Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Striebl und die Hofräte Dr. Rath, Dr. Hrdlicka, Dr. Straßmann und Dr. Draxler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weitzer, über die Beschwerde der M K in W, vertreten durch Dr. Nikolaus Lehner, Rechtsanwalt in Wien I, Mahlerstraße 13, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 18. Juni 1975, Zl. MDR B XXIII 204/74, betreffend die Zurückweisung einer Berufung gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: Dr. G U und Dkfm. H U, beide vertreten durch Dr. Otto Berger, Rechtsanwalt in Wien I, Bartensteingasse 14), zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die mitbeteiligten Parteien brachten am 29. Juni 1969 ein mit 23. Juni 1969 datiertes Bauansuchen für den Neubau eines Einfamilienhauses in W X, J Gasse xx, ein. Die Ladung zur Bauverhandlung, welche den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950 enthielt, wurde unter anderem auch der Beschwerdeführerin laut dem im Akt erliegenden Rückschein, und zwar am 10. September 1969, zugestellt. Bei der am 19. September 1969 durchgeführten Bauverhandlung erschien für die Beschwerdeführerin ihr Ehemann E K. In der Verhandlungsschrift findet sich nach der Anführung der erschienenen Personen und der Beschreibung des Bauvorhabens folgende Wendung: „Die nachfolgenden erschienenen Anrainer (ihre Vertreter) erheben keine Einwendung: J und E L, M K.“ Jeweils nach dem Namen des betreffenden Anrainers befindet sich dessen Unterschrift, nach dem Namen der Beschwerdeführerin die Unterschrift ihres Ehemannes E K. In der Verhandlungsschrift heißt es dann weiter: „Da das vorliegende Bauvorhaben den Bestimmungen der Bauordnung für Wien entspricht, wird von der Amtsabordnung beantragt, die Baubewilligung nach § 70 BO zu erteilen. ... Die Übernahme der Pläne zur Ergänzung und Richtigstellung hinsichtlich Einhalt. Seitenabst. (Rauchf., Vorratsraum), Raumhöhe 2.50, Fanggrube, feuerhemmende Tür durch den Planverf. wird bestätigt.“ In weiterer Folge sind in der Verhandlungsschrift die Berechnung der Kanaleinmündungsgebühr, des Anliegerbeitrages, der Verwaltungsabgabe, der Bundesstempel sowie der Kommissionsgebühren enthalten. Unter „Stellungnahme des Bauwerbers zum Verhandlungsergebnis“ ist festgehalten: „Das Verhandlungsergebnis wird zustimmend zur Kenntnis genommen. Die Übernahme der Statistikformulare wird bestätigt.“ Am Schluß der Verhandlungsschrift heißt es: „Die Verhandlungsschrift wurde vorgelesen. Vor Unterfertigung haben sich entfernt: (blieb leer) Die Richtigkeit der Verhandlungsschrift wird gem. § 14 AVG 1950 bestätigt. Auf die Verlesung der Verhandlungsschrift wurde verzichtet. Schluß der Amtshandlung ... Uhr.“ Unter der Verhandlungsschrift befinden sich folgende Unterschriften: P (dies war der Verhandlungsleiter), Architekt E H (dies war der Planverfasser), Dr. G U und Dkfm. H U (dies waren die Bauwerber). Eine Unterschrift des Vertreters der Beschwerdeführerin ist an dieser Stelle nicht enthalten.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 22. Oktober 1969, Zl.: ..., wurde den mitbeteiligten Parteien gemäß § 70 der Bauordnung für Wien ... die Bewilligung, ... nach den vorgelegten Plänen ... ein ... Einfamilienhaus errichten zu lassen, erteilt. Es wurde den Bauwerbern eine Reihe von Auflagen vorgeschrieben, welche sich jedoch nicht auf die Einhaltung des Seitenabstandes oder auf die Rauchfanganlage beziehen. Der Bescheid war lediglich an die Bauwerber, das sind die nunmehrigen mitbeteiligten Parteien, gerichtet; der Beschwerdeführerin wurde vorerst keine Bescheidausfertigung zugestellt.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 1972, Zl.: ..., wurde den mitbeteiligten Parteien gemäß § 128 der Bauordnung für Wien die Benützungsbewilligung erteilt.
