Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des JM in X, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen 1. den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Oktober 1988, Zl. I/7-St-M-87202, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (hg. Zl. 88/02/0215), und 2. den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. Oktober 1988, Zl. I/7-St-M-87202, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (hg. Zl. 88/02/0216), zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich und dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1.1 Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 16. Februar 1987 um ca. 19.15 Uhr in Retz auf der Gemeindestraße „Seeweg“ nächst der Landwirtschaftlichen Fachschule ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug („Tankwagen“) gelenkt, bei dieser Fahrt insgesamt fünf abgestellte Kraftfahrzeuge (Pkws) beschädigt und das Fahrzeug nach diesem Vorfall „nicht sofort angehalten, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand“, sowie „nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub verständigt, obwohl das Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift nicht erfolgte“. Er habe dadurch Übertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 begangen. Über ihn wurden zwei Geldstrafen (Ersatzarrest-strafen) verhängt.
1.2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich wurde er in Ansehung desselben Lenkvorganges schuldig erkannt, „das Kraftfahrzeug ohne erforderliche Lenkerberechtigung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt“ zu haben. Er habe dadurch eine Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 begangen. Auch hiefür wurde über ihn eine Geldstrafe (Errsatzarreststrafe) verhängt.
2. In seiner gegen beide Bescheide gerichteten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Die beiden belangten Behörden haben eine gemeinsame Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.
3. Der Gerichtshof hat erwogen:
3.1. Hinsichtlich beider Bescheide macht der Beschwerdeführer geltend, daß die belangten Behörden § 51 Abs. 5 VStG 1950 verletzt hätten. Bei dieser Behauptung übersieht der Beschwerdeführer, daß seine Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 13. Oktober 1987 laut Eingangsstempel am 2. November 1987 bei der Erstbehörde eingelangt ist. Mit diesem Tag hat der Lauf der Einjahresfrist nach § 51 Abs. 5 VStG 1950 begonnen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 11.790 A/1985). Die mit der Zustellung der Bescheidausfertigung an den Beschwerdeführer am 28. Oktober 1988 bewirkte Erlassung der angefochtenen Bescheide erfolgte somit innerhalb der genannten Frist. Die Spekulationen über den Beginn dieser Frist, die auf das Datum des Berufungsschriftsatzes (28. Oktober 1987), der im übrigen am 30. Oktober 1987 zur Post gegeben wurde, gestützt werden, gehen angesichts der geschilderten Aktenlage ins Leere.
3.2. Ebenfalls hinsichtlich aller in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen behauptet der Beschwerdeführer, § 44 a lit. a VStG 1950 sei verletzt, weil weder der Tatort noch die Tatzeit eindeutig umschrieben sei.
Bei dem im Spruch als Tatort genannten „Seeweg“ handelt es sich nach der Aktenlage um eine ungefähr 200 m lange Straße, deren Ränder offenbar zum größten Teil - und zwar insbesondere dort, wo die bei dem in Rede stehenden Vorfall beschädigten Pkws abgestellt gewesen sind - nicht bebaut sind. Eine Konkretisierung des Tatortes durch Angabe von Ordnungszahlen kam daher nicht in Betracht. Die Angabe „nächst der Landwirtschaftlichen Fahrschule“ ist daher fallbezogen als ausreichend konkretisierend anzusehen. Der Vorschrift des § 44 a lit. a VStG 1950 ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. dazu die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, die in der Amtlichen Sammlung unter Nr. 11.894/A abgedruckt sind). Der Beschwerdeführer hat in keiner Weise dargetan, daß er dadurch in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt worden wäre, daß er nicht erkennen konnte, welches Verhalten an welchem Ort ihm zur Last gelegt wird. Er hat auch nicht andeutungsweise vorgebracht, daß ihm konkret die Gefahr einer Doppelbestrafung drohe.
