Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 1 lit. a und lit. b EStG 1988 ist die Aufgabe des Hauptwohnsitzes. Der Wortlaut der Vorgängerbestimmung, § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012, enthielt die Voraussetzung der Aufgabe des Hauptwohnsitzes nicht ausdrücklich (siehe allerdings VwGH vom 24. Jänner 2007, 2003/13/0118). Zumindest in Bezug auf die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988, laut der das Eigenheim oder die Eigentumswohnung dem Veräußerer innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben muss, ist es nicht schädlich, wenn der Hauptwohnsitz deutlich VOR der Veräußerung aufgegeben worden ist (vgl. 1680 der Beilagen XXIV. GP, 8). Dennoch liegt der Befreiungsbestimmung die Überlegung zugrunde, dass der Veräußerungserlös typischerweise der Finanzierung eines neuen Hauptwohnsitzes dient. Der gegenständliche Fall betrifft die Aufgabe des Hauptwohnsitzes NACH der Veräußerung. Die Schaffung eines neuen Hauptwohnsitzes kann durch Anmietung (und Ausstattung) einer Wohnung, durch Erwerb eines bezugsfertigen Eigenheims bzw. einer Eigentumswohnung, eines für Zwecke des Steuerpflichtigen zu adaptierenden Eigenheimes bzw. einer Eigentumswohnung oder wie im Streitfall durch den Erwerb einer Liegenschaft, mit der Absicht, darauf ein Eigenheim zu errichten, erfolgen. Um dem erklärten Sinn und Zweck der Hauptwohnsitzbefreiung gerecht zu werden, wird dem Veräußerer für die Adaptierung bzw. Errichtung des neuen Hauptwohnsitzes eine angemessene Frist einzuräumen sein. Steht bei der Veräußerung die Absicht, den Hauptwohnsitz zu wechseln, bereits fest, kommt dem Veräußerer für die Aufgabe des Hauptwohnsitzes eine den Umständen des Einzelfalls nach angemessene Frist zu. Diese kann, wenn die Beschaffung des neuen Hauptwohnsitzes eine längere Zeit in Anspruch nimmt, durchaus über ein Jahr hinausgehen. Gegebenenfalls kann bei der bescheidmäßigen Steuerfestsetzung mit Bescheiden nach § 200 BAO vorgegangen werden.
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