Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Halm-Forsthuber, über die Revisionen des A M in S, vertreten durch Mag. Sarah Abel, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Rainbergstraße 3c, und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. November 2015, W140 2116569-1/5E, betreffend Schubhaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl),
I. den Beschluss gefasst:
Die Revision des A M, protokolliert zu Ro 2015/21/0042, und die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, protokolliert zu Ro 2016/21/0004, (jeweils) gegen den sie belastenden Teil von Spruchpunkt A.III. des angefochtenen Erkenntnisses werden zurückgewiesen.
Der Bund hat A M für die Revisionsbeantwortung, soweit sie auch zum Verfahren Ro 2016/21/0004 erstattet wurde, Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird über Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, protokolliert zu Ra 2015/21/0240, in seinem Spruchpunkt A.II. und in seinem Spruchpunkt A.III., soweit der Kostenersatzantrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
1 A M (im Folgenden: Mitbeteiligter), ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte nach seiner Einreise am 24. Mai 2010 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Jänner 2011 zur Gänze abgewiesen wurde. Unter einem wurde die Ausweisung des Mitbeteiligten nach Pakistan verfügt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 3. Juni 2013 als unbegründet ab. Ein Wiederaufnahmeantrag blieb erfolglos.
2 Für den Mitbeteiligten wurde von der pakistanischen Botschaft am 10. September 2015 ein bis 23. Dezember 2015 gültiges sogenanntes "Heimreisezertifikat" ausgestellt. Nachdem der Mitbeteiligte seine für den 23. September 2015 geplante Abschiebung vereitelt hatte, wurde er am 27. Oktober 2015 festgenommen und gegen ihn in der Folge mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom selben Tag gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung angeordnet. Diese Abschiebung in den Herkunftsstaat Pakistan sollte auf dem Luftweg am 2. Dezember 2015 erfolgen.
3 Die gegen den genannten Bescheid und gegen die darauf gegründete Anhaltung erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 9. November 2015 gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG als unbegründet ab (Spruchpunkt A.I.). Das BVwG stellte jedoch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorlägen (Spruchpunkt A.II.). Davon ausgehend wies es die Anträge der Parteien auf Kostenersatz gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG ab (Spruchpunkt A.III.). Weiters wurden die Anträge des Mitbeteiligten auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers und auf Befreiung von der Eingabegebühr als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkte A.IV. und A.V.). Anschließend sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG betreffend die Spruchpunkte A.I., A.II., A.IV. und A.V. nicht zulässig, betreffend Spruchpunkt A.III. jedoch zulässig sei (Spruchpunkte B.I. und B.II.).
4 Vorauszuschicken ist, dass die Spruchpunkte A.I., A.IV. und A.V. vom Mitbeteiligten letztlich unbekämpft blieben (siehe dazu den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2015/21/0229). Gegen Spruchpunkt A.III. des Erkenntnisses vom 9. November 2015 richten sich die ordentlichen Revisionen des Mitbeteiligten (protokolliert zu Ro 2015/21/0042) und des BFA (protokolliert zu Ro 2016/21/0004). Gegen Spruchpunkt A.II. dieses Erkenntnisses erhob das BFA überdies (im selben Schriftsatz) eine außerordentliche Revision (protokolliert zu Ra 2015/21/0240). Der Mitbeteiligte erstattete (ebenfalls in einem einheitlichen Schriftsatz) sowohl zur ordentlichen als auch zur außerordentlichen Revision des BFA eine Revisionsbeantwortung. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Durchführung eines Vorverfahrens zu Ra 2015/21/0240 über die Revisionen Folgendes erwogen:
5 Die beiden ordentlichen Revisionen, die zunächst in Behandlung zu nehmen sind, erweisen sich unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zulässig:
