Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag
1.) der Bürgerinitiative "R", 2.) des A, und 3.) des N, alle vertreten durch Dr. Brigitte Bierbaumer-Vergeiner, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Georg-Wagner-Gasse 5, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. April 2018, Zl. W225 2014492- 1/128E, betreffend Genehmigung nach dem UVP-G 2000 (mitbeteiligte Parteien: 1.) S AG in Zell am See, 2.) S GmbH, beide vertreten durch Niederhuber Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24; vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde:
Salzburger Landesregierung), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
1 I. Gegenstand
2 A. Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis entschied das Bundesverwaltungsgericht (VwG) über die von den antragstellenden Parteien und einer weiteren Partei erhobenen Beschwerden gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 9. Mai 2011, mit welchem die Genehmigung für das Vorhaben "Schigebietserweiterung H" im Gemeindegebiet P erteilt und die "Mitverlegung bzw. Umlegung von elektronischen Leitungen" als Vorhabensbestandteil genehmigt worden war. Das VwG gab den Beschwerden der antragstellenden Parteien teilweise Folge und änderte den Bescheid der Salzburger Landesregierung im Spruch in einer Reihe von Punkten ab. Weiters sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
3 B. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, zur Zl. Ra 2018/03/0066-0068 protokollierte Revision, mit der der Antrag verbunden ist, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
4 Begründet wurde dieser Antrag im Wesentlichen damit, dass als Folge der Umsetzung des angefochtenen Bescheides in die Wirklichkeit eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von den antragstellenden Parteien zu vertretenden öffentlichen Interessen auf Einhaltung der Umweltschutzvorschriften zu erwarten sei. Der unverhältnismäßige Nachteil iSd § 30 Abs. 2 VwGG liege in der Verletzung des Tötungsverbotes gemäß § 103 Abs. 2 lit. a Salzburger Jagdgesetz hinsichtlich der im Vorhabensgebiet lebenden Raufußhuhnarten (Auerhuhn, Birkhuhn und Alpenschneehuhn). Unter Verweis auf Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts der Bundesrepublik Deutschland führen die antragstellenden Parteien aus, dass gegen das Tötungsverbot dann nicht verstoßen würde, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung unter Berücksichtigung von Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für Einzelexemplare durch Kollision verursache. Das Tötungsrisiko bleibe dann unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich, der im Naturraum immer gegeben sei, vergleichbar mit dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Dabei sei das Tötungsrisiko individuen- und nicht populationsbezogen zu beurteilen. Schon der Verlust von Einzelexemplaren könne damit den Tötungstatbestand auslösen, selbst wenn sich dadurch der Erhaltungstatbestand der lokalen Population nicht verschlechtere.
5 Dementgegen habe das VwG seiner Entscheidung das Gutachten des gerichtlich bestellten wildökologischen Sachverständigen zugrunde gelegt, der aber das Tötungsverbot nicht individuenbezogen, sondern populationsbezogen und gekoppelt an die Umsetzung von Maßnahmen beurteile. Dort werde (unter anderem) ausgeführt, dass es bei der Vorhabensrealisierung durch die Eingriffe in den Lebensraum der Raufußhuhnarten, nämlich des Auer- und Birkenwildes sowie des Alpenschneehuhns, auch zum Verlust einzelner Tiere kommen könne, und zwar durch den Bau, durch den Betrieb der geplanten Anlagen, durch die Störung der Biotopvernetzung sowie durch die erhöhte Kollisionsgefahr der Raufußhühner mit Liftmasten bzw. Liftseilen. Nach dem Gutachten würde sich das Risiko der Tötung allerdings dadurch in Summe nach Umsetzung der CEF-Maßnahmen und anderen Ersatz-Maßnahmen (inklusive der Realisierung der Auflagen) im Gesamtraum gesehen nicht in signifikanter Weise erhöhen, weil der Erhaltungszustand der jeweiligen Gesamtpopulation durch das Projekt nicht gefährdet werde. Zudem würde das Risiko auch durch die Tatsache wesentlich reduziert, dass die Seile der geplanten Sessellifte zumeist über der durchschnittlichen Flughöhe der Raufußhühner lägen und Seile mit einem wesentlich stärkeren Seildurchmesser verwendet würden. Allerdings bleibe nach Ansicht des Sachverständigen ein gewisses Rest-Kollisionsrisiko bei den geplanten Liften bestehen, welches aber vergleichbar mit dem Risiko sei, dem einzelne Exemplare der jeweiligen Raufußhühner-Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens stets ausgesetzt seien.
