Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Dorner, Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde der in A, vertreten durch B, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 23. April 1986, Zl. IVc/7022/7400B, betreffend Insolvenz-Ausfallgeld, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, als mit ihm der Antrag der Beschwerdeführerin auf Insolvenz-Ausfallgeld im Betrag von S 16.366,17 abgewiesen wurde; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin begehrte mit der beim Arbeitsgericht Wien zur AZ nnn eingebrachten Klage vom 23. Oktober 1984 von der R. GmbH die Bezahlung eines Betrages von S 51.566,-- brutto samt 4 % Zinsen seit Klagstag sowie Prozeßkosten. Nach der Klagserzählung sei die Beschwerdeführerin bei der R. GmbH vom 2. Mai 1984 bis 25. September 1984 als Angestellte mit einem Monatsgehalt von S 10.050,-- brutto, zahlbar 14 mal jährlich, beschäftigt gewesen. Mit Schreiben vom 24. September 1984, an die Beschwerdeführerin zugestellt am 25. September 1984, habe die R. GmbH die Entlassung ausgesprochen, die jedoch nicht berechtigt sei. Der Beschwerdeführerin stünden daher folgende Ansprüche gegen die R. GmbH zu:
Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 25. September bis 25. Dezember 1984 S 33.150,-- brutto, Sonderzahlungen von S 5.525,-- brutto und Urlaubsentschädigung (26 Werktage) S 12.891,--, sohin zusammen S 51.566,--. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13. Dezember 1984 beantragte die R. GmbH die Klagsabweisung mit der Begründung, daß die mit ihrem Schreiben vom 24. September 1984 ausgesprochene Entlassung aus näher genannten Gründen berechtigt gewesen sei. Nach Durchführung verschiedener Beweisaufnahmen in weiteren Tagsatzungen zur mündlichen Streitverhandlung schlossen die Prozeßparteien in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 5. August 1985 nachstehenden Vergleich:
„Die beklagte Partei verpflichtet sich, der Klägerin S 29.000,-- netto (S 3.923,30 netto an Sonderzahlungen, S 12.633,83 netto an Urlaubsentschädigung und S 12.442,87 netto an einmaliger freiwilliger Abgangsentschädigung) sowie einen Prozeßkostenbeitrag von S 13.000,--, somit insgesamt S 42.000,-- in fünf Raten a S 8.400,--, die erste Rate am 1.9.1985, die Folgeraten jeweils am ersten der darauffolgenden Monate, je mit fünftägigem Respiro bei Terminverlust zu bezahlen.
Dieser Vergleich wird rechtswirksam, sofern er nicht durch die klagende Partei bis zum 26.8.1985 widerrufen wird.
Weiters gilt das Dienstverhältnis per 25.9.1984 als einvernehmlich aufgelöst.
Mit diesem Vergleich gelten sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus welcher Art und welchem Titel immer, als bereinigt und verglichen.“
Der Vergleich wurde nicht widerrufen.
Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 29. Jänner 1985, AZ nnn wurde ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der R. GmbH mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Davon erfuhr die Beschwerdeführerin nach ihrer Behauptung am 26. April 1985.
Mit Schriftsatz vom 5. Juni 1985 beantragte die Beschwerdeführerin die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld für nachstehende Forderungen gegen die R. GmbH:
Urlaubsentschädigung 1984 für 26 Tage S 12.633,83, Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 25. September bis 25. Dezember 1984 S 23.208,32, anteilige Sonderzahlungen für diesen Zeitraum S 3.923,30, und 4 % Zinsen vom 25. Oktober 1984 bis 26. August 1985 S 1.329,94. Zur Begründung ihres Antrages verwies sie auf die in Fotokopie vorgelegte Klage.
Die R. GmbH bestritt in dem ihr übermittelten Forderungsverzeichnis nach § 6 Abs. 3 IESG die geltend gemachten Forderungen mit der Begründung, daß die Entlassung zu Recht erfolgt sei. Mit Schreiben vom 12. August 1985 teilte sie dem Arbeitsamt Versicherungsdienste Wien mit, daß das arbeitsgerichtliche Verfahren nunmehr durch Vergleich abgeschlossen und sie demnach verpflichtet sei, der Beschwerdeführerin einen Nettobetrag von S 29.000,-- sowie einen Kostenbeitrag in fünf Monatsraten, beginnend ab 1. September 1985, zu bezahlen.