Auf Grund einer Eingabe der Beschwerdeführerin vom 30. Juli 1973 über eine Belästigung durch die Zentralheizungsanlage der mitbeteiligten Parteien wurden am 16. Oktober 1973 und am 27. November 1973 ohne Anwesenheit der Beschwerdeführerin Augenscheinsverhandlungen durchgeführt. Auf Grund der letztgenannten Augenscheinsverhandlung wurde den mitbeteiligten Parteien mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 30. November 1973, Zl.: ..., gemäß § 68 Abs. 3 AVG 1950 und § 113 Abs. 5 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, am Ende des Rauchfangkopfes einen mindestens 2 m hohen Aufsatz herzustellen; dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Auf Grund weiterer Beschwerden der Beschwerdeführerin stellten Organwalter des Wiener Magistrates am 20. Mai 1974 fest, daß die Rauchfanggruppe des Gebäudes der mitbeteiligten Parteien im Hinblick auf ihre Lage nicht konsensgemäß ausgeführt worden sei. Die mitbeteiligten Parteien brachten hierauf ein Ansuchen um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für diese Abweichung vom Konsensplan ein. Die Beschwerdeführerin brachte dagegen vor der Bauverhandlung schriftliche Einwendungen ein. Mit Bescheid vorn 17. Juli 1974, Zl.: ..., wurde die beantragte Baubewilligung betreffend die Änderung der Lage der Rauchfanggruppe und einer Tür gemäß §§ 70 und 73 der Bauordnung für Wien erteilt; die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden als unzulässig zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde auch der Beschwerdeführerin zugestellt. Sie erhob dagegen fristgerecht die Berufung; das Berufungsverfahren ist noch anhängig.
Am 9. Juli 1974 beantragte die Beschwerdeführerin die Zustellung des Bescheides vom 22. Oktober 1969, Zl.: ... . Nach erfolgter Zustellung brachte sie einen „Antrag auf Ungültigkeitserklärung der gegenständlichen Baubewilligung vom 22. 10. 1969 und eine Erledigung in Bescheidform“ ein; dies mit der Begründung, bei der am 19. September 1969 stattgefundenen Bauverhandlung über den Neubau habe ihr Ehegatte in ihrer Vertretung „Einspruch“ gegen eine Rauchfangsituierung in 6 m Entfernung von den Nordfenstern ihres Gebäudes erhoben und die Höherführung der Rauchfänge beantragt, doch sei dieser Antrag abgelehnt worden. Eine letztlich als Notlösung erreichte Bauauflage, derzufolge die Rauchfanggruppe um mindestens 1 m nach Osten hätte verschoben werden müssen, sei vom Verhandlungsleiter handschriftlich protokolliert worden, doch fehle dieses Schriftstück in den Bauakten.
Die belangte Behörde wertete diesen Schriftsatz als fristgerechte Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid vom 22. Oktober 1969 und führte darüber durch die mit der Vorbearbeitung der Berufungsfälle betraute Dienststelle des Magistrates der Stadt Wien am 9. Oktober 1974, gemeinsam mit dem Verfahren über die zweite Berufung der Beschwerdeführerin, eine Verhandlung an Ort und Stelle durch, bei welcher die Frage der von der Heizanlage herrührenden Immissionen behandelt wurde. Am 18. Februar 1975 brachte die Beschwerdeführerin eine Ergänzung ihrer Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid vom 22. Oktober 1969 ein und führte darin im wesentlichen aus: In einem von den mitbeteiligten Parteien gegen die Beschwerdeführerin angestrengten Gerichtsverfahren zur Erreichung einer Einverständniserklärung seien weitere Themen aufgezeigt worden, die bei der Bauverhandlung vom 19. September 1969 „gemäß § 15 AVG 1950 protokollpflichtig“ gewesen wären, aber weder im Verhandlungsprotokoll noch im Baubewilligungsbescheid aufschienen und damit die Behauptung eines fehlerhaften Verfahrens untermauerten. So sei anstelle eines vorgesehenen Schwimmbeckens im Ausmaß von 8 x 4 m nur ein Planschbecken im Ausmaß von 5 x 3 m genehmigt worden, weiters habe im Gerichtsverfahren der Zeuge L (der andere Anrainer) ausgesagt, er habe bei der Bauverhandlung wegen einer Mauerhöhe Einspruch erhoben, dieser Einspruch sei aber in der Verhandlungsschrift nicht enthalten, schließlich aber sei bei der. Bauverhandlung auch die Errichtung einer Glassteinmauer an der südlichen Grundgrenze der Liegenschaft der mitbeteiligten Parteien abgehandelt und als unzulässig erklärt, in der Folge aber trotzdem errichtet worden.
