Auswertung in Arbeit
I. Der Hauptantrag wird zurückgewiesen.
II. Der erste Eventualantrag wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Bundesfinanzgericht,
"in §2 Abs2 Z3a StabAbgG idF BGBl I 2013/184 die Wortfolge 'Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als' und das Wort 'bestehen' aufzuheben (Hauptantrag),
in eventu §2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 aufzuheben (1. Eventualantrag),
in eventu §2 StabAbgG idF BGBl I 2016/117 und §1 StabAbgG idF BGBl I 2010/111 aufzuheben (2. Eventualantrag)."
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem eine Stabilitätsabgabe von Kreditinstituten eingeführt wird (Stabilitätsabgabegesetz – Stab-AbgG), BGBl I 111/2010, idF BGBl I 117/2016 lauten wie folgt (die im Hauptantrag angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):
" Steuergegenstand
§1. Der Stabilitätsabgabe unterliegt der Betrieb von Kreditinstituten. Kreditinstitute im Sinne dieses Bundesgesetzes sind solche, die über eine Konzession nach dem Bankwesengesetz (BWG), BGBl Nr 532/1993, verfügen und Zweigstellen von ausländischen Kreditinstituten, die gemäß BWG berechtigt sind, Dienstleistungen im Wege einer Zweigstelle in Österreich anzubieten. BV-Kassen im Sinne des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes (BMSVG), BGBl I Nr 100/2002, sind keine Kreditinstitute im Sinne dieses Bundesgesetzes.
Bemessungsgrundlage der Abgabe
§2. (1) Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme (Abs2) des Kreditinstitutes, vermindert um die in Abs2 genannten Beträge. Für die Kalenderjahre 2011, 2012 und 2013 ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme jenes Geschäftsjahres zugrunde zu legen, das im Jahr 2010 endet. Ab dem darauf folgenden Kalenderjahr ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme jenes Geschäftsjahres, das im Jahr vor dem Kalenderjahr endet, für das die Stabilitätsabgabe zu entrichten ist, zugrunde zu legen.
(2) Die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme errechnet sich aus dem arithmetischen Mittel der für die ersten drei Kalendervierteljahre des Geschäftsjahres übermittelten Aufstellung über die Kapital- und Gruppensolvenz, die im Rahmen des Meldewesens (§74 BWG) ermittelt wird, und der Bilanzsumme des Jahresabschlusses des Geschäftsjahres. Die Bilanzsumme des Kreditinstitutes ist nach den Vorschriften des §43 ff BWG und der Anlage 2 zu §43 BWG zu ermitteln. Die Bilanzsumme des Jahresabschlusses und die Vermögensausweise gemäß §74 BWG sind dabei jeweils um folgende Beträge zu vermindern:
1. Gedeckte Einlagen gemäß §7 Abs1 Z5 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (ESAEG), BGBl I Nr 117/2015;
2. gezeichnetes Kapital und Rücklagen;
3a. Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, alsForderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut gemäß §27a BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr 575/2013 dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut gemäß §27a BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§2 Z5 BWG) unterliegt;
4. Verbindlichkeiten und andere Passivposten von Kreditinstituten, die der Europäischen Kommission nach den unionsrechtlichen Vorschriften über staatliche Beihilfen gemäß Art107 ff AEUV einen Abwicklungs- oder Restrukturierungsplan vorzulegen haben, sofern das Kreditinstitut abgewickelt wird und kein Neugeschäft abgeschlossen werden darf; dies umfasst auch Verbindlichkeiten von Kreditinstituten aus Anleiheemissionen, deren Gegenwert solchen Kreditinstituten zur Verfügung gestellt wurde und diese Transaktion Teil des Restrukturierungsplanes ist;
5. Verbindlichkeiten, für die der Bund Haftungen nach dem Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981, (AFFG), BGBl Nr 216/1981, übernommen hat sowie Verbindlichkeiten aus Guthaben des Bundes auf den gemäß §5 AFFG und §7 des Ausfuhrförderungsgesetzes, (AusfFG), BGBl Nr 215/1981, eingerichteten Konten;
6. Verbindlichkeiten auf Grund von Treuhandgeschäften, für die das Kreditinstitut lediglich das Gestionsrisiko trägt, soweit sie in der Bilanzsumme enthalten sind.
7. Verbindlichkeiten der 'Österreichischer Exportfonds' GmbH, die der Refinanzierung von Rechtsgeschäften mit Haftung des Bundes gemäß den §§1 und 2 AusfFG dienen;
8. Verbindlichkeiten der Oesterreichische Entwicklungsbank AG, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß §9 Abs2 AusfFG eingegangen worden sind.
(3) Bei ab dem Jahr 2010 neu gegründeten Kreditinstituten, die nicht unter Abs5 fallen, ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme jenes Geschäftsjahres, das im Jahr vor dem Kalenderjahr endet, für das die Stabilitätsabgabe zu entrichten ist, zugrunde zu legen.
(4) Kommen in einem Kalenderjahr mehrere Bilanzsummen des Jahresabschlusses als Bemessungsgrundlage in Betracht, dann ist jener Jahresabschluss maßgebend, der für das zuletzt im Kalenderjahr endende Geschäftsjahr aufgestellt wird. Endet in einem Kalenderjahr kein Geschäftsjahr, dann ist die Bilanzsumme der Eröffnungsbilanz maßgebend. Bei einem Rumpfgeschäftsjahr ist Abs1 letzter Satz entsprechend der Anzahl der vorhandenen Kalendervierteljahre sinngemäß anzuwenden.
(5) Ist im Zeitraum zwischen dem nach Abs1 maßgeblichen Bilanzstichtag und dem Jahr, für das die Stabilitätsabgabe zu entrichten ist, Vermögen durch eine Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes (UmgrStG), BGBl Nr 699/1991, auf ein Kreditinstitut im Sinne des §1 übergegangen, erfolgt eine Erfassung dieses Vermögens beim Rechtsnachfolger. Beim Rechtsvorgänger ist dieses Vermögen zum Abzug zu bringen.
(6) Für Kreditinstitute gemäß §1 mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat (§2 Z5 BWG), die in Österreich im Wege einer Zweigstelle tätig sind, ist eine fiktive Bilanzsumme des dieser Zweigstelle zuzurechnenden Geschäftsvolumens nach den Bestimmungen des Abs1 bis 5 zu errechnen und bildet diese die Bemessungsgrundlage. Dabei treten anstelle der Einlagen gemäß Abs2 Z1 gedeckte Einlagen, die einem vergleichbaren Sicherungssystem eines Mitgliedstaates unterliegen und bei der Zweigstelle entgegengenommen werden.
Höhe der Stabilitätsabgabe
§3. Die Stabilitätsabgabe beträgt für jene Teile der Bemessungsgrundlage gemäß §2,
1. die einen Betrag von 300 Millionen Euro überschreiten und 20 Milliarden Euro nicht überschreiten, 0,024%,
2. die einen Betrag von 20 Milliarden Euro überschreiten, 0,029%.
Begrenzung der Stabilitätsabgabe
§4. Die gemäß §2 und §3 errechnete Stabilitätsabgabe wird nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen begrenzt:
1. Die Stabilitätsabgabe darf höchstens 20% des Jahresüberschusses/Jahresfehlbetrages gemäß Anlage 2 zu Artikel I §43 BWG zuzüglich des im Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag enthaltenen Aufwands für die Stabilitätsabgabe und die Sonderzahlung sowie unter Außerachtlassung des außerordentlichen Ergebnisses aus der Dotierung/Auflösung des Fonds für allgemeine Bankrisiken gemäß §57 Abs3 BWG betragen (Zumutbarkeitsgrenze). Dabei ist der Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag jenes Geschäftsjahres heranzuziehen, das vor dem Kalenderjahr endet, für das die Stabilitätsabgabe zu entrichten ist.
2. Die Stabilitätsabgabe darf 50% des arithmetischen Mittels der letzten drei nach Z1 ermittelten Jahresergebnisse nicht übersteigen (Belastungsobergrenze). Für die Berechnung des arithmetischen Mittels sind negative Jahresergebnisse mit Null anzusetzen.
3. Die zu entrichtende Stabilitätsabgabe beträgt mindestens 5% der nach den Bestimmungen der §§2 und 3 errechneten Stabilitätsabgabe, auch wenn damit die Zumutbarkeitsgrenze der Z1 oder die Belastungsobergrenze der Z2 überschritten werden (Mindestbeitrag).
4. Für die Ermittlung der Zumutbarkeitsgrenze und der Belastungsobergrenze sind im Fall eines Rumpfwirtschaftsjahres die nach Z1 ermittelten Jahresüberschüsse/Jahresfehlbeträge auf ein volles Wirtschaftsjahr hochzurechnen.
5. Wird ein Kreditinstitut neu gegründet und ist §2 Abs5 nicht anzuwenden, sind die Z1 bis 3 für die Berechnung der Stabilitätsabgabe für das Jahr der Neugründung nicht anzuwenden."
