Auswertung in Arbeit
I.1. §63 Abs6 des Bundesgesetzes über die Vertretung der Studierenden (Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014 – HSG 2014), BGBl I Nr 45/2014, idF BGBl I Nr 77/2021 wird als verfassungswidrig aufgehoben.
2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2026 in Kraft.
3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
4. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
II.§63 Abs4 des Bundesgesetzes über die Vertretung der Studierenden (Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014 – HSG 2014), BGBl I Nr 45/2014, idF BGBl I Nr 77/2021 wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E3593/2024 eine auf Art144 B VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
Die Beschwerdeführerin war im Zeitraum von 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2019 Vorsitzende der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Universität für Weiterbildung Krems (ÖH UWK). Am 1. Juni 2016 schloss die ÖH UWK als Dienstgeberin mit einer ÖH-Mitarbeiterin als Dienstnehmerin einen Dienstvertrag ab, für den nach §7 Abs2 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über Arbeitsverhältnisse zu Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften (Hochschülerinnen- und Hochschülerschafts-Dienstvertragsverordnung – HS-DVV) eine am Entlohnungsschema der Vertragsbediensteten des Verwaltungsdienstes des Bundes orientierte Einstufung der Dienstnehmerin in das Verwendungsbild v2 vorgesehen war.
Am 1. Juni 2017 trat eine Änderung des Dienstvertrages vom 1. Juni 2016 in Kraft, die von der Beschwerdeführerin in ihrer Funktion als Vorsitzende der ÖH UWK unterzeichnet worden war. Durch diese Änderung des Dienstvertrages wurde die ÖH-Mitarbeiterin als Dienstnehmerin nach §7 Abs2 HS-DVV in das Verwendungsbild v1 eingereiht. Mit dieser Einreihung ging eine Erhöhung des Entgeltes einher.
Mit Bescheid des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 9. Oktober 2023 wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin durch Unter-zeichnung der Änderung des Dienstvertrages der ÖH-Mitarbeiterin sowie auf Grund der vorgenommenen Einreihung der ÖH-Mitarbeiterin an der ÖH UWK in das Verwendungsbild v1 gegen §7 Abs1 und Abs2 HS-DVV iVm §35 Abs6 Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014 (HSG 2014) verstoßen und somit gemäß §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 rechtswidrig gehandelt habe, weil die von der ÖH-Mitarbeiterin ausgeübten Tätigkeiten richtigerweise jenen des Verwendungsbildes v2 entsprechen würden.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. August 2024 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde gemäß Art144 BVG sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 idF BGBl I 77/2021 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 27. Februar 2025 beschlossen, diese Gesetzesbestimmungen von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 gegen Art120b Abs1 B VG, das Rechtsstaatsprinzip und den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.
Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"[…]
4. Mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Handlung etwa des oder der Vorsitzenden der ÖH gemäß §63 Abs4 HSG 2014 dürfte auf Grund von §63 Abs6 HSG 2014 auch die verwaltungsstrafrechtlich verbindliche Feststellung verbunden sein, dass etwa der oder die Vorsitzende der ÖH das objektive Tatbild der im Bescheid festgestellten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat. In einem allfälligen anschließenden Verwaltungsstrafverfahren, das […] gemäß §26 Abs1 VStG von der Bezirksverwaltungsbehörde zu führen wäre (s auch AB 414 BlgNR 21. GP, 2), dürfte daher nur mehr die Frage der subjektiven Tatseite zu klären sein.
§63 Abs6 HSG 2014 dürfte dabei als sogenannte 'Blankettstrafnorm' ausgestaltet sein. Das dürfte zur Folge haben, dass jede gemäß §63 Abs4 HSG 2014 vom zuständigen Bundesminister oder von der zuständigen Bundesministerin als Aufsichtsbehörde festgestellte Rechtswidrigkeit auch das objektive Tatbild einer Verwaltungsübertretung verwirklichen dürfte. Dazu kommt, dass §63 Abs6 HSG 2014, mangels abweichender Festlegung iSd §5 Abs1 VStG, ein Ungehorsams-delikt mit der Folge darstellen dürfte, dass das Verschulden der Person, gegenüber der die Rechtswidrigkeit ihrer Handlung gemäß §63 Abs4 HSG 2014 festgestellt wird, widerleglich vermutet wird.