Mit Bescheid vom 15. Jänner 1986 erkannte das Arbeitsamt Versicherungsdienste Wien der Beschwerdeführerin Insolvenz-Ausfallgeld in der Höhe von S 12.634,-- für die geltend gemachte Urlaubsentschädigung zu. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag lehnte das genannte Arbeitsamt aber die darüber hinaus geltend gemachten Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld ab. Begründend wurde ausgeführt, es sei im Zuge des Ermittlungsverfahrens festgestellt worden, daß die Beschwerdeführerin einen Vergleich über S 12.633,83 an Urlaubsentschädigung sowie über andere im gegenständlichen Verfahren nicht geforderte Ansprüche abgeschlossen habe. Da sohin die Forderung auf Kündigungsentschädigung und aliquote Sonderzahlung weiterhin bestritten bleibe und überdies das Ende des Dienstverhältnisses als mit 25. Jänner 1984 (richtig: 25. September 1984) einvernehmlich gelöst gelte, könne die Forderung von insgesamt S 27.131,62 keinen gesicherten Anspruch darstellen. Die Zinsen gebührten ab Fälligkeit, somit frühestens ab dem im Vergleich genannten Tag der ersten Ratenzahlung, nämlich dem 1. September 1985. Da die Beschwerdeführerin jedoch Zinsen für einen früheren Zeitraum begehre, könnten auch sie nicht gewährt werden.
In der gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobenen Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, die Abweisung ihres Antrages auf Insolvenz-Ausfallgeld sei jedenfalls hinsichtlich der Sonderzahlungen von S 3.923,30 ungerechtfertigt, weil diese „bis auf den Groschen betraglich“ im Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld gefordert worden seien und auch im Vergleich als solche aufschienen. Was den restlichen Betrag von S 12.442,87 netto anbelange, sei vereinbart worden, daß er eine Abgeltung für den klagsweise geltend gemachten Anspruch auf die Kündigungsentschädigung von S 23.208,32 sein solle. Keineswegs habe durch den Abschluß dieses Vergleiches der Rechtsgrund geändert und ein anderer als der eingeklagte Betrag begehrt werden sollen. Es sei der noch offenen Forderung an Kündigungsentschädigung lediglich eine andere Bezeichnung gegeben worden. Dies sei an und für sich keine unübliche Vorgangsweise bei Vergleichsabschlüssen. In rechtlicher Hinsicht verweise sie darauf, daß der Vergleich zwar einen eigenen Rechtsgrund schaffe, dies jedoch nur dahin zu verstehen sei, daß die Partei nicht mehr auf Einreden zurückgreifen dürfe, die sie vor der Bereinigungswirkung des Vergleiches erhoben habe. Diesbezüglich wirke der Vergleich wie ein konstitutives Anerkenntnis. Im übrigen bleibe aber durch den Abschluß des Vergleiches der Rechtsgrund bestehen, sodaß nur davon ausgegangen werden könne, daß durch die Einigung auf die Vergleichssumme die eingeklagten und auch im Verfahren vor dem Arbeitsamt beantragten Ansprüche beglichen werden sollten. Die Parteiabsicht habe keineswegs darin gelegen, daß der Beschwerdeführerin außerhalb der eingeklagten Forderungen etwas anderes geleistet werden sollte. Eine freiwillige Abgangsentschädigung sei anläßlich der Begründung des Dienstverhältnisses und auch später nicht vereinbart worden. Vielmehr sei der restliche Anspruch auf Kündigungsentschädigung im Vergleich „dezimiert“ und als freiwillige Abgangsentschädigung bezeichnet worden. Im übrigen verweise sie darauf, daß im Falle einer anderen Bezeichnung im Vergleich auf jeden Fall das verdeckte Geschäft im Sinne des § 916 ABGB gelte, also ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung habe befriedigt werden sollen; darauf habe sich auch die Parteiabsicht gerichtet. Die gleichen Erwägungen gälten auch hinsichtlich des Kostenbeitrages von S 13.000,--, der in der Klagssumme Deckung finde. Auch hier sei für Klagsansprüche lediglich eine andere Bezeichnung im Vergleich gewählt worden.