Gleiches gilt für die Tatzeit. Ob die Verwaltungsübertretungen kurz vor, genau um oder kurz nach 19.15 Uhr begangen worden sind, ist im Lichte des zitierten Erkenntnisses vom 3. Oktober 1985 unerheblich, weil der Beschwerdeführer - wie bereits gesagt - unverwechselbar feststehender Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt wurde und nicht erkennbar ist, inwieweit seine rechtliche Stellung im Verwaltungsstrafverfahren geändert worden wäre, hätte es im Spruch des Straferkenntnisses etwa geheißen, er habe die Taten um 19.13 Uhr begangen (vgl. zur ausreichenden Umschreibung der Tatzeit mit „gegen Mitternacht“ eines bestimmten Tages das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1985, Zlen. 84/10/0274, 0276).
3.3. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil Verfolgungsverjährung eingetreten sei, ist unzutreffend, weil sämtliche wesentlichen Sachverhaltselemente Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung, nämlich des Ladungsbescheides der Erstbehörde vom 17. März 1987, waren.
3.4. Im übrigen behauptet der Beschwerdeführer hinsichtlich aller in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen, er sei nicht der Lenker des Kraftfahrzeuges gewesen. Er bekämpft damit die Beweiswürdigung der belangten Behörden, die auf Grund der Ergebnisse ihres Ermittlungsverfahrens die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers zur Tatzeit am Tatort als erwiesen annahmen.
In Ansehung der Beweiswürdigung der belangten Behörde ist die verwaltungsgerichtliche Prüfungsbefugnis dahin beschränkt, ob die Behörde den Sachverhalt genügend erhoben hat und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Ob aber der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (vgl. dazu die diesbezüglichen Ausführungen im bereits zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985).
Im Lichte dieser eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes ist kein zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide führender Fehler zu erkennen, der den belangten Behörden unterlaufen wäre. In der Begründung werden die Erwägungen der belangten Behörden in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise wiedergegeben. Die Umstände, daß der Beschwerdeführer am Tag nach den Taten die Begehung der Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 zugegeben und nur geleugnet hat, die Kontaktierung mit den beschädigten Pkws wahrgenommen zu haben, daß er weiters eine Versicherungsmeldung erstattet hat, in der er sich als Lenker bezeichnete, sowie daß er vor allem von einem Zeugen bei einer kurzen Unterbrechung des Fahrmanövers erkannt wurde, berechtigten die Behörden zur Annahme, er sei bei diesem Lenkvorgang der Lenker gewesen. Es entspricht durchaus der von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebilligten Praxis der Verwaltungsstrafbehörden, auf allgemeine Erfahrungssätze zurückzugreifen, wie etwa darauf, daß davon ausgegangen werden kann, daß das kurz nach der Tat abgelegte Geständnis eher der Wahrheit entspricht als ein später erfolgendes Leugnen des dann 'rechtsfreundlich vertretenen Beschuldigten (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1987, Z1. 87/18/0022, 0023, und vom 16. Dezember 1987, Zl. 87/02/0083). Die belangten Behörden konnten die Version des Beschuldigten, sein Sohn habe den Tankwagen gelenkt, am Tatort angehalten und sei dort ausgestiegen, worauf ein Unbekannter das Fahrzeug bestiegen und nach dessen Inbetriebnahme die gegenständlichen Beschädigungen verursacht habe, als unglaubwürdig qualifizieren, auch wenn sie vom Sohn des Beschwerdeführers im wesentlichen zeugenschaftlich bestätigt wurde. Es ist nicht unschlüssig, wenn die Behörden davon ausgegangen sind, daß der Sohn des Beschwerdeführers diesen mit seiner Aussage habe schützen wollen. Sein eigenes, von Zeugen geschildertes Verhalten unmittelbar nach dem Vorfall am Tatort - er habe sich „emotionslos“ verhalten - widerspricht in der Tat seiner Behauptung, ihm sei das Fahrzeug gestohlen worden, da er doch zusätzlich wahrgenommen haben müßte, es sei von dem Entwender mit dem Fahrzeug erheblicher Sachschaden verursacht worden.