6 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision in dieser Hinsicht ist der Verwaltungsgerichtshof nach § 34 Abs. 1a VwGG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Auch in einer vom Verwaltungsgericht für zulässig erklärten (ordentlichen) Revision hat der Revisionswerber - unter den nachgenannten Voraussetzungen - von sich aus die unter dem erwähnten Gesichtspunkt maßgeblichen Gründe zur Zulässigkeit der Revision anzusprechen. Diesbezüglich genügt es, wenn in der Revision auf eine zutreffende und ausreichende Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes in erkennbarer Weise Bezug genommen wird. Eine vom Verwaltungsgericht als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage führt - mag die Annahme auch zutreffend sein - umgekehrt dann nicht zur Zulässigkeit der Revision, wenn diese Rechtsfrage in der Revision überhaupt nicht aufgegriffen wird. Auf eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht bei der Zulassung der ordentlichen Revision als grundsätzlich angesehen hat, ist nämlich vom Verwaltungsgerichtshof nicht einzugehen, wenn diese Rechtsfrage in der Revision nicht angesprochen wird (vgl. den hg. Beschluss vom 28. April 2016, Ro 2014/07/0093, Rz 7, und zuletzt den hg. Beschluss vom 17. März 2017, Ro 2017/17/0005, Rz 9, jeweils mwN). Eine nähere Darlegungspflicht besteht insbesondere dann, wenn sich der Revisionswerber zwar auf die Gründe, aus denen das Verwaltungsgericht die (ordentliche) Revision für zulässig erklärt hatte, beruft, diese aber fallbezogen keine Rolle (mehr) spielen oder zur Begründung der Zulässigkeit der konkret erhobenen Revision nicht ausreichen oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ro 2016/21/0010, Rz 8, mwN). Ihre Grundsätzlichkeit vorausgesetzt können solche ergänzend ins Treffen geführten Rechtsfragen die Zulässigkeit der ordentlichen Revision somit auch dann begründen, wenn die vom Verwaltungsgericht ins Treffen geführten Zulässigkeitsgründe nicht gegeben sind (vgl. den hg. Beschluss vom 11. November 2016, Ro 2016/12/0010, 0011 und 0013, Rz 16).
8 Das BVwG begründete die im Spruchpunkt A.III. getroffene Entscheidung ausgehend von dem in den Spruchpunkten A.I. und A.II. des angefochtenen Erkenntnisses erzielten Ergebnis damit, dass die Beschwerde zum Teil erfolgreich gewesen sei, sodass keiner der Parteien Aufwandersatz zustehe. Diese Auffassung stützte das BVwG auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Vorgängerbestimmung des § 35 VwGVG, nämlich zu § 79a AVG, wonach der in diesen Bestimmungen normierte Anspruch auf Aufwandersatz für die obsiegende Partei nur bei gänzlichem Obsiegen bestehe und eine analoge Anwendung des den Fall des teilweisen Obsiegens für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof regelnden § 50 VwGG nicht in Betracht komme. Diese Judikatur scheine - so das BVwG mit näherer Begründung - grundsätzlich auch auf die aktuelle Rechtslage übertragbar. Insoweit werde die Revision zugelassen, weil zur Frage des teilweisen Obsiegens im Schubhaftbeschwerdeverfahren zur aktuellen Rechtslage Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.
9 Darauf geht die ordentliche Revision des Mitbeteiligten allerdings nicht ein. Sie sieht eine grundsätzliche Rechtsfrage vielmehr darin, dass es noch keine Rechtsprechung dazu gebe, ob § 35 VwGVG auf das Schubhaftbeschwerdeverfahren anzuwenden sei. Dabei lässt der Mitbeteiligte aber den mit dem FrÄG 2015 eingefügten und seit 19. Juni 2015 geltenden § 22a Abs. 1a BFA-VG außer Acht, womit ausdrücklich angeordnet wurde, dass (u.a.) für Beschwerden in Schubhaftsachen die für (Maßnahmen )Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG, somit auch § 35 VwGVG, gelten. Insoweit besteht daher eine eindeutige Rechtslage, die keiner weiteren Klärung bedarf, was nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Zulässigkeit einer Revision entgegensteht (vgl. etwa den Beschluss vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0076, Rz 11, mwN). Soweit die Revision des Mitbeteiligten in der Zulässigkeitsbegründung weiters noch das mit Erhebung einer Schubhaftbeschwerde verbundene Kostenrisiko anspricht, das bei einem Asylwerber zur gravierenden Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhalts führen könne, ist ihm zu erwidern, dass sich damit im Zusammenhang stehende Fragen im vorliegenden Fall nicht stellen, weil dem Mitbeteiligten kein Kostenersatz auferlegt wurde. Damit lässt sich die Revisionszulässigkeit daher ebenfalls nicht begründen, weil der vorliegende Fall nicht von deren Lösung abhängt (vgl. zu dieser Voraussetzung etwa den hg. Beschluss vom 19. April 2016, Ro 2015/22/0004, Rz 9, mwN).
