Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Mairinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über den Antrag der V GmbH in S, vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Steuerberater in 1020 Wien, Franzensbrückenstraße 5/DG, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Revision gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 30. Mai 2016, Zl. RV/5200234/2013, betreffend Einfuhrumsatzsteuer und Abgabenerhöhung, den Beschluss gefasst:
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
1 Mit dem in der Verhandlung vom 27. April 2016 mündlich verkündeten und am 30. Mai 2016 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts wurde über die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Zollamts Eisenstadt Flughafen Wien vom 28. Jänner 2013, betreffend Einfuhrumsatzsteuer und Abgabenerhöhung, abgesprochen.
2 Dieses Erkenntnis wurde der Revisionswerberin am 8. Juni 2016 durch Hinterlegung zugestellt, sodass die sechswöchige Revisionsfrist gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 VwGG mit Ablauf des 20. Juli 2016 endete. Am 21. Juli 2016 (Datum der Postaufgabe) brachte die Revisionswerberin eine außerordentliche Revision gegen das angeführte Erkenntnis beim Bundesfinanzgericht ein, welches diese dem Verwaltungsgerichtshof vorlegte.
3 Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Oktober 2016 wurde die Revisionswerberin aufgefordert, zur Frage der Rechtzeitigkeit der Revisionserhebung binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Verfügung Stellung zu nehmen. Aus dem vom Bundesfinanzgericht vorgelegten Verfahrensakt gehe hervor, dass das angefochtene Erkenntnis am 8. Juni 2016 durch Hinterlegung zugestellt worden sei. Die am 21. Juli 2016 eingebrachte Revision erscheine daher als verspätet.
4 Dieser Aufforderung folgend, nahm die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 2. November 2016 zum Vorhalt Stellung und bestätigte das vom Verwaltungsgerichthof angeführte Datum der Hinterlegung des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts sowie das Datum der Postaufgabe der Revision. Dem Vorbringen zufolge beruhe der Irrtum, dass die Zustellung am 9. Juni 2017 erfolgt sei, auf einer Fehlinformation der Tochter der Prokuristin des Zustellvertreters. Weiters führte die Revisionswerberin aus, ihrer Ansicht nach sei die Revision dennoch rechtzeitig erhoben worden, weil das Büro des Zustellvertreters am 8. Juni 2016 wegen Ortsabwesenheit aller Personen "verwaist iS von geschlossen" gewesen sei und daher ein Anwendungsfall des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz (ZustG) vorliege.
5 Diese Ansicht teilte der Verwaltungsgerichthof nicht und wies die Revision mit Beschluss vom 22. Dezember 2016, Zl. Ra 2016/16/0094, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurück. Unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung führte der Verwaltungsgerichtshof aus, die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung werde nicht durch die Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirke, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis habe erlangen können. Dies sei gegenständlich nicht der Fall gewesen. Dieser Beschluss wurde der Revisionswerberin am 20. Jänner 2017 zugestellt.
6 Mit dem vorliegenden Antrag vom 3. Februar 2017 begehrt die Revisionswerberin die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist.
7 Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist gemäß § 46 Abs. 3 VwGG bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.
8 Als Hindernis iSd § 46 Abs. 3 VwGG ist jenes Ereignis iSd § 46 Abs. 1 leg. cit. zu verstehen, das die Einhaltung der Frist verhindert hat. Besteht dieses Hindernis in einem Tatsachenirrtum über den Tag der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses und über den davon abhängenden Ablauf der Revisionsfrist, so hört dieses Hindernis iSd § 46 Abs. 3 VwGG auf, sobald die Revisionswerberin oder deren Vertreter den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte und musste, nicht erst in dem Zeitpunkt, in dem der Beschluss über die Zurückweisung der Revision als verspätet zugestellt worden ist (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. Oktober 2011, 2011/15/0146 und 0147, und vom 17. Dezember 2002, 2002/14/0127 und 0128, sowie zum Tatsachenirrtum über den Tag, an dem die Revision einem Zustelldienst übergeben wurde, vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/16/0083).
9 Im Wiedereinsetzungsantrag wird als Wiedereinsetzungsgrund ausschließlich vorgebracht, das Hindernis habe in dem durch die Angabe der Tochter der Prokuristin des Zustellvertreters ausgelösten Irrtum bestanden, dass die Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses am 9. Juni 2016 erfolgt sei.
10 Die Revisionswerberin wurde unstrittig mit Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Oktober 2016, der dem Vertreter der Revisionswerberin am 18. Oktober 2016 zugestellt worden ist, davon in Kenntnis gesetzt, dass
"die am 21. Juli 2016 zur Post gegebene außerordentliche Revision als verspätet erscheint. Einer in den Akten des Bundesfinanzgerichts einliegenden Kopie der Verständigung über die Hinterlegung ist zu entnehmen, dass das hinterlegte Dokument bereits am 8. Juni 2016 erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde."
Im Schriftsatz vom 2. November 2016, mit dem zum Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes Stellung genommen wurde, bestätigte die Revisionswerberin das Hinterlegungsdatum und das Postaufgabedatum. Den Irrtum über den Tag der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses hätte die Revisionswerberin daher spätestens ab der Zustellung des Vorhalts des Verwaltungsgerichtshofes erkennen können und müssen.
11 Dass die Revisionswerberin bzw. ihr Vertreter trotz des Vorhalts des Verwaltungsgerichtshofes die Ansicht vertrat, die Revision sei am 21. Juli 2016 rechtzeitig eingebracht worden, und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht bereits in der Stellungnahme vom 2. November 2016 beantragte, vermag daran nichts zu ändern. Für den Wegfall (das "Aufhören") des Hindernisses im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG kommt es bei Vorliegen eines Tatsachenirrtums nämlich nur auf objektive Sachverhaltselemente und nicht auf die subjektive (Fehl )Einschätzung der Revisionswerberin bzw. ihres Vertreters an (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2013, 2011/09/0199, und vom 23. Oktober 2006, 2006/12/0064). Im Übrigen stellt die Unkenntnis der Rechtslage oder ein Rechtsirrtum nur in Ausnahmefällen ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, das die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 28. Februar 2017, Ra 2017/16/0021, vom 29. Juni 2016, Ra 2016/05/0001, und vom 27. August 2014, Ro 2014/05/0030).
12 Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Revision war daher als verspätet zurückzuweisen.
Wien, am 25. April 2017
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