Auch die Zeugenaussage eines Versicherungsangestellten, der Beschwerdeführer habe die Schadensmeldung in Anwesenheit seines Sohnes ausgefüllt (beides wird nicht in Abrede gestellt), stützt die Ansicht der belangten Behörden. Ins Gewicht fällt auch, daß die Behauptung des Beschwerdeführers, das Geständnis gegenüber dem Gendarmerieposten Retz am 17. Februar 1987 in einer „emotionell angespannten psychischen Gemütsbewegung“ abgelegt zu haben, weil er zum damaligen Zeitpunkt geglaubt habe, sein Sohn sei der Lenker gewesen, durch die übereinstimmenden Aussagen der dabei anwesenden Gendarmeriebeamten, denen der Beschwerdeführer persönlich bekannt war und die keine Anzeichen für eine außergewöhnliche psychische Verfassung des Beschwerdeführers bemerkt haben, als widerlegt betrachtet werden kann.
Was schließlich die behaupteten Verfahrensmängel anlangt, kann sowohl in der Unterlassung der beantragten Beweisaufnahmen als auch in der angeblichen Verletzung des Parteiengehörs kein Grund für die Aufhebung der angefochtenen Bescheide erblickt werden. Der Beschwerdeführer hat es seinerseits unterlassen, darzutun, welche Ergebnisse „die Einholung des Gutachtens der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik über die Sichtverhältnisse am Tattag sowie die Durchführung eines Nachtlokal-augenscheines sowie eine weitere Einvernahme“ des Sohnes des Beschwerdeführers „dahingehend, ob er den Lenker des an ihm vorbeifahrenden LKW's erkennen konnte“ erbracht hätten. Die Erheblichkeit dieser Beweise ist ohne ein derartiges konkretes Vorbringen nicht erkennbar.
Desgleichen ist die behauptete Verletzung des Parteiengehörs ohne Bedeutung, weil es für den Ausgang des Verfahrens unerheblich war, zu welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer sein Geständnis widerrufen hat.
4.1 . In Ansehung der Übertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 5 StVO 1960 rügt der Beschwerdeführer, es „hätte eine Präzisierung der behaupteten beschädigten fünf abgestellten Kraftfahrzeuge erfolgen müssw4d.h. es wäre klarzustellen gewesen, was beschädigt wurde, denn der Gesetzgeber stellt eben auf die Kausalität, d.h. auf den ursächlichen Zusammenhang, ab. Demnach bedarf es einer diesbezüglichen Konkretisierung worin und in welchem Ausmaß der ursächliche Zusammenhang bestand“.
In diesem Zusammenhang ist er auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es nicht erforderlich ist, im Spruch eines Straferkenntnisses, mit dem eine Bestrafung u.a. nach § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 5 StVO 1960 ausgesprochen wird, die bei dem Unfall verursachten Schäden im einzelnen zu beschreiben (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1988, Zl. 87/18/0114). Desgleichen genügt es, das wesentliche Tatbestandselement des ursächlichen Zusammenhanges mit erfolgten Beschädigungen im Spruch zu nennen, ohne an dieser Stelle nähere Umstände über den Unfallhergang auszuführen.
4.2. Der Spruch des Straferkenntnisses wegen Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 bedarf nicht einer Konkretisierung, welche Personen einander nicht ihre Identität nachgewiesen haben. Das Nichtzustandekommen eines Identitätsnachweises ist kein Tatbestandselement einer solchen Verwaltungsübertretung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1987, Zl. 86/03/0177).
5. Der auf einer gutächtlichen Äußerung des Amtssachverständigen der Erstbehörde beruhenden Annahme der belangten Niederösterreichischen Landesregierung, der Beschwerdeführer habe die Verursachung der Beschädigungen auf Grund ihres Ausmaßes bemerken müssen, tritt der Beschwerdeführer nicht mehr entgegen.
6. Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Wien, am 28. Juni 1989
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