Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Vizepräsidenten Dr. Dietmann, und den Senatspräsidenten Dr. Ondraczek, sowie die Hofräte DDr. Dorazil Dr. Mathis, Dr. Lehne, Dr. Striebl, Dr. Kadecka, Dr. Raschauer und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein der Schriftführer, Finanzoberkommissärs Dr. Zatschek und prov. Magistratskommissärs Dr. Jezek über die Beschwerde der BF in S gegen den Bescheid des Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 5. Februar 1962, Zl. 52 III 1962, betreffend Erstattung eines Abgabenbetrages, nach den am 27. Mai 1963 und am 12. Dezember 1963 durchgeführten Verhandlungen, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Paul Schreckenthal und des Vertreters der belangten Behörde Finanzrates Dr. Karl Buttinger, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Zwischen der Beschwerdeführerin und EL wurde am 2. Dezember 1958 ein Vertrag abgeschlossen, demzufolge die Beschwerdeführerin der EL die Liegenschaft EZ. 204, KG. B, Haus Nr. x (Gasthaus „M“), gegen Übernahme der auf dem Grundstück lastenden Hypotheken ins Eigentum Übertrug. Für diesen Grundstückserwerb schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg am 26. Februar 1959 der EL Grunderwerbsteuer in Höhe von. S 15.876,-- vor. Mit dem weiteren Bescheid vom 10. März 1960 forderte das Finanzamt für den gleichen Rechtsvorgang auch von der Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuer in gleicher Höhe an. Der Vertrag vom 2. Dezember 1958 gelangte jedoch (vor allem grundbücherlich) nicht zur Durchführung, er wurde vielmehr von den Vertragsparteien zuerst mündlich, sodann am 29. November 1960 auch schriftlich storniert. Mit Kaufertrag vom 24. Juni 1960 wurde die Liegenschaft von der Beschwerdeführerin an Dr. HM um den Betrag von S 100,000,-- verkauft. Der eben bezeichnete Kaufpreis wurde von Dr. M auf ein Treuhandkonto beim öffentlichen Notar Dr. L in B nach Angaben der Beschwerdeführerin mit der Weisung erlegt, aus diesem „sämtliche Verbindlichkeiten zu decken“ und den sodann verbleibenden Überschußbetrag an EL auszuzahlen, Von diesem Konto wurde durch den genannten Notar (nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin am 29. Juli 1960) ein Betrag von S 17.910,70 (Grunderwerbsteuerschuld für den ersten Kaufvertrag samt Nebengebühren und Strafbeträgen) dem Finanzamt in St. Johann im Pongau überwiesen, nachdem das Finanzamt am 14.. Juli 1960 Dr. L ersucht haben soll, der rückständigen Grunderwerbsteuerbetrag zuzüglich einiger anderer kleiner Beträge aus dem auf „Anderkonto Notar Dr. E“ von Dr. M erlegten Betrag zu. begleichen.
Mit Eingabe an das Finanzamt St. Johann i. P. (ohne Datum), von diesem an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg (dort als am 11. April 1961 eingegangen verzeichnet) weitergeleitet, beantragte die Beschwerdeführerin (vertreten durch den genahnten Notar) die Erstattung einerseits des von Notar Dr. E an das Finanzamt überwiesenen Betrages an Grund erwerbsteuer in Höhe von S 15.876,-- sowie anderseits des Betrages von S 507,50, der aus dem Titel „Strafgelder, Mahn- und Exekutionsgebühren“ zweimal bezahlt worden sei.
In Verkennung der Person der Einschreiterin erließ das Finanzamt am 13. Juli 1961 einen an EL zuhanden des Notars Dr. E gerichteten Bescheid, demzufolge es über den am 11. April 1961 bei ihm eingelangten Antrag der EL denGrunderwebsteuerbescheid vom 26. Februar 1959 aufhob und die vorgeschriebene Grunderwerbsteuer in Höhe von S 15.876,-- in Abfall brachte.