Mit dem nun beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 18. Juni 1975 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurück. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt: Die Beschwerdeführerin sei zur Bauverhandlung vom 19. September 1969 nachweislich geladen worden und es sei in der Ladung auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG 1950 ausdrücklich hingewiesen worden. Weder spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung noch während der Verhandlung seien jedoch von ihr bzw. dem als ihr Vertreter einschreitenden Ehegatten Einwendungen erhoben worden. In der Verhandlungsschrift vom 19. September 1969 habe der Ehegatte der Beschwerdeführerin ausdrücklich die Verhandlungsschrift an jener Stelle unterschrieben, an deren Vordruck angegeben sei, daß die nachfolgend erschienenen Anrainer (ihre Vertreter) keine Einwendung erhöben. Auch sei sonst bei dieser Verhandlung eine Einwendung von seiten der Beschwerdeführerin dem Verhandlungsprotokoll zufolge nicht erhoben worden. Nach § 15 AVG 1950 liefere eine Verhandlungsschrift den vollen Beweis über den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung, dies allerdings unter der Voraussetzung, daß nicht Einwendungen erhoben worden seien. Im vorliegenden Falle habe die Beschwerdeführerin erst nach Jahren behauptet, daß die Errichtung des Rauchfanges von ihr beanstandet worden sei und daß sie diesbezüglich Einwendungen erhoben habe. Nach § 15 letzter Satz AVG 1950 sei der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zulässig. Im vorliegenden Falle habe die Beschwerdeführerin bzw. ihr Gatte sogar ein Verfahren gegen den damaligen Verhandlungsleiter beim Landesgericht für Strafsachen anhängig gemacht, doch auch in diesem Verfahren sei es ihr nicht gelungen den Beweis zu erbringen. In Wahrheit Einwendungen erhoben zu haben. Bei dieser Situation würdige die Berufungsbehörde die Aktenlage dahingehend, daß in Wahrheit seitens der Beschwerdeführerin weder vor der Verhandlung noch während der Verhandlung Einwendungen gegen das Bauvorhaben erhoben worden seien. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spreche vor allem der erwähnte Umstand, daß der Vertreter der Beschwerdeführerin bei dieser Verhandlung ausdrücklich die im Vordruck angegebene Erklärung unterschrieben habe, daß keine Einwendung erhoben werde. Es müsse dem Gatten der Beschwerdeführerin zugemutet werden, daß er nur dann eine solche Erklärung unterfertigt hätte, wenn er tatsächlich keine Einwendung erhoben habe. Schließlich spreche auch das Verhalten der Beschwerdeführerin dafür, daß sie in Wahrheit keine Einwendungen erhoben habe, weil sie erst nach Jahren die Zustellung des angefochtenen Bescheides begehrt habe, was sie wohl schon früher getan hätte, hätte sie tatsächlich Einwendungen erhoben. Schließlich könne auch dem damaligen Verhandlungsleiter Herrn Dipl. Ing. P, als einem Akademiker, nicht zugemutet werden, daß er bewußt eine Einwendung nicht protokolliert hätte, weil er doch als Organ der Baubehörde an dem Sachausgang des Verfahrens kein persönliches Interesse gehabt hätte. Für die objektive Verhandlungsführung spreche vielmehr auch der Umstand, daß eine Korrektur der Pläne, soweit sie nach Meinung des Verhandlungsleiters