Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und die Hofrätin Dr. Julcher sowie den Hofrat Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des M N in B, vertreten durch Mag. Oliver Simoncic, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Rathausplatz 3-4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 19. September 2017, Zl. LVwG-S-1309/001-2017, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Melk), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Antrag auf Aufwandersatz wird abgewiesen.
1 Mit Bescheid vom 25. April 2017 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Melk über den Revisionswerber gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 und Abs. 1a ASVG sieben Verwaltungsstrafen in der Höhe von jeweils EUR 730,--, weil er es unterlassen habe, sieben namentlich genannte Dienstnehmer vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.
2 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde und beantragte dessen ersatzlose Behebung, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Beschwerde - ohne Durchführung der ausdrücklich beantragten mündlichen Verhandlung - insoweit statt, als die Geldstrafen auf jeweils EUR 365,-- herabgesetzt wurden. Das Landesverwaltungsgericht erklärte, es sei hinsichtlich des Tatgeschehens "vollinhaltlich auf den angefochtenen Bescheid zu verweisen". Es treffe den Revisionswerber jedoch nur ein minderer Grad des Verschuldens. Im Hinblick auf die gegebene Sach- und Rechtslage seien die Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung nach § 20 VStG gegeben.
Über die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die Bezirkshauptmannschaft Melk erwogen:
4 Der Revisionswerber erblickt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG darin, dass die Verpflichtung zur Durchführung der ausdrücklich beantragten mündlichen Verhandlung verletzt worden sei. Damit ist er - auch wenn in der Revision durchwegs von der "belangten Behörde" und den Vorschriften des AVG statt vom Verwaltungsgericht und den Bestimmungen des VwGVG die Rede ist - im Recht, weshalb sich die Revision als zulässig und berechtigt erweist.
5 Gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in Verwaltungsstrafsachen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Abs. 2 bis 5 des § 44 VwGVG normieren abschließend die Ausnahmen von dieser Verpflichtung. Im vorliegenden Fall war keiner dieser Ausnahmetatbestände erfüllt. Das Landesverwaltungsgericht hätte daher eine mündliche Verhandlung durchführen müssen.
6 Dieser Verfahrensmangel war im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK jedenfalls wesentlich (vgl. VwGH 23.3.2015, Ra 2014/08/0066, mwN).
7 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
8 Der Antrag, das Land Niederösterreich zum Kostenersatz zu verpflichten, war abzuweisen, weil kostenersatzpflichtiger Rechtsträger im Sinn des § 47 Abs. 5 VwGG im vorliegenden Verfahren der Bund wäre.
Wien, am 19. Dezember 2017
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