Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Närr, Mag. Meinl und Dr. Kramer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch B, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 11. April 1978, Zl. GA 11 322/3/78, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Mit Vertrag vom 28./31. März 1969 vereinbarten die U als Verpächterin und die Beschwerdeführerin als Pächterin die Auflösung eines zwischen ihnen bestehenden Pachtvertrages betreffend einen Verkaufskiosk auf der Liegenschaft zu einem angemessenen Zeitpunkt vor Beginn von Bauarbeiten für einen von der U geplanten Neubau. Die Vertragsparteien sollten zu diesem Zweck bis 31. März 1969 auch einen Räumungsvergleich abschließen. Die U verpflichtete sich des weiteren, der Beschwerdeführerin in dem zu errichtenden Neubau ein Geschäftslokal samt Nebenräumlichkeiten im Ausmaß von 49,7 m2 wobei auf eine Skizze verwiesen wurde im Wohnungseigentum zu verkaufen. Als Kaufpreis für das Lokal einschließlich des Grundanteils wurde ein Betrag von ... bestimmt, der in vier Raten zu je 20 % bei Abschluß dieser Vereinbarung und bei Baubeginn sowie zu je 30 % bei Rohbaugleiche und Übernahme entrichtet werden sollte. Die U verpflichtete sich für den Fall, daß die Bauarbeiten nicht innerhalb von zwei Jahren nach Abschluß dieser Vereinbarung begännen, die erste Kaufpreisrate ab Anfang des dritten Jahres bis zum Baubeginn mit 7 % p.a. zu verzinsen. Mit vorläufigem Bescheid vom 30. Juni 1969 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der Beschwerdeführerin gegenüber für den Rechtsvorgang Grunderwerbsteuer in der Höhe von ... fest. Mit Schriftsatz vom 21. Juli 1974 teilte die Beschwerdeführerin der Abgabenbehörde mit, es habe nun die C das Grundstück zur Errichtung eines Kaufhauses erworben und mit der Beschwerdeführerin am 10. Juli 1973 eine Vereinbarung geschlossen, derzufolge diese auf den Kaufanspruch betreffend das in der Vereinbarung vom März 1969 genannte Geschäftslokal zugunsten der Q verzichte. Die vorgesehen gewesene Überlassung eines Lokals an die Beschwerdeführerin sei somit nicht zustande gekommen und die Steuerfestsetzung daher ersatzlos aufzuheben. Mit Bescheid des bezeichneten Finanzamtes vom 13. Jänner 1975 wurde hierauf jedoch unter Abweisung dieses Antrages der vorläufige Grunderwerbsteuerbescheid gemäß § 200 Abs. 2 BAO für endgültig erklärt. Dagegen berief die Beschwerdeführerin am 14. Februar 1975 und machte geltend, die Behörde habe den Vertrag vom März 1969 zwar zutreffenderweise als Verpflichtungsgeschäft, und zwar als Kauf, beurteilt, jedoch nicht beachtet, daß dieses rückgängig gemacht worden sei; dabei wurde auf § 20 Abs. 1 Z. 3, allenfalls Z. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 154, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (GrEStG), Bezug genommen. Mit Bescheid vom 18. Juni 1976 wies das Finanzamt die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 14. Februar 1975 als Ansuchen um Grunderwerbsteuerbefreiung ab. Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung, zugleich als Vorlageantrag bezeichnet, vom 20. Juli 1976 ergingen zwei mit 6. September 1976 datierte Berufungsvorentscheidungen, deren eine die Berufung gegen den Bescheid vom 18. Juni 1976, deren andere jene gegen den Bescheid vom 13. Jänner 1975 abwies. Diese Entscheidungen gehören indessen nicht mehr dem Rechtsbestand an, da die Beschwerdeführerin am 18. Oktober 1976 gemäß § 276 BAO fristgerecht die Vorlage der Berufungen vom 14. Februar bzw. 20. Juli 1976 an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte, wobei sie nun vorbrachte, bei der Vereinbarung vom März 1969 habe es sich bloß um einen Vorvertrag gehandelt.