6 Mit diesen Ausführungen stelle der Sachverständige eine bloße Behauptung pauschal für alle betroffenen Arten auf, ohne artspezifisch deren Lebensgewohnheiten und deren Biologie zu berücksichtigen. Der Sachverständige habe keine eigenen Erhebungen durchgeführt oder nachvollziehbare Gründe angeführt, die seine Behauptung stützen würden. Die antragstellenden Parteien hätten daher ein (ihrer Revision beigeschlossenes) ornithologisches Sachverständigengutachten anfertigen lassen, welches artspezifische Kollisionsrisiken, projektspezifische Komponenten und räumliche Konfliktkonstellationen berücksichtige und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass bei den Raufußhuhnarten Auerhuhn, Birkhuhn und Alpenschneehuhn von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos durch Kollisionen an Liftseilen auszugehen sei, was zur Auslösung des artenschutzrechtlichen Tötungstatbestandes gemäß § 103 Abs. 2 lit. a Salzburger Jagdgesetz führe. Die konkrete Befürchtung des Eintrittes dieses unverhältnismäßigen Nachteils für die antragstellenden Parteien bestünde durch das gegenständliche rechtskräftige Erkenntnis des VwG, welches zur jederzeitigen Durchführung des Vorhabens, auch während der Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, berechtige. Dadurch komme es zu einer konkreten Gefahr der Tötung von Vögeln der erwähnten Raufußhuhnarten in signifikant erhöhter Anzahl als im normalen Naturgeschehen. Es liege in der Natur der Sache, dass eine Tötung von geschützten Tieren nicht wieder rückgängig gemacht und damit nicht der vorherige Zustand - also die Wiederbelebung des getöteten Individuums - wiederhergestellt werden könne.
7 C. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Landesregierung übermittelte Stellungnahmen des naturschutzfachlichen Amtssachverständigen sowie des Amtssachverständigen für Wildökologie und sprach sich damit für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus.
8 Der naturschutzfachliche Amtssachverständige führt in seiner Stellungnahme (zusammengefasst) aus, dass die projektierten Maßnahmen zu direkten Eingriffen in zahlreiche kartierte Biotope, die dem Lebensraumschutz nach § 24 Abs. 1 Salzburger Naturschutzgesetz unterlägen, führen würden. Beispielsweise würden in einer näher beschriebenen Kartierungsfläche sämtliche größeren und kleineren Gewässer sowie alle Niedermoorbereiche am Standort zerstört. Es komme durch die geplante Erschließung im Rahmen des Projektes aus naturschutzfachlicher Sicht neben dem Verlust von wertvollem Lebensraum zur Zerschneidung von Waldbereichen und in der Folge zu Fragmentierungseffekten. Diese negativen Effekte seien zum Teil maßgeblich bzw. irreversibel und könnten nicht bzw. nur unter Aufwendung erheblicher Anstrengungen und Kosten über einen langfristigen Zeitraum beseitigt werden. Zusätzlich wirke sich das gegenständliche Vorhaben trotz eingriffsmindernder Maßnahmen auf das Schutzgut "Fauna" (Vögel, jagdbares Wild, Herpetofauna, Fledermäuse und Insekten) negativ aus und könne nur zum Teil kompensiert werden.
