Keine Gesetzwidrigkeit einer Verordnung der Marktgemeinde Hinterbrühl betreffend die Begrenzung der bebaubaren Fläche auf 300 m² für einen Bauplatz; kompetenzneutrale Beschränkung der baulichen Ausnutzung von Bauplätzen; kein Vorliegen einer gewerberechtlichen Bedarfsprüfung an Geschäftsbauten durch eine dem Schutz des Ortsbildes und der Verhinderung von Zersiedelung dienende raumordnungsrechtliche Flächenbeschränkung; kein Verstoß gegen die im Nö ROG festgelegte maximal zulässige Verkaufsfläche von bis zu 750 m² durch die Festlegung einer geringeren Bebaubarkeit; Regelung der Bebauungsdichte durch den Gemeinderat im Rahmen des raumplanungsrechtlichen Planungsermessens
I. Der Hauptantrag sowie die ersten drei Eventualanträge werden zurückgewiesen.
II. Der vierte Eventualantrag wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, der Verfassungsgerichtshof möge
"- die Wortfolge 'oder Versorgungs' in §3 Punkt 1.2.1. der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hinterbrühl, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23.12.2020 bis 07.01.2021, KU 04/2020, BBPL 2019-2, […];
- [i]n eventu […] die Wortfolge 'erforderliche' sowie 'im öffentlichen Interesse' in §3 Punkt 1.2.1. der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hinterbrühl, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23.12.2020 bis 07.01.2021, KU 04/2020, BBPL 2019-2, […];
- [i]n eventu […] die Wortfolge 'mit Einrichtungen der sozialen, technischen oder Versorgungsinfrastruktur' in §3 Punkt 1.2.1. der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hinterbrühl, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23.12.2020 bis 07.01.2021, KU 04/2020, BBPL 2019-2, […];
- [i]n eventu […] die Wortfolge 'sowie für erforderliche Zu-, Um- und Neubauten von Gebäuden im öffentlichen Interesse mit Einrichtungen der sozialen, technischen oder Versorgungsinfrastruktur' in §3 Punkt 1.2.1. der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hinterbrühl, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23.12.2020 bis 07.01.2021, KU 04/2020, BBPL 2019-2, […];
- [i]n eventu […] §3 Punkt 1.2.1. Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hinterbrühl, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23.12.2020 bis 07.01.2021, KU 04/2020, BBPL 2019-2, zur Gänze […]"
als gesetzwidrig aufheben.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014 (NÖ ROG 2014), LGBl 3/2015 idF LGBl 10/2024, lauten auszugsweise wie folgt:
"§18
Gebiete für Handelseinrichtungen
(1) In Zentrumszonen können die Widmungen Bauland-Kerngebiet und Bauland-Kerngebiet für nachhaltige Bebauung mit dem Zusatz 'Handelseinrichtungen' bezeichnet werden. In dieser Widmung bestehen für die Errichtung von Handelsbetrieben keine Beschränkungen hinsichtlich der Verkaufsfläche. Im Flächenwidmungsplan kann jedoch bei Bedarf, insbesondere aus Gründen der Verkehrsinfrastruktur, ein weiterer Zusatz zur Beschränkung der Verkaufsfläche angebracht werden. Die übrigen Nutzungsmöglichkeiten gemäß §16 Abs1 Z2 und 9 bleiben zulässig.
(2) Eine Verkaufsfläche für zentrumsrelevante Waren von Handelsbetrieben von bis zu 750 m² – ausgenommen in den Widmungen Bauland-Kerngebiet-Handelseinrichtungen und Bauland-Kerngebiet für nachhaltige Bebauung-Handelseinrichtungen – ist zulässig, wenn das Baugrundstück von seinen Grenzen bis zu einer Entfernung von maximal 500 m von mit Hauptgebäuden bebauten Baulandgrundstücken (inklusive allfälliger Grüngürtel und Straßen) umschlossen ist.
Liegt dies nicht vor, muss
- das Baugrundstück an zumindest drei Seiten an mit Hauptgebäuden bebaute Grundstücke im Wohnbauland oder Bauland-Sondergebiet mit Wohnnutzung überwiegend angrenzen, wobei allfällige Straßen außer Betracht bleiben. An einer Seite kann dabei das mit einem Hauptgebäude bebaute Nachbargrundstück im Wohnbauland oder Bauland-Sondergebiet mit Wohnnutzung durch eine überwiegend angrenzende innerörtliche Grünlandwidmung (z. B. Parks) ersetzt werden
oder
- das Baugrundstück mit einer Seite an ein mit einem Hauptgebäude bebautes Grundstück im Wohnbauland oder Bauland-Sondergebiet mit Wohnnutzung und mit allen weiteren Seiten an solche Grundstücke im Wohnbauland überwiegend angrenzen, welche sich entweder im Eigentum der Gemeinde befinden oder deren Bebauung innerhalb der nächsten 5 Jahre gerechnet ab Antragstellung für die Baubewilligung des Handelsbetriebes rechtlich gesichert ist (durch Maßnahmen der Vertragsraumordnung oder sonstige individuelle Vereinbarungen), wobei allfällige Straßen außer Betracht bleiben.