Mit Bescheid vom 11. April 1978 wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den endgültigen Bescheid vom 13. Jänner 197521s unbegründet ab und sprach aus, daß über die Berufung gegen den Bescheid vom 18. Juni 1976 eine gesonderte Entscheidung ergehen werde. Die Rechtsmittelbehörde nahm als feststehend an, daß die Beschwerdeführerin mit der Vereinbarung vom 28./31. März 1969 einen Anspruch auf Übereignung eines bestimmten, in Projektierung stehenden Geschäftslokales rechtsgültig erworben, mit Übereinkunft vom 10. Juli 1973 aber zur Gänze auf diesen verzichtet habe. Die Vereinbarung vom März 1969 stelle eine Punktation im Sinne des § 885 ABGB dar; mit ihr sei die obligatorische Verpflichtung zur Übereignung entstanden. Es habe sich nicht, wie die Beschwerdeführerin behaupte, lediglich um einen Vorvertrag gehandelt, was sich schon daraus ergebe, daß diese zur Erbringung von Leistungen, nämlich der Entrichtung der anteiligen Grund und Baukosten, verpflichtet gewesen sei; dazu komme, daß ein Vorvertrag gemäß § 936 ABGB zwingend den Zeitpunkt des Abschlusses des Hauptvertrages angeben müsse, die Vereinbarung aber einen solchen nicht enthalten habe. Der nachfolgende Verzicht auf den Verkaufsanspruch könne an der grundsätzlichen Steuerpflicht nichts ändern, denn das Gesetz sehe nur für ganz bestimmte Fälle die Möglichkeit einer Rückvergütung vor; hierüber sei gesondert zu entscheiden.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft. Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Freiheit des Erwerbsvorganges von der Grunderwerbsteuer verletzt. Sie wirft der belangten Behörde in Ausführung ihrer Verfahrensrüge vor, es fehlten Ermittlungen zu verschiedenen relevanten Fragen, so zum Inhalt und dem Parteiwillen der Vereinbarung vom März 1969 sowie der gerichtlichen Räumungsverpflichtung, besonders im Hinblick auf eine mögliche Rechtsnachfolge, weiter zur allfälligen Genehmigung einer Bauführung bis 23. März 1973 dem Zeitpunkt des Erwerbes des Grundstückes durch die Q , zum Stand der Planung in diesem Zeitpunkt und in jenem der Vereinbarung, schließlich zum Inhalt des Kaufvertrages zwischen Q und U, vor allem was den Kiosk anlangt. Damit sei der Sachverhalt nach seinem tatsächlichen und wirtschaftlichen Gehalt nicht in der für eine zutreffende rechtliche Beurteilung erforderlichen Weise erhoben und es seien auch der Beschwerdeführerin weder Ergänzungsaufträge erteilt noch Bedenkenvorhalte gemacht noch Punkte, in denen eine Abweichung zu ihren Ungunsten in Betracht gekommen wäre, zur Äußerung bekanntgegeben worden. In Ausführung ihrer Rechtsrüge hält die Beschwerdeführerin an der Meinung fest, die Vereinbarung vom März 1969 sei ein Vorvertrag gewesen, und der Verkauf erst für die Zukunft vereinbart worden. Die Rückverzinsungsverpflichtung habe deutlich gemacht, daß der Zeitpunkt der Errichtung des Neubaues und damit die Errichtung des Kaufvertrages im zeitlichen Belieben der U gestanden sei. Ein primäres Interesse am Verkaufsgeschäft habe auf keiner Seite der Vertragspartner bestanden; der Beschwerdeführerin sei vor allem am Verkaufsstandort, sei es in der bisherigen, sei es in neuer Form, der U daran gelegen gewesen, an der Ausführung eines Neubaues nicht durch den Bestandvertrag mit der Beschwerdeführerin gehindert zu werden. Die Verpflichtung zum Abschluß eines künftigen Kaufvertrages sei erst mit dem Räumungsbegehren und sohin dem Beginn der Bauarbeiten entstanden. Von einer unmittelbaren Durchsetzbarkeit eines Übereignungsanspruches bereits auf Grund der Vereinbarung könne nicht die Rede sein; bis zum Verkauf an die Q sei noch kein Neubau errichtet, die vereinbarte Bedingung also nicht erfüllt gewesen, durch die Veräußerung aber die Leistung der Beschwerdeführerin gegenüber für die U unmöglich geworden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Rechtsfall ist von streitentscheidender Bedeutung, ob die zwischen Beschwerdeführerin und U im März 1969 abgeschlossene Vereinbarung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG bereits einen Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, darstellte davon gingen die belangte Behörde und anfänglich auch die Beschwerdeführerin aus , oder ob es sich dabei, wie die Beschwerdeführerin späterhin annahm und weiterhin meint, lediglich um einen Vorvertrag handelte, dessen Inhalt gemäß § 936 ABGB in der Verpflichtung besteht, künftig einen Vertrag durch welchen erst der Übereignungsanspruch entstehen soll zu schließen. Im angefochtenen Bescheid wird die Vereinbarung als Punktation beurteilt, die gemäß § 885 ABGB dann vorliegt, wenn zwar noch nicht die förmliche Urkunde, aber doch ein Aufsatz über die Hauptpunkte errichtet und von den Parteien unterfertigt ist, der zur Errichtung und Fertigung der förmlichen Urkunde, also des endgültigen Vertrages, zugleich aber auch schon unmittelbar zur Erfüllung, somit zur vereinbarten Leistung selbst, verpflichtet (vgl. Gschnitzer in Klang2 IV/1 S. 574; MGA31 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch S. 947 E. 2b).