9 Der Sachverständige für Wildökologie führt in seiner von der belangten Landesregierung übermittelten Stellungnahme insbesondere aus, im Umweltverträglichkeitsgutachten vom 2. Oktober 2010 sei ausgeführt worden, dass der Sachverständige für Wildökologie und Jagd die Auswirkungen der Eingriffe in Natur und Landschaft als merklich nachteilig eingestuft habe. Die Einstufung ergebe sich aus dem direkten und indirekten Lebensraumverlust für Auer- und Birkwild sowie für das Alpenschneehuhn beim Bau und Betrieb der geplanten Anlagen, durch die Störung der Biotopvernetzung sowie durch Liftmasten bzw. Seile als solche, welche zu Kollisionen führen könnten. Die aufgezählten Raufußhühner seien eine für die Kollision mit Seilen besonders, das ganze Jahr über gefährdete Vogelgruppe und habe dies eine hohe Bedeutung für die Populationsdynamik der Raufußühner. Durch die Auswirkungen der Lärmemissionen komme es zu einem indirekten Lebensraumverlust; dies werde daher vom Sachverständigen für Wildökologie und Jagd als merklich nachteilig eingestuft. Als merklich nachteilig werde auch beurteilt, dass es zu keiner zufriedenstellenden Lenkung von Variantenfahrern, Tourengehern etc. kommen könne, weil durch die Erschließung des H Bergs durch die Vorhabensrealisierung der Zutritt bzw. die Zufahrt erleichtert werde. Die beschriebenen Auswirkungen seien großteils irreversibel und könnten trotz umfangreicher eingriffsmindernder Maßnahmen nur teilweise kompensiert bzw. nicht beseitigt werden.
10 D. Die mitbeteiligten Parteien sprachen sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus und brachten in ihrer Stellungnahme zusammengefasst vor, dass die antragstellenden Parteien der ihnen auferlegten Behauptungs- und Konkretisierungspflicht (vgl. § 30 VwGG) nicht nachgekommen seien. Dies führe dazu, dass im Wesentlichen die immer gleichen Behauptungen wiederholt würden, aber die erforderlichen konkreten Angaben (hinsichtlich der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos von Exemplaren geschützter Tierarten und auch über die Irreversibilität der behaupteten Nachteile bzw. der Wiederherstellung des vorigen Zustandes) zur Untermauerung nicht einmal ansatzweise ersichtlich seien. Unabhängig von den nicht konkretisierten Nachteilen auf Seiten der antragstellenden Parteien sei festzuhalten, dass an der Umsetzung des gegenständlichen Vorhabens ein öffentliches Interesse bzw. ein Interesse der mitbeteiligten Parteien bestehe, was im Verfahren vor dem VwG schon umfassend erörtert worden sei.
11 II. Würdigung
12 A. Nach § 30 Abs. 1 VwGG kommt einer Revision eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Nach der ständigen Rechtsprechung ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen (vgl. etwa VwGH 31.7.2015, Ra 2015/03/0058, u.a. unter Hinweis den gegenläufigen Standpunkt, wie ihn die antragstellenden Parteien einnehmen). Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichts auszugehen. Unter den "Annahmen des Verwaltungsgerichts" sind hiebei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. aus der ständigen Judikatur etwa VwGH 7.9.2017, Ra 2017/10/0139, VwGH 1.8.2014, Ra 2014/07/0032, VwGH 4.6.2014, Ra 2014/01/0003, und VwGH 14.4.2014, Ra 2014/04/0004). Nach der ständigen Rechtsprechung kann von zwingenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG im Übrigen nur gesprochen werden, wenn die konkrete Interessenslage öffentliche Rücksichten berührt, die einen umgehenden Vollzug des angefochtenen Bescheides gebieten. Der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer behördlichen Maßnahme bestehen, berechtigt nicht schon ohne Weiteres zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten. Hiezu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um die öffentlichen Interessen als "zwingend" im Sinne der genannten Gesetzesstelle ansehen zu können (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 19.2.2014, AW 2013/10/0063, VwGH 9.10.2013, AW 2013/10/0036, und VwGH 3.6.2011, AW 2011/10/0016).
13 B. Auch wenn man mit den antragstellenden Parteien davon ausgeht, es bestehe an einer sofortigen Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses kein zwingendes öffentliches Interesse im dargelegten Sinn, ist damit für den Aufschiebungsantrag nichts gewonnen.
