Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg in 5020 Salzburg, Weiserstraße 22, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. August 2018, Zl. L524 2184634 1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (mitbeteiligte Partei: H J E in S, vertreten durch die Kopp Wittek Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Moosstraße 58c), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1 Mit drei Eingaben vom 20. November 2017 beantragte die Mitbeteiligte beim Bezirksgericht N ob einer näher bezeichneten Liegenschaft die Eintragung eines Pfandrechts zugunsten des Landes Salzburg und eines Pfandrechts zugunsten der Bank X in jeweils näher genannter Höhe sowie die Einverleibung eines Veräußerungsverbots zugunsten des Landes Salzburg gemäß § 19 S. WFG 2015. Für die drei Eingaben wurde die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 geltend gemacht.
2 Am 21. November 2017 zog die Mitbeteiligte die Anträge vom 20. November 2017 zurück.
3 Mit drei Zahlungsaufträgen vom 18. Dezember 2017 schrieb die Kostenbeamtin des Bezirksgerichts N für den Präsidenten des Landesgerichts Salzburg der Mitbeteiligten jeweils eine Eingabengebühr gemäß TP 9 lit. a GGG iHv 44 €, eine Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG iHv 8 € sowie einen Mehrbetrag gemäß § 31 GGG iHv 22 € vor. Die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 stehe nicht zu, da die Anträge zurückgezogen worden seien.
4 Dagegen erhob die Mitbeteiligte Vorstellungen, worauf der Präsident des Landesgerichts Salzburg (der Revisionswerber) mit Bescheid vom 3. Jänner 2018 der Mitbeteiligten für die drei zurückgezogenen Anträge die Zahlung der Eingabengebühr gemäß § TP 9 lit. a GGG, der Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG sowie des Mehrbetrags gemäß § 31 GGG iHv insgesamt 222 € vorschrieb. Begründend wurde hierzu im Wesentlichen ausgeführt, Voraussetzung für die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 sei das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen der Finanzierung des geförderten Objekts und der der Gebühr grundsätzlich unterliegenden Eingabe. Durch die Zurückziehung der Anträge vom 20. November 2017 sei diese Voraussetzung weggefallen. Dies habe gemäß § 53 Abs. 4 WFG 1984 den rückwirkenden Entfall der Gebührenbefreiung zur Folge.
5 In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 15. Jänner 2018 brachte die Mitbeteiligte vor, weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein „Erfolgszwang“ zu entnehmen. Auch die zurückgezogenen Eingaben seien durch die Wohnbauförderung und die damit verbundene Finanzierung veranlasst. Von einem unterbrochenen Kausalzusammenhang könne daher keine Rede sein. Vielmehr sei auch das „versuchte“ Grundbuchsgesuch ein Teil der „Gesamtheit der Maßnahmen“ zur Finanzierung.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 3. Jänner 2018 gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG auf und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
7 In der Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht nach einer Wiedergabe des wesentlichen Inhalts des § 28 VwGVG aus, die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit stelle eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen komme daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen habe, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt habe. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen ließen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen habe, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen würden (Hinweis auf VwGH 10.9.2014, Ra 2014/08/0005; 26.6.2014, Ro 2014/03/0063).
8 Voraussetzung für die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 sei ein Kausalzusammenhang zwischen der Finanzierung von geförderten Objekten und dem der Gebühr grundsätzlich unterliegenden Rechtsgeschäft. Das bedeute, dass beispielsweise zwischen der Gewährung eines Darlehens und der Eintragung zum Erwerb eines Pfandrechts ein ursächlicher Zusammenhang bestehen müsse. Durch eine bloße Zurückziehung beispielsweise des Antrags auf Einverleibung des Pfandrechts werde aber nicht der an sich bestehende Kausalzusammenhang beseitigt oder unterbrochen. Die belangte Behörde hätte daher das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 WFG 1984 in Bezug auf die Eingabengebühr prüfen müssen. Der Bescheid sei daher nach § 28 Abs. 2 VwGVG aufzuheben.
9 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg legte das Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
10 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); die Mitbeteiligte sowie der damalige Bundesminister für Verfassung, Reformen Deregulierung und Justiz erstatteten eine Revisionsbeantwortung.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
12 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er diese Zulässigkeit im Rahmen der dafür gemäß § 28 Abs. 3 VwGG in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
14 In der Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach der Pflicht zur Entscheidung in der Sache selbst Vorrang vor der Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG zukomme. Weiters fehle Rechtsprechung zur Frage, ob es durch die Zurückziehung eines Grundbuchsgesuchs mit dem gleichzeitig die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 beantragt worden sei, schon an einer der notwendigen Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 und 4 WFG 1984 fehle.
15 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
16 § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz in der im Revisionsfall noch anzuwendenden Stammfassung, BGBl. I Nr. 33/2013, lautete auszugsweise wie folgt:
„(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4) [...]
(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
[...]“
17 Wie in der Amtsrevision zutreffend ausgeführt wird, geht aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses deutlich hervor, dass das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 3. Jänner 2018 aufheben und die Angelegenheit zur Durchführung weiterer Ermittlungen sowie der Erlassung eines neuen Bescheids an den Revisionswerber zurückverweisen wollte. So führt das Bundesverwaltungsgericht nach einer Wiedergabe der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG und der Unterlassung notwendiger Ermittlungen durch die Verwaltungsbehörde aus, „[d]ie belangte Behörde hätte daher das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 WFG in Bezug auf die Eingabengebühr prüfen müssen“.
18 Diese Begründung stimmt jedoch nicht mit dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses überein, wonach „[d]er angefochtene Bescheid [...] gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG aufgehoben“ wird. Damit wird klar und eindeutig eine ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheids ausgesprochen und damit eine Entscheidung in der Sache selbst nach § 28 Abs. 2 VwGVG und keine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG getroffen.
19 Dieser Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses führt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 6.10.2020, Ra 2019/16/0143, mwN) bereits dazu, dass das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war, ohne dass auf das übrige Revisionsvorbringen eingegangen werden musste.
Wien, am 16. Juni 2021
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