Zugleich mit der Berufung brachte die Beschwerdeführerin beim Arbeitsamt Versicherungsdienste Wien einen Schriftsatz ein, mit dem sie Insolvenz-Ausfallgeld für Kosten in der Höhe von S 13.000,-- auf Grund des obgenannten Vergleiches begehrte.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend wurde ausgeführt, es ergebe sich grundsätzlich aus einer einvernehmlichen Lösung des Arbeitsverhältnisses, daß mit dem Auflösungstermin die Entgeltansprüche erloschen seien und keine Entschädigung für eine Kündigungsfrist verlangt werden könne. Festgehalten werde, daß die vorliegende einvernehmliche Lösung tatsächlich mit 25. September 1984 vereinbart worden sei. Dieser Vereinbarung liege folgender Sachverhalt zu Grunde: Am 25. September 1984 habe der Geschäftsführer der R. GmbH eine fristlose Entlassung der Beschwerdeführerin ausgesprochen, was eine Klage beim Arbeitsgericht Wien nach sich gezogen habe, die nicht die Feststellung begehrt habe, das Arbeitsverhältnis sei infolge ungerechtfertigter Entlassung weiter aufrecht, wohl aber, daß auf Grund besagter Entlassung Entschädigungsansprüche entstanden seien, unter anderem auf Kündigungsentschädigung. Da der Standpunkt der R. GmbH offenbar nicht haltbar gewesen sei, sei eine vergleichsweise Bereinigung erfolgt. Da infolge Auflösung des Arbeitsverhältnisses in beiderseitigem Einverständnis jedoch ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung - hiezu zähle auch die anteilige Sonderzahlung - nicht mehr gebühren könne, sei nur noch die Vereinbarung einer freiwilligen Abfindung (= freiwillige Abgangsentschädigung laut Vergleich) denkmöglich. Eine solche Einzelvereinbarung unterliege aber den Bestimmungen des § 1 Abs. 3 Z. 2 lit. b IESG und es handle sich somit um einen ausgeschlossenen Anspruch, dies bei Berücksichtigung der Konkursabweisung mangels Masse am 29. Jänner 1985 und der Vereinbarung im Vergleich. Hinsichtlich der Zinsen vertrete die belangte Behörde die Auffassung, daß die Vereinbarung einer Ratenzahlung sowie das Fehlen einer Vereinbarung über Verzugszinsen im Vergleich einem Verzicht gleichkomme und deshalb die Entscheidung der Behörde erster Instanz zu Recht erfolgt sei. Über den Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld für S 13.000,-- werde das Arbeitsamt Versicherungsdienste Wien erstinstanzlich entscheiden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Eine Unzuständigkeit der belangten Behörde liege darin, daß sie, ausgehend von ihrer (von der Beschwerdeführerin freilich abgelehnten) Rechtsauffassung, es sei die im Vergleich genannte freiwillige Abgangsentschädigung erst auf Grund des Vergleiches entstanden und daher nach § 1 Abs. 3 Z. 2 lit. b IESG ein ausgeschlossener Anspruch, über einen neuen Anspruch abgesprochen habe, hinsichtlich dessen die Beschwerdeführerin noch keinen Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld gestellt habe. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften hält die Beschwerdeführerin der Auffassung, es sei im Vergleich ein neuer und ausgeschlossener Anspruch vereinbart worden, im wesentlichen die schon in der Berufung erhobenen Einwände entgegen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 IESG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 580/1980 haben Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld Arbeitnehmer, ehemalige Arbeitnehmer und ihre Hinterbliebenen sowie die Rechtsnachfolger von Todes wegen dieser Personen (Anspruchsberechtigte) für die nach Abs. 2 gesicherten Ansprüche unter anderem dann, wenn ein Antrag auf Eröffnung eines Konkurses über das Vermögen des Arbeitgebers (ehemaligen Arbeitgebers) mangels hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde. Nach § 1 Abs. 2 leg. cit. sind näher bezeichnete aufrechte, nicht verjährte und nicht ausgeschlossene Ansprüche (Abs. 3) aus dem Arbeitsverhältnis gesichert, auch wenn sie gepfändet, verpfändet oder übertragen worden sind.