Am 19. Oktober 1961 richtete Notar Dr. L an das Finanzamt eine Eingabe, in der er zunächst ausführte, daß ihm mit „Schreiben“ des Finanzamtes vom 13. Juli 1961 mitgeteilt worden sei, daß der Grunderwerbsteuerbescheid vom 26. Februar 1959“ seinen „in Vertretung der Frau EL eingebrachten Antrag vom 11. April 1961“ gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 140/1955, aufgehoben worden sei. Sodann wiederholte er seine bereits im obgenannten Antrag gestellte Bitte, den Erstattungsbetrag auf sein. Girokonto Nr. x bei der Sparkasse, Zweiganstalt Y, ehestens überweisen zu wollen.
Mit Bescheid vom 15. November 1961 gab das Finanzamt dem Antrag auf Erstattung der doppelt gezahlten Strafe Folge. Die Erstattung des Grunderwerbsteuerbetrages lehnte es jedoch. mit der Begründung ab, es sei der Grunderwerbsteuerbetrag zur Abschreibung gebracht und das durch. diese Abschreibung entstandene Guthaben bereits der Gesamtschuldnerin EL, die nunmehr auf Grund des seinerzeitigen Gesamtschuldverhältnisses Gesamt- bzw. Correalgläubigerin geworden sei, zurückgezahlt worden. Durch die Zahlung an die Correalgläubigerin sei das Finanzamt seiner Rückzahlungsverpflichtung nachgekommen und das Schuldverhältnis erloschen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Beschwerde, in der sie u.a. darauf hinwies, daß die Bezahlung des Grunderwerbsteuerbetrages von S 15.876,-- nicht aus einem der EL zustehenden freien Vermögen, sondern von dritter Seite, nämlich durch Notar Dr. L, aus einem Treuhandvermögen geleistet worden sei. Das Finanzamt sei in. Kenntnis dieses Sachverhaltes gewesen, da es schon im Schreiben vorn 14. Juli 1960 ersucht habe, die Zahlung der Grunderwerbsteuer aus dem auf „Anderkonto Notar Dr. L“ von Dr. M erlegten. Betrag zu leisten, und zeitlich nach dem Schreiben des genannten Notars vom 19. Oktober 1961 ein Beamter des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg beim Notar erschienen sei, die versehentliche Rückzahlung des in Rede stehenden Betrages an EL zugegeben und des weiteren versucht habe, von EL die Rückzahlung desselben zu erlangen. Die Beschwerdeführerin bemängelte, daß die Erstattung des Abgabenbeträge im Regreßwege der Betrag nicht hereingebracht werden könne. Die Finanzverwaltung vertrete immer den Standpunkt der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Im Streitfall könnte der Käufer der Liegenschaft Dr. Meinen Schaden in Höhe des an EL zurückbezahlten Betrages erleiden, da dieser uneinbringlich erscheine. Schließlich wies die Beschwerdeführerin noch auf die Bestimmungen der §§ 891, 893e 1412 und 1435 ABGB.
Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 5. Februar 1962 ist der Beschwerde, nunmehr richtig Berufung, keine Folge gegeben worden. Die Rechtsmittelbehörde hat ihre Entscheidung folgendermaßen begründet: Die Beschwerdeführerin und EL seien gemäß § 17 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 Gesamtschuldner im Sinne des § 891 ABGB gewesen. Aus dem gleichen Grunde seien die früheren Gesamtschuldner im Falle der Rückzahlung der Grunderwerbsteuer auch Gesamtgläubiger im Sinne des § 893 ABGB geworden, weshalb es dem Finanzamt an sich freigestanden sei, an welche der beiden früheren Schuldner es die Grunderwerbsteuer zurückzahle. Mit dem Hinweis auf die §§ 1412 und 1435 ABGB könne die Beschwerdeführerin deshalb nichts gewinnen, weil auch auf den „Geber“ im Sinne des § 1435 ABGB das ursprüngliche Correalitätsverhältnis anzuwenden sei. Mit der Leistung an einen der ehemaligen Correalschuldner, die seinerzeit gemeinsam zum „Geben“ verpflichtet gewesen seien, sei die „Rückgabeschuld des § 1435 ABGB.“ getilgt. Es müsse. den Correalgläubigern überlassen bleiben, sich intern darüber auseinanderzusetzen, wer von ihnen etwa als ursprünglich Leistender Anspruch auf Herausgabe der tatsächlich empfangenen Rückzahlung habe.