Damit dürften, so die vorläufige Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 anordnen, dass jede Feststellung einer Rechtswidrigkeit gemäß §63 Abs4 HSG 2014 eine objektive Verwaltungsübertretung gemäß §63 Abs6 HSG 2014 darstellen dürfte, deren Strafbarkeit widerleglich vermutet wird. Das dürfte, anders gewendet, bedeuten, dass die in §63 Abs4 HSG 2014 genannten Personen damit rechnen müssen, dass jedwede Rechtswidrigkeit bei der Ausübung ihrer Funktion in der und für die Selbstverwaltungseinrichtung ÖH mit Verwaltungsstrafe gemäß §63 Abs6 HSG 2014 bedroht sein dürfte.
5. Vor diesem Hintergrund hegt der Verfassungsgerichtshof gegen die hiemit in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 zunächst das Bedenken, dass sie gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Selbstverwaltung gemäß Art120b Abs1 B VG verstoßen:
5.1. Nichtterritoriale Selbstverwaltungskörper wie die ÖH unterliegen gemäß Art120b Abs1 B VG der staatlichen Aufsicht. Bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrechts besteht grundsätzlich ein weiter Spielraum des Gesetzgebers (VfSlg 20.537/2022; Eberhard , Nichtterritoriale Selbstverwaltung, 2014, 395). Wie der Verfassungsgerichtshof etwa schon in VfSlg 5852/1968 (zum damaligen §23 Hochschülerschaftsgesetz 1973 – HSG 1973) festgehalten hat, 'umfasst das Aufsichtsrecht […] grundsätzlich alle denkbaren Möglichkeiten der Aufsicht' und liegt im 'Wesen der Aufsicht […] die Befugnis der Aufsichtsbehörde, Akte des beaufsichtigten Organes – unter Beachtung gesetzlicher Schranken – soweit aufzuheben, als sie rechtswidrig sind'.
5.2. Die Instrumente zur Wahrnehmung der Aufsicht sind aber so zu gestalten, dass die Aufsichtsbehörde nicht in die Lage versetzt wird, selbst Entscheidungen bei der Erfüllung von Selbstverwaltungsaufgaben zu treffen (vgl VfSlg 14.394/1995, 20.537/2022 mwN). Die Aufsichtsbehörde hat grundsätzlich von der Eigenständigkeit des Handelns des beaufsichtigten Selbstverwaltungskörpers auszugehen. Die Maßnahmen der Aufsichtsbehörde dürfen den autonomen Handlungsspielraum der Selbstverwaltung daher nur so weit einengen, als es die Wahrung der Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit erfordert (VfGH 5.12.2023, E1303/2023, mwN). Die Mittel der Aufsicht sind nur soweit zulässig, als sie nicht über das zur Verwirklichung der gesetzlich anerkannten Aufsichtsziele erforderliche Maß hinausgehen (VfSlg 14.394/1995).