Eine Verkaufsfläche für zentrumsrelevante Waren von Handelsbetrieben im Bauland-Betriebsgebiet oder Bauland-Verkehrsbeschränktes Betriebsgebiet von bis zu 750 m² ist zulässig, wenn das Betriebsgebiet oder das Verkehrsbeschränkte Betriebsgebiet von Wohnbauland oder anderen mit Wohngebäuden bebauten Grundstücken (inklusive allfälliger Grüngürtel und Straßen) umschlossen ist oder das Baugrundstück an ein mit einem Hauptgebäude bebautes Grundstück im Wohnbauland oder Bauland-Sondergebiet mit Wohnnutzung und an zwei weiteren Seiten an mit Hauptgebäuden bebaute Grundstücke überwiegend angrenzt, wobei allfällige Straßen und Grüngürtel außer Betracht bleiben. Dies gilt nicht für Bauvorhaben im Betriebsgebiet, für die am 7. Juli 2016 bereits ein baubehördliches Verfahren anhängig war.
(3) Außerhalb der in Abs2 bezeichneten Bereiche darf die Verkaufsfläche für zen-trumsrelevante Waren 80 m² nicht übersteigen.
(4) – (7) […].
[…]
§30
Inhalt des Bebauungsplans
(1) Im Bebauungsplan sind für das Bauland festzulegen:
1. die Straßenfluchtlinien,
2. die Bebauungsweise und
3. die Bebauungshöhe oder die höchstzulässige Gebäudehöhe.
Weiters ist entlang des Baulandes das Straßenniveau in der Straßenfluchtlinie von neuen Verkehrsflächen festzulegen. Bei Grundstücken, deren gesamte Bebauung unter Denkmalschutz steht, genügt die Festlegung der Straßenfluchtlinie.
(2) Im Bebauungsplan dürfen neben den in Abs1 vorgesehenen Regelungen für das Bauland festgelegt werden:
1. Schutzzonen für einen baukünstlerisch oder historisch erhaltungswürdigen Baubestand,
2. sonstige erhaltungswürdige Altortgebiete,
3. die harmonische Gestaltung (§56 NÖ BO 2014, LGBl Nr 1/2015) der Bauwerke in Ortsbereichen,
4. Baufluchtlinien,
5. Mindestmaße und/oder Höchstmaße von Bauplätzen,
6. Bebauungsdichte oder höchstzulässige Geschoßflächenzahl (§4 Z17 NÖ BO 2014, LGBl Nr 1/2015),
7. Freiflächen und deren Ausgestaltung,
8. Anbaupflicht an Straßen- oder Baufluchtlinien sowie an Grundstücksgrenzen,
9. Straßenfluchtlinien, an denen Ein- und Ausfahrten aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zugelassen oder an besondere Vorkehrungen gebunden werden,
10. die Lage und das Ausmaß von privaten Abstellanlagen, eine von §63 Abs1 NÖ BO 2014, LGBl Nr 1/2015 in der geltenden Fassung, abweichende Anzahl von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge, eine Regelung der Anzahl und Breite der Ein- und Ausfahrten im Wohnbauland gemäß §63 Abs2 NÖ Bauordnung 2014, LGBl Nr 1/2015 in der geltenden Fassung, sowie eine Abweichung von der nach §65 Abs1 NÖ BO 2014, LGBl Nr 1/2015 in der geltenden Fassung, festgelegten Anzahl von Fahrrad-Stellplätzen,
11. das Verbot der Errichtung von Tankstellen und Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge in Schutzzonen und erhaltungswürdigen Altortgebieten, sowie der regelmäßigen Verwendung von Grundstücken oder Grundstücksteilen als Stellplätze für Fahrzeuge und Anhänger,
12. die Anordnung und Ausgestaltung von Fußgängerzonen und dazugehörigen Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge,
13. die Gestaltung der Einfriedung von Grundstücken gegen öffentliche Verkehrsflächen oder Parks, die Verpflichtung zum Bau solcher Einfriedungen oder deren Verbot, die Festlegung einer Mindestgeschoßhöhe für das Erdgeschoß und das Verbot eines unterirdischen Geschoßes (§4 Z16 NÖ BO 2014, LGBl Nr 1/2015 in der geltenden Fassung),
14. das Gebot der Herstellung von Arkaden für Durchgänge oder von Durchfahrten, wenn dies zur Ortsbildgestaltung erforderlich ist,
15. die Anordnung und Gestaltung oder das Verbot von Nebengebäuden und von Anlagen, deren Verwendung der von Gebäuden gleicht,
16. die Anordnung und Gestaltung oder das Verbot von Werbeanlagen,
17. das Bezugsniveau gemäß §4 Z11a der NÖ Bauordnung 2014, LGBl Nr 1/2015 in der geltenden Fassung, ein Gebot zur verpflichtenden Herstellung des Bezugsniveaus, die Beschränkung oder das Verbot der Veränderung der Höhenlage des Geländes,