2. §27a des Bundesgesetzes über das Bankwesen (Bankwesengesetz – BWG), BGBl 532/1993, idF BGBl I 118/2016 lautet:
"Liquiditätsverbünde
§27a. Kreditinstitute, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, haben zur Sicherung der Finanzmarktstabilität an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs teilzunehmen. Dazu haben sie bei ihrem Zentralinstitut oder bei einem anderen vertraglich oder statutarisch festgelegten Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 vH der Spareinlagen und 20 vH der sonstigen Euro-Einlagen, höchstens jedoch 14 vH der gesamten Euro-Einlagen zu halten. Das Kreditinstitut muss zur Entgegennahme von Einlagen berechtigt und auf Grund seiner Geschäftsstruktur geeignet sein, die sich aus Gewährleistung eines Liquiditätsverbundes ergebenden Anforderungen zu erfüllen. Insbesondere hat es eine ausreichende Bonität aufzuweisen und liquide Mittel wie auch Refinanzierungsmöglichkeiten haben dauerhaft zur Verfügung zu stehen, um im Bedarfsfall rasch Liquiditätsunterstützung gewähren zu können. Die Modalitäten der konkreten Leistungsbeziehung zwischen dem Zentralinstitut oder dem sonstigen Kreditinstitut, bei dem die Liquiditätsreserve gehalten wird, und den übrigen am Liquiditätsverbund teilnehmenden Kreditinstituten sind unter Bedachtnahme auf §39 Abs1 vertraglich oder statutarisch zu regeln. Die vertraglichen oder statutarischen Regelungen haben insbesondere zu enthalten:
1. Die Voraussetzungen für die Versorgung der angeschlossenen Kreditinstitute mit Liquidität, im Bedarfsfall;
2. die nähere Ausgestaltung der Leistungsverpflichtung des Zentralinstitutes oder sonstigen Kreditinstitutes, bei dem die liquiden Mittel gehalten werden, im Bedarfsfall;
3. die Willensbildung, insbesondere die Beschlusserfordernisse, bei den entsprechenden Entscheidungen;
4. eine Kündigungsfrist, die mindestens ein Jahr betragen muss.
Das Ausmaß der Liquiditätsreserve ist jeweils zum Ende der Monate März, Juni, September und Dezember nach dem Stand der Einlagen zu ermitteln und für das jeweils folgende Vierteljahr anzupassen. Sinken die Einlagen um mehr als 20 vH unter den Stand der letzten maßgeblichen Berechnungsgrundlage, so kann das Kreditinstitut eine Anpassung zum nächstfolgenden Monatsletzten verlangen. Sonstige Einlagen sind täglich fällige Gelder des Zahlungsverkehrs (Sichteinlagen), alle Kündigungs- und Festgelder sowie die Einlagen gegen Ausgabe von Kassenscheinen. Einlagen gemäß Art27 Abs3 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/61 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr 575/2013 in Bezug auf die Liquiditätsdeckungsanforderung an Kreditinstitute, ABl. Nr L 11 vom 17.01.2015 S. 1, zählen nicht zur Bemessungsgrundlage der Liquiditätsreserve. Dies gilt sinngemäß auch für Zentralinstitute, die gemäß §30c von der Einhaltung der Liquiditätsanforderungen auf Einzelbasis freigestellt wurden."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Beim Bundesfinanzgericht ist eine Bescheidbeschwerde eines Kreditinstitutes im Sinne des §1 BWG, das dem Stabilitätsabgabegesetz (StabAbgG) unterliegt, anhängig. Die im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht beschwerdeführendePartei ist als Mitglied eines zweistufigen Bankensektors einem Zentralinstitut angeschlossen und somit gemäß §27a BWG verpflichtet, an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs (Liquiditätsverbund) teilzunehmen. In diesem Zusammenhang hat die beschwerdeführende Partei bei ihrem Zentralinstitut oder einem anderen geeigneten Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums eine Liquiditätsreserve in gesetzlich vorgegebenem Umfang zu halten.
1.2. Mit den im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht angefochtenen Bescheiden setzte die Abgabenbehörde die Stabilitätsabgabe für die Jahre 2017 bis 2023 fest, ohne die Verpflichtung zur Haltung der Liquiditätsreserve gemäß §27a BWG als Abzugsposten zu berücksichtigen.
1.3. Im ersten Rechtsgang gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde, mit der von der beschwerdeführenden Partei der Abzug der Liquiditätsreserve begehrt wurde, unter Anwendung des §2 Abs2 Z3a StabAbgG statt und setzte die Stabilitätsabgabe mit Erkenntnis vom 6. Mai 2024, RV/3100153/2024, neu fest. Gegen dieses Erkenntnis erhob die belangte Behörde Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof.
1.4. Der Verwaltungsgerichtshof gab der Amtsrevision mit Erkenntnis vom20. November 2024, Ro 2024/13/0019, statt und hob das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen aus, dass §2 Abs2 Z3a StabAbgG einen Abzug der Liquiditätsreserve von der Bemessungsgrundlage der Abgabe nur für eine Verpflichtung eines Zentralinstitutes (oder eines anderen bestimmten Kreditinstitutes) vorsehe, die gegenüber dem einlegenden Kreditinstitut bestehe, und überdies die Verminderung nach dieser Vorschrift nur zulässig sei, als Forderungen an das Zentralinstitut (oder ein anderes Kreditinstitut) bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht dienen. Eine derartige Verminderung der Bemessungsgrundlage trete daher insbesondere im dreistufigen Bankenverbund und zwar auf der Ebene der Landesbank ein, bei welcher Verpflichtungen gegenüber dem Primärinstitut und Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut bestehen. Das bloße Halten von Liquiditätsreserven bei einem Zentralinstitut begründe nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes jedoch keine Verpflichtung des einlegenden Institutes, sondern lediglich eine Verpflichtung des Zentralinstitutes, im Bedarfsfall Liquidität zur Verfügung zu stellen. Im konkreten Fall eines zweistufigen Bankenverbundes lägen hingegen nicht beim selben Kreditinstitut Verpflichtungen aus der Erfüllung von Liquiditätserfordernissen und Forderungen an das Zentralinstitut vor, weshalb ein Abzug von der Bemessungsgrundlage nicht in Betracht komme.
2. Das Bundesfinanzgericht stellt im fortgesetzten Verfahren den vorliegenden Antrag und legt seine Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:
2.1. Das Fehlen eines Kürzungstatbestandes für die Liquiditätsreserve im zweistufigen Sektor bewirke eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art7 B VG) und führe zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art1 1. ZPEMRK), weil hierdurch eine Doppelbesteuerung der Liquiditätsreserve bewirkt werde (einmal auf Ebene des Zentralinstitutes und einmal auf Ebene der Primärbank).
2.2. Der Gesetzgeber habe mit §2 Abs2 StabAbgG ein Ordnungssystem geschaffen, in dem die steuerlichen Begünstigungen nach dem Risiko von Bilanzpositionen differenziert würden. Die Liquiditätsreserve, die zur Sicherung der Finanzmarktstabilität diene, sei zweifelsfrei risikoarm. Mit dem Ausschluss des Abzugs von der Bemessungsgrundlage werde vom bestehenden Ordnungssystem abgegangen. Wenngleich der Gesetzgeber nicht verpflichtet sei, die Bemessungsgrundlage nach Risikogesichtspunkten aufzuschlüsseln, verbiete der Gleichheitsgrundsatz eine sachlich nicht begründete Abweichung vom geschaffenen Ordnungssystem.
Die Stabilitätsabgabe sei eingeführt worden, um Banken an den Kosten der staatlichen Rettungsmaßnahmen in der Finanzkrise zu beteiligen, und diene als Sicherungsmaßnahme in Krisenzeiten. Auch die Liquiditätsverbünde gemäß §27a BWG gewährleisteten im Notfall die Liquidität einzelner Institute, minimierten Systemrisiken, erhöhten die Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems und dienten damit dem Ziel der Finanzmarktstabilität. Auch insofern erscheine eine Besteuerung der gesetzlich vorgeschriebenen Liquiditätsreserve systemwidrig und unsachlich, da die Liquiditätsreserve die Finanzmarktstabilität fördere.
2.3. Neben dem Liquiditätsverbund gemäß §27a BWG diene auch die Einlagensicherung nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (ESAEG) der Stabilität des Finanzmarktes. In beiden Fällen würde Liquidität gepoolt, nämlich beim Zentralinstitut bzw bei der Einlagensicherung. Die gedeckten Einlagen seien gemäß §2 Abs2 Z1 StabAbgG von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe (Bilanzsumme) abzuziehen, um eine Doppelbelastung durch einerseits die Pflicht zur Einlagensicherung sowie andererseits die Abgabepflicht zu vermeiden. Gleiches müsse nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes auch für die Liquiditätsreserve gelten, um eine unsachliche Doppelbelastung dieser Einlagen zu vermeiden.
2.4. Der Ausschluss eines Abzuges der Liquiditätsreserve führe ferner zu einer sachwidrigen indirekten Besteuerung gedeckter Einlagen: Gedeckte Einlagen minderten die Bemessungsgrundlage und unterlägen damit nicht der Stabilitätsabgabe. Der Vermeidung der Doppelbelastung gedeckter Einlagen würde nun aber nicht entsprochen, wenn die Liquiditätsreserve nicht abgezogen werden kann. Die Liquiditätsreserve werde nämlich gemäß §27a BWG auch aus 10 % der Spareinlagen gebildet. Werde nun die Liquiditätsreserve einer Abgabe unterworfen, so würden auch Teile der eigentlich abzugsfähigen gedeckten Einlagen indirekt dieser Abgabe unterworfen. Auf Ebene des Zentralinstitutes komme es zu einer Besteuerung eines Teiles der gedeckten Einlagen der Primärinstitute, weil diese in der Liquiditätsreserve enthalten seien. Dies führe zu dem unsachlichen Ergebnis, da der Gesetzgeber in §2 Abs2 Z1 StabAbgG eine Befreiung für gedeckte Einlagen vorsehe, diese in §2 Abs2 Z3a jedoch wieder teilweise aufhebe.
