Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der E M L in Admont, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in 8940 Liezen, Rathausplatz 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 22. Februar 2016, Zl. LVwG 42.3-3070/2015-13, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Liezen), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. September 2015 wurde die Lenkberechtigung der Revisionswerberin für näher bezeichnete Klassen für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung gemäß § 25 Abs. 2 FSG entzogen und die aufschiebende Wirkung einer dagegen erhobenen Beschwerde aberkannt. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das amtsärztliche Gutachten vom 15. September 2015, dem zufolge die Revisionswerberin zum Lenken von Kraftfahrzeugen der angesprochenen Klassen nicht geeignet sei, weil bei ihr ein "incipientes, leichtes dementielles Syndrom mit tendentiell paranoiden Zügen" vorliege.
Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Entziehung der Lenkberechtigung dahin abgeändert, dass diese "auf Lebenszeit" gelte.
Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
In der Begründung gab das Verwaltungsgericht das Verfahrensgeschehen wieder, zitierte ein von ihm eingeholtes Gutachten der Amtsärztin vom 3. Februar 2016 und deren ergänzende Ausführungen in der durchgeführten Verhandlung vom 4. Februar 2016 und führte sodann unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des FSG aus, dass die Revisionswerberin nach dem zuletzt genannten amtsärztlichen Gutachten gesundheitlich nicht mehr geeignet sei, Kraftfahrzeuge der angesprochenen Klassen zu lenken. Der "Entzug auf Dauer der Lebenszeit" der Revisionswerberin resultiere aus den schlüssigen Ausführungen der Amtsärztin, dass bei der vorliegenden Demenzerkrankung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaften nicht mehr mit einer Besserung zu rechnen sei, sondern immer nur mit einer Verschlechterung des Krankheitsbildes. Dabei habe die Amtsärztin auch das vorgelegte Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 31. August 2015 berücksichtigt.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Revision ist schon deshalb zulässig, weil sie zu Recht vorbringt, dass das angefochtene Erkenntnis in einigen Punkten, insbesondere durch den Ausspruch über die Entziehung der Lenkberechtigung "auf Lebenszeit", von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Die Revision ist aus nachstehenden Erwägungen begründet:
2.1. Die hier maßgebenden Bestimmungen des FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 74/2015, lauten:
"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),
...
Gesundheitliche Eignung
§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, daß er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen. ...
(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. ...
...
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung
Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. ...
(2) Bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs. 4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.
..."
2.2. Die Bestimmungen der Führerschein-Gesundheitsverordnung, BGBl. II Nr. 322/1997 in der Fassung BGBl. II Nr. 285/2015 (FSG-GV), lauten auszugsweise:
"Gesundheit
§ 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:
...
4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:
...
(2) Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung zur Feststellung der Gesundheit gemäß Abs. 1 Z 1 ein krankhafter Zustand ergibt, der die Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist gegebenenfalls eine fachärztliche Stellungnahme einzuholen; bei Erkrankungen gemäß Abs. 1 Z 2, 3 und 4 ist eine entsprechende fachärztliche Stellungnahme einzuholen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitzubeurteilen hat. ...
...
Psychische Krankheiten und Behinderungen
§ 13. (1) Als ausreichend frei von psychischen Krankheiten im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 gelten Personen, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt.
...
Verkehrspsychologische Untersuchung
§ 18. ...
(2) Für die Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit sind insbesondere folgende Fähigkeiten zu überprüfen:
2.3. Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass das angefochtene Erkenntnis den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung (§ 17 VwGVG iVm §§ 58 und 60 AVG) nicht gerecht wird, fehlt darin doch schon die in einem ersten Schritt (im Indikativ) zu treffende eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei und eine nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ermöglichende konkrete Feststellung des zugrunde gelegten Sachverhalts (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2014, Zl. Ro 2014/03/0076).
Fallbezogen hat das Verwaltungsgericht lediglich ausgeführt, dass die Revisionswerberin aufgrund einer vorliegenden Demenzerkrankung gesundheitlich nicht mehr geeignet sei, Kraftfahrzeuge der entsprechenden Klassen zu lenken, jedoch keinerlei Tatsachenfeststellungen betreffend die Art und das Ausmaß der mit der Erkrankung konkret einhergehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen getroffen (solche wurden von der Revisionswerberin im Verfahren bestrittenen). Das bloße Zitieren von Beweisergebnissen, im vorliegenden Fall der Gutachten der Amtsärztin, ist nicht hinreichend (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Mai 2016, Zlen. Ra 2016/11/0057 und Ra 2016/11/0038).
2.4. Abgesehen davon bilden die erwähnten Gutachten im vorliegenden Fall keine ausreichende Entscheidungsgrundlage: In den im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen gutachtlichen Ausführungen vom 3. Februar 2016 spricht die Amtsärztin Dr. G. von "Anhaltspunkten" für eine herabgesetzte geistige Leistungsfähigkeit, von "eingeschränkter" Merkfähigkeit, Kurzzeitgedächtnis und Realitätssinn und paranoiden Gedankeninhalten der Revisionswerberin. Die Beeinträchtigung sei "so ausgeprägt, dass keine ausreichende Fahrtauglichkeit" gegeben sei. Es handle sich um eine chronische und fortschreitende Erkrankung des Zentralnervensystems, bei der mit einer "zunehmenden Verschlechterung zu rechnen" sei.
Laut Gutachtensergänzung vom 4. Februar 2016 handle es sich um eine Demenzerkrankung, bei der "in keinem Fall eine Besserung, aber in jedem Fall eine Verschlechterung zu erwarten" sei, sodass die "dauerhafte gesundheitliche Nichteignung anzunehmen" sei.