18. eine verpflichtend herzustellende Struktur und Ausführung der Baukörper in bestimmten Bereichen zur Abhaltung des Schalles von angrenzenden Gebieten oder eine bestimmte schallschutztechnische Ausführung der Gebäudefassaden; ebenso Maßnahmen zur Verminderung der Schallreflexion von Fassaden und sonstigen Bauteilen,
19. Zonen, in denen eine Versickerung von Niederschlagswässern von versiegelten Flächen oder Dachflächen in einem anzugebenden Ausmaß eingeschränkt oder untersagt wird,
20. Zonen, in denen die Ableitung von Niederschlagswässern von versiegelten Flächen oder Dachflächen in einem dafür vorgesehenen Kanal oder in einem Vorfluter untersagt oder in einem anzugebenden Ausmaß eingeschränkt wird,
21. Maßnahmen zur Sicherung von Altlasten oder Verdachtsflächen, welche sowohl vor als auch im Zuge der späteren Bebauung des Grundstückes durchzuführen sind,
22. Begrünung von Gebäudeflachdächern oder alternativ von Fassadenflächen sowie von betrieblichen und privaten Abstellanlagen in einem bestimmten Ausmaß und Erhaltung all dieser Begrünungsmaßnahmen,
23. Zonen, in denen die Sammlung von Niederschlagswässern in einem bestimmten Ausmaß in dafür geeigneten Behältern (Zisternen) zu erfolgen hat,
24. Grundflächen in bestimmten Teilen oder in einem bestimmten prozentuellen Ausmaß inklusive deren Oberflächenbeschaffenheit, die für die Versickerung von Niederschlagswasser vorzusehen sind,
25. eine verpflichtend herzustellende Ausführung der Baukörper in bestimmten Bereichen zur Begrenzung des Schadensausmaßes in naturgefährdeten Bereichen; ebenso Maßnahmen zur Oberflächengestaltung im Hinblick auf eine möglichst schadlose Abfuhr von Niederschlagswasser sowie von Wildbach- oder Hochwasserereignissen.
(3) Der Bebauungsplan darf die in den Absätzen 1 und 2 angeführten Regelungen, soweit dies zur Erreichung der Zielsetzung des örtlichen Raumordnungsprogrammes erforderlich ist, auch für das Grünland und für Bauwerke auf Verkehrsflächen treffen. Auch die Ausgestaltung der bestehenden und der geplanten Verkehrsflächen darf im Bebauungsplan geregelt werden.
(4) Im Bebauungsplan sind kenntlich zu machen:
- die Widmungsarten laut Flächenwidmungsplan,
- die von rechtswirksamen überörtlichen Planungen erfassten und die nutzungsbeschränkten Flächen,
- die Aufschließungszonen und Vorbehaltsflächen,
- die Lage zentraler Anlagen bestehender öffentlicher Einrichtungen zur Versorgung oder Entsorgung im Bauland (Hochbehälter, Kläranlage, Umspannanlage, Müllbeseitigungsanlage, Deponie und dgl.),
- Grundstücksgrenzen und -nummern nach dem Stand der Katastralmappe sowie
- der Baubestand mit einer für den Bebauungsplan ausreichenden Genauigkeit. Das Niveau bestehender Verkehrsflächen darf kenntlich gemacht werden."
2. §3 der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hinterbrühl, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23. Dezember 2020 bis 7. Jänner 2021, KU 04/2020, BBPL 2019-2, lautete auszugsweise wie folgt (die mit dem vierten Eventualantrag angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):
"§3
[…]
1.2. Maximal- und Minimalausmaße sowie Anordnung von Bauwerken (ausgenommen der Bereich, der im Bebauungsplan als BW kennzeichnet ist)
1.2.1. Die bebaute Fläche darf höchstens 300 m2 je Bauplatz betragen, ausgenommen Gebäude, die in Schutzzonen liegen und für Gebäude, die landwirtschaftlichen Betriebszwecken dienen sowie für erforderliche Zu-, Um- und Neubauten von Gebäuden im öffentlichen Interesse mit Einrichtungen der sozialen, technischen oder Versorgungsinfrastruktur.
[…]"
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Eine Aktiengesellschaft (im Folgenden: Bauwerberin) beantragte am 4. April 2023 bei der Bezirkshauptmannschaft Mödling die Erteilung einer Bewilligung für die Errichtung (Neubau) eines Lebensmittelmarktes mit einer Gesamtnutzfläche von 1.098 m 2 auf den Grundstücken Nr 238/1 und 239/23, beide EZ1581, KG 16113 Hinterbrühl. Das Grundstück Nr 238/1 ist als Bauland Wohngebiet mit drei Wohneinheiten gewidmet. Das Grundstück Nr 239/23 weist eine geteilte Widmung auf: Ein Teil ist als Bauland Wohngebiet mit drei Wohneinheiten gewidmet, der andere Teil als Grünfläche Parkanlage.
