Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tanzer, über den Antrag des A A in S, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, auf Wiederaufnahme des mit hg. Beschluss vom 17. Jänner 2017, Ra 2016/19/0370-5, abgeschlossenen Verfahrens betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Der Antrag auf Wiederaufnahme wird abgewiesen.
1 Mit Erkenntnis vom 12. November 2015 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Antragstellers gegen die Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 sowie gegen die Nicht-Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 und § 55 AsylG 2005, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, die Feststellung gemäß § 52 Abs. 9 FPG, dass eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei, und die Festsetzung der Frist zur freiwilligen Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG, ab.
2 Der Antragsteller brachte am 13. April 2016 beim Bundesverwaltungsgericht einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Revisionsfrist ein und holte gleichzeitig die versäumte Handlung, die Einbringung einer außerordentlichen Revision, nach.
3 Mit Beschluss vom 26. April 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 46 VwGG ab. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde mit hg. Beschluss vom 30. Juni 2016, Ra 2016/19/0124, zurückgewiesen, weil die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzeigte.
4 Das Bundesverwaltungsgericht legte dem Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 3. Mai 2016 die außerordentliche Revision vom 13. April 2016 sowie die Verfahrensakten vor. Der Verwaltungsgerichtshof wies die Revision wegen Versäumung der Einbringungsfrist mit Beschluss vom 25. Mai 2016, Ra 2015/19/0295, zurück.
5 Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2016 erhob der Antragsteller gegen das genannte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung mit Beschluss vom 22. September 2016, E 819/2016-11, abgelehnt wurde. Danach trat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG die Beschwerde mit Beschluss vom 3. November 2016, E 819/2016-13, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
6 In der Folge erhob der Antragsteller mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2016 die zu Ra 2016/19/0370 protokollierte, außerordentliche Revision. Diese wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. Jänner 2017 zurückgewiesen, weil der Antragsteller durch die Erhebung der zu Ra 2015/19/0295 protokollierten außerordentlichen Revision sein Revisionsrecht bereits verbraucht hatte.
7 Mit dem am 6. März 2017 eingelangten Schreiben begehrt der Antragsteller nunmehr die Wiederaufnahme des mit Beschluss vom 17. Jänner 2017 abgeschlossenen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof.
8 Er bringt dazu unter Hinweis auf § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG im Wesentlichen vor, dass dem Antragsteller keine Gelegenheit gegeben worden sei, zu jenem Sachverhalt, der dem Beschluss vom 17. Jänner 2017 zugrunde gelegt wurde, Stellung zu nehmen. Somit sei dem Antragsteller die Möglichkeit der Mitwirkung am Verfahren entzogen worden. Maßgebend für jenen Sachverhalt, den der Gerichtshof mit dem genannten Beschluss rechtlich gewürdigt habe, sei die Annahme, es hätte sich bei dem in Rede stehenden Schriftsatz vom 13. April 2016 um eine "reguläre" außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gehandelt. Die nachgeholte Revision sei aber eine "nachgeholte Eventualrevision" gewesen, die nur dann zum Tragen kommen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt werden sollte, wenn dem Wiedereinsetzungsantrag vom 13. April 2016 stattgegeben worden wäre. Der Schriftsatz vom 13. April 2016 und die darin enthaltenen Anträge ließen klar erkennen, dass der Antragsteller die Behandlung der nachgeholten Revision nur unter der Voraussetzung und Bedingung begehrt habe, dass dem Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben werde. Der Wiedereinsetzungsantrag und die nachgeholte Revision bildeten daher eine untrennbare Einheit und die Teilung dieser seitens des Bundesverwaltungsgerichtes durch die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag und die Weiterleitung der außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof habe nicht dem Parteienwillen entsprochen. Eine Vorlage dieser Revision an den Verwaltungsgerichtshof hätte auf Grund des klar aus dem Schriftsatz erkennbaren Parteienwillens nicht erfolgen dürfen. Vielmehr hätte das Bundesverwaltungsgericht die Revision wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 30a Abs. 1 VwGG zurückweisen müssen.
9 Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, das Vorliegen des behaupteten Wiederaufnahmegrundes aufzuzeigen.
10 Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte.