Mit Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste Wien vom 15. Jänner 1986 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 5. Juni 1985 auf Insolvenz-Ausfallgeld für Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 25. September bis 25. Dezember 1984 im Betrag von S 23.208,32, für die Sonderzahlungen für diesen Zeitraum im Betrag von S 3.923,30 und für Zinsen für die Zeit vom 25. Oktober 1984 bis 26. August 1985 im Betrag von S 1.329,94 abgewiesen (über ihren erst zugleich mit der Berufung gestellten Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld für Prozeßkosten im Betrag von S 13.000,-- wurde mit diesem Bescheid nicht entschieden). Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Berufung erhoben. „Sache“ der belangten Behörde im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 war demgemäß der von der Beschwerdeführerin im genannten Antrag behauptete und durch Verweisung auf die Klage näher begründete Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld für die obgenannten privatrechtlichen Ansprüche. Bei ihrer Entscheidung war die belangte Behörde an den Vergleich zwar nicht im Sinne des § 7 Abs. 1 erster Satz IESG gebunden, da ein gerichtlicher Vergleich keine gerichtliche Entscheidung ist (vgl. Erkenntnis vom 19. März 1986, Z1. 85/11/0059); sie hatte jedoch darauf insofern Bedacht zu nehmen, als nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 IESG Insolvenz-Ausfallgeld nur für (im Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides) „aufrechte ... Ansprüche ... aus dem Arbeitsverhältnis“ gebührt, der Beschwerdeführerin aber entsprechend dem durch den letzten Satz des Vergleiches festgelegten Umfang der Bereinigungswirkung des Vergleiches (§ 1389 ABGB) gegen die R. GmbH jedenfalls aus dem Arbeitsverhältnis mit ihr nur mehr die im ersten Satz des Vergleiches genannten Ansprüche zustehen. Daß der Vergleich als solcher unwirksam sei, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet; sie wendet vielmehr nur eventualiter ein, daß bestimmte Teilbeträge entsprechend § 916 ABGB nicht unter dem im Vergleich genannten Titel, sondern aus einem anderen Rechtsgrund gebührten. Nach dem Vergleich stehen der Beschwerdeführerin aber (sieht man von dem anerkannten Anspruch auf Urlaubsentschädigung ab) nur noch „S 3.923,30 netto an Sonderzahlungen“, „S 12.442,87 netto an einmaliger freiwilliger Abgangsentschädigung“ und ein „Prozeßkostenbeitrag von S 13.000,--“, zahlbar ab 1. September 1985, zu. Konnte noch der oben wiedergegebene letzte Satz der Berufung so verstanden werden, daß auch unter dem „Prozeßkostenbeitrag“ von S 13.000,-- in Wahrheit der Anspruch auf einen Teil der Kündigungsentschädigung gemeint sei (was freilich sowohl im Widerspruch mit dem zugleich mit der Berufung eingebrachten Antrag der Beschwerdeführerin auf Insolvenz-Ausfallgeld für Kosten als auch mit der Erklärung der R. GmbH vom 12. August 1985 stand), so hat die Beschwerdeführerin in der Beschwerde diese Behauptung nicht aufrecht erhalten. Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Bereinigungswirkung des gegenständlichen Vergleiches entspricht die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Insolvenz-Ausfallgeld im Gesamtbetrag von S 28.461,56 hinsichtlich eines Teilbetrages von S 12.095,39 dem Gesetz, da der Beschwerdeführerin aus dem Titel der Kündigungsentschädigung einschließlich aliquoter Sonderzahlungen nur mehr maximal ein Betrag von S 16.366,17 (das ist die Summe der beiden Vergleichsbeträge von S 3.923,30 und S 12.442,87) gebührt, aus dem Titel der Zinsen für die Zeit vom 25. Oktober 1984 bis 26. August 1985 im Betrag von S 1.329,94, da der Vergleichsbetrag erst am 1. September 1985 fällig wurde, hingegen kein Anspruch zusteht. Gegen die letztere Auffassung der belangten Behörde hat sich die Beschwerdeführerin in der Beschwerde auch nicht gewandt.