1.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 14. Juni 2023 wurde dieser Antrag abgewiesen, weil ihm §3 Punkt 1.2.1. der Bebauungsvorschriften der angefochtenen Verordnung entgegenstehe. Die Bauwerberin habe bereits 2021 einen Antrag auf Erteilung einer entsprechenden Baubewilligung gestellt, der ebenfalls abgewiesen worden sei. Bereits im damaligen Verfahren sei ausgeführt worden, dass kein öffentliches Interesse an der Errichtung eines Lebensmittelmarktes bestehe, zumal sich bereits zwei ähnliche Supermärkte in der Marktgemeinde Hinterbrühl befänden und der eher dünn besiedelte Standort ungeeignet sei. Diese Umstände hätten sich nicht geändert.
Im gegenständlichen Verfahren traf die belangte Behörde zudem die Feststellungen, dass die projektierte Fläche weder in einer Schutzzone gelegen sei noch einen landwirtschaftlichen Betrieb bilde. Dem Bebauungsplan zufolge sei eine entsprechende Bebauung im Ausmaß von mehr als 300 m 2 daher lediglich für erforderliche Zu-, Um- und Neubauten von Gebäuden möglich, deren Errichtung im öffentlichen Interesse gelegen sei und der Versorgungsinfrastruktur diene.
1.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Bauwerberin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und brachte vor, dass §3 Punkt 1.2.1. der angefochtenen Verordnung keine gesetzliche Grundlage habe. Der Verordnungsgeber sei nämlich nach §30 Abs2 NÖ ROG 2014 nicht ermächtigt, eine Baubewilligung von einem öffentlichen Interesse abhängig zu machen. Der Begriff des "öffentlichen Interesses" in der angefochtenen Verordnung sei verfassungskonform zu interpretieren. Weder in den Bebauungsvorschriften der Marktgemeinde Hinterbrühl noch in deren Erläuterungen fänden sich Kriterien, nach welchen die Interessenabwägung vorzunehmen sei. Der geplante Lebensmittelmarkt sei bereits deshalb im öffentlichen Interesse gelegen, weil auf Grund der auf dem Bauwerk zur Errichtung vorgesehenen Photovoltaikanlage samt Energiespeicher die Stromversorgung für die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung auch im Falle eines "Blackouts" sichergestellt werden könnte. Die Voraussetzungen für eine Verkaufsfläche für zentrumsrelevante Waren seien zudem abschließend in §18 Abs2 NÖ ROG 2014 festgelegt.
1.4. Aus Anlass dieser Beschwerde stellte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich beim Verfassungsgerichtshof den vorliegenden Antrag.
2. Die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, legt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wie folgt dar:
§3 Punkt 1.2.1. der Verordnung lege ein Höchstmaß von zu bebauenden Flächen sowie Ausnahmen hiefür fest. Demnach sei eine bebaute Fläche von maximal 300 m 2 zulässig, ausgenommen es handle sich um einen erforderlichen Zu-, Um- und Neubau eines Gebäudes, dessen Errichtung im öffentlichen Interesse gelegen sei und der Versorgungsinfrastruktur diene. Lebensmittelmärkte gehörten zur Versorgungsinfrastruktur.
Diese Bestimmung stehe in Widerspruch zu §18 NÖ ROG 2014, mit der der Gesetzgeber die raumordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen für Handelseinrichtungen geschaffen habe. Demnach sei festgelegt, dass Handelsbetriebe, deren Standort als Bauland-Kerngebiet mit dem Zusatz "Handelseinrichtungen" gewidmet sei, keinen Beschränkungen der Verkaufs- oder Bruttogeschossfläche unterliegen, wobei dieser Zusatz nur in Zentrumszonen zulässig sei. In anderen geschlossenen, bebauten Ortsgebieten sei gemäß §18 Abs2 NÖ ROG 2014 die Verkaufsfläche für zentrumsrelevante Waren von Handelsbetrieben mit 750 m 2 begrenzt. Von diesen Fällen abgesehen dürfe die Verkaufsfläche für zentrumsrelevante Waren dagegen 80 m 2 nicht übersteigen.
§30 NÖ ROG 2014 sehe zwar die Möglichkeit vor, die Bebauungsdichte zu begrenzen; dies müsse aber durch Angabe einer "konkreten Bebauungsdichte" erfolgen. Der Verordnungsgeber sei somit nach §30 NÖ ROG 2014 weder befugt, pauschale Höchstmaße der zu bebauenden Flächen festzulegen, noch dazu, Erforderlichkeitsprüfungen sowie Interessenabwägungen vorzusehen. Darüber hinaus sei §3 Punkt 1.2.1. der Verordnung nicht hinreichend bestimmt.
Weiters sei fraglich, ob §3 Punkt 1.2.1. eine gewerberechtliche Bedarfsprüfungsregelung immanent sei. Der Verordnungsgeber habe "materiell eine gewerberechtliche Zulassungsregel" geschaffen, wofür jedoch kompetenzrechtlich wegen des Kompetenztatbestandes "Angelegenheiten des Gewerbes" nach §10 Abs1 Z8 B VG der Bund zuständig sei.
3. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:
Bereits der erste Bebauungsplan der Marktgemeinde Hinterbrühl aus dem Jahr 1988 habe in Punkt 1.3.1 für bestimmte Grundstücke festgelegt, dass Hauptgebäude einschließlich angebauter Nebengebäude eine bebaute Fläche von höchstens 300 m² aufweisen dürften. Ausnahmen von dieser Bestimmung seien im Bauland Sondergebiet, im Bauland Agrargebiet und im erhaltungswürdigen Altortgebiet möglich gewesen, wenn das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigt worden wäre. Im Zuge späterer Änderungen seien lediglich die Ausnahmemöglichkeiten geändert worden. Eine umfassendere Änderung habe die Bestimmung durch die Verordnung vom 30. September 2024 dahingehend erfahren, dass Punkt 1.2.1. nun wie folgt lautet:
"Die bebaute Fläche darf höchstens 300 m² je Bauplatz betragen, ausgenommen Gebäude im Bauland Sondergebiet und Gebäude, die landwirtschaftlichen Betriebszwecken dienen, sowie für erforderliche Zu-, Um- und Neubauten von Gebäuden im öffentlichen Interesse mit Einrichtungen der sozialen, technischen oder Versorgungsinfrastruktur.
Als Gebäude im öffentlichen Interesse gelten nur solche im Eigentum einer Gebietskörperschaft oder einer von einer Gebietskörperschaft beherrschten Gesellschaft. Weiters gilt die Beschränkung der bebauten Fläche nicht für folgende Grundstücke, die im Hinblick auf die strukturelle Entwicklung besondere Eignungen für großvolumige Bauvorhaben aufweisen: […]."
Die verordnungserlassende Behörde führt unter Hinweis auf die Erläuterungsberichte und Sitzungsprotokolle des Gemeinderates weiters aus, dass die angefochtene Bestimmung – ebenso wie viele andere, die ihre Grundlage im Bebauungsplan aus dem Jahr 1988 hätten – in Zusammenhang mit dem unmittelbar davor erlassenen Raumordnungsprogramm zu sehen und auf den besonderen Wunsch der Gemeinde zurückzuführen sei, eine "Verstädterung" hintanzuhalten. Zu diesem Zweck seien im Bebauungsplan etwa eine Mindestgröße von Bauplätzen und eine "eher geringe Bebauungsdichte" festgelegt worden, um den "Trend zur Zersiedelung und zu großer Verdichtung" einzudämmen. Die Ausnutzbarkeit der Bauplätze solle damit verringert werden. Es ergebe sich, dass sich mehrgeschossige Wohnbauten nicht in die "historisch gewachsene Struktur und in die Einfamilienhausbebauung" (sohin das Ortsbild) einordnen würden und daher nicht als "Kriterium" für neue Bebauungsbestimmungen herangezogen werden sollten. Die Festlegung einer von der Grundstücksgröße unabhängigen Begrenzung der bebauten Fläche stünde in engem Zusammenhang mit diesen Planungszielen. Im Rahmen der Beratungen im Gemeinderat sei der Aspekt der Sicherung des landschaftlichen Charakters und des Ortsbildes besonders hervorgehoben worden.
Die Zulassung von Ausnahmen vom generellen Verbot für das erhaltungswürdige Altortgebiet habe dieses Ziel nicht konterkariert. Bauvorhaben an solchen Standorten seien vielmehr einer strengen Einzelfallbeurteilung zu unterziehen. Großvolumige Bauvorhaben an peripheren Standorten würden im Vergleich "heikler" erscheinen, weil sie Auswirkungen auf das Landschaftsbild sowie Rückwirkungen auf innerörtliche Bereiche haben könnten. Der Gemeinderat habe mit dieser Bestimmung von dem weiten Planungsermessen Gebrauch gemacht, das ihm bei der erstmaligen Erlassung des Bebauungsplans zukomme (VfSlg 14.375/1995). Die Regelung sei – mangels Einwendungen – offenkundig auch von den Planbetroffenen akzeptiert worden.
§18 NÖ ROG 2014 diene dem Ziel, dem Entstehen neuer Handelsagglomerationen "auf der grünen Wiese" entgegenzuwirken (VfGH 14.3.2012, B1419/11). Aus dieser Vorschrift resultiere jedoch kein Anspruch, Baukörper jedenfalls in einem Ausmaß zu errichten, mit dem – unabhängig von Beschränkungen des Bebauungsplans, die anderen raumplanerischen Zielen dienten – die in §18 NÖ ROG 2014 festgelegte zulässige Verkaufsfläche ausgeschöpft werde. Die Argumentation des Landesverwaltungsgerichtes münde letzten Endes darin, dass auf Grundstücken im Bauland, die für die Ansiedlung von Handelsbetrieben geeignet sind, jegliche Beschränkung der Kubatur von Baukörpern durch den Bebauungsplan (zB durch die Festlegung der Bebauungsdichte, von Baufluchtlinien und von Freiflächen) gesetzwidrig wäre, wenn sie der Ausschöpfung der gemäß §18 NÖ ROG 2014 zulässigen Verkaufsfläche entgegenstünde. Dies würde die Verordnungsermächtigung des §30 NÖ ROG 2014 weitgehend verdrängen. Es stehe dem Verordnungsgeber vielmehr frei, im Rahmen seines vom Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraumes auch solche Regelungen zu erlassen, die Reflexwirkung dahingehend äußern, dass eine auf Grund des Flächenwidmungsplans grundsätzlich zulässige Bebauung nicht umsetzbar ist.