11 Die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG bietet keine Handhabe, eine im abgeschlossenen Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof geäußerte Rechtsansicht bekämpfen zu können (vgl. den hg. Beschluss vom 26. Juli 2016, Ra 2016/05/0035, mwN).
Der Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z 4 VwGG ist bereits dann nicht verwirklicht, wenn im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht zuwidergehandelt wurde (vgl. nochmals den hg. Beschluss Ra 2016/05/0035). Eine Verletzung des Parteiengehörs im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof liegt nach der hg. Rechtsprechung etwa vor, wenn die belangte Behörde oder etwaige Mitbeteiligte entgegen der Bestimmung des § 36 Abs. 1 VwGG dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beigezogen wurden, wenn der Verwaltungsgerichtshof von einer Verhandlung ungeachtet eines Parteienantrages nach § 39 Abs. 1 Z 1 VwGG zu Unrecht abgesehen hat oder wenn eine Partei entgegen der Vorschrift des § 41 zweiter Satz VwGG nicht gehört wurde (vgl. den hg. Beschluss vom 28. Jänner 2015, Ro 2014/13/0030, mwN).
12 Solche Versäumnisse liegen aber nicht vor. Damit ist dem Wiederaufnahmeantrag der Erfolg zu versagen.
13 Hinsichtlich des Vorbringens, es habe sich bei der nachgeholten Prozesshandlung um eine "Eventualrevision", die unter der aufschiebenden Bedingung der Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages gestellt worden sei, gehandelt, ist darauf hinzuweisen, dass die Nachholung der versäumten Prozesshandlung eine wesentliche Voraussetzung für die Wiedereinsetzung darstellt (vgl. den hg. Beschluss vom 17. Mai 2016, Ra 2016/05/0043, 0057, mwN).
Vor dem Hintergrund einer gesetzeskonformen Auslegung der Prozesshandlung des Wiedereinsetzungsantrages kann nicht angenommen werden, dass eine Revision unter der aufschiebenden Bedingung der Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages gestellt wird, zumal der Wiedereinsetzungsantrag diesfalls schon in Ermangelung der Voraussetzung des § 46 Abs. 3 letzter Satz VwGG, also mangels gleichzeitiger Nachholung der versäumten Prozesshandlung, erfolglos bleiben müsste (vgl. den hg. Beschluss vom 23. März 2016, Ro 2016/12/0008).
14 Dem Wiederaufnahmeantrag liegt offenbar die Ansicht zugrunde, nur eine zulässige Revision konsumiere das Revisionsrecht und dürfe zu einer Zurückweisung der nach Abtretung der Versbwerhde durch den Verfassungsgerichtshof eingebrachten (zweiten) Revision führen. Eine solche zulässige Revision liege erst vor, wenn dem Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben worden sei. Diese eingangs genannte Ansicht ist verfehlt. Auch durch eine verspätete Revision (vgl. schon den hg. Beschluss vom 24. Mai 2002, 98/21/0117, zur vergleichbaren Beurteilung einer Beschwerdeerhebung) oder durch eine in der Folge zurückgezogene Revision (vgl. den hg. Beschluss vom 25. Juni 2015, Ra 2015/07/0077) wird das Revisionsrecht verbraucht.
15 Soweit der Antragsteller vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht hätte die Revision gemäß § 30a Abs. 1 VwGG wegen der Versäumung der Einbringungsfrist zurückweisen müssen, ist ihm entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG bei außerordentlichen Revisionen keine Zurückweisungsbeschlüsse nach § 30a Abs. 1 VwGG zu treffen hat, sondern die Revision dem Verwaltungsgerichtshof vorlegen muss (vgl. zB die Judikaturnachweise bei Eder/Martschin/Schmid , Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017) 621). Dass dies - wie der Antragsteller meint - bei außerordentlichen Revisionen, die gleichzeitig mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht werden (arg: "Revision der besonderen Art"), nicht gelte, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. § 46 Abs. 4 VwGG bezieht sich nur auf den Wiedereinsetzungsantrag, nicht aber auch auf die Revision. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit eine Zurückweisung der Revision durch das Bundesverwaltungsgericht für die Frage des Verbrauchs des Revisionsrechts nicht maßgeblich sein sollte.
16 Da somit der vom Antragsteller geltend gemachte Wiederaufnahmegrund nicht vorliegt, war der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 45 Abs. 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am 26. April 2017