Gegen diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion richtet sich die vorliegende, aus dem Grund der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B VG erhobene Beschwerde, die sich aus den nachfolgenden Erwägungen. als begründet erwies:
Die Beschwerdeführerin und EL haben durch ihren Vertrag vom 2. Dezember 1958 einen der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang gesetzt, und zwar ein Rechtsgeschäft geschlossen, das den Anspruch auf Übereignung einer Liegenschaft an EL begründete (§ 1 Abs. 1 Z. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955). Die hier dem von der belangten Behörde unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beschwerdeführerin aus Mitteln eines Treuhandkontos geleistet worden, nachdem das Finanzamt davon Abstand genommen hatte, die Abgabe von der Käuferin EL hereinzubringen® Gemäß § 17 Z. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 sind bei allen Erwerbsvorgängen, die nicht schon unter die Z. 1 bis 3 des eben zitierten Paragraphen fallen - im Streitfalle handelt es sich umeinen Erwerbsvorgang, der unter die Z. 4 fällt - die am Erwerbsvorgang beteiligten Personen Steuerschuldner. Das bedeutet also, daß neben EL auch die Beschwerdeführerin Schuldnerin der für den Erwerbsvorgang vom 20. Dezember 1958 zu entrichtenden Abgabe gewesen ist. Gemäß § 7 StAnpG (der im wesentlichen auch dem § 6 BAO gleicht) sind alle Personen, die nach den Abgabenvorschriften die-selbe steuerrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner, d. h. Mitschuldner zur ungeteilten Hand im Sinne des § 891 ABGB. Demnach bestand auch im Streitfalle hinsichtlich der Entrichtung der in Rede stehenden Abgabenschuld ein. Gesamtschuldverhältnis, wobei die Beschwerdeführerin und EL Correalschuldner gewesen sind. Dieses Gesamtschuldverhältnis hat aber durch die Bezahlung der Abgabe durch die Beschwerdeführerin sein Ende gefunden, d. h. es hatte auf Grund der erfolgten Zahlung aufgehört zu bestehen; die Steuerschuld war erloschen. In der Folge wurde der Erwerbsvorgang rückgängig gemacht. Das Finanzamt hat auf Grund des Antrages der Beschwerdeführerin vom April 1961 die ursprünglich vorgeschriebene Abgabe in Abfall gebracht oder - mit anderen Worten ausgedrückt - die Möglichkeit einer Steuerrückvergütung geschaffen und - was ebenfalls unbestritten ist- die Rückvergütung des Betrages vorn S 15.876,-- an EL durchgeführt. Die belangte Behörde vertritt nun die Rechtsmeinung, daß mit der Rückzahlung des Steuerbetrages an. EL der Abgabenrückzahlungsanspruch aus dem Titel der Stornierung des Vertrages vom 2. Dezember 1958 erloschen sei, da sich die Gesamtschuldnerschaft der ursprünglichen Steuerschuldner nach Wegfall des Zahlungsgrundes in eine Gesamtgläubigerschaft umgewandelt habe. Diese Rechtsauffassung ist aber weder durch das Gesetz gedeckt noch entspricht sie den Grundsätzen der Logik. Das Gesetz hat aus Gründen der Erleichterung der Abgabeneinbringung Personen, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, zu Gesamtschuldnern im Sinne des § 891 ABGB erklärt. Eine gleiche Erklärung enthält die Bundesabgaben zum Schuldner der früheren Abgabenschuldner und späteren -gläubiger wird, nicht. Ein Gesamtschuld- bzw. -gläubigerverhältnis entsteht aber nur durch gesetzliche Anordnung, durch ausdrückliche rechtsgeschäftliche Erklärung oder bei Vorliegen bestimmter Tatbestände (Schuld einer unteilbaren Sache, Unteilbarkeit einer Leistung bei teilbarer Gegenleistung u.