14 Diesfalls ist auf Basis der dargestellten Rechtslage in die Interessenabwägung einzutreten, die entscheidend von den im Aufschiebungsantrag zur Darlegung des "unverhältnismäßigen Nachteiles" vorgebrachten konkreten Angaben abhängt. Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (vgl. etwa VwGH 13.3.2018, Ra 2018/09/0025, VwGH 19.2.2018, Ra 2018/02/0072, und VwGH 31.1.2018, Ra 2018/11/0030). Die Anforderungen an die Konkretisierungspflicht sind streng (vgl. etwa VwGH 25.7.2018, Ra 2018/03/0085; VwGH 4.6.2016, Ra 2016/08/0031; VwGH 3.11.2014, Ra 2014/04/0035). Unter den für die antragstellenden Parteien im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG "unverhältnismäßigen Nachteil" ist im Fall der antragstellenden Bürgerinitiative bzw. der gemäß § 19 Abs. 1 Z 7 anerkannten Umweltorganisation ein Eingriff in die von den in § 19 Abs. 4 bzw. Abs. 10 UVP-G 2000 genannten Umweltschutzvorschriften geschützten Interessen zu verstehen (vgl. VwGH 16.3.2009, AW 2008/04/0062; VwGH 31.7.2015, Ra 2015/03/0058).
15 Im vorliegenden Fall erblicken die antragstellenden Parteien (auch gestützt auf ihr beigeschlossenes Gutachten einer ornithologischen Sachverständigen) zusammengefasst einen unverhältnismäßigen Nachteil in der Verletzung des Tötungstatbestandes gemäß § 103 Abs. 2 lit a Salzburger Jagdgesetz durch die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos durch mögliche Kollision der Raufußhuhnarten an Liftseilen des gegenständlichen Projektes. Dazu ist zunächst anzumerken, dass auch die antragstellenden Parteien nicht geltend machen, dass bei der Umsetzung der erteilten Bewilligung für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshofmit einer absichtlichen Tötung iSd genannten gesetzlichen Bestimmung - die damit eine eindeutige auf Tötung gerichtete Absicht verlangt - gerechnet werden müsse. Ferner kommt das VwG (gestützt auf Sachverständigengutachten) diesbezüglich zum Ergebnis, es könne bei der Vorhabensrealisierung zwar nicht ausgeschlossen werden, dass es zum Verlust einzelner Tiere kommen könne. Das Tötungsrisiko für die Individuen der verschiedenen Arten könne jedoch durch die geplanten eingriffsmindernden Maßnahmen (wie z. B. zeitliche und räumliche Bauzeitbeschränkung, Absperrung, Umsiedlungen etc.) und vorgeschriebenen Auflagen vermindert werden, sodass davon auszugehen sei, dass das Tötungsrisiko bei den meisten Arten (Vögel, Amphibien, Reptilien, Fledermäuse) nicht über jenes hinausgehe, welchem die Exemplare im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens unterlägen. Die Eingriffe seien als kritisch zu beurteilen, doch werde der Erhaltungszustand der jeweiligen Gesamtpopulation durch das Projekt nicht gefährdet. Die vorgesehenen CEF-Maßnahmen seien konfliktmindernde und funktionserhaltende Maßnahmen, die die kontinuierliche Funktionsfähigkeit einer Fortpflanzungs- und Ruhestätte gewährleisten sollen. Diese müssten vor Beginn der Realisierung des Vorhabens vollständig, frist- und fachgerecht ausgeführt werden. Zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der projektimmanenten Minderungsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen und andere Ersatzmaßnahmen) sei ein (neuer Bauzeitplan) festgelegt worden, der den Kernbereich der Teilpopulation des Auerwildes am H Berg für 3-4 Jahre vor Baubeginn unberührt lasse. Mit den Maßnahmen betreffend Ersatzflächen könnten die negativen Auswirkungen der Eingriffe in einem wesentlichen Ausmaß ausgeglichen werden. Das VwG geht demnach nicht von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos durch Kollisionen mit Liftseilen aus. Ausgehend von diesen Ausführungen vermag der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Provisorialverfahren die im angefochtenen Erkenntnis enthaltenen Erwägungen bezüglich des festgestellten Sachverhalts im Zusammenhalt mit der diesen zu Grunde liegenden Beweiswürdigung nicht etwa von vornherein als unzutreffend bzw. als unschlüssig zu erkennen, zumal nach der Rechtslage die Frage der Rechtmäßigkeit derartiger Erwägungen erst im ordentlichen Verfahren zu prüfen sein wird. Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Verwaltungsgerichtshof im Revisionsverfahren ohnehin zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist und sich deren Kontrolle daher nur darauf beziehen kann, ob im gegebenen Fall eine Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen wurde; es kann derart auch nicht gesagt werden, dass das Antragsvorbringen von vornherein als zutreffend zu erkennen wäre (vgl. dazu etwa VwGH 10.5.2017, Ra 2017/03/0016).