10 In der Amtsrevision des BFA gegen Spruchpunkt A.III. wird zunächst eingeräumt, dass die vom BVwG getroffene Kostenentscheidung im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht, wonach ein Aufwandersatz nur bei gänzlichem Obsiegen einer Partei stattfinde, und es wird weiters zugestanden, dass dies auch für die aktuelle Rechtslage nach § 35 VwGVG zu gelten habe. Damit wird die Zulässigkeit der Revision aber nicht dargetan, weil dies vorausgesetzt hätte, dass das BFA der vom BVwG zu der als grundsätzlich erachteten Rechtsfrage vertretenen Auffassung argumentativ entgegentritt (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 24. Mai 2016, Ra 2016/07/0038, Rz 16, mwN, wonach die Rechtsfrage nach dem Revisionsvorbringen vom Verwaltungsgericht unrichtig gelöst worden sein muss). Daran anschließend führt das BFA aus, der bekämpfte Spruchpunkt A.III. baue darauf auf, dass die Beschwerde des Mitbeteiligten teilweise erfolgreich gewesen sei. Es "schlägt sich" aber die (mit außerordentlicher Revision geltend gemachte) Rechtswidrigkeit des mit Spruchpunkt A.II. vorgenommenen negativen Fortsetzungsausspruches auf die Kostenentscheidung "durch". Demzufolge ergebe sich bei Aufhebung dieses Spruchpunktes durch den Verwaltungsgerichtshof ein Abweichen von seiner Rechtsprechung zur Berechtigung von Aufwandersatz bei vollständigem Obsiegen. Damit verkennt das BFA, dass Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, der festgestellte Sachverhalt ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 25. Mai 2016, Ra 2016/06/0059, Rz 6, mwN). Entfernt sich der Revisionswerber bei der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. den hg. Beschluss vom 14. März 2016, Ra 2016/02/0011). Das gilt für den vorliegenden Fall der (selbständigen) Bekämpfung einer Kostenentscheidung sinngemäß auch in Bezug auf die zugrunde liegenden Aussprüche in der Hauptsache, von denen bei Geltendmachung einer Unrichtigkeit der Entscheidung im Kostenpunkt auszugehen gewesen wäre.
11 Beiden ordentlichen Revisionen gelingt es somit nicht, ihre Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG darzutun, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen waren. Da der Mitbeteiligte in der auch insofern erstatteten Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit dieser Revision des BFA hingewiesen hatte, gebührt ihm hierfür gemäß §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 auch der Ersatz von halbem Schriftsatzaufwand.
12 Hingegen ist die vom BFA auch erhobene außerordentliche Revision gegen Spruchpunkt A.II. des angefochtenen Erkenntnisses (protokolliert zu Ra 2015/21/0240) - wie nachstehend gezeigt werden wird - wegen Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig und auch berechtigt:
13 Das BVwG begründete den mit dem genannten Spruchpunkt getroffenen negativen Fortsetzungsausspruch unter Bezugnahme auf mehrere in dem angefochtenen Erkenntnis vom 9. November 2015 auszugsweise wörtlich zitierte Medienberichte vom 7. November 2015 damit, dass Pakistan das mit der Europäischen Union geschlossene Rücknahmeabkommen ausgesetzt habe. Der pakistanische Außenminister habe den Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Großbritanniens) einen "offenkundigen Missbrauch" des Abkommens vorgeworfen. Flugzeuge "mit abgeschobenen Migranten" dürften daher vorerst nicht mehr in Pakistan landen. Die am 7. November 2015 erstmals in den Medien "auftauchende" Aussetzung des Rücknahmeabkommens mit der Europäischen Union habe sich - so das BVwG dazu im Rahmen der Beweiswürdigung - nunmehr insofern manifestiert, als diese Aussetzung aufgrund der einheitlichen Medienberichterstattung "zum jetzigen Zeitpunkt vorerst als gesichert" anzusehen sei. Angesichts dessen folgerte das BVwG dann rechtlich, "zum aktuellen Zeitpunkt" könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Sicherungszweck der gegenständlichen Schubhaft realisiert werden könne. Es lägen daher die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vor.