ä.m.): In anderen Fällen entsteht eine Gesamtschuld oder -forderung nicht Die Annahme, es liege hinsichtlich des Erstattungsanspruches ein Gesamtgläubigerverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und EL vor, war weder aus dem Gesetz abzuleiten (auch § 20 GrEStG bietet hiefür keinen Anhaltspunkt) noch lag eine ausdrückliche rechtsgeschäftliche Erklärung der Beteiligten vor, noch war auch sonst ein. Umstand anzunehmen, der die Annahme eines solchen. Verhältnisses rechtfertigen könnte. Der Gesetzgeber hat in § 20 Abs. 4 GrEstG die Anordnung getroffen, daß eine bereits entrichtete Abgabe im Falle der Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges unter den. im zitierten Paragraphen angeordneten Voraussetzungen rückzuvergüten ist. Rückvergüten bedeutet doch aber zu vergüten, was jemand Bestimmter geleistet hat, da ansonsten ja keine „
Ob und inwieweit der Beschwerdeführerin auf Grund der Verabredungen mit EL gegen diese etwa durch die Entrichtung. der Steuer ein Regreßanspruch im Sinne des § 896 ABGB zugestanden ist, war im Streitfall nicht zu untersuchen. Denn das streitgegenständliche Problem liegt-auf einer anderen Ebene. Es darf nicht verkannt werden, daß es sich vorliegend nicht um die Frage handeln kann, ob und inwieweit EL aus der Rückzahlung des Abgabenbetrages regreßpflichtig geworden war. Es hat sieh ergeben, daß der Abgabenanspruch des Bundes durch die Stornierung des Vertrages vom 2. Dezember 1958 keinen Bestand mehr hatte. Daraus ergab sich ein ganz anderes Rechtsverhältnis, nämlich der Rückforderungs-Anspruch desjenigen, der die Steuerleistung bewirkt hat, und zwar auf Herausgabe des nach dem Willen des Gesetzes rückzuerstatten-den Steuerbetrages durch den Bund. Eben wegen dieses anderen Rechtsverhältnisses geht der Hinweis der belangten Behörde auf § 896 ABGB. ins Leere, da es vorliegend ja nicht um den Regreßanspruch des leistenden gegen den. nicht leistenden früheren Mitschuldner geht. Es handelt sich im Streitfalle vielmehr um die Frage, wer nach Wegfall des Grunderwerbsteueranspruches den Rückzahlungsanspruch zu stellen berechtigt ist. Das kann aber doch nur der Abgabenschuldner sein, der die Abgabe entrichtet hat oder in dessen Namen dieselbe entrichtet worden ist. Mit dieser Rechtsauffassung hat der Gerichtshof im übrigen seine im hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 19559 Slg. Nr. 1090/P, zum Ausdruck gebrachte Rechtsmeinung aufgegeben. Eine andere Auffassung würde ungerecht sein und auch den im Steuerrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben Verletzen. EL hat die Abgabe seinerzeit nicht entrichtet; diese ist unbestrittenermaßen auch nicht in. ihrem Namen beglichen worden. Sie hatte daher weder einen Rückzahlungsanspruch noch war die Finanzbehörde nach dem oben Gesagten berechtigt, ihr den seinerzeit von der Beschwerdeführerin entrichteten Steuerbetrag zu erstatten, wenn den Behörden des Verwaltungsverfahrens im vorliegenden Fall ein Irrtum bei der. Erfüllung des Rückzahlungsanspruches unterlaufen ist, dann muß eben die Finanzverwaltung die Folgen dieses Irrtums tragen, und zwar auch dann, wenn dieser Irrtum durch die Unterlassung von Aufklärungen im Streitfalle möglicherweise seitens der Parteien verursacht worden ist, weil das Finanzamt durch die Eingabe des Notars vom April 1961 die Person der Einschreiterin kennen mußte, die als solche auf der Eingabe bestimmt bezeichnet worden war. Mit der Auszahlung des Betrages von S 15,876,-- an EL hat das Finanzamt demnach den der Beschwerdeführerin. zustehenden Rückzahlungsanspruch nicht mit schuldbefreiender Wirkung erfüllen können. Der angefochtene Bescheid, mit dem endgültig die Rückzahlung des genannten Betrages an die Beschwerdeführerin abgelehnt worden ist, litt nach dem Gesagten an inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodaß gemäß 1952 wie im Spruch zu entscheiden war.
Wien, am 12. Dezember 1963
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