Dass die Instrumente zur Wahrung der Aufsicht von Verfassung wegen so zu gestalten sind, 'dass die Eigenständigkeit der Selbstverwaltungsorgane bei der Erledigung von Selbstverwaltungsaufgaben gewahrt bleibt' (VfSlg 20.537/2022), mithin die Maßnahmen der Aufsichtsbehörde 'den autonomen Handlungsspielraum der Selbstverwaltung daher nur so weit einengen [dürfen], als es die Wahrung der Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit erfordert' (VfGH 5.12.2023, E1303/2023), dürfte nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes auch bedeuten, dass die Ausgestaltung der (Rechts-)Aufsicht nicht dazu führen darf, dass der Handlungsspielraum der Personen, die für den Selbstverwaltungskörper tätig werden, so eingeschränkt wird, dass von einer autonomen (selbstbestimmten) Gestaltung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches des Selbstverwaltungskörpers nicht mehr die Rede sein kann. Wie die Aufsicht 'nicht in Leitung umschlagen' darf (siehe neben der oben genannten Rechtsprechung Korinek , Von der Aktualität der Gewaltenteilungslehre, JRP 1995, 151 [160]; denn 'dadurch würde die von Verfassung und Gesetz vorgesehene Verantwortung verschoben und gerade der Staatsmacht begrenzende Effekt jeder Art von Selbstverwaltung beeinträchtigt', Eberhard, Nichtterritoriale Selbstverwaltung, 2014, 391 mwN), dürfte die Anforderung, dass die gesetzlich angeordnete Aufsicht 'den autonomen Handlungsspielraum der Verwaltung [...] nur so weit einengen [darf], als es die Wahrung der Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit erfordert' (VfGH 5.12.2023, E1303/2023) auch solchen Aufsichtsmitteln verfassungsrechtliche Schranken setzen, die den autonomen Handlungsspielraum der Selbstverwaltung durch (präventive) Sanktionsdrohungen in einer Weise einengen, die für die Wahrung der Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit des Selbstverwaltungskörpers nicht erforderlich ist.
5.3. Diese aus Art120a Abs1 iVm Art120b Abs1 BVG folgenden verfassungsrechtlichen Schranken für die Ausgestaltung des Aufsichtsrechts gegenüber einem Selbstverwaltungskörper dürften, wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt, durch §63 Abs4 iVm Abs6 HSG 2014 überschritten sein. Denn es dürfte eine autonome Besorgung der Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich des Selbstverwaltungskörpers in einem für die Wahrung der Rechtmäßigkeit nicht erforderlichen Ausmaß beeinträchtigen, wenn Personen, die (in wesentlicher Funktion) für den Selbstverwaltungskörper im eigenen Wirkungsbereich tätig werden, damit rechnen müssen, dass jegliche ihrer Handlungen, stellt sich diese in einem nachfolgenden aufsichtsbehördlichen Verfahren aus welchen Gründen auch immer als rechtswidrig heraus, mit Verwaltungsstrafe bedroht ist.
Dass §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 den autonomen Handlungsspielraum der für die ÖH in den maßgeblichen Funktionen tätigen Personen in einer nicht erforderlichen und auch sonst nicht sachlich zu rechtfertigenden, also unverhältnismäßigen Weise einengen dürften, dürfte sich insbesondere aus Folgendem ergeben: Durch §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 dürfte jegliche Fehleinschätzung bei der Wahrnehmung rechtlicher Spielräume mit Verwaltungsstrafsanktion belegt sein, die die konkret in einschlägiger Funktion für die ÖH handelnde Person nur abwenden kann, wenn sie beweisen kann, dass sie keinerlei Verschulden, also auch keine leichte Fahrlässigkeit trifft (§63 Abs6 HSG 2014 iVm §5 Abs1 VStG). Diese (präventive) Sanktionsdrohung dürften §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 für jegliches rechterhebliches Handeln und Unterlassen der in einschlägiger Funktion tätigen Personen entfalten, unabhängig insbesondere von der Art und Schwere der allfälligen Rechtsverletzung, der Frage, ob diese Rechtsverletzung gegebenenfalls auf Grund sonstiger Aufsichtsmittel wieder abgestellt wurde, oder ob es sich um eine erstmalige oder wiederholte gleichartige Rechtsverletzung handelt.