Selbst die Beschwerdeführerin behauptet nicht, daß die Vereinbarung vom März 1969 den Stand unverbindlicher Vorverhandlungen wiedergebe. Punktation und Vorvertrag im angegebenen Sinn stehen einander nun insofern gleich, als jene die „Hauptpunkte“, dieser die „wesentlichen Stücke des Vertrages“ enthalten muß, beide ihrem Inhalt nach also als Hauptvertrag müßten bestehen können (vgl. Gschnitzer a.a.O. S. 574, 264 f.; MGA31 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch S. 949 E. 6). Da bei entsprechendem Abschlußwillen mit der Einigung über Sache und Preis der als Konsensualvertrag an keine bestimmte Form gebundene Kauf geschlossen ist (Mayer Maly in Klang IV/2 S. 217 f.), die bezeichnete Vereinbarung Kaufgegenstand und preis mit der erforderlichen Bestimmtheit enthielt dagegen wendet sich auch die Beschwerdeführerin nicht und gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG bereits das Verpflichtungs und nicht erst das Erfüllungsgeschäft die Abgabenschuld begründet (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1976, Slg. Nr. 4931/F), bleibt im folgenden lediglich zu untersuchen, ob die Übereinkunft diesen auf den Kauf selbst gerichteten Abschlußwillen nach objektiven Gesichtspunkten erkennen läßt. Hier ist vorauszuschicken, daß bei Konsensualverträgen wie dem Kauf ganz allgemein im Zweifel angenommen werden kann, daß schon ein Haupt und nicht erst ein Vorvertrag vorliegt (siehe Gschnitzer a.a.O. S. 573, MGA31 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch S. 949 E. 6a); wurde in einem solchen Fall noch die Errichtung einer förmlichen Urkunde vorgesehen, treffen die Voraussetzungen für eine Punktation zu. Was nun die in Rede stehende Vereinbarung im Beschwerdefall betrifft, so verpflichtete sich die U nach deren Punkt 2, der Beschwerdeführerin das dort näher bezeichnete Geschäftslokal zu verkaufen; gemäß Punkt 3 hatte die Beschwerdeführerin den Kaufpreis in Raten zu entrichten, deren erste bereits bei Abschluß dieser Vereinbarung fällig wurde; irgendein zeitlicher Bezug der Zahlungsverpflichtung zum förmlichen Vertrag, der, folgte man der Beschwerdeführerin, diese erst begründen könnte, fehlt. Hierin wird der Unterschied zu jener bloßen Absichtserklärung eines Erwerbes bzw. Verkaufes deutlich, von der sachverhaltsbezogen in dem von der Beschwerdeführerin erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1976, Zl. 108/75, bzw. im Erkenntnis vom 8. Mai 1980, Zl. 1043/79, auszugehen war. Daß die Verkaufsverpflichtung ein in die Zukunft weisendes Moment enthielt, ergibt sich daraus, daß der Vertragsgegenstand erst zu schaffen war was ihm die Eignung, Kaufsache zu sein, nicht benahm (vgl. Bydlinski in Klang IV/2 S. 125 ff., Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1978, Zl. 2890/78, vom 24. April 1980, Zl. 177/79) und die Errichtung eines förmlichen „Kauf und Wohnungseigentumsvertrages“ (Punkt 9 der Vereinbarung) folgen sollte, ja zum Zweck der Verbücherung folgen mußte. Gegen eine derartige Beurteilung der Übereinkunft vom März 1969 wendet die Beschwerdeführerin die Beweggründe ein, die für deren Abschluß bestimmend gewesen seien. Diese sind jedoch, was die Frage des Zustandekommens eines Übereignungsanspruches betrifft, unmaßgeblich; primäre Interessen sind hiefür keineswegs erforderlich. Der Kauf war auch nicht an die „Bedingung“ der Errichtung eines Neubaues geknüpft; eine solche Nebenbestimmung findet sich in der Vereinbarung nicht; wenn auch der Zeitpunkt der Fertigstellung des neuen Gebäudes und damit des neuen Geschäftslokales nicht festgelegt war, wird die Tatsache (das Ob) der Errichtung nirgends in Frage gestellt, war daher vereinbarungsgemäß nicht ungewiß und somit auch nicht dem „Belieben“ der Verkäuferin überlassen. Durch den Weiterverkauf der Liegenschaft an einen Dritten wurde die Gültigkeit des hier zu beurteilenden Geschäfts nicht berührt und ist auch die Leistung nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, unmöglich geworden: Ein Verkäufer, der die verkaufte Liegenschaft inzwischen an einen andern veräußert, kann auf Übergabe (nicht nur auf Entschädigung) geklagt werden (MGA31 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch S. 417 E. 5, S. 1750 E. 22). Was die wirtschaftliche Betrachtungsweise betrifft, auf die die Beschwerdeführerin hindeutet, ist festzuhalten, daß die Tatbestände des Grunderwerbsteuergesetzes in der Hauptsache an die äußere zivil
Die angestellten Überlegungen zeigen, daß die belangte Behörde, die so wie die Beschwerdeführerin selbst noch in ihrer Eingabe vom 14. Februar 1975 zu dem Ergebnis gelangte, in der Vereinbarung vom März 1969 einen Rechtsvorgang gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG zu erblicken ohne damit über die Frage einer Abänderung der Steuerfestsetzung gemäß § 20 GrEStG entschieden zu haben , in Rechte der Beschwerdeführerin nicht eingriff. Die demnach unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Soweit im Text dieses Erkenntnisses auf frühere Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen wurde, die nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlicht sind, wird an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung dieses Gerichtshofes BGBl. Nr. 45/1965 erinnert.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 221/1981, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Wien, 21. Mai 1981
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