Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in der Rechtssache der Revision der S O in R, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. März 2018, Zl. W205 2158340- 1/11E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 und Anordnung einer Außerlandesbringung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die Revisionswerberin, eine nigerianische Staatsangehörige, stellte am 19. November 2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid vom 25. April 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag der Revisionswerberin auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG 2005) als unzulässig zurück und sprach aus, dass Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) für die Prüfung des Antrags zuständig sei. Unter einem wurde gegen die Revisionswerberin gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.
3 Das BFA stellte aufgrund zweier multifaktorieller Gutachten zur Altersfeststellung der Revisionswerberin fest, dass sie volljährig sei.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
5 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Zur Zulässigkeit bringt die Revisionswerberin im Wesentlichen vor, dass sie in ihrer Beschwerde gravierende Widersprüche der einzelnen Untersuchungsergebnisse und die Unschlüssigkeit der Gutachten aufgezeigt habe und nach der Zweifelsregel des § 13 Abs. 3 letzter Satz BFA-VG von den Angaben der betroffenen Person zu ihrem Geburtsdatum bzw. Alter auszugehen sei (Hinweis auf VwGH 27.6.2017, Ra 2017/18/0118).
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Gemäß § 13 Abs. 3 BFA-VG kann das BFA oder das BVwG im Rahmen einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose (§ 2 Abs. 1 Z 25 AsylG 2005) auch die Vornahme radiologischer Untersuchungen, insbesondere Röntgenuntersuchungen, anordnen, wenn es dem Fremden nicht gelingt, eine behauptete und auf Grund der bisher vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zweifelhafte Minderjährigkeit, auf die er sich in einem Verfahren vor dem BFA oder dem BVwG beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen.
11 Zu § 13 Abs. 3 BFA-VG hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass die Asylbehörden die Durchführung einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose anordnen können, wenn es dem Antragsteller nicht gelingt, eine behauptete und aufgrund der bisher vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zweifelhafte Minderjährigkeit nachzuweisen. Die multifaktorielle Altersdiagnose soll dann angeordnet werden, wenn weder aus den bisher vorliegenden Ermittlungsergebnissen hinreichend gesicherte Aussagen zur Volljährigkeit bzw. Minderjährigkeit des Antragstellers gezogen werden können, noch der Antragsteller seine behauptete Minderjährigkeit durch geeignete Bescheinigungsmittel nachweisen kann. Liegen jedoch Ermittlungsergebnisse vor, die die Annahme der Volljährigkeit des Antragstellers bei Asylantragstellung rechtfertigen, so ist weder verpflichtend von Amts wegen eine multifaktorielle Altersdiagnose anzuordnen noch kommt die Zweifelsregel zugunsten Minderjähriger zu Anwendung (vgl. VwGH 25.2.2016, Ra 2016/19/0007; VwGH 28.3.2017, Ra 2016/01/0267).
12 Im Zweifel ist von den Angaben des Asylwerbers zu seinem Geburtsdatum (Alter) auszugehen, wenn weder nach den sonst vorliegenden Ermittlungsergebnissen noch aufgrund des eingeholten Altersgutachtens hinreichend gesicherte Aussagen zur Volljährigkeit des Asylwerbers möglich sind (VwGH 27.6.2017, Ra 2017/18/0118).
13 Im vorliegenden Fall lagen begründete Zweifel an der Minderjährigkeit der Revisionsweberin vor. Die Revisionswerberin legte erst im Verfahren vor dem BVwG eine Geburtsurkunde und eine eidesstattliche Erklärung ihrer Mutter vor. Gegen die vom BVwG vorgenommene Beurteilung, wonach die Revisionswerberin damit das von ihr behauptete Geburtsdatum nicht glaubhaft machen könne, weil die Geburtsurkunde allein aufgrund der Angaben der Mutter der Revisionswerberin im November 2017 ausgestellt und die Geburt nicht offiziell registriert worden sei, wendet sich die Revision nicht. Die Revisionswerberin hat somit weder im Verfahren vor dem BFA, noch vor dem BVwG unbedenkliche Urkunden zum Nachweis ihres Alters vorgelegt. Da weder aus den verwaltungsbehördlichen Ermittlungsergebnissen hinreichend gesicherte Aussagen zur Volljährigkeit bzw. Minderjährigkeit der Antragstellerin gezogen werden konnten, noch die Revisionswerberin ihre behauptete Minderjährigkeit durch geeignete Bescheinigungsmittel nachweisen konnte, hat das BFA zu Recht gemäß § 13 Abs. 3 BFA-VG ein multifaktorielles Gutachten zur Feststellung des Alters der Revisionswerberin - ein zweites Gutachten offenbar irrtümlich - eingeholt (vgl. VwGH 28.3.2017, Ra 2016/01/0267).
14 Soweit sich die Revision gegen die Beurteilung des BVwG zur Schlüssigkeit der Gutachten zur Altersfeststellung wendet, ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes im Allgemeinen nicht revisibel ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (VwGH 18.3.2016, Ra 2015/01/0255, mwN). Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges (nicht aber die konkrete Richtigkeit) handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (VwGH 16.1.2018, Ra 2017/22/0212, mwN).
15 Das BVwG legte in seiner Beweiswürdigung dar, dass die beiden eingeholten Gutachten unabhängig voneinander und unter Anwendung jeweils verschiedener Methoden zur Altersfeststellung ein Mindestalter der Revisionswerberin von mehr als 18 Jahren zum Antragszeitpunkt ergeben. An dieser Beurteilung ändert auch nichts, dass die Gutachten zu unterschiedlichen Teilergebnissen gelangen und sich insofern widersprechen. Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass den Gutachten der Sachverständigen jeweils innere Widersprüche vorzuwerfen sind (vgl. VwGH 28.11.2013, 2013/03/0084). Das Vorbringen der Revisionswerberin ist nicht geeignet, das jeweilige Gutachtensergebnis, auf das sich tragend nach freier Beweiswürdigung die Feststellung der Volljährigkeit der Revisionswerberin stützt, in Frage zu stellen, zumal die Revisionswerberin damit den medizinischen Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentritt und keinen Widerspruch der Gutachten mit den Denkgesetzen bzw. mit den Erfahrungen des Lebens sowie keine Unvollständigkeiten aufzeigt (vgl. wiederum VwGH 28.3.2017, Ra 2016/01/0267).
16 Die Revisionswerberin legt somit nicht dar, dass das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zweifelsregel des § 13 Abs. 3 letzter Satz BFA-VG abgewichen sei.
17 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 19. Juni 2018
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