2.5. Die Besteuerung der Liquiditätsreserve führe zu Gleichheitswidrigkeiten auch im Zusammenhang mit nicht gedeckten Einlagen: Im zweistufigen Sektor würden die nicht gedeckten Einlagen auf Ebene des Primärinstitutes besteuert. Da sich die Liquiditätsreserve auch aus einem Teil der nicht gedeckten Einlagen speise, unterlägen diese nicht gedeckten Einlagen ein zweites Mal auf Ebene des Zentralinstitutes der Abgabe. Dies widerspreche dem gesetzgeberischen Ziel, eine solche Doppelbelastung innerhalb eines Bankenverbundes zu vermeiden.
2.6. Weiters liege auch eine gleichheitswidrige Benachteiligung gegenüber Kreditinstituten vor, die keinem Zentralinstitut angeschlossen sind. Da diese keine gesetzliche Pflicht zur Bildung einer Liquiditätsreserve nach §27a BWG treffe, müssten sie die Stabilitätsabgabe auf ungedeckte Einlagen nur einmal abführen. Indem die Liquiditätsreserve – wie jede Bilanzposition einer sonstigen Aktienbank – die Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe erhöhe, führe dies zu einer unzulässigen schematischen Gleichbehandlung. Um den wesentlichen Unterschieden zwischen Kreditinstituten eines dezentralen Sektors einerseits und sonstigen Aktienbanken andererseits Rechnung zu tragen, sei die beim Zentralinstitut gehaltene Liquiditätsreserve von der Bilanzsumme abzuziehen.
Übertrage man die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Leistungsfähigkeitsprinzip betreffend die Mindestkörperschaftsteuer – wonach es unsachlich sei, umsatzstarke Kapitalgesellschaften mit geringeren Erträgen relativ höher zu besteuern als solche mit höheren Erträgen – auf die Stabilitätsabgabe, so sei die höhere Belastung jener Kreditinstitute, die auf Grund der gesetzlichen Pflicht zur Bildung einer Liquiditätsreserve in besonderem Maße zur Finanzmarktstabilität beitragen, ebenfalls gleichheitswidrig. Es liege keine sachliche Rechtfertigung dafür vor, dass Kreditinstitute dezentraler Sektoren höher belastet werden sollten als sonstige Aktienbanken.
2.7. §2 Abs2 Z3a StabAbgG finde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich im dreistufigen Sektor Anwendung, weil diese Bestimmung nur den Fall erfasse, dass ein Kreditinstitut auf Grund der Regelungen zur Liquiditätsreserve gleichzeitig eine Verbindlichkeit (weil es Zentralinstitut ist) und eine Forderung (weil es selbst ebenso einem Zentralinstitut angeschlossen ist) habe. Dadurch werde der zweistufige Sektor gegenüber dem dreistufigen Sektor gleichheitswidrig benachteiligt. Aus §27a BWG folge, dass die bei der Landesbank gehaltene Liquiditätsreserve der Primärbank nicht in die Bemessung jener Liquiditätsreserve einzubeziehen sei, die die Landesbank selbst beim Zentralinstitut zu halten hat. Die Liquiditätsreserven der Landesbank und der Primärbanken hätten nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes "inhaltlich nichts miteinander zu tun" und seien vielmehr vollständig voneinander getrennt. Das Verhältnis zwischen Landesbank und ihren Primärbanken sei völlig gleich jenem zwischen einem Zentralinstitut und seinen Primärbanken im zweistufigen Sektor. Dass die Landesbank ihrerseits eine Liquiditätsreserve bei ihrem Zentralinstitut zu halten habe, sei für diesen Vergleich irrelevant. Es sei daher gleichheitswidrig, wenn die Landesbank im dreistufigen Sektor berechtigt sei, die Bilanzsumme zu kürzen, im zweistufigen Sektor dem Zentralinstitut aber ein Abzug verwehrt werde, weil dieses keine Forderung an ein Zentralinstitut habe.
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:
3.1. Zur Zulässigkeit führt die Bundesregierung hinsichtlich der Präjudizialität aus, dass das Bundesfinanzgericht bereits in mehreren gleichgelagerten Fällen von der Stellung eines Normenprüfungsantrages abgesehen habe, weil die verfassungsrechtlichen Bedenken der jeweiligen Beschwerdeführer nicht geteilt worden seien und wegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes offenbar auch die Präjudizialität verneint worden sei. In weiterer Folge führt die Bundesregierung aus:
"Das antragstellende Gericht […] hält jedoch auch die mit dem Hauptantrag (teilweise) angefochtene Regelung des §2 Abs2 Z3a StabAbgG für präjudiziell, weil die zur Präjudizialität von Grund- und Ausnahmetatbestand entwickelte Rechtsprechung (beginnend mit VfSlg 14.805/1997) einschlägig sei. §2 Abs1 StabAbgG, der die unkonsolidierte Bilanzsumme als Bemessungsgrundlage vorsieht, sei in diesem Sinne der Grundtatbestand, die Kürzungstatbestände, insbesondere auch §2 Abs2 Z3a StabAbgG, seien die Ausnahmetatbestände. Erst durch die Berücksichtigung der Kürzungstatbestände erschließe sich die Höhe der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe.
Die Bundesregierung überlässt es der Beurteilung des Verfassungsgerichtshofes, ob auch §2 Abs2 Z3a StabAbgG im Lichte dieser Rechtsprechung präjudiziell ist."
Zum Anfechtungsumfang führt die Bundesregierung Folgendes aus:
"Das antragstellende Gericht ficht mit dem Hauptantrag einzelne Wortfolgen in §2 Abs2 Z3a StabAbgG an, nicht jedoch den gesamten §2 Abs2 Z3a StabAbgG. Würde dem Hauptantrag stattgegeben, hätte dies zur Folge, dass Forderungen an das Zentralinstitut aus der Erfüllung der Liquiditätshaltungspflicht gemäß §27a BWG von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe abziehbar sind. Dies käme einem Akt der positiven Gesetzgebung gleich (vgl VfGH 25.11.2013, G65/2013 mwN). Der Antragsteller hätte vielmehr, um einen zulässigen Hauptantrag im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung zu stellen, die Aufhebung des gesamten §2 Abs2 Z3a StabAbgG beantragen müssen."
3.2. In der Sache führt die Bundesregierung aus:
3.2.1. Zur behaupteten Systemwidrigkeit der Besteuerung der Liquiditätsreserve hält die Bundesregierung dem Bedenken des Bundesfinanzgerichtes, es liege keine sachliche Rechtfertigung für die Nichtabzugsfähigkeit einer solchen risikoarmen Position vor, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 19.598/2011 entgegen. In dieser Entscheidung habe der Verfassungsgerichtshof Argumenten im Sinne einer Ordnungssystemjudikatur eine Absage erteilt und den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage betont; in diesem Erkenntnis bringe der Verfassungsgerichtshof nach Ansicht der Bundesregierung
"explizit zum Ausdruck, dass die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe selbst dann sachlich gerechtfertigt wäre, wenn der Gesetzgeber den Abzugstatbestand der gesicherten Einlagen nicht normiert hätte. Das Gleiche gilt, wenn nach Risikoerwägungen auch andere Abzugstatbestände infrage kämen, diese aber vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt wurden. Der Gesetzgeber ist nämlich gerade nicht verpflichtet, eine Risikoanalyse sämtlicher Bilanzposten einer Bank durchzuführen. Es könnten dem Gesetzgeber dabei selbst (gewisse) fehlerhafte Risikobewertungen nicht vorgeworfen werden, was der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf die vom Gesetzgeber unterlassene Abzugsbestimmung zu Pfandbriefen verdeutlicht. Die Wahl der einzelnen Abzugstatbestände liegt somit unabhängig vom Risikoprofil der einzelnen Bilanzposten im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Der weite rechtspolitische Gestaltungsspielraum wurde auch im Folgeerkenntnis zur Stabilitätsabgabe (VfSlg 19.984/2015 […]) bestätigt.
Folglich kann auch dahingestellt bleiben, ob sich Forderungen aus der Liquiditätshaltungspflicht des §27a BWG ihrem Risikoprofil nach für die Normierung eines generellen Abzugstatbestandes eignen oder ob ihr Risikoprofil dem anderer Bilanzposten gleicht, für die ein Abzugstatbestand normiert wurde.