14 Dem hält die Amtsrevision im Wesentlichen entgegen, das BVwG hätte dem BFA zu den aufgrund der erwähnten Medienberichte als notorisch angesehenen Tatsachen Parteiengehör einräumen müssen. In einer so ermöglichten Stellungnahme hätte das BFA zunächst geltend machen können, in den zitierten Quellen seien auch deutliche Hinweise darauf zu finden, dass es für die Suspendierung des Rücknahmeabkommens keine offizielle Bestätigung gegeben habe. Insofern seien die herangezogenen Belegstellen unvollständig. Außerdem hätte es für die Kündigung und dem entsprechend auch für eine vorübergehende Suspendierung nach Art. 20 Abs. 4 des Abkommens einer förmlichen Notifikation bedurft, die bisher nicht erfolgt sei. Überdies sei unberücksichtigt gelassen worden, dass für den Mitbeteiligten ein gültiges Heimreisezertifikat vorgelegen sei, in dem sich die Rücknahmebereitschaft Pakistans ausdrücklich "manifestiert" habe. Das BFA habe in Vorbereitung der für 2. Dezember 2015 geplanten "Frontex-Rückführung", für die auch der Mitbeteiligte vorgesehen gewesen sei, in den Monaten davor laufend Kontakt mit der pakistanischen Botschaft in Wien gehabt. Dabei seien alle benötigten Ersatzreisedokumente ausgestellt worden und es habe bislang keine Probleme oder Veränderungen in der Kooperation mit dieser Botschaft gegeben. Dem entsprechend habe dann die gemeinsam mit anderen Staaten organisierte "Frontex-Abschiebung" auch tatsächlich stattgefunden und es seien insgesamt 19 pakistanische Staatsangehörige, von Seiten Österreichs vier Personen, in ihren Heimatstaat verbracht worden. Lediglich zwei aus Österreich kommende Personen seien wegen behaupteter organisatorischer Mängel von den pakistanischen Behörden nicht übernommen worden. Es seien somit entgegen der Annahme des BVwG Abschiebungen nach Pakistan grundsätzlich weiter möglich gewesen.
15 Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Verwaltungsverfahren das sogenannte "Überraschungsverbot" zu beachten. Darunter ist das Verbot zu verstehen, dass die Behörde in ihre rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezieht, die der Partei nicht bekannt waren. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, dass die zum "Überraschungsverbot" entwickelten Grundsätze auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten maßgeblich sind, weil von den Verwaltungsgerichten auf dem Boden des § 17 VwGVG sowohl das Amtswegigkeitsprinzip des § 39 Abs. 2 AVG als auch der Grundsatz der Einräumung von Parteiengehör im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG zu beachten seien (siehe das Erkenntnis vom 24. März 2015, Ra 2014/21/0058, mwN).
16 Gegen diese Grundsätze hat das BVwG aber verstoßen, indem es die Annahme der Unzulässigkeit der Fortsetzung der gegen den Mitbeteiligten vollzogenen Schubhaft ausschließlich auf Umstände - Unmöglichkeit der Abschiebung wegen einseitiger Aussetzung des Rücknahmeübereinkommens durch Pakistan und des vorläufig bestehenden Verbots der Landung von aus EU-Mitgliedstaaten kommenden Flugzeugen mit "Migranten" in Pakistan - stützte, die im Verfahren noch nicht vorgekommen waren und zu denen vom BVwG auch kein Parteiengehör eingeräumt worden war. Entgegen der Meinung des Mitbeteiligten in der Revisionsbeantwortung ist es aber - wie mit dem in Rz 14 wiedergegebenen Revisionsvorbringen dargetan wurde - nicht ausgeschlossen, dass das BVwG bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
17 Daher waren Spruchpunkt A.II. und demzufolge auch die darauf aufbauende Kostenentscheidung im Spruchpunkt A.III. des angefochtenen Erkenntnisses, soweit damit der Aufwandersatzantrag des BFA abgewiesen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Wien, am 11. Mai 2017
Rückverweise