Dem behaupteten Widerspruch zu §30 NÖ ROG 2014 hält die verordnungserlassende Behörde entgegen, dass der Begriff "Verhältnis" in §30 Abs2 Z6 leg. cit. nicht zwingend im Sinne eines Prozentsatzes zu verstehen und es folglich nicht unzulässig sei, einen bestimmten Anteil der Gesamtfläche eines Grundstückes bzw eines Baulandteiles festzulegen, diesen aber mit einer Deckelung zu versehen. Darüber hinaus greife die Heranziehung lediglich von §30 Abs2 Z6 NÖ ROG 2014 zu kurz, zumal etwa §56 NÖ BO 2014 die Verordnungsermächtigung für Regelungen über die harmonische Gestaltung der Bauwerke in Ortsbereichen umfasse. Ein großes Gebäudevolumen könne sich – unabhängig von der Größe des Grundstückes, auf dem dieses errichtet wird – massiv auf das Ortsbild auswirken. Bei der Festlegung der Größe von Baukörpern handle es sich um ein wesentliches Element der Beurteilung der Auswirkungen eines Bauwerks auf das Ortsbild. Die Normierung einer Obergrenze für die bebaute Fläche sei demnach sehr wohl von der Verordnungsermächtigung – und zwar jedenfalls von §30 Abs2 Z3 NÖ ROG 2014 – gedeckt. Bei der angefochtenen Bestimmung handle es sich auch nicht um eine Bedarfsdeckungsregelung, sondern vielmehr um eine Regelung, die die Neuerrichtung einer größeren Anzahl an großvolumigen Gebäuden hintanhalten möchte und somit dem Ortsbildschutz im Sinne des §30 Abs1 Z3 NÖ ROG 2014 diene. Anders als in dem der angeführten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (24.11.2016, V39/2016) zugrunde liegenden Fall bestehe eine gesetzliche Grundlage, die die zulässigen Anordnungen zum Schutz des Ortsbildes nicht taxativ aufzähle.
Im Hinblick auf das behauptete Fehlen der Bestimmtheit der angefochtenen Bestimmung führt die verordnungserlassende Behörde aus, dass die Regelung, wonach Ausnahmen nur für Zu-, Um- und Neubauten gewährt werden sollen, die für näher bezeichnete öffentliche Interessen erforderlich seien, auf ein Kriterium abstelle, das sich in zahlreichen bau- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften finde und die Vollziehung im Einzelfall sehr wohl ausreichend determiniere. Dabei sei etwa zu denken an die "erforderlichen Ver- und Entsorgungsleitungen" (§11 Abs3 zweiter Spiegelstrich NÖ BO 2014), die Abweichung von Abstandsvorschriften, die in Schutzzonen oder erhaltungswürdigen Altortgebieten zu gewähren ist, wenn dies "zur Wahrung des Charakters der Bebauung erforderlich" ist (§50 Abs2 NÖ BO 2014), die "für den Verwendungszweck erforderliche Verkehrserschließung" (§55 Abs2 NÖ BO 2014) oder die Erforderlichkeit von Bauwerken für eine Grünlandnutzung (§20 Abs4 NÖ ROG 2014).
Schließlich hält die verordnungserlassende Behörde der behaupteten Kompetenzüberschreitung entgegen, dass die in VfSlg 12.284/1990 aufgehobene Regelung nicht mit der nunmehr angefochtenen vergleichbar sei. Es könne keine Rede davon sein, dass durch die Bebauungsvorschriften Kriterien festgelegt würden, die "mit dem gewerblichen Lokalbedarf vollkommen identisch" seien. Eine Bedachtnahme auf den Lokalbedarf im Rahmen des Raumordnungsrechts sei hingegen nach der Judikatur nicht zu beanstanden, wenn dies nicht der einzige Grund für eine Regelung (im Anlassfall: die Festlegung einer Widmung) sei (VfSlg 15.916/2000).
4. Die Niederösterreichische Landesregierung hat von der Erstattung einer Äußerung abgesehen.
5. Die Partei des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des antragstellenden Gerichtes anschließt.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag im Sinn des Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
1.2.1. Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).
Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).
Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).
1.2.2. Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag solche untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (siehe VfSlg 18.298/2007, 18.486/2008; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrages).
1.3. Die belangte Behörde (vor dem Verwaltungsgericht) hat die Abweisung des Antrags vom 4. April 2023 ausdrücklich damit begründet, dass dieser mit der angefochtenen Bestimmung in Widerspruch stehe; sie ist daher präjudiziell.