Diesen gutachtlichen Ausführungen kann nicht entnommen werden, welche (konkreten) Leistungsdefizite bei der Revisionswerberin schon derzeit in einem solchen Ausmaß vorliegen, dass bereits vom Fehlen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden muss (demgegenüber spricht das das von der belangten Behörde eingeholte amtsärztliche Gutachten lediglich von einem "leichten dementiellen Syndrom") und nicht etwa (vorerst) mit einer Einschränkung (insbesondere Befristung) der Lenkberechtigung das Auslangen gefunden werden kann.
Ausgehend von der im Gutachten der Amtsärztin angenommenen psychischen Erkrankung der Revisionswerberin hätte die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 13 Abs. 1 zweiter Satz FSG-GV außerdem eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme - die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt - erfordert. Psychische Krankheiten und Behinderungen im Sinne des § 13 FSG-GV schließen nämlich nicht schlechthin die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aus, sondern nur dann, wenn sie auf das Verhalten der betreffenden Person im Straßenverkehr, somit auf das Fahrverhalten, von Einfluss sein könnten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2007, Zl. 2007/11/0127, mwN).
Zwar nimmt die Amtsärztin Dr. G. im Gutachten vom 3. Februar 2016 Bezug auf den offenbar von der Revisionswerberin vorgelegten neuropsychiatrischen Fachbefund vom 31. August 2015, doch fehlt auch in diesem die gemäß § 13 Abs. 1 zweiter Satz FSG-GV erforderliche konkrete Auseinandersetzung mit den für die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit relevanten Fähigkeiten (§ 18 Abs. 2 FSG-GV) der Revisionswerberin.
Auch unter diesem Gesichtspunkt haftet dem angefochtenen Erkenntnis daher (neben dem bereits erwähnten Begründungsmangel) ein wesentlicher Verfahrensmangel an.
2.5. Vom Verwaltungsgerichtshof vorrangig wahrzunehmen ist die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses. Diese ergibt sich daraus, dass das Verwaltungsgericht die Entziehung der Lenkberechtigung der Revisionswerberin (ausgehend von der Annahme ihrer gesundheitlichen Nichteignung) "auf Lebenszeit" ausgesprochen und damit die Bestimmung des § 25 Abs. 2 FSG verkannt hat, nach welcher bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung für die Dauer der Nichteignung (vgl. dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 2007/11/0127, samt Unterstreichung der Wortfolge im Original) festzusetzen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Bestimmung schon in seinem Erkenntnis vom 23. Mai 2003, Zl. 2002/11/0060, wie folgt ausgeführt (darauf Bezug nehmend auch die hg. Erkenntnisse vom 20. April 2004, Zl. 2003/11/0180, und vom 23. Mai 2006, Zl. 2003/11/0061):
"§ 25 Abs. 2 FSG sieht vor, dass bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs. 4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen ist. Diese Bestimmung ermöglicht für jene Fälle, in denen die Dauer der Nichteignung im Zeitpunkt der Bescheiderlassung genau bestimmbar ist, eine Festsetzung der Entziehungsdauer mit einem bestimmten Zeitraum. In jenen Fällen aber, in denen dies nicht möglich ist, ist - entsprechend der bereits im Geltungsbereich des KFG 1967 (§ 73 Abs. 2) geübten Praxis - die Dauer der Entziehung für die Dauer der Nichteignung festzusetzen. Davon gehen erkennbar auch die Erläuterungen zu § 25 der Regierungsvorlage zum FSG, 714 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des NR, XX. GP, aus. In solchen Fällen bedarf es eines ärztlichen Gutachtens, um die Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung annehmen zu können. Dies hat aber nicht zur Folge, dass die Entziehungsdauer in jedem Fall so lange läuft, bis im Verfahren über einen Antrag auf Wiederausfolgung des Führerscheines ein Gutachten vorliegt, das die gesundheitliche Eignung des Betreffenden bestätigt. Die Festsetzung der Entziehungsdauer für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung bedeutet, dass die Entziehungsdauer mit der Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung endet. Diesen Zeitpunkt hat die Behörde zu ermitteln, wenn sie (...) einen vor Ablauf einer Entziehungsdauer von 18 Monaten gestellten Antrag auf Wiederausfolgung des Führerscheines, in dem die Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung behauptet wird, mit der Begründung abweisen will, die Lenkberechtigung sei gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 FSG erloschen. Ist ihr die Feststellung dieses Zeitpunktes nicht möglich, kann sie in einem solchen Fall nicht davon ausgehen, die Lenkberechtigung sei infolge Ablaufes einer Entziehungsdauer von 18 Monaten gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 FSG erloschen."
Demnach ist die Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung für einen bestimmten Zeitraum nur dann zulässig, wenn die Dauer der Nichteignung im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (bzw. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts) genau bestimmbar ist. Dies trifft bei einer (voraussichtlichen) Nichteignung "auf Lebenszeit" nicht zu.
Abgesehen davon soll durch die Entziehung auf die Dauer der Nichteignung zum Ausdruck gebracht werden, dass die Entziehung im Falle der Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung endet (vgl. die schon im zitierten Erkenntnis erwähnten Erläuterungen zur weiterhin geltenden Stammfassung des § 25 Abs. 2 FSG, RV 714 BlgNR XX. GP, Seite 44), was bei einer rechtskräftigen Entziehung auf Lebenszeit nicht ohne weiteres gewährleistet wäre.
Das Verwaltungsgericht hat somit gegenständlich verkannt, dass das FSG keine Rechtsgrundlage für die Entziehung der Lenkberechtigung "auf Lebenszeit" vorsieht.
3. Nach dem Gesagten war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 30. Juni 2016
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