16 Darüber hinaus ist anzumerken, dass das Salzburger Jagdgesetz 1993 durch die Novelle LGBl. Nr. 75/2002 an zwei einschlägige Richtlinien der Europäischen Union angepasst wurde. Zum einen wird die Richtlinie des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-RL) und zum anderen die Richtlinie des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutz-RL) umgesetzt. Sowohl die FFH-Richtlinie als auch die Vogelschutz-RL sehen detaillierte Schutzbestimmungen für bestimmte Tierarten bzw. für alle wild lebenden Vogelarten vor. Mit der Novelle wurden außerdem bestimmte Fang- und Tötungsarten (vgl. § 70 Abs. 3 Salzburger Jagdgesetz) verboten, sowie für Federwild und bestimmte, im Anhang IV der FFH-Richtlinie festgelegte Haarwildarten besondere Artenschutzvorschriften erlassen, die nicht nur ein Verbot des Fangens und Tötens, sondern auch des Besitzens (auch von daraus gewonnen Produkten), des Transportes, des Handelns und Tauschens beinhalten. Darüber hinaus können die Lebensräume bestimmter, besonders schützenswerter Wildarten als Wildschutzgebiete vor jedem Eingriff geschützt werden. Im Vordergrund steht bei der Umsetzung der Vogelschutz-RL der Artenschutz und die Arterhaltung der darin aufgezählten Vogelarten (vgl. RV 609 BlgLT 12. GP, 4. Sess, S. 17 ff). Im Zuge dieser Novelle wurde auch § 103 Abs. 2 lit. a Salzburger Jagdgesetz an die erwähnten Richtlinien (die Vogelschutz-RL hinsichtlich der hier gegenständlichen Wildvogelarten) angepasst und darin normiert, dass alle absichtlichen Formen des Fangens oder der Tötung von Wildarten (darunter fallen alle Federwildarten), die der Natur entnommen werden, verboten sind. Bei der Beurteilung des Vorliegens eines unverhältnismäßigen Nachteils gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ist bei Tötung von Wildtieren, die durch die genannten Richtlinien bzw. durch die diese umsetzenden nationalen Bestimmungen geschützt werden, vordergründig der Zweck der durch die nationalen Schutzbestimmungen umgesetzten Richtlinien, nämlich der Artenschutz und die Arterhaltung zu berücksichtigen. Die Vogelschutz-RL hat nach ihren Erwägungsgründen (vgl. insbesondere die Erwägungsgründe 3 ff) die Erhaltung sämtlicher wild lebender Vogelarten zum Ziel, da bei vielen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten wildlebenden Vogelarten ein Rückgang der Bestände festzustellen ist. Dieser Rückgang bildet eine ernsthafte Gefährdung für die Erhaltung der natürlichen Umwelt, da durch diese Entwicklung insbesondere das biologische Gleichgewicht bedroht ist. Die zu treffenden Maßnahmen sollten sich auf die verschiedenen auf die Vogelbestände einwirkenden Faktoren erstrecken, und zwar auf die nachteiligen Folgen der menschlichen Tätigkeiten wie insbesondere Zerstörung und Verschmutzung der Lebensräume der Vögel, Fang und Ausrottung der Vögel durch den Menschen, sowie den durch diese Praktiken bewirkten Handel. Als Hauptziele der Vogelschutz-RL sind derart die Erhaltung der Gesamtpopulation und die Vermeidung der Ausrottung der geschützten Vogelarten anzusehen. Ausgehend von dieser Rechtlage und auf Basis der Feststellungen des VwG, wonach der Erhaltungszustand der Gesamtpopulation durch das vorliegende Projekt nicht gefährdet sei, vermag mit dem Vorbringen, der Tötungstatbestand sei individuenbezogen zu beurteilen und es werde der Tatbestand der absichtlichen Tötung des § 103 Abs. 2 lit. a Salzburger Jagdgesetz verletzt, kein unverhältnismäßiger Nachteil im genannten Sinn geltend gemacht zu werden.