5.4. Die Ausgestaltung der Rechtsaufsicht über die ÖH durch §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 dürfte, wie der Verfassungsgerichtshof weiters vorläufig annimmt, auch nicht mit den in den Gesetzesmaterialien zur HSG-Novelle BGBl I 18/2001, mit der die Verwaltungsstrafbestimmung (ursprünglich des §51 Abs6 HSG 1998 und nunmehr des §63 Abs6 HSG 2014) erstmals in das HSG eingefügt wurde, genannten Gründen einer effektiven Rechtsaufsicht über die ÖH gerechtfertigt werden können (vgl AB 414 BlgNR 21. GP, 2: 'Bei mehreren Handlungen von Vorsitzenden – insbesondere in letzter Zeit – hat die Aufsichtsbehörde diese Handlungen bescheidmäßig als rechtswidrig festgestellt. In diesen Fällen wurde in der Folge weder der Rechtsansicht des Bundesministeriums entsprochen noch waren weitergehende Rechtsfolgen zu erwarten. Zur Stärkung der Rechtsaufsicht ist es daher notwendig, rechtswidriges Handeln jedenfalls verwaltungsstrafrechtlich zu sanktionieren').
Denn erstens dürfte diese Zielsetzung den Gesetzgeber im Hinblick auf Art120b Abs1 BVG nicht von der Anforderung entheben, jene Fälle konkret festzulegen, in denen er die herkömmlichen, durchaus weitreichenden, bis hin zur Abberufung der letztlich verantwortlichen Organwalter des Selbstverwaltungskörpers reichenden Aufsichtsmittel nicht für ausreichend erachtet und daher zusätzlich eine verwaltungsstrafrechtliche Pönalisierung für erforderlich sieht. Zum zweiten dürfte die hinter der Einführung der in Rede stehenden Strafbestimmung stehende Absicht nicht ausreichend zwischen der Behebung einer festgestellten Rechtswidrigkeit einer für die ÖH gesetzten Handlung, die durch die jeweils zuständigen Organe der ÖH vorzunehmen ist, ungeachtet, ob die aktuell bestellten Organwalter auch schon für die als rechtswidrig festgestellte Handlung verantwortlich waren, und einer Verantwortlichkeit von Personen differenzieren, die in ihrer Funktion für die ÖH eine bestimmte Handlung gesetzt haben, in der Folge aus dieser Funktion aber ausgeschieden sind. Im Gesetzesprüfungsverfahren wird daher insbesondere auch zu klären sein, ob spezifische Anforderungen an die Rechtsaufsicht über die ÖH in der Lage sein können, die gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 bestehenden Bedenken zu entkräften.
6.1. Der Verfassungsgerichtshof erachtet in ständiger Rechtsprechung den gesetzestechnischen Vorgang der äußeren Trennung von Tatbild und Strafdrohung, wie er für Blankettstrafnormen kennzeichnend ist, als verfassungsrechtlich unbedenklich (s nur VfSlg 12.947/1991, 17.479/2005, 20.288/2018 jeweils mwN). Schon aus rechtsstaatlichen Gründen ist es freilich auch bei Blankettstrafnormen unerlässlich, dass der Tatbestand durch das Gesetz mit genügender Klarheit als Verbotsnorm und damit als strafbarer Tatbestand gekennzeichnet ist, dass ferner, wenn der strafbare Tatbestand im Zuwiderhandeln gegen eine Gebotsnorm besteht, der Unrechtsgehalt eines Unterlassens eindeutig erkennbar ist, und dass schließlich der Tatbestand einer Blankettstrafnorm mit solcher Deutlichkeit gekennzeichnet sein muss, dass jedermann ihn als solchen zu verstehen vermag (s insbesondere VfSlg 12.947/1991).