Weiters wird auf Folgendes hingewiesen: Der Katalog der abziehbaren Beträge in §2 Abs2 StabAbgG umfasst offenbar nur Positionen der Passivseite (in Z3a wird der abziehbare Betrag der Verpflichtungen der Höhe nach mit den Forderungen an das Zentralinstitut beschränkt, was wie auch das Wort 'Verpflichtung' anstelle von 'Verbindlichkeit' offenbar den Umstand reflektiert, das die Verpflichtungen aus dem Liquiditätsverbund betragsmäßig über die entgegengenommenen Einlagen der einzelne[n] Primärbank hinausgehen können). Die Forderung einer Primärbank gegenüber seinem Zentralinstitut wird aber auf der Aktivseite der Bilanz der Primärbank ausgewiesen. Wollte man in diesem Sinne auch das Risiko oder den Beitrag zur Finanzmarktstabilität von Positionen der Aktivseite einbeziehen, könnte man über die Forderung der Primärbank gegenüber dem Zentralinstitut aus der Liquiditätsreservehaltung hinaus weiter in Frage stellen, ob nicht auch andere sichere und liquide Werte der Primär- und Zentralinstitute bzw Aktienbanken (zB Kassenbestände, Guthaben bei Zentralbanken oder zur Refinanzierung bei Zentralnotenbanken zugelassene Wechsel) dem vom antragstellenden Gericht angenommen 'Ordnungssystemgedanken' folgend von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe abziehbar sein müssten. Wenn allerdings auch Positionen der Aktivseite abziehbar werden, kann das wirtschaftlich betrachtet auch zu 'Mehrfachverwertungen' führen, nämlich insoweit diese Aktivposten aus bereits begünstigten Passivposten finanziert werden.
Die Bedenken des antragsstellenden Gerichts erweisen sich daher nach Ansicht der Bundesregierung als rechtspolitische Zweckmäßigkeitserwägungen, eine Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Wortfolge bzw Bestimmungen wird damit nicht aufgezeigt."
3.2.2. Zur Behauptung des antragstellenden Gerichtes, das Gesetz verletze den Gleichheitsgrundsatz, weil Liquiditätsreserven doppelt belastet würden, während für die Einlagensicherung auf Grund des gesetzlich vorgesehenen Abzugspostens eine solche Doppelbelastung vermieden würde, führt die Bundesregierung aus, dass zwischen Liquiditätsverbünden und der Einlagensicherung wesentlicheUnterschiede bestünden. Dies zeige sich bereits darin, dass Sektorbanken, wie alle übrigen Kreditinstitute, die Einlagen entgegennehmen (§8 ESAEG), trotz derHaltung von Liquiditätsreserven einer Einlagensicherungseinrichtung angehören müssten. Hingegen müsse nicht jedes Kreditinstitut einem Liquiditätsverbund angehören; dies beruhe letztlich auf seiner privatautonomen Entscheidung. Auch die Finanzierung der Einlagensicherung durch Beiträge der Mitgliedsinstitute an einen Fonds (vgl §§18 und 21 ff. ESAEG) unterscheide sich von der vom antragstellenden Gericht angenommenen Belastung durch die Haltung der Liquiditätsreserve, die weiterhin ein Guthaben des Primärinstitutes bleibe, dessen Konditionen (wie zB Verzinsung) abgesehen von den gesetzlichen Vorgaben im Sektor privatautonom geregelt werden könnten. Zudem entstehe aus der Einlagensicherung im Sicherungsfall eine Leistungsverpflichtung gegenüber dem Einleger, während aus einem Liquiditätsverbund alleine keine besonderen Ansprüche der Einleger entstünden. Die vom antragstellenden Gericht angenommene doppelte Belastung der Liquiditätsreserven sei mit dem in den Erläuterungen genannten Ziel der Vermeidung einer "Doppelbelastung" bei den gedeckten Einlagen sohin nicht vergleichbar.
Die Bundesregierung verweist diesbezüglich ferner auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 19.598/2011 und VfSlg 19.984/2015, in denen der Gerichtshof auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der Stabilitätsabgabe hingewiesen habe. Insbesondere bestehe demnach keine Verpflichtung, die Bemessungsgrundlage (Bilanzsumme) nach Risikogesichtspunkten aufzuschlüsseln und danach die Abgabenbelastung abzustufen.
3.2.3. Zur behaupteten sachwidrigen Besteuerung gedeckter Einlagen führt die Bundesregierung aus:
"Da §27a BWG nicht nach gedeckten und nicht-gedeckten Einlagen unterscheide, werde die Liquiditätsreserve zum Teil auch aus den gedeckten Einlagen gebildet. Nach dem antragstellenden Gericht sei es sachwidrig, eine Ausnahme von der Steuerpflicht für gedeckte Einlage zu schaffen und durch die Besteuerung dieser Einlagen auf Ebene des Zentralinstitutes teilweise wieder zu beseitigen.
Nach Ansicht der Bundesregierung besteht jedenfalls rechtlich gesehen keine Doppelbelastung. Die Liquiditätsreserve wird streng genommen auch nicht aus gedeckten Einlagen selbst gebildet, sondern ihr Betrag bemisst sich nach den Einlagen des Kreditinstituts. Wie bereits oben ausgeführt liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, gedeckte Einlagen von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe auszunehmen, Liquiditätsreserven gemäß §27a BWG jedoch nicht. Würde man hingegen annehmen, dass gedeckte Einlagen auch wirtschaftlich betrachtet keinesfalls mit Stabilitätsabgabe belastet werden dürften, könnte man diese verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichts über die Verpflichtung nach §27a BWG hinaus auch auf freiwillige Einlagen eines Primärinstituts beim Zentralinstitut und wohl auch bei jeder anderen Einlage (bzw allgemeiner Kreditvergabe) eines Kreditinstituts bei einem anderen (bzw an ein anderes) erheben, sofern diese aus gedeckten Einlagen finanziert wurden, denn solche Geschäfte mit einem anderen Kreditinstitut, sei es im Sektorverbund oder außerhalb eines Sektors, verlängern (ceteris paribus) die Bilanz des anderen Kreditinstituts (und damit die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe), ohne dass sich die Höhe der gedeckten Einlagen bei den Instituten dadurch ändert. Die steuerliche Berücksichtigung derartiger finanzieller Beziehungen zwischen Kreditinstituten, die aus gedeckten Einlagen finanziert wurden, wäre wohl auch nicht mehr administrierbar."
3.2.4. Zur Behauptung des antragstellenden Gerichtes, die Besteuerung der Liquiditätsreserve führe zu Gleichheitswidrigkeiten im Zusammenhang mit nichtgedeckten Einlagen sowie zur Benachteiligung gegenüber Kreditinstituten, die keinem Zentralinstitut angeschlossen sind, verweist die Bundesregierung auf ihre Ausführungen zu den Bedenken betreffend die behauptete sachwidrige Besteuerung gedeckter Einlagen und führt ferner aus:
"Kreditinstitute, die nicht einem Liquiditätsverbund im Sinne des §27a BWG angehören (Aktienbanken) und daher nicht zur Haltung einer Liquiditätsreserve verpflichtet sind, sind insoweit nicht mit Sektorbanken zu vergleichen, da Unterschiede im Tatsächlichen vorliegen. So hat auch der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 13.471/1993 unter Verweis auf die privatautonome Entscheidungsmöglichkeit ausgesprochen, dass 'im Hinblick auf die besonderen Gegebenheiten eines Verbundes ein wesentlicher Unterschied zwischen den darin zusammengeschlossenen und den außerhalb eines solchen agierenden Banken gelegen ist. Somit wird nicht Gleiches ungleich behandelt.'
Wie bereits oben ausgeführt liegt es zudem im (weiten) rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob und allenfalls in welchem Ausmaß ein Abzug bestimmter Bilanzpositionen, wie etwa der Liquiditätsreserven von Sektorbanken, von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe vorgesehen wird."
3.2.5. Der Behauptung einer gleichheitswidrigen Benachteiligung des zweistufigen Sektors gegenüber dem dreistufigen Sektor tritt die Bundesregierung wie folgt entgegen:
"Nach Ansicht der Bundesregierung liegt keine sachwidrige Ungleichbehandlung zwischen dem zwei- und dreistufigen Sektor vor. Mit der angefochtenen Bestimmung, wie sie vom Verwaltungsgerichtshof ausgelegt wurde, wird gerade eine gleichheitsrechtlich unbedenkliche Situation geschaffen: Denn die Liquiditätsreserve ist unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Sektor (zwei- oder dreistufig) beim Primärinstitut nicht abzugsfähig (vgl VwGH 20.11.2024, Ro 2024/13/0019). Es besteht demnach keine Ungleichbehandlung eines Primärinstituts des zweistufigen Sparkassensektors gegenüber einem Primärinstitut eines dreistufigen Bankensektors.
Ferner wird die Liquiditätsreserve des Primärinstituts in allen Sektoren, auf die §27a BWG anwendbar ist, zweimal mit Stabilitätsabgabe besteuert, einmal beim Primärinstitut und einmal beim Zentralinstitut. Eine Ungleichbehandlung der genannten Bankensektoren ist daher selbst dann nicht zu erblicken, wenn man nicht auf das einzelne Steuersubjekt der Primärbank, sondern jeweils auf den Sektor als Vergleichsgruppe abstellt.
Somit ist nach Ansicht der Bundesregierung die steuerliche Behandlung der Liquiditätsreserve einer ***landesbank nicht mit derjenigen von Primärbanken oder Zentralinstituten zu vergleichen, weshalb schon deshalb keine Verfassungswidrigkeit vorliegt.