17 Gleiches gilt damit im Ergebnis für das Vorbringen, dass eine Wiederherstellung der vorigen Zustandes schon deshalb vorliegend nicht infrage komme, weil es in der Natur der Sache liege, dass eine Tötung von geschützten Tieren nicht wieder rückgängig gemacht werden könne. Bei der Wiederherstellbarkeit des vorigen Zustandes kommt es im Übrigen nicht auf die Herstellbarkeit desselben, identischen Zustandes, sondern eines gleichartigen Zustandes an. In diesem Sinne hat der VwGH beispielsweise bereits im Zusammenhang mit der Wiederherstellbarkeit von gerodeten Wäldern ausgesprochen, dass ein unverhältnismäßiger Nachteil nicht auf der Hand liege, wenn eine Wiederaufforstung möglich ist (vgl. VwGH 31.7.2015, Ra 2015/03/0058, vgl. idS - zum Neubesatz einer Fischpopulation - auch VwGH 1.7.2014, Ro 2014/05/0057). Die antragstellenden Parteien haben nicht (konkret) dargelegt, inwiefern der Lebensraum der betroffenen Vogelarten zerstört werde und eine Wiederbesiedlung des betroffenen Gebietes mit verbliebenen Individuen jedenfalls unmöglich wäre (vgl. dazu VwGH 9.10.2013, AW 2013/10/0036). Es wurde daher diesbezüglich nicht konkret aufgezeigt, dass - bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung - den geschützten Gütern für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof aus der Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses konkrete Nachteile in qualitativer wie quantitativer Hinsicht in einem solchen Ausmaß drohten, dass sie die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG überstiegen (vgl. idZ z.B. VwGH vom 31.7.2015, Ra 2015/03/0058, VwGH 21.3.2013, AW 2013/05/0011, und VwGH 3.6.2011, AW 2011/10/0016).
18 Auch zum Vorbringen, dass während der voraussichtlichen Dauer des Revisionsverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos geschützter Vogelarten durch die Kollision mit Liftseilen zu befürchten sei, werden im Aufschiebungsantrag keine näheren konkreten Angaben gemacht, die diese Annahme begründeten (siehe idZ etwa auch VwGH 8.6.2016, Ra 2016/05/0026, und VwGH 9.10.2013, AW 2013/10/0036). Vor allem im Hinblick auf die Feststellung des VwG, dass ein neuer Bauzeitplan festgelegt wurde, welcher den Kernbereich der Teilpopulation des Auerwildes am H Berg für 3-4 Jahre vor Baubeginn unberührt belasse, wäre darzulegen gewesen, worin diesbezüglich das Tötungs- bzw. Kollisionsrisiko während der voraussichtlichen Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestehe. Schon aufgrund des allgemeinen Sachverstandes erscheint zudem notorisch, dass die Liftseile, welche nach Ansicht der antragstellenden Parteien zu Kollisionen führen sollen, nicht zu Beginn der Bauphase angebracht werden, sodass sich auf dem Boden des Gesagten eine solche Kollisionsgefahr erst in einigen Jahren verwirklichen könnte. Warum das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aber noch mehrere Jahre dauern sollte, ist angesichts der nach dem Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtshofes für das Jahr 2017 (vgl. S. 16) durchschnittlichen Verfahrensdauer von deutlich unter einem halben Jahr nicht ersichtlich.
19 Vor diesem Hintergrund ist für den Antrag auch mit dem im Ergebnis zum Antragsvorbringen im Wesentlichen gleichläufigen Vorbringen der vor dem Verwaltungsgericht belangten Landesregierung nichts zu gewinnen. Soweit die Landesregierung ihre Ausführungen der Sache nach auf eine angenommene Rechtswidrigkeit der in Revision gezogenen Entscheidung stützt, ist zudem zu wiederholen, dass im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen ist.
20 III. Ergebnis
21 Dem Aufschiebungsantrag war daher nach § 30 Abs. 2 VwGG
nicht stattzugeben.
Wien, am 10. August 2018
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