nicht der Bauordnung entsprochen hätten, bei der Verhandlung gefordert worden sei. In diesem Zusammenhang sei bei der Verhandlung auch davon die Rede gewesen, daß der Rauchfang zu Unrecht in dem von jeder Verbauung freizuhaltenden Seitenabstand vorgesehen gewesen sei und die Bauwerber seien darauf hingewiesen worden, den Plan entsprechend zu verbessern. Aus diesem Grunde werde auch der Gatte der Beschwerdeführerin in Erinnerung haben, daß vorn Rauchfang im Seitenabstand die Rede gewesen sei, ohne, daß er nunmehr nach Jahren, der Aktenlage nach zu Recht, behaupten könnte, in Wahrheit gegen die Errichtung des Rauchfanges Einwendungen erhoben zu haben. Nach Meinung der belangten Behörde sei auf Grund dieser Erwägungen davon auszugehen gewesen, daß die Beschwerdeführerin zur Bauverhandlung unter Androhung der Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950 ordnungsgemäß rechtzeitig geladen worden sei, aber keine Einwendungen erhoben habe. Später erhobene Einwendungen seien rechtlich unerheblich. Die Stellung eines gemäß § 42 AVG 1950 präkludierten Nachbarn sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gleich der jener Nachbarn, die nach Erlassung des Bescheides auf die Berufung verzichtet hätten. Die Berufung habe daher als unzulässig zurückgewiesen werden müssen. Soweit in der Berufung behauptet werde, der Gatte der Beschwerdeführerin habe ausdrücklich die Hochführung des Rauchfanges gemäß. § 113 Abs. 5 der Bauordnung für Wien beantragt und dieser Antrag sei abgelehnt worden, müsse festgestellt werden, daß ein solcher Antrag nicht Gegenstand der Bauverhandlung gewesen sei. Auch von einer Bauauflage betreffend ein Abrücken der Rauchfanggruppe nach Osten entsprechend dem Berufungsvorbringen sei bei dieser Verhandlung keine Rede gewesen. Über die Rauchfanganlage als solche sei ein weiteres Berufungsverfahren noch anhängig.
In der Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt. Die belangte Behörde beantragt unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens die Abweisung der Beschwerde. Ebenso beantragen die mitbeteiligten Parteien in einer Gegenschrift, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bei der Behandlung des vorliegenden Beschwerdefalles ist davon auszugehen, daß die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen, ihr also eine Sachentscheidung verweigert hat. Das Schicksal der Beschwerde hängt daher ausschließlich davon ab, ob dies mit Recht geschehen ist oder nicht; Fragen materiell rechtlicher Natur, also etwa, ob den mitbeteiligten Parteien mit Recht oder mit Unrecht die Baubewilligung erteilt wurde, können deshalb hier nicht aufgeworfen werden. Soweit sich die Beschwerde in dieser Richtung bewegt, kann auf das Beschwerdevorbringen nicht näher eingegangen werden.
Die belangte Behörde stützte die Zurückweisung der Berufung auf die Ansicht, die Beschwerdeführerin wäre im Baubewilligungsverfahren gemäß § 42 AVG 1950 präkludiert gewesen, weil sie gegen die Baubewilligung anläßlich der Bauverhandlung keine Einwendungen erhoben habe. Träfe dies zu, dann wäre die Berufung allerdings mit Recht zurückgewiesen worden (siehe die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, etwa das Erkenntnis vom 26. September 1961, Slg. N.F. Nr. 5621/A).