Die belangte Behörde hat den mit Antrag vom 5. Juni 1985 geltend gemachten Anspruch der Beschwerdeführerin auf Insolvenz-Ausfallgeld für den verbleibenden Restbetrag von S 16.366,17 (für Kündigungsentschädigung einschließlich aliquoter Sonderzahlungen aus dem in der Klage näher dargelegten rechtserzeugenden Sachverhalt) mit der Begründung abgewiesen, daß „mit 25.9.84“ eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Beschwerdeführerin mit der R. GmbH vereinbart worden sei (womit sachverhaltsbezogen nur gemeint sein kann, es sei diese einvernehmliche Auflösung nicht schon am 25. September 1984, sondern mit dem Vergleich rückwirkend mit 25. September 1984 vereinbart worden), daß aber aus einer einvernehmlichen Auflösung keine Ansprüche auf Kündigungsentschädigung einschließlich aliquoter Sonderzahlungen erwüchsen.
Dem wäre beizupflichten, wenn die unbestritten erfolgte Entlassung der Beschwerdeführerin durch die R. GmbH am 25. September 1984 nachträglich (nämlich mit dem Vergleich oder aus Anlaß des Vergleiches) mit Zustimmung der Beschwerdeführerin zurückgenommen (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 13. Februar 1985, Zlen. 83/11/0116, 0118, 0305, und vom 30. Jänner 1987, Zl. 85/11/0010) und an deren Stelle mit Wirkung ab 25. September 1984 eine einvernehmliche Auflösung vereinbart worden wäre. Denn in diesem Fall stünde der Beschwerdeführerin in der Tat kein Insolvenz-Ausfallgeld für die geltend gemachte Kündigungsentschädigung einschließlich der aliquoten Sonderzahlungen zu. Ob ihr in diesem Fall Insolvenz-Ausfallgeld für erst und nur auf Grund des Vergleiches gebührende „... Sonderzahlungen ... und einmalige freiwillige Abgangsentschädigung“ zustünde, bräuchte im Beschwerdefall nicht geprüft zu werden, da die aus dem obgenannten rechtserzeugenden Sachverhalt (unberechtigte Entlassung der Beschwerdeführerin durch die R. GmbH mit 25. September 1984) abgeleiteten Ansprüche auf Kündigungsentschädigung einschließlich aliquoter Sonderzahlungen mit den erstgenannten Ansprüchen nicht ident wären und daher diesbezüglich, wie die Beschwerdeführerin mit Recht ausführt, kein Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld vorläge (vgl. zur Bestimmung des Verfahrensgegenstandes durch den Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld die Erkenntnisse vom 22. Oktober 1986, Zl. 85/11/0144, und vom 24. September 1986, Zl. 84/11/0276). Dadurch, daß die belangte Behörde dies dennoch in der Begründung des angefochtenen Bescheides getan hat, hat sie - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - jedoch ihre Zuständigkeit nicht überschritten, weil sie durch die Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides vom 15. Jänner 1986 - auch unter Bedachtnahme auf die Bescheid-begründung - in einer rechtskraftfähigen Weise lediglich über die mit dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 5. Juni 1985 geltend gemachten Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld für Kündigungsentschädigung, Sonderzahlungen und Zinsen, nicht aber auch über einen allfälligen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld für einen erst durch den Vergleich neu geschaffenen Anspruch auf „Sonderzahlungen und freiwillige Abgangsentschädigung“ entschieden hat. Der angefochtene Bescheid ist daher auch im Falle der Rechtmäßigkeit der erfolgten gänzlichen Abweisung des noch offenen Antrages der Beschwerdeführerin auf Insolvenz-Ausfallgeld nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde behaftet. Bemerkt sei, daß dieser von der Beschwerdeführerin gerügte (den Spruch nicht tragende) Begründungsteil auch keine Bindungswirkung für ein Verfahren auf Insolvenz-Ausfallgeld für diese (nach Auffassung der belangten Behörde erst durch den Vergleich geschaffenen) Ansprüche zu entfalten vermöchte.
