Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der K G in W, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. November 2016, Zl. W207 2125040-1/5E, betreffend Eintragung eines Zusatzvermerkes in den Behindertenpass (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" in den Behindertenpass gemäß den §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) iVm § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, abgewiesen.
2 Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Revisionswerberin am 18. Februar 2016 aufgrund eines festgestellten Grades der Behinderung von 60 v.H. ein (gemäß § 45 Abs. 2 BBG als Bescheid zu qualifizierender) Behindertenpass ausgestellt worden sei. Über die dagegen erhobene Beschwerde werde eine gesonderte Entscheidung des Verwaltungsgerichts ergehen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis werde ausschließlich über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 17. Februar 2016, mit dem der Antrag der Revisionswerberin auf Eintragung des obgenannten Zusatzvermerkes in den Behindertenausweis abgewiesen wurde, entschieden.
5 Klarstellend wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der (weitere) Antrag der Revisionswerberin, in den Behindertenpass auch den Zusatz "Bedarf einer Begleitperson" einzutragen, nicht Gegenstand des angefochtenen Erkenntnisses sei, weil die belangte Behörde mit dem durch Beschwerde bekämpften Bescheid vom 17. Februar 2016 darüber nicht abgesprochen habe.
6 Zum abgewiesenen Antrag betreffend den Zusatzvermerk "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" verwies das Verwaltungsgericht auf das (im angefochtenen Erkenntnis wörtlich wiedergegebene) ärztliche Sachverständigengutachten vom 30. November 2015. Dieses Gutachten beinhaltet eine mehrseitige Darstellung der Krankengeschichte der Revisionswerberin samt beigebrachten Vorbefunden sowie den Befund über ihre persönliche Untersuchung, und daran anschließend die Begutachtung sowohl hinsichtlich des Gesamtgrades ihrer Behinderung als auch bezüglich der Frage der Auswirkungen ihrer Gesundheitsschädigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
7 Demnach sind die für den genannten Gesamtgrad der Behinderung maßgebenden Leiden der Revisionswerberin die Versteifung ihres rechten Sprunggelenks nach operiertem Unterschenkelbruch und zwei, den Behinderungsgrad erhöhende körperliche Beeinträchtigungen (insbesondere näher genannte Restbeschwerden nach einem 1995 erlittenen Schädel-Hirn-Trauma und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Zustand nach Bandscheibenoperation).
8 Zum erstgenannten Leiden wird im Befund u.a. die Operation eines Unterschenkelbruchs rechts am 6. November 2015 angeführt. Bei der Untersuchung der Revisionswerberin durch den Sachverständigen (am 30. November 2015), zu der sie "mit Rollator" gekommen sei, habe sich ein "hinkendes Gangbild" gezeigt. Im Befund der Untersuchung werden sowohl die oberen als auch die unteren Extremitäten der Revisionswerberin (mit näher genannten Einschränkungen, darunter die Versteifung des rechten Sprunggelenks) als "frei beweglich" bezeichnet. Da eine Besserung dieses Leidens "nach knöcherner Durchbauung" anzunehmen sei, werde eine Nachuntersuchung in einem Jahr empfohlen.
9 Zur konkreten Frage, welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zuließen, führte der Sachverständige aus:
"Keine, da die anerkannte Gesundheitsschädigung keine erhebliche Einschränkung der Mobilität zur Folge hat.
Eine derartige Einschränkung der Gehfähigkeit, welche eine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel begründen könnte, wird in der aktuellen Begutachtung gerade nicht objektiviert."
10 In der Beweiswürdigung folgte das Verwaltungsgericht dem genannten Gutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung der Revisionswerberin beruhe und dem von ihr nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten worden sei.
11 Das Verwaltungsgericht gelangte in der rechtlichen Beurteilung zur Auffassung, dass der Revisionswerberin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei, und stützte sich dabei auf die §§ 42 und 45 BBG sowie auf den § 1 Abs. 4 Z 3 der eingangs zitierten Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen. Insbesondere lägen gegenständlich weder die in der letztgenannten Bestimmung genannte erhebliche Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten, noch einer der sonstigen dort (demonstrativ) aufgezählten Fälle vor.
12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001, und vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008).
16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
17 Die Revision vermeint eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin zu erblicken, dass das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zusatzeintragung "Bedarf einer Begleitperson" nicht meritorisch abgesprochen hat. Damit sei das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach die Beschwerde einer unvertretenen Person nach ihrem Sinn zu beurteilen sei (erkennbar sei auch in der gegenständlichen Beschwerde gerügt worden, dass eine Begleitperson erforderlich sei). Damit habe das Verwaltungsgericht auch gegen die Verpflichtung zur sachgerechten Auseinandersetzung mit dem genannten Antrag sowie gegen die Verpflichtung zur Entscheidung "in der Sache selbst" (Hinweis auf Judikatur zu § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG) verstoßen.
18 Mit diesem Vorbringen wird ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung nicht aufgezeigt. Vielmehr wurde im angefochtenen Erkenntnis zutreffend darauf hingewiesen, dass vom Verwaltungsgericht über die beantragte Zusatzeintragung "Bedarf einer Begleitperson" noch nicht abgesprochen werden konnte, weil über diesen (trennbaren) Teil des Verfahrensgegenstandes noch keine Entscheidung der belangten Behörde vorlag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Zl. Ra 2016/11/0044, dort insbesondere Rn 10, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur). In diesem Zusammenhang ist die Revisionswerberin auf die Möglichkeit gemäß § 8 VwGVG (Säumnisbeschwerde) zu verweisen.
19 Was die Entscheidung über den Zusatzvermerk "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" anlangt, so ergibt sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auch nicht aus der - behaupteten - Mangelhaftigkeit des ärztlichen Gutachtens, das, wie dargestellt, entgegen den Ausführungen der Revision zu ihrer Zulassung aus einem Befund- und Gutachtensteil besteht und somit nur auf gleicher fachlicher Ebene entkräftet werden konnte.
20 Schließlich ist auch aus dem Umstand, dass die Revisionswerberin laut Gutachten am 30. November 2015 "mit Rollator" und "hinkendem Gangbild" (bzw. laut Revision mit einer Begleitperson) zur ärztlichen Untersuchung erschienen ist, nicht zwingend abzuleiten, dass ihr der verfahrensgegenständliche Zusatzvermerk "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" zu erteilen gewesen wäre, weil es, wie sich schon aus der Bezeichnung ergibt, auf die Dauerhaftigkeit der Mobilitätseinschränkung ankommt (vgl. zum Erfordernis der dauernden Gesundheitsschädigung zB die hg. Erkenntnisse jeweils vom 27. Mai 2014, Zlen. Ro 2014/11/0013 und Ro 2014/11/0030). Im ärztlichen Gutachten wird in diesem Zusammenhang, wie dargestellt, die Unterschenkeloperation der Revisionswerberin nur wenige Tage vor der gegenständlichen Untersuchung (zu der die Revisionswerberin mit Rollator erschien) erwähnt und auf die zu erwartende Besserung des Leidens hingewiesen.
21 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 17. Februar 2017