Selbst wenn man die steuerliche Behandlung der ***landesbanken (der mittleren Stufe) mit derjenigen der Institute eines zweistufigen Sektors vergleicht, ist auf den ursprünglichen Zweck der Regelung des §2 Abs2 Z3a StabAbgG, die Verhinderung von weiteren Kaskadeneffekten, hinzuweisen. Im Ergebnis wird durch die angefochtene Bestimmung daher eine Dreifachbesteuerung der Liquiditätsreserven in einem dreistufigen Sektor verhindert. Denn die mittlere Stufe hätte ohne die Regelung für die Liquiditätsreserve einer anderen Bank Stabilitätsabgabe zahlen müssen und für die eigene, weil sie gleichzeitig auch mit der eigenen Liquiditätshaltungspflicht des §27a BWG konfrontiert ist. Die Liquiditätsreserve einer anderen Bank wird der Stabilitätsabgabe nur bei den Zentralinstituten (über die Erhöhung der Bilanzsumme) unterworfen, welche selbst nicht mehr der Liquiditätshaltungspflicht des §27a BWG unterliegen, und die der Gesetzgeber daher ebenso sektorunabhängig gleichbehandelt hat.
Die Änderung durch BGBl I Nr 118/2016, wonach die Liquiditätsreserven der Primärbanken in die Berechnungsgrundlage der Liquiditätsreserve der ***-Landesbanken nicht mehr eingerechnet werden, verschlägt nach Ansicht der Bundesregierung nichts. Wenn der Gesetzgeber diese Änderung im Bankwesengesetz bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe nicht berücksichtigt, liegt dies ebenfalls im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers."
4. Das Finanzamt für Großbetriebe hat eine Äußerung erstattet, in der es sich den Bedenken des Bundesfinanzgerichtes wie folgt entgegenstellt:
4.1. Zur Zulässigkeit:
Die Bestimmung des §2 Abs2 Z3a StabAbgG sei im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht präjudiziell, "weil eine potentielle Verfassungswidrigkeit mangels ausreichenden systematischen Zusammenhanges nicht auf §2 StabAbgG durchschlagen" könne. Auch §2 Abs2 StabAbgG sei nicht präjudiziell, weil die potentiell verfassungswidrige, nicht angewendete Vorschrift kein negatives Tatbestandsmerkmal des Grundtatbestandes sei.
Eine (Teil-)Aufhebung des §2 Abs2 Z3a StabAbgG wäre auch deshalb nicht zulässig, weil diese den Inhalt der Norm derart verändern würde, dass der verbleibende Regelungsgehalt dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbar wäre (vgl VfSlg 10.693/1985).
Die im Hauptantrag des Bundesfinanzgerichtes beantragte Aufhebung einzelner Wortfolgen in §2 Abs2 Z3a StabAbgG hätte zur Folge, dass der Abzugstatbestand gerade das Gegenteil der ursprünglichen Norm beschreiben und Forderungen aus der Erfüllung der Liquiditätshaltungspflicht des §27a BWG begünstigen würde. Dies käme einem Akt positiver Gesetzgebung gleich. Ebenso würde die vollständige Aufhebung des §2 StabAbgG die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe beseitigen und damit das gesamte Gesetz obsolet machen.
4.2. In der Sache:
Zusammengefasst führt das Finanzamt für Großbetriebe in der Sache mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes aus, dass sich die sachliche Rechtfertigung der Besteuerung der Liquiditätsreserve bereits aus dem Erkenntnis VfSlg 19.598/2011 ergebe. Danach sei das Kriterium des Risikoprofils eines Bilanzpostens und seine Vergleichbarkeit mit anderen Bilanzposten für die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Bemessungsgrundlage "schlicht" irrelevant. Auch liege eine unsachliche Ungleichbehandlung zwischen Aktien- und Sektorbanken und der Sektoren untereinander nicht vor. Es liege vielmehr im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Liquiditätsreserve sowohl auf Ebene des Primärinstitutes als auch auf Ebene des Zentralinstitutes zu belasten und eine Regelung zur Verhinderung von Kaskadeneffekten für mehr als zweistufige Sektoren vorzusehen. Eine solche Begünstigung für dreistufige Sektoren vermöge an der sachgerechten Besteuerung der Liquiditätsreserve bei allen Primärbanken nichts zu ändern.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).
Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011, 20.154/2017). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).
1.3. Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).
1.4. Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).
Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gerichtoffenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.
1.5. Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, dass die vom antragstellenden Gericht angefochtene Bestimmung des §2 Abs2 Z3a StabAbgG präjudiziell ist. Zwar ergibt sich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 2024, Ro 2024/13/0019, dass für die beschwerdeführende Primärbank im Anlassfall ein Abzug der Liquiditätsreserve von der Bemessungsgrundlage ausgeschlossen sei, da der sachliche Anwendungsbereich der Vorschrift des §2 Abs2 Z3a StabAbgG diesen Sachverhalt nicht erfasse. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die mit Amtsrevision bekämpfte Auslegung des Bundesfinanzgerichtes (Erkenntnis vom 6. Mai 2024, RV/3100153/2024), wonach §2 Abs2 Z3a StabAbgG einen solchen Abzug auf Ebene der Primärbank erlaube, verworfen. Vor dem Hintergrund der Bedenken, dass diese Vorschrift einen verfassungsrechtlich gebotenen Abzug der Liquiditätsreserve für Primärbanken ausschließe, erweist sich die Vorschrift jedoch als präjudiziell.
1.6. Das antragstellende Gericht begehrt in seinem Hauptantrag, die Wortfolge "Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als" und das Wort "bestehen" in §2 Abs2 Z3a StabAbgG als verfassungswidrig aufzuheben. Die Bundesregierung zieht in ihrer Äußerung die Zulässigkeit dieses Antrages in Zweifel.
Mit diesem Vorbringen ist die Bundesregierung im Recht:
Mit seinem Antrag macht das Bundesfinanzgericht zum einen Bedenken geltend, dass es unsachlich sei, dass das StabAbgG für die Liquiditätsreserve auf Ebene der Primärbanken keinen Abzugsposten vorsehe, und zum anderen, dass es durch die Vorschrift des §2 Abs2 Z3a StabAbgG zu einer unsachlichen Benachteiligung des Liquiditätsverbundes im zweistufigen Sektor gegenüber jenem im dreistufigen Sektor komme. Mit dem beantragten Aufhebungsumfang zielt das antragstellende Gericht auf die Herbeiführung einer Rechtslage ab, nach der Forderungen aus geleisteten Liquiditätsreserven in jedem Fall von der Bemessungsgrundlage abzugsfähig wären. Träfen die Bedenken des antragstellenden Gerichtes lediglich hinsichtlich einer unsachlichen Belastung durch die Liquiditätsreserve im zweistufigen Sektor gegenüber dem dreistufigen Sektor zu, hätte die Aufhebung im beantragten Umfang jedoch zur Folge, dass auf Ebene der Primärbanken ein Abzug selbst dann vorzunehmen wäre, wenn ein solcher Abzugsposten nach dem Gleichheitsgrundsatz für Primärbanken nicht geboten wäre.
Eine derart weite inhaltliche Abänderung einer gesetzlichen Bestimmung durch Aufhebung einzelner Wortfolgen steht im Widerspruch zu der in der zitierten Rechtsprechung zum Ausdruck kommenden Grundposition des Verfassungsgerichtshofes. Insbesondere hätte eine antragsgemäße Aufhebung zur Folge, dass das Gesetz einen veränderten, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbaren Inhalt erhielte, was im Ergebnis geradezu einen Akt positiver Gesetzgebung darstellen würde (vgl VfSlg 12.465/1990).
Der Hauptantrag erweist sich aus diesem Grund als zu eng gefasst und ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
1.7. Der erste Eventualantrag erweist sich hingegen als zulässig.
1.8. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf den zweiten Eventualantrag.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes ergeben sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu §2 Abs2 Z3aStabAbgG, nach der dieser Abzugstatbestand nur für Verpflichtungen gegenüber einem einlegenden Kreditinstitut in Betracht kommt und der Abzug nur insoweit zu gewähren ist, als Forderungen an ein Zentralinstitut bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht dienen (vgl VwGH 20.11.2024, Ro 2024/13/0019). Primärbanken sind somit nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht berechtigt, die als Liquiditätsreserve in das Zentralinstitut eingelegten Mittel von der Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen. Vor diesem Hintergrund erachtet das antragstellende Gericht die gesetzliche Regelung des §2 Abs2 StabAbgG als gleichheitswidrig.
2.3. Für die Beurteilung der Frage, ob die angefochtenen Vorschriften den Gleichheitsgrundsatz des Art7 B VG verletzen, ist von folgendem Regelungszusammenhang auszugehen:
2.3.1. §27a BWG bestimmt, dass Kreditinstitute, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, zur Sicherung der Finanzmarktstabilität an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs teilzunehmen haben ("Liquiditätsverbund"). Dazu haben sie bei ihrem Zentralinstitut (oder bei einem anderen vertraglich oder statutarisch festgelegten Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat) eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 % der Spareinlagen und 20 % der sonstigen Euro-Einlagen, höchstens jedoch 14 % der gesamten Euro-Einlagen zu halten. BeimLiquiditätsverbund nach §27a BWG handelt es sich um eine Risiko- bzw Solidargemeinschaft, innerhalb derer die Zahlungsfähigkeit der Mitglieder gesichert wird (vgl VfSlg 13.471/1993).