1.4. Mit seinem Hauptantrag sowie den ersten drei Eventualanträgen begehrt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Aufhebung näher bezeichneter Wort- und Zeichenfolgen des §3 Punkt 1.2.1. der Verordnung. Es begehrt mit diesen die Aufhebung jener Tatbestände, die eine Ausnahme von der Regel vorsehen, dass das Höchstmaß der zu bebauenden Fläche 300 m 2 je Bauplatz beträgt. Da das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hier jedoch das festgelegte Höchstmaß ("höchstens 300 m 2 ") bzw den ersten Halbsatz der Bestimmung ("Die bebaute Fläche darf höchstens 300 m 2 je Bauplatz betragen") unangefochten lässt, erweisen sich diese Anträge vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig: Im Falle der Aufhebung der angefochtenen Teile verbliebe die Festlegung eines Höchstmaßes von 300 m 2 , sodass die vom Landesverwaltungsgericht angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung nicht beseitigt würde.
1.5. Mit dem vierten Eventualantrag, mit dem die Aufhebung des §3 Punkt 1.2.1. der Verordnung zur Gänze begehrt wird, würde hingegen die behauptete Gesetzwidrigkeit beseitigt.
1.6. Da im Hinblick auf diesen vierten Eventualantrag auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist er sich als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den im Antrag dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2.2. Soweit zulässig, ist der Antrag jedoch nicht begründet.
2.2.1. Zur behaupteten Kompetenzwidrigkeit
2.2.1.1. Das Landesverwaltungsgericht geht davon aus, dass der Gemeinderat mit der angefochtenen Bestimmung eine gewerberechtliche Bedarfsprüfungsregelung geschaffen und damit seine Kompetenz überschritten habe. Dies trifft jedoch nicht zu:
2.2.1.2. Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits mehrfach mit der Frage der kompetenzrechtlichen Zuordnung von Standortregelungen etwa für Lebensmittelmärkte auseinandergesetzt, wobei eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art10 Abs1 Z8 B VG (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie) oder der Länder nach Art15 B VG (in Form der "Raumordnung") in Frage kommt. Dabei hat er wiederholt ausgesprochen, dass Vorschriften, die eine Bedarfsprüfung bzw eine Prüfung der Wettbewerbsverhältnisse im Sinn des Gewerberechts, bevor ein neuer Betrieb entstehen darf, zum Inhalt haben, verfassungswidrig sind, weil die Erlassung solcher Vorschriften nach Art10 Abs1 Z8 B VG in die ausschließliche Kompetenz des Bundesgesetzgebers fällt. Eine solche Kompetenzwidrigkeit nahm der Verfassungsgerichtshof bisher in Fällen an, in denen der Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung ausschließlicher Zulassungsmaßstab einer Errichtung von "Geschäftsbauten" war, mit anderen Worten ein Zulassungssystem für derartige Gebäude nach alleiniger Maßgabe des gewerberechtlichen Lokalbedarfs geschaffen wurde.
2.2.1.3. Vor diesem Hintergrund hob der Verfassungsgerichtshof bisher gegen Art10 Abs1 Z8 B VG verstoßende Raumplanungsvorschriften über Einkaufszentren der Bundesländer Niederösterreich (VfSlg 12.284/1990), Oberösterreich (VfSlg 9543/1982), Steiermark (VfSlg 10.483/1985) und Vorarlberg (VfSlg 11.393/1987) als verfassungswidrig auf. Die sich mit Einkaufszentren befassenden Bestimmungen der Bundesländer Tirol (VfGH 2.3.1988, B816/1986), Kärnten (VfGH 1.10.1988, B684/1987) und Steiermark (in seiner nach dem aufhebenden Erkenntnis VfSlg 10.483/1985 novellierten Fassung – VfSlg 12.068/1989) erachtete er hingegen als verfassungsrechtlich unbedenklich.
2.2.1.4. Der Inhalt der angefochtenen Bestimmung besteht nicht darin, von vornherein die Errichtung eines Handelsbetriebes zu verhindern, sondern das Ausmaß der bebaubaren Fläche mit maximal 300 m 2 je Bauplatz zu beschränken. Ausnahmen von dieser Grundregel bestehen nur für Gebäude, die in Schutzzonen liegen, landwirtschaftlichen Betriebszwecken dienen oder solchen "im öffentlichen Inter-esse mit Einrichtungen der sozialen, technischen oder Versorgungsinfrastruktur". Dies geht auf das Jahr 1988 zurück und gibt in Zusammenschau mit dem seinerzeitigen örtlichen Raumordnungsprogramm Aufschluss über die Intention ihrer Schaffung (vgl Erläuterungsbericht zum Bebauungsplan der Marktgemeinde Hinterbrühl vom 26.2.1988). Diese bestand im Sinne der Äußerung des Gemeinderates nachvollziehbar darin, dem Trend der Zersiedelung und einer zu großen Verdichtung bzw einer Verstädterung entgegenzuwirken, wobei besonderes Augenmerk auf die Erhaltung des von Wienerwaldhügeln geprägten Landschaftsbildes und auf den Ortsbildschutz, geprägt von großbürgerlichen Häusern aus der Zeit zwischen 1880 und 1918, Einfamilienhäusern und großen Gärten gelegt wurde.
