6 Nach der hg. Judikatur sind unter zwingenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG besonders qualifizierte öffentliche Interessen zu verstehen, die den sofortigen Vollzug der angefochtenen Entscheidung zwingend gebieten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn mit dem Aufschub eine konkrete drohende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen bzw. deren Eigentum verbunden wäre (vgl. etwa VwGH 20.2.2018, Ra 2017/05/0293, mwN).
7 Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern ist wenn das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist zunächst von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen (vgl. etwa VwGH 11.9.2019, Ra 2019/03/0103, mwN).
8 Dass eine mit der der hier gegenständlichen Lärmschutzwand verbundene konkrete drohende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen bzw. deren Eigentum anzunehmen ist, kann aus den im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen nicht abgeleitet werden. Auch aus dem Vorbringen des Gemeinderates in dessen Äußerung vom 23. März 2020 ergibt sich eine solche konkrete drohende Gefahr nicht. Die darin angeführten Umstände für eine Annahme, dass a priori eine Gefahr für Leib und Leben oder für bauliche Anlagen bzw. Sachwerte nicht ausgeschlossen werden könnte, stellen jedenfalls keine zwingenden öffentlichen Interessen im oben genannten Sinn dar. Es ist daher in die Interessenabwägung einzutreten.
9 Bei dieser Abwägung kommt es auf die Frage, ob wie der Gemeinderat in seiner Äußerung meint der vom Revisionswerber behauptete wirtschaftliche Nachteil von € 66.000, nichts an der Konsenslosigkeit der baulichen Anlage ändere und aufgrund des Widerspruches der Lärmschutzwand zum Bebauungsplan keine Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung bestehe, nicht an. Die vom Revisionswerber geltenden gemachten wirtschaftlichen Nachteile eines sofortigen Vollzuges liegen auf der Hand, wobei im Übrigen auch nach der Aktenlage nicht ersichtlich ist, dass trotz dieser gegenläufigen Interessen des Revisionswerbers dennoch im öffentlichen Interesse ein sofortiger Vollzug des Beseitigungsauftrages erforderlich wäre.
10 Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 13. Mai 2020
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