Die Verpflichtung zur Haltung einer Liquiditätsreserve war bereits in der Stammfassung des Kreditwesengesetzes (KWG, BGBl 63/1979) in §13 Abs5 enthalten und wurde mit der Novelle BGBl 325/1986 in §17 Abs11 KWG verschoben. Die Erläut zur RV (844 BlgNR 14. GP 44) führten zur Stammfassung aus: "Die gesetzliche Sicherung des sektoralen Verbundes über das Zentralinstitut ist insbesondere hinsichtlich der Liquiditätshaltung geboten. Deshalb haben Kreditunternehmungen, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, neben den flüssigen Mitteln ersten Grades (Abs4) auch eine Liquiditätsreserve (Abs5) zu halten."
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg 13.471/1993 die Verfassungsmäßigkeit der Verpflichtung zur Haltung einer Liquiditätsreserve für die an ein Zentralinstitut angeschlossenen Kreditinstitute im Wesentlichen mit der Begründung bestätigt, dass diese gerade darauf abziele, die rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit der Primärbanken zu erhalten, hingegen die Nachteile, die mit kleineren wirtschaftlichen Einheiten typischerweise einhergehen, zu minimieren. Der Verfassungsgerichtshof konnte keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz erkennen, zumal sich Banken im Verbund strukturell wesentlich von unabhängigen Banken unterschieden, was eine unterschiedliche Behandlung rechtfertige. Die Regelung verfolge – im öffentlichen Interesse gelegene – legitime Ziele, insbesondere die Sicherung ausreichender Liquiditätsreserven, die Stärkung des sektoralen Bankenverbundes sowie den Gläubigerschutz. Zentralinstitute böten dabei insbesondere Vorteile im Hinblick auf die Risikoverteilung, die Wahrnehmung von Marktchancen sowie den Einsatz von Solidaritätsmechanismen.
Mit Erlassung des BWG (BGBl 532/1993) wurden die Regelungen zur Liquiditätshaltung des KWG zunächst in der Stammfassung in §25 Abs13 BWG übernommen und mit BGBl I 184/2013 aus systematischen Gründen (vgl Erläut zur RV 2438 BlgNR 24. GP 48) in §27a BWG verschoben.
Mit BGBl I 98/2014 wurde der vorletzte Satz des Schlussteils ("Diese Liquiditätsreserve zählt zu den flüssigen Mitteln ersten Grades.") gestrichen, weil sich die Einordnung der Liquiditätsreserve als liquide Aktiva auf Grund des Außerkrafttretens des nationalen Liquiditätsregimes ausschließlich nach den unionsrechtlichen Vorschriften über die Liquiditätsdeckungsanforderung im Sinne von Art412 Abs1 der VO (EU) 575/2013 richten sollte (Erläut zur RV 361 BlgNR 25. GP, 30).
Mit BGBl I 118/2016 wurden dem §27a BWG folgende zwei Sätze angefügt: "Einlagen gemäß Art27 Abs3 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/61 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr 575/2013 in Bezug auf die Liquiditätsdeckungsanforderung an Kreditinstitute, ABl. Nr L 11 vom 17.01.2015 S. 1, zählen nicht zur Bemessungsgrundlage der Liquiditätsreserve. Dies gilt sinngemäß auch für Zentralinstitute, die gemäß §30c von der Einhaltung der Liquiditätsanforderungen auf Einzelbasis freigestellt wurden." In den Erläut zur RV (1335 BlgNR 25. GP 22) wird dazu ausgeführt, dass die Landesbanken nach bisherigem Recht die Liquiditätsreserve der Primärbanken grundsätzlich noch frei veranlagen konnten. Mit dem Inkrafttreten der Delegierten Verordnung (EU) 61/2015 habe sich die Rechtslage jedoch dahingehend geändert, dass die Landesbanken gegenüber den angeschlossenen Instituten nunmehr verpflichtet seien, die bei ihnen gehaltenen Reserven vollständig in hochliquide Aktiva zu veranlagen, damit sich die Primärbanken diese zur Gänze als Liquiditätsreserven anrechnen lassen könnten. Dadurch könnten die Landesbanken diese Mittel nicht mehr eigenständig verwenden und sie auch nicht für ihre eigene Liquiditätsdeckungsanforderungen heranziehen. Ihre Funktion bestehe seither nur noch in der Bündelung und Verwaltung der Liquiditätsreserven der Primärbanken.
2.3.2. Die mit BGBl I 111/2010 eingeführte Stabilitätsabgabe war eine fiskalische Reaktion des Gesetzgebers auf die Auswirkungen der globalen Finanzkrise der Jahre 2008 bis 2010. Hintergrund war die massive staatliche Unterstützung des österreichischen Bankensektors durch Bankenhilfs- und Konjunkturpakete. Laut den Materialien sollte mit der Abgabe eine "Beteiligung der Kreditinstitute, die von diesen Maßnahmen erheblich profitiert haben, an den Krisenkosten" erreicht werden. Zugleich sollte ein ordnungspolitisches Ziel verfolgt werden: Die Abgabe sollte als "allgemeine Sicherungsmaßnahme für Leistungen des Staates in Zeiten von Finanzkrisen" dienen und Lenkungseffekte zugunsten einer risikoärmeren Geschäftsstruktur im Bankensektor erzeugen. Ziel war die Förderung der systemischen Finanzmarktstabilität. Gleichzeitig strebte der Gesetzgeber eine möglichst geringe Beeinträchtigung der "Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Finanzsektors" an, was durch Befreiungstatbestände und Bemessungsgrenzen sichergestellt werden sollte (Erläut zur RV 981 BlgNR 24. GP, 6 f [zur StF]).
Die Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe ist in §2 StabAbgG geregelt und orientiert sich gemäß Abs1 an der durchschnittlichen Bilanzsumme eines Kreditinstitutes, vermindert um Eigenkapital und Kapitalrücklagen sowie weitere in Abs2 bestimmte, auf der Passivseite ausgewiesene Bilanzpositionen. Dabei ist ausdrücklich auf den Einzelabschluss und nicht auf den konsolidierten Abschluss abzustellen. Maßgeblich ist hiebei die durchschnittliche Bilanzsumme aus den quartalsweise gemeldeten Vermögensausweisen nach §74 BWG und dem Jahresabschluss, wobei grundsätzlich auf Vergangenheitswerte abgestellt wird. Der Gesetzgeber verfolgt mit dieser Konstruktion das Ziel, eine möglichst praktikable und verlässliche Bemessungsgrundlage zu schaffen, die zugleich eine unmittelbare Anknüpfung an bereits bestehende Meldepflichten erlaubt und dadurch den Verwaltungsaufwand begrenzt. Die Verwendung bereits vorhandener Daten soll außerdem Gestaltungsmöglichkeiten reduzieren, die eine Umgehung der Stabilitätsabgabe erleichtern würden (vgl Erläut zur RV 981 BlgNR 24. GP, 108 [zur StF]).
Von der Bemessungsgrundlage nach §2 Abs2 StabAbgG sind neben den Verpflichtungen, die sich aus der Erfüllung von Liquiditätserfordernissen gemäß Teil 6 der VO (EU) 575/2013 ergeben (Z3a), folgende Positionen explizit ausgenommen: gedeckte Einlagen im Sinne des ESAEG ( Z1 ), gezeichnetes Kapital und Rücklagen ( Z2 ) sowie Verbindlichkeiten und Passivposten von Kreditinstituten, die sich in einem von der EU-Kommission genehmigten Abwicklungs- oder Restrukturierungsplan befinden und kein Neugeschäft tätigen dürfen ( Z4 ). Weiters abzuziehen sind Verbindlichkeiten, für die der Bund Haftungen nach dem Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 (BGBl 216/1981) oder dem Ausfuhrförderungsgesetz (BGBl 215/1981) übernommen hat ( Z5 ), Treuhandverbindlichkeiten, bei denen das Institut nur das Gestionsrisiko trägt ( Z6 ), sowie Verbindlichkeiten der Österreichischen Exportfonds GmbH ( Z7 ) und der Oesterreichischen Entwicklungsbank AG ( Z8 ), soweit sie der Refinanzierung bzw der Erfüllung gesetzlicher Aufgaben im Rahmen der Exportförderung dienen.
2.4. Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis VfSlg 19.598/2011 mit der Stabilitätsabgabe in ihrer Stammfassung BGBl I 111/2010 auseinandergesetzt und unter Bezugnahme auf VfSlg 10.001/1984 (zur Bankensonderabgabe, BGBl 553/1980) und die Materialien zur Stammfassung der Stabilitätsabgabe (RV 981 BlgNR 24. GP) festgehalten, dass für den Bankensektor "nach wie vor" ein spezifisches rechtliches Regime – vor allem in Form des BWG – gelte und sich dieser hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Bedeutung und Funktionen "markant" von anderen Sektoren der Volkswirtschaft unterscheide. Wörtlich hat der Verfassungsgerichtshof damals Folgendes ausgeführt (VfSlg 19.598/2011, S 1023 f.):
"Aufgabe [der Stabilitätsabgabe] ist es, einen Sektor der Volkswirtschaft zu belasten, von dem nach den jüngsten Erfahrungen qualifizierte Risken ausgehen (können) und für den bereits der Staat durch Intervention und den Einsatz öffentlicher Mittel einstehen musste, um auf diesem Wege finanzielle Mittel für den Staatshaushalt zu gewinnen, die einerseits der Abdeckung der Kosten bereits in die Wege geleiteter Maßnahmen und andererseits der Vorsorge für künftige Krisenfälle dienen sollen. Dass die Stabilitätsabgabe dafür untauglich wäre und dies nicht leisten kann, wird auch von der bf. Gesellschaft nicht behauptet.