6.2. Angesichts dessen hegt der Verfassungsgerichtshof gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen vorläufig weiters die Bedenken, dass sie gegen das Rechtsstaatsprinzip und gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen:
Zunächst scheinen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen den dargelegten rechtsstaatlichen Anforderungen an Blankettstrafnormen nicht zu entsprechen. Denn angesichts der Vielzahl möglicher Rechtsvorschriften, die eine von §63 Abs4 HSG 2014 erfasste Person zu beachten haben kann und die durch die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sämtlich als Verbotsnorm und damit als strafbarer Tatbestand ausgestaltet sein dürften, dürfte der Tatbestand der in Prüfung gezogenen Blankettstrafnorm nicht mit genügender Deutlichkeit gekennzeichnet sein. Denn die in Prüfung gezogene Blankettstrafnorm dürfte nicht etwa die Regelungen eines bestimmten Rechtsbereiches oder Regelungskomplexes (vgl zu Blankettstrafnormen im Kraftfahrrecht VfSlg 6293/1970, 6896/1972, im Wasserrecht VfSlg 4589/1963 oder im Gewerberecht VfSlg 6762/1972) erfassen, sondern potentiell die gesamte Rechtsordnung schlechthin als äußeres Tatbild einbeziehen.
Des Weiteren dürften die in Prüfung gezogenen Bestimmungen, schon aus den oben unter Punkt 5.3. dargelegten Gründen, gegen das Sachlichkeitsgebot des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes verstoßen. Denn es ist dem Verfassungsgerichtshof vorläufig keine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen jedes rechtswidrige Handeln oder Unterlassen einer von §63 Abs4 HSG 2014 erfassten Person ohne Weiteres auch mit Verwaltungsstrafe bedrohen dürften. Insbesondere dürften, aus den oben unter Punkt 5 dargelegten Gründen, die Anforderungen an die staatliche Aufsicht über den Selbstverwaltungskörper eine solche umfassende Pönalisierung nicht erforderlich machen (s aber auch zu im Gesetzesprüfungsverfahren zu klärenden Fragen, die auch für die Beurteilung unter dem Gleichheitsgrundsatz wesentlich sein dürften, oben Punkt 5.4.).
[…]
Im Gesetzesprüfungsverfahren wird, sollten sich die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen als begründet erweisen, auch zu entscheiden sein, wie der Umfang der allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln, im Einzelnen abzugrenzen ist.
[…]"
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken in der Sache wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):
"[…]
1. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art120b Abs1 B VG:
[…]
1.2. Aus der Sicht der Bundesregierung ist zunächst festzuhalten, dass – wie dies auch der Verfassungsgerichtshof ausführt […] – der einfachen Gesetzgebung bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrechts über Selbstverwaltungskörper grundsätzlich ein weiter Spielraum zusteht (vgl VfSlg 20.537/2022). Kein Zweifel besteht seit jeher darüber, dass zu den legitimen Aufsichtsmitteln auch die Möglichkeit der Aufsichtsbehörde zählt, Handlungen von bestimmten Organwaltern eines Selbstverwaltungskörpers mit Bescheid für rechtswidrig zu erklären (vgl VfSlg 5852/1968).
Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass §63 Abs4 HSG 2014 eine von §63 Abs6 HSG völlig unabhängige Entstehungsgeschichte aufweist, erachtet es die Bundesregierung für geboten, bei der Frage nach der Verfassungskonformität den §63 Abs4 HSG 2014 zunächst für sich allein in den Blick zu nehmen. Hier kann es nach Auffassung der Bundesregierung keinem Zweifel unterliegen, dass sich das in §63 Abs4 HSG 2014 normierte Recht der Aufsichtsbehörde zur bescheidmäßigen Feststellung von Verstößen der dort angeführten ÖH-Funktionäre innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens des Art120b BVG Abs1 bewegt; denn aus Gründen der Wirksamkeit der Aufsicht erscheint eine solche Befugnis schlechthin unverzichtbar. Getrennt davon zu betrachten ist die Frage, welche weiteren rechtlichen Konsequenzen sich an die Feststellung solcher Verstöße knüpfen (wie dies im vorliegenden Fall durch §63 Abs6 HSG 2014 geschieht).