Die obgenannte Annahme der belangten Behörde, auf die sie ihre Entscheidung gestützt hat, beruht aber auf einem mangelhaften Verfahren. Nach der herrschenden Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte und nach einem Teil des Schrifttums hat der gerichtliche Vergleich zugleich den Charakter eines zivilrechtlichen Vertrages und einer Prozeßhandlung (vgl. dazu ausführlich Ertl in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 1380). Er ist daher nach den SS 914 ff ABGB auszulegen. Danach ist bei Auslegung von Verträgen nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (vgl. zur Auslegung von Verträgen näher die Erkenntnisse vom 19. März 1986, Zl. 85/11/0059, und vom 30. Jänner 1987, Zl. 85/11/0010). Da die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung ein ausführliches, oben wiedergegebenes Vorbringen dazu erstattet hat, wie der Vergleich nach Absicht der Parteien zu verstehen sei, hätte die belangte Behörde die Auslegung des Vergleiches nicht nur auf den Wortlaut stützen dürfen (der im übrigen auch nicht zweifelsfrei die Annahme der belangten Behörde rechtfertigt), sondern insbesondere durch Vernehmung der Vergleichspartner klären müssen, wie sie den Vergleich verstanden haben. Dieser Verfahrensmangel ist auch relevant. Denn hätte sich auf Grund dieses unterlassenen Ermittlungsverfahrens im Sinne des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergeben, daß mit dem Vergleich - entsprechend seiner Rechtsnatur, an die Stelle einer streitigen oder zweifelhaften Verbindlichkeit eine feststehende zu setzen (§ 1380 ABGB, MietS1g. 35.262) - für eine Forderung der Beschwerdeführerin im Gesamtbetrag von S 16.366,17 eine neue Rechtsgrundlage geschaffen werden sollte, so schlösse dies im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld für den geltend gemachten Anspruch auf Kündigungsentschädigung und Sonderzahlungen in dieser Höhe unter der Voraussetzung nicht aus, daß dieser Anspruch auf Grund der behaupteten unberechtigten Entlassung entstanden war und bis zum Abschluß des Vergleiches bestanden hatte. Denn hat ein behaupteter privatrechtlicher Anspruch seinen Rechtsgrund nur in einem konstitutiven Anerkenntnis dieser Forderung durch den Arbeitgeber (ehemaligen Arbeitgeber, Masseverwalter, Ausgleichsverwalter), wird somit der Anspruch erst durch das (insoweit rechtsgestaltend wirkende) konstitutive Anerkenntnis ins Leben gerufen, so gebührt für einen solchen nicht aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenen Anspruch kein Insolvenz-Ausfallgeld (Erkenntnis vom 22. März 1983, Zl. 81/11/0053). Einem privatrechtlichen Anspruch, der sich auf ein konstitutives Anerkenntnis stützt, darf jedoch nicht deshalb seine Qualifizierung als „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“ versagt werden, weil er sich auf den selbständigen Verpflichtungsgrund des konstitutiven Anerkenntnisses gründet, sondern es ist auch diesfalls entscheidend, ob der anerkannte Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis erwachsen ist (Erkenntnis vom 23. Mai 1984, Zl. 82/11/0057). Diese Grundsätze sind auf den Vergleich anwendbar (Erkenntnis vom 24. September 1986, Zl. 84/11/0276). Der Umstand, daß im Vergleich von einer freiwilligen Abgangsentschädigung die Rede ist, schadete selbst dann nicht, wenn darin nicht nur eine bloße unrichtige Bezeichnung, sondern eine Novation läge (vgl. das schon genannte Erkenntnis vom 23. Mai 1984, Z1. 82/11/0057).
Nach den obigen Darlegungen wäre somit eine Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Insolvenz-Ausfallgeld für restliche Kündigungsentschädigung einschließlich aliquoter Sonderzahlungen im Betrag von S 16.366,17 rechtmäßig gewesen, wenn entweder die obgenannte Annahme der belangten Behörde über die rückwirkende Vereinbarung einer einvernehmlichen Auflösung mit 25. September 1984 zuträfe oder bei Verneinung dieser Annahme aus der Entlassung mit 25. September 1984 kein Anspruch auf Kündigungsentschädigung einschließlich aliquoter Sonderzahlungen entstanden wäre. Letzteres setzte voraus, daß die Entlassung berechtigt erfolgt ist. Da aus den angeführten Gründen die Feststellungen des angefochtenen Bescheides zu einer abschließenden rechtlichen Beurteilung in diesem Sinn nicht ausreichen, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Das Kostenmehrbegehren auf Ersatz der vom pauschalierten Schriftsatzaufwand errechneten Umsatzsteuer war abzuweisen, da sie im Schriftsatzpauschale bereits enthalten ist.
Hinsichtlich der zitierten, nicht in der Amtlichen Sammlung enthaltenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.
Wien, am 27. März 1987
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