Der VfGH kann auch nicht finden, dass das Anknüpfen an die (modifizierte) Bilanzsumme von vornherein unsachlich wäre. Es ist dies eine Bemessungsgrundlage, die die Geschäftstätigkeit einer Bank in geeigneter Weise abbildet und die auch in anderen Ländern als Bezugsgröße für einschlägige Bankenabgaben gewählt wurde bzw diskutiert wird […].
[…] Keinesfalls ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Bemessungsgrundlage 'Bilanzsumme' nach Risikogesichtspunkten aufzuschlüsseln und danach die Abgabenbelastung abzustufen. Ob die Bilanzsumme um die gesicherten Einlagen vermindert wird, steht daher im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (der hiebei etwa berücksichtigen darf, dass die Einlagensicherung gemäß §§93 und 93a BWG in erster Linie vom Sektor selbst zu gewährleisten ist). Wenn der Gesetzgeber auf eine entsprechende Ausnahme für Pfandbriefe verzichtet, ist ihm daher im Hinblick auf die genannten Erwägungen aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten (selbst wenn der von der Bundesregierung angestellte Vergleich mit den bekannt gewordenen 'asset backed securities' des US-amerikanischen Finanzmarktes unzutreffend sein sollte). Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich auch nicht gehindert, als Bemessungsgrundlage grundsätzlich die unkonsolidierte Bilanzsumme heranzuziehen, weil damit berücksichtigt wird, dass das einzelne Kreditinstitut, und nicht (bloß) die Institutsgruppe, von den staatlichen Maßnahmen profitiert bzw diese veranlasst hat. Dass andere Argumente für die Heranziehung der konsolidierten Bilanzsumme sprechen, ändert daran nichts."
2.5. Soweit zulässig, ist der Antrag jedoch nicht begründet.
2.5.1. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass der Gesetzgeber den Gleichheitsgrundsatz verletzte, wenn er keinen Abzug von der Bemessungsgrundlage für die von den Primärbanken bei ihrem Zentralinstitut zu haltende Liquiditätsreserve vorsieht:
Das antragstellende Gericht hegt Bedenken, dass das Heranziehen der Liquiditätsreserve sowohl auf Ebene der Primärbank als auch auf Ebene des Zentral-institutes systemwidrig sei und zu einer gleichheitswidrigen Doppelbesteuerung führe. Der Abzug der Liquiditätsreserve sei schon deshalb geboten, weil ein System des Abzugs risikoarmer Bilanzpositionen bestehe.
2.5.1.1. Diesen Bedenken des antragstellenden Gerichtes hält die Bundesregierung entgegen, dass der Katalog der Abzugspositionen in §2 Abs2 StabAbgG nur Positionen der Passivseite umfasse, Forderungen einer Primärbank gegenüber ihrem Zentralinstitut jedoch auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen würden. Eine Abzugsfähigkeit von Aktivpositionen könne zudem zu "Mehrfachverwertungen" führen, insoweit diese Aktivposten aus bereits begünstigten Passivposten finanziert würden.
2.5.1.2. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich durch die Bedenken des antragstellenden Gerichtes nicht veranlasst, von seiner Rechtsprechung abzugehen, wonach den Gesetzgeber keine Verpflichtung trifft, die Bemessungsgrundlage nach Risikogesichtspunkten aufzuschlüsseln und danach die Abgabenbelastung abzustufen (vgl VfSlg 19.598/2011 und oben Punkt 2.4.).
2.5.1.3. Der Gleichheitsgrundsatz gebietet dem Gesetzgeber, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er es verbietet, sachlich nicht begründbare Differenzierungen zwischen den Normadressaten zu schaffen (vgl VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005, 20.244/2018, 20.270/2018). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002).
2.5.1.4. Nach dem Zweck der Abgabe, Mittel zur Abdeckung von Kosten unter anderem zur Verbesserung der Finanzmarktstabilität zu gewinnen, steht es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob und in welchem Umfang die Bilanzsumme um bestimmte Beträge vermindert wird. Dem Gesetzgeber kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn er für andere als die in §2 Abs2 StabAbgG angeführten Positionen auf eine entsprechende Ausnahme verzichtet. Mit dem ins Treffen geführten Argument eines Systems der Abzugsfähigkeit wegen geringen Risikos verkennt das antragstellende Gericht, dass das besondere Belastungskonzept der Abgabe zu keiner gleichheitsrechtlichen Verpflichtung führt, die Abgabenbelastung nach Risikogesichtspunkten abzustufen.
2.5.2. Auch ist nicht zu ersehen, dass der Gleichheitsgrundsatz dem Gesetzgeber gebieten würde, wegen des Abzugspostens für gedeckte Einlagen (§2 Abs2 Z1 StabAbgG) einen Abzug für die Liquiditätsreserve vorzusehen:
2.5.2.1. Das antragstellende Gericht hegt das Bedenken, dass die Unzulässigkeit des Abzuges der Liquiditätsreserve zu einer sachwidrigen indirekten Besteuerung gedeckter Einlagen führe. Da die Liquiditätsreserve gemäß §27a BWG auch aus 10 % der Spareinlagen gebildet werde, würden durch die Einbeziehung der Liquiditätsreserve in die Bemessung der Stabilitätsabgabe auch Teile der eigentlich abzugsfähigen gedeckten Einlagen indirekt dieser Abgabe unterworfen.
2.5.2.2. Die Bundesregierung entgegnet in ihrer Stellungnahme diesem Bedenken, dass wesentliche Unterschiede zwischen Liquiditätsverbünden und der Einlagensicherung bestünden, zumal das Bestehen eines Liquiditätsverbundes letztlich auf der privatautonomen Entscheidung eines Kreditinstitutes beruhe. Auch die Finanzierung der Einlagensicherung unterscheide sich von der Haltung der Liquiditätsreserve. Ferner entstehe aus der Einlagensicherung im Sicherungsfall eine Leistungsverpflichtung gegenüber dem Einleger, während aus einem Liquiditätsverbund alleine keine besonderen Ansprüche der Einleger entstünden. Die vom antragstellenden Gericht angenommene doppelte Belastung der Liquiditätsreserven sei mit dem Ziel der Vermeidung einer "Doppelbelastung" gedeckter Einlagen nicht vergleichbar.
2.5.2.3. Entgegen der Auffassung des antragstellenden Gerichtes sind Liquiditätsreserven mit gedeckten Einlagen vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes nicht vergleichbar: Das System der Einlagensicherung dient dem Schutz der Funktion des Finanzmarktes sowie dem Gläubigerschutz (vgl Oppitzin Chini/Oppitz [Hrsg.], BWG 2, 2022, §93 Rz 1). Dieses wird durch das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (ESAEG) geregelt und sieht zwei Arten von Sicherungseinrichtungen vor: Einerseits die sogenannte Einheitliche Sicherungseinrichtung (§1 Abs2 ESAEG), die von der Wirtschaftskammer Österreich in Form einer Haftungsgesellschaft einzurichten ist, andererseits institutsbezogene Sicherungssysteme (§3 Abs1 Z2 ESAEG), die auf Antrag von der FMA anerkannt werden können, wenn sie den organisatorischen Anforderungen entsprechen. Grundsätzlich sind alle Kreditinstitute mit Sitz in Österreich, die Einlagen entgegennehmen, verpflichtet, einer Sicherungseinrichtung anzugehören (§8 ESAEG). Zur Finanzierung der Einlagensicherung hat jede Sicherungseinrichtung einen Einlagensicherungsfonds zu bilden. Die Zielausstattung dieses Fonds beträgt gemäß §18 Abs1 ESAEG mindestens 0,8 % der Summe der gedeckten Einlagen ihrer Mitgliedsinstitute. Die Finanzierung erfolgt über jährliche Beiträge der Mitgliedsinstitute (§21 ESAEG), solange die Zielausstattung nicht erreicht oder unterschritten wird.
Als gedeckte Einlagen gelten gemäß §7 Abs1 Z5 ESAEG erstattungsfähige Einlagen bis € 100.000,– je Einleger und Institut, inklusive aufgelaufener, aber noch nicht gutgeschriebener Zinsen. In bestimmten Fällen (zB private Immobilienverkäufe) gelten zeitlich befristet höhere Sicherungsgrenzen bis zu € 500.000,– (§12 ESAEG). Ein Sicherungsfall im Sinne des §9 ESAEG tritt unter anderem ein, wenn ein Mitgliedsinstitut nicht in der Lage ist, fällige Einlagen zurückzuzahlen, wenn eine behördliche Zahlungseinstellung verfügt oder wenn über das Institut der Konkurs eröffnet oder eine Geschäftsaufsicht angeordnet wird. In einem solchen Fall hat die zuständige Sicherungseinrichtung gemäß §13 Abs1 ESAEG binnen sieben Arbeitstagen jedem betroffenen Einleger einen Betrag in der Höhe seiner gedeckten Einlagen zu erstatten.
Auch wenn daher sowohl die Regelungen zur Einlagensicherung wie auch jene zum Liquiditätsverbund dem Ziel der Sicherung der Finanzmarktstabilität dienen, bestehen in deren Funktion und Wirkungsweise wesentliche Unterschiede: Während die Einlagensicherung Ansprüche der Anleger absichert, bedingt der Liquiditätsverbund lediglich die Einrichtung einer Risiko- und Solidargemeinschaft seiner Mitglieder. Eine solche vermag aber nicht zu bewirken, dass die einlegende Primärbank in Höhe der von ihr geleisteten Liquiditätsreserve versichert wäre. Die Mittel, die einer Liquiditätsreserve zugeführt werden, sind somit aber mit gedeckten Einlagen nicht vergleichbar. Eine Gleichbehandlung ist daher im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz nicht geboten.
Insofern ist auch nicht zu erkennen, dass der Ausschluss eines Abzuges der Liquiditätsreserve zu einer sachwidrigen Besteuerung gedeckter Einlagen führen würde, zumal – wie auch die Bundesregierung zutreffend ausführt – die Liquiditätsreserve nicht aus den gedeckten Einlagen selbst dotiert wird, sondern sich lediglich ihr Betrag nach der Höhe der Einlagen errechnet.
2.5.3. Entgegen der Auffassung des antragstellenden Gerichtes liegt auch keine Doppelbesteuerung nicht gedeckter Einlagen und keine Benachteiligung gegenüber Kreditinstituten, die keinem Zentralinstitut angeschlossen sind (Aktienbanken), vor:
2.5.3.1. Nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes sei die Besteuerung der Liquiditätsreserve auch deshalb gleichheitswidrig, weil die nicht gedeckten Einlagen im zweistufigen Sektor zunächst auf Ebene des Primärinstitutes besteuert würden und darüber hinaus auf Ebene des Zentralinstitutes ein weiteres Mal der Abgabe unterlägen. Weiters liege auch eine gleichheitswidrige Benachteiligung gegenüber Kreditinstituten vor, die keinem Zentralinstitut angeschlossen sind, da diese keine gesetzliche Pflicht zur Bildung einer Liquiditätsreserve treffe, sodass diese die Stabilitätsabgabe auf ungedeckte Einlagen nur einmal abführen müssten.
2.5.3.2. Die Bundesregierung entgegnet diesem Bedenken, dass Aktienbanken nicht zur Haltung einer Liquiditätsreserve verpflichtet seien und insoweit nicht mit Sektorbanken zu vergleichen seien:
Kreditinstitute, die nicht einem Liquiditätsverbund im Sinne des §27a BWG angehören (Aktienbanken), seien nicht zur Haltung einer Liquiditätsreserve verpflichtet, sodass Unterschiede im Tatsächlichen vorlägen. Auch der Verfassungsgerichtshof habe in VfSlg 13.471/1993 unter Verweis auf die privatautonome Entscheidungsmöglichkeit ausgesprochen, dass "im Hinblick auf die besonderen Gegebenheiten eines Verbundes ein wesentlicher Unterschied zwischen den darin zusammengeschlossenen und den außerhalb eines solchen agierenden Banken gelegen" sei und somit nicht Gleiches ungleich behandelt werde. Zudem liege es im (weiten) rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob und allenfalls in welchem Ausmaß er einen Abzug bestimmter Bilanzpositionen, wie etwa der Liquiditätsreserven von Sektorbanken, von der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe vorsehe.
2.5.3.3. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass der Ausschluss des Abzugs der Liquiditätsreserve zu einer unsachlichen Ungleichbehandlung zwischen Kreditinstituten, die einem Verbund angeschlossen sind, und Aktienbanken, die keinem Verbund angeschlossen sind, führte. Wie oben ausgeführt, ergibt sich aus dem Belastungskonzept der Abgabe kein gleichheitsrechtliches Gebot, nach dem risikomindernde Maßnahmen eine Minderung der Abgabenlast zur Folge haben müssten (vgl Punkt 2.2.). Insofern kann auch nicht aus dem Fehlen einer vergleichbaren Regelung für Aktienbanken auf die Unsachlichkeit der Regelung geschlossen werden.
2.5.4. Schließlich kann auch den Bedenken des antragstellenden Gerichtes, dieRegelung des §2 Abs2 Z3a StabAbgG führte zu einer unsachlichen Benachteiligung des zweistufigen Bankensektors gegenüber dem dreistufigen Sektor, nicht gefolgt werden:
2.5.4.1. Dazu führt das Bundesfinanzgericht aus, dass die Liquiditätsreserven der Landesbank und der Primärbanken vollständig voneinander getrennt seien. Das Verhältnis zwischen Landesbank und ihren Primärbanken sei mit jenem zwischen einem Zentralinstitut und seinen Primärbanken im zweistufigen Sektor vergleichbar. Es sei daher gleichheitswidrig, wenn die Landesbank im dreistufigen Sektor berechtigt sei, die Bilanzsumme zu kürzen, im zweistufigen Sektor dem Zentral-institut aber ein Abzug verwehrt werde.
2.5.4.2. Die Bundesregierung tritt diesem Bedenken mit dem Argument entgegen, dass die Liquiditätsreserve – nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Sektor (zwei- oder dreistufig) beim Primärinstitut nicht abzugsfähig sei. Es bestehe somit keine Ungleichbehandlung, zumal die Liquiditätsreserve des Primärinstitutes in allen Sektoren, auf die §27a BWG anwendbar ist, beim Primärinstitut und beim Zentral-institut besteuert werde. Die steuerliche Behandlung der Liquiditätsreserve einer Landesbank sei nicht mit derjenigen von Primärbanken oder Zentralinstituten zu vergleichen. Die Regelung des §2 Abs2 Z3a StabAbgG bezwecke, eine Dreifachbesteuerung im dreistufigen Bankensektor zu verhindern. Ohne diese Regelung würde die mittlere Stufe für die Liquiditätsreserve einer anderen Bank besteuert werden und wäre gleichzeitig mit der eigenen Liquiditätshaltungspflicht nach §27a BWG konfrontiert. Auch die Änderung durch BGBl I 118/2016, wonach die Liquiditätsreserven der Primärbanken in die Berechnungsgrundlage der Liquiditätsreserve der Landesbanken nicht mehr eingerechnet werden, verschlage nach Ansicht der Bundesregierung nichts.
2.5.4.3. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. November 2024, Ro 2024/13/0019, ausgeführt hat, vermindern nach dem klaren Wortlaut der Regelung jene Verpflichtungen die Bemessungsgrundlage, die aus der Erfüllung der Liquiditätserfordernisse entstanden sind. Aus der Erfüllung dieses Erfordernisses entsteht keine Verpflichtung des Kreditinstitutes, das die Liquiditätsreserve leistet, sondern eine Verpflichtung jenes Kreditinstitutes, an das die Liquiditätsreserve geleistet wurde. Hieraus ergibt sich, worauf die Bundesregierung zutreffend hinweist, dass für die Primärbanken weder im zweistufigen Sektor noch im dreistufigen Sektor ein Abzug der Liquiditätsreserve zulässig ist.
2.5.4.4. Die Gleichbehandlung der Primärbanken unterschiedlicher Sektoren ist nicht unsachlich:
Für das Zentralinstitut, an das die Liquiditätsreserve von den Primärbanken geleistet wird, sieht §2 Abs2 Z3a StabAbgG einen Abzug der Verpflichtung gegenüber der Primärbank dann und insoweit vor, als das Zentralinstitut über eine Forderung aus der Leistung einer Liquiditätsreserve gegenüber einem übergeordneten Zentralinstitut, somit gegenüber dem an der Spitze des dreistufigen Sektors stehenden Kreditinstitut, verfügt.
Damit berücksichtigt der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes spezifische Belastungseffekte, die in einem dreistufigen Sektor für das (mittlere) Zentralinstitut eintreten, das neben seiner Verpflichtung als Empfänger einer Liquiditätsreserve zugleich verpflichtet ist, eine solche zu leisten. Dieses Zentralinstitut erfährt nämlich nicht nur eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe aus den entgegengenommenen Liquiditätsreserven der Primärbanken, sondern würde auch hinsichtlich der geleisteten Liquiditätsreserve belastet, sähe der Gesetzgeber keinen Abzug iSd. §2 Abs2 Z3a StabAbgG vor. Dieser Abzug ist mit jenem Betrag begrenzt, den das Zentralinstitut an sein übergeordnetes Zentralinstitut zu leisten hat. Demgemäß findet der Abzug seine sachliche Begründung in der Belastung der Liquiditätsreserve auf Ebene des an der Spitze des Verbundes stehenden Zentralinstitutes.
Der Verfassungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, dass aus dieser spezifischen Konstellation des (mittleren) Zentralinstitutes in einem dreistufigen Sektor für die Kreditinstitute im zweistufigen Sektor ein gleichheitsrechtlicher Anspruch auf Abzug einer zu leistenden Liquiditätsreserve erwachsen würde. Die Regelung zielt auf die Eliminierung von Nachteilen, die im dreistufigen Sektor gesamthaft betrachtet resultieren, ohne dass hiedurch für den zweistufigen Sektor eine unsachliche Benachteiligung eintreten würde. Die mit BGBl I 118/2016 eingeführte Trennung der Liquiditätsreserven vermag an diesem Befund nichts zu ändern.
V. Ergebnis
1. Die vom Bundesfinanzgericht ob der Verfassungsmäßigkeit des §2 Abs2
StabAbgG, BGBl I 111/2010, idF BGBl I 117/2016
erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der erste Eventualantrag ist daher abzuweisen.
2. Im Übrigen ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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