[…]
§63 Abs4 HSG 2014 verpflichtet die Aufsichtsbehörde, Handlungen und Unterlassungen von ÖH-Funktionären auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen und gegebenenfalls die Rechtswidrigkeit festzustellen. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, hier eine Einschränkung auf bestimmte Tätigkeitsbereiche oder eine Einschränkung auf die Übereinstimmung mit bestimmten Rechtsvorschriften vorzunehmen. Ganz im Gegenteil ist es vielmehr sachlich geboten, dass sich die Aufsicht auf sämtliche Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers erstreckt und die Übereinstimmung mit sämtlichen für die damit verbundenen Tätigkeiten geltenden Rechtsvorschriften erfasst. Fragen zur ausreichenden Bestimmtheit stellten sich nach Auffassung der Bundesregierung ausschließlich im Hinblick darauf, dass die Verwaltungsstrafbestimmung des §63 Abs6 HSG 2014 an die Feststellung der Rechtswidrigkeit gemäß §63 Abs4 HSG 2014 anknüpft; für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des §63 Abs4 HSG 2014 spielen diese Fragen hingegen keine Rolle.
1.3. Soweit der Verfassungsgerichtshof auf das Zusammenwirken von §63 Abs6 und §63 Abs4 HSG 2014 abstellt, wird seitens der Bundesregierung darauf hingewiesen, dass es sich keineswegs so verhält, dass jegliche bescheidmäßige Feststellung einer Rechtswidrigkeit durch die Aufsichtsbehörde gemäß §63 Abs4 HSG 2014 automatisch zur Verhängung einer Verwaltungsstrafe führen würde. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass ÖH-Funktionären selbstverständlich ein Rechtsmittel gegen einen sie betreffenden Feststellungsbescheid zur Verfügung steht; dementsprechend wurde auch im vorliegenden Fall Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Erst ein rechtskräftiger Feststellungsbescheid eröffnet die Möglichkeit der verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung.
Für das Verwaltungsstrafverfahren gilt gemäß §25 Abs1 VStG zwar das Prinzip der Amtswegigkeit ('Offizialmaxime'); dies bedeutet, dass die Verwaltungsstrafbehörde bei Kenntnis einer Übertretung von sich aus (dh auch ohne Anzeige Dritter) ein Verfahren einzuleiten und Ermittlungen anzustellen hat. Dazu wird allerdings auf Folgendes hingewiesen:
1.3.1. Die Aufsichtsbehörde (die den §63 Abs4 HSG 2014 zu vollziehen hat) ist strikt von der Verwaltungsstrafbehörde (die den §63 Abs6 HSG 2014 zu vollziehen hat) zu unterscheiden; als Letztere fungiert grundsätzlich die Bezirksverwaltungsbehörde (vgl §26 Abs1 VStG).
Es stellt sich die Frage, wie in Hinblick auf die Handlungen von ÖH-Funktionären die Verwaltungsstrafbehörde Kenntnis von einem aufsichtsbehördlichen Verfahren und dessen Ausgang erlangt, insbesondere, ob die Aufsichtsbehörde eine diesbezügliche Anzeigepflicht trifft. Auszugehen ist davon, dass das Gebot der amtswegigen Verfolgung einer Verwaltungsübertretung gemäß §25 Abs1 VStG ausschließlich auf die Verwaltungsstrafbehörde gemünzt ist. Zudem bestimmt §25 Abs3 VStG ausdrücklich, dass 'die Gerichte und Verwaltungsbehörden nicht verpflichtet [sind], der Behörde die Begehung einer Verwaltungsübertretung anzuzeigen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat gering sind'. Daraus ist nicht e contrario zu schließen, dass in allen anderen Fällen eine allgemeine Anzeigepflicht von Verwaltungsbehörden bestünde; vielmehr schränkt §25 Abs3 VStG allfällige in anderen Gesetzen vorgesehene Anzeigepflichten partiell ein (vgl ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 19; Fisterin Lewisch/Fister/Weilguni, VStG 3[2023] §25 Rz. 11). Das HSG 2014 enthält keine spezifischen Anzeigepflichten der Aufsichtsbehörde.