Bei der Annahme, die Beschwerdeführerin wäre im Sinne des § 42 AVG 1950 präkludiert, müsse also als dem Bauansuchen zustimmend angesehen werden, stützte sich die belangte Behörde auf die Bauverhandlungsschrift vom 19. September 1969, in welcher sich, wie eingangs dargestellt, die Wendung findet, die Beschwerdeführerin erhebe keine Einwendung. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid von § 15 AVG 1950 aus. Diese Bestimmung lautet: „Soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, liefert eine gemäß den Bestimmungen des § 14 aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges bleibt zulässig.“ Obwohl sich im angefochtenen Bescheid auch Erwägungen finden, welche auf die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit des Umstandes Bezug haben, daß der Vertreter der Beschwerdeführerin bei der Bauverhandlung keine Einwendung erhoben habe, ist dort ausdrücklich auf die Führung des Gegenbeweises hingewiesen und damit der Beschwerdeführerin die Beweislast auferlegt worden. Dies träfe jedoch nur dann zu, wenn die Bauverhandlungsschrift „gemäß den Bestimmungen des § 14“ AVG 1950 aufgenommen worden wäre, was nicht der Fall ist. Gemäß § 14 Abs. 3 AVG 1950 ist nämlich jede Niederschrift den vernommenen oder sonst beigezogenen Personen, wenn sie nicht darauf verzichten, vorzulesen und von ihnen durch Beisetzung ihrer eigenhändigen Unterschrift zu bestätigen. Kann eine Person nicht oder nur mittels Handzeichens fertigen, hat sie die Fertigung verweigert oder sich vor Abschluß der Niederschrift oder des ihre Aussage enthaltenden Teiles der Niederschrift entfernt, so ist unter Angabe des Grundes, aus dem die Fertigung nicht erfolgte, die Richtigkeit der schriftlichen Wiedergabe von dem die Amtshandlung leitenden Organ ausdrücklich zu bestätigen. Nach dem Inhalt der Verhandlungsschrift wurde nun nach der Erklärung des Vertreters der Beschwerdeführerin eine Richtigstellung der Pläne hinsichtlich der Einhaltung des Seitenabstandes (Rauchfang, Vorratsraum) erörtert. Da die Einhaltung des Seitenabstandes Nachbarrechte berührt, war die Beschwerdeführerin auch diesem Teil der Verhandlung beizuziehen. Sie bzw. ihr Vertreter hat aber diesen Teil der Verhandlungsschrift nicht unterfertigt und es ist auch nicht beurkundet, daß diese Person sich vor der Unterfertigung entfernt hätte. Es ist auch nicht klar, ob die Verhandlungsschrift verlesen oder ob auf die Verlesung verzichtet wurde; der Verzicht auf die Verlesung hat der Vertreter der Beschwerdeführerin im übrigen nicht unterfertigt. Die Verhandlungsschrift ist auch insofern widersprüchlich, als einerseits davon die Rede ist, daß das vorliegende Bauvorhaben den Bestimmungen der Bauordnung für Wien entspreche, anderseits aber eine Ergänzung und Richtigstellung der Pläne hinsichtlich der Einhaltung des Seitenabstandes gefordert wurde.
Entsprach die Bauverhandlungsschrift aber nicht voll den Bestimmungen des § 14 AVG 1950, dann mußte die Beschwerdeführerin gegen die Richtigkeit des bezeugten Vorganges nicht den Gegenbeweis antreten. Vielmehr oblag es der belangten Behörde, durch geeignete Ermittlungen von Amts wegen Beweis über den Inhalt der Bauverhandlung, insbesondere die Erklärung des Vertreters der Beschwerdeführerin aufzunehmen, zumal die Beschwerdeführerin schon in ihrer Berufung behauptete, die Verhandlungsschrift gebe den Inhalt der Verhandlung nicht richtig wieder. Es wäre daher insbesondere erforderlich gewesen, die Teilnehmer an der Bauverhandlung vom 19. September 1969 darüber zu vernehmen, ob gegen die Situierung der Rauchfanggruppe seitens der Beschwerdeführerin eine Einwendung erhoben wurde. Darauf, ob diese Einwendung auch zielführend gewesen wäre, konnte es nicht ankommen, weil die belangte Behörde der Beschwerdeführerin ja die Sachentscheidung verweigerte, indem sie von der Präklusion ausging. Im übrigen hätte die Beschwerdeführerin selbst dann ein Recht auf Sachentscheidung über ihre Einwendungen gehabt, wenn den Einwendungen durch die Änderung der Pläne Rechnung getragen worden wäre, zumal über die geänderten Pläne keine neuerliche Bauverhandlung stattgefunden hat.
Somit ist der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkte ergänzungsbedürftig geblieben. Der angefochtene Bescheid war deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufzuheben.
Wien, 24. November 1975
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