2.2.1.5. Im Gegensatz zu den in VfSlg 9543/1982, 10.483/1985, 11.393/1987 und 12.284/1990 als verfassungswidrig erachteten Bestimmungen ist die angefochtene Vorschrift nicht primär von Gesichtspunkten der Bedarfsdeckung getragen, und zwar weder als deren ausschließliche Intention noch als ein wesentliches von mehreren gleichrangigen Zielen. Vielmehr lässt sich der nachvollziehbaren Äußerung der verordnungserlassenden Behörde und der Historie der Vorschrift entnehmen, dass sie in erster Linie von Ortsbild- und Landschaftsbildschutzerwägungen getragen ist (vgl erneut VfSlg 9543/1982, 10.483/1985, 11.393/1987, 12.284/1990). Da sich der Verordnungsgeber hiebei einer Regelung bedient hat, die die bauliche Ausnutzbarkeit von Bauplätzen in kompetenzneutraler Weise beschränkt, teilt der Verfassungsgerichtshof die vom antragstellenden Gericht erhobenen Bedenken nicht (vgl erneut etwa VfSlg 12.068/1989). Es kann insbesondere nicht erkannt werden, dass sich der Verordnungsgeber anstatt auf raumordnungsrechtliche Ziele allein auf Überlegungen gewerberechtlicher Art gestützt hätte (anders in VfSlg 17.057/2003).
Bedenken, die sich gegen die konkrete Anwendung der angefochtenen Bestimmung in einem Baubewilligungsverfahren richten und deren Auslegung im Einzelfall betreffen, sind hingegen kein tauglicher Gegenstand eines Antrags gemäß Art139 Abs1 Z1 B VG.
2.2.2. Zum behaupteten Widerspruch zu §18 NÖ ROG 2014
2.2.2.1. Sofern das Landesverwaltungsgericht der Sache nach vorbringt, dass der Landesgesetzgeber die Höhe der maximal zulässigen Verkaufsfläche abschließend geregelt und der Verordnungsgeber in Widerspruch dazu eine geringere maximal zulässige Höhe festgelegt habe, ist dem Folgendes entgegenzuhalten:
2.2.2.2. §18 NÖ ROG 2014 liegt der raumplanerische Gesichtspunkt einer "planmäßige[n] und vorausschauende[n] Gesamtgestaltung eines Gebietes" zugrunde (vgl VfSlg 2674/1954), der auch jene Bestimmungen rechtfertigt, die dem Entstehen neuer Handelsagglomerationen "auf der grünen Wiese" entgegenwirken. Dabei regelt §18 NÖ ROG 2014 das Ausmaß der zulässigen Verkaufsfläche von Handelseinrichtungen in einem dreifach abgestuften System, das im konkreten Fall nach dessen Abs2 die Errichtung von Handelsgebieten mit einer Verkaufsfläche für zentrumsrelevante Waren "von bis zu 750 m 2 " sowie Ausnahmen hiezu festlegt. Daraus resultiert aber kein Gebot, dass der Gemeinderat im Rahmen der Raumplanung eine Ausgestaltung der Grundstücke vorsehen müsste, die eine Ausschöpfung der maximal zulässigen Verkaufsfläche iSd §18 NÖ ROG 2014 gewährleistet. Der Gemeinde kommt vielmehr auch in diesem Zusammenhang Planungsermessen zu. Ein Verstoß der angefochtenen Bestimmung gegen §18 NÖ ROG 2014 kann daher vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles nicht erkannt werden.
2.2.3. Zum behaupteten Widerspruch zu §30 NÖ ROG 2014
2.2.3.1. Das antragstellende Gericht moniert, dass der Verordnungsgeber eine Festlegung, wonach die bebaute Fläche höchstens 300 m 2 je Bauplatz betragen dürfe, nicht treffen dürfe, weil eine solche von §30 Abs2 Z6 NÖ ROG 2014 nicht vorgesehen sei.
2.2.3.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Auffassung nicht: §30 NÖ ROG 2014 regelt den Inhalt von Bebauungsplänen. Die Festlegung der bebaubaren Fläche von Bauplätzen kann ebenso wie die Ausgestaltung von Baukörpern auf diesen planungstechnisch bzw rechtlich auf unterschiedliche Weise erfolgen. §30 Abs2 NÖ ROG 2014 ermächtigt den Gemeinderat in diesem Zusammenhang etwa dazu, die harmonische Gestaltung der Bauwerke in Ortsbereichen (Z3), Baufluchtlinien (Z4), Mindestmaße und/oder Höchstmaße von Bauplätzen (Z5), Bebauungsdichte oder höchstzulässige Geschoßflächenzahl (Z6) sowie Freiflächen und deren Ausgestaltung (Z7) festzulegen. Dem Verordnungsgeber stehen daher mehrere Wege zur Verfügung, im Bebauungsplan Vorgaben zur Bebauungsdichte festzulegen.
2.3. Die ob der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Bestimmung erhobenen Bedenken treffen daher nicht zu. Der vierte Eventualantrag ist abzuweisen.
V. Ergebnis
1. Der Hauptantrag sowie die ersten drei Eventualanträge sind als unzulässig zurückzuweisen.
2. Der vierte Eventualantrag ist hingegen als unbegründet abzuweisen.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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