1.3.2. Selbst wenn es zu einer Anzeige an die Verwaltungsstrafbehörde kommt, führt dies nicht automatisch zur Verhängung einer Verwaltungsstrafe. Vielmehr steht der Verwaltungsstrafbehörde eine Palette von Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung, die es ihr erlaubt, die subjektive Tatseite angemessen zu berücksichtigen. Soweit dies unter Zugrundelegung der in §19 VStG niedergelegten Grundsätze für die Strafbemessung in Betracht kommt, kann die Behörde auch mit einer Einstellung (§45 Abs1 erster Satz VStG) oder einer Ermahnung (§45 Abs1 letzter Satz VStG) vorgehen.
1.4. Nach Auffassung der Bundesregierung ist daher nicht davon auszugehen, dass die Verwaltungsstrafsanktion des §63 Abs6 HSG 2014 'unabhängig insbesondere von der Art und Schwere der allfälligen Rechtsverletzung, der Frage, ob diese Rechtsverletzung gegebenenfalls auf Grund sonstiger Aufsichtsmittel wieder abgestellt wurde, oder ob es sich um eine erstmalige oder wiederholte gleichartige Rechtsverletzung handelt', nur abgewendet werden kann, wenn die für die ÖH handelnde Person beweisen könne, dass sie keinerlei Verschulden trifft […].
2. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Rechtsstaatsgebot (Art18 B VG):
[…]
2.2.1. Tatsächlich weist die Tätigkeit von ÖH-Funktionären eine Vielzahl von rechtlichen Bezugspunkten auf. Dies liegt nicht zuletzt darin begründet, dass sich die Aktivitäten der ÖH als Selbstverwaltungskörper nicht auf eine Interessenvertretungstätigkeit im engsten Sinn beschränken; vielmehr kann die ÖH auch Rechtsgeschäfte abschließen (vgl §42 HSG 2014) und ist – wenngleich unter Genehmigungsvorbehalt – insbesondere auch zur Führung von oder der Beteiligung an Wirtschaftsbetrieben in Form von Kapitalgesellschaften ermächtigt (vgl §37 Abs1 HSG 2014). Daraus ergibt sich, dass ÖH-Funktionäre neben rein organisationsrechtlichen Vorgaben des HSG 2014, die auf die Einrichtung und Funktion der Selbstverwaltung abzielen (zB die Erlassung von Satzungen gemäß §9 Abs2 HSG 2014), somit auch weitere Rechtskreise zu beachten haben (zB die Hochschülerinnen- und Hochschülerschafts-Dienstvertragsverordnung, das allgemeine[…] Vertragsrecht und das Veranstaltungsrecht).
2.2.2. Dennoch kann daraus nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die in §63 Abs4 HSG 2014 und an anderer Stelle des genannten Gesetzes vorgenommene Bezugnahme auf 'geltende Gesetze oder Verordnungen' als Verweis auf die gesamte Rechtsordnung schlechthin zu lesen ist. Vielmehr ist eine eingrenzende Auslegung anhand des Normzwecks und unter Berücksichtigung systematischer Gesichtspunkte angezeigt.
So ergibt sich aus §1 Abs1 HSG 2014, dass dieses Bundesgesetz die Errichtung und die Organisation der Vertretung der Studierenden an bestimmten Bildungseinrichtungen regelt. Betrachtet man weiters die Gliederung des Bundesgesetzes, so zeigt sich, dass der Fokus auf institutionellen Regelungen über Einrichtung und Aufgaben der ÖH als solcher, auf der Verankerung von Rechten und Pflichten der ÖH-Mitglieder und der ÖH-Funktionäre, auf wirtschaftliche Mittel zur Aufgabenerfüllung nebst der Aufsicht über die Mittelverwendung sowie auf der Organisation und Durchführung von Wahlen in die ÖH-Organe liegt.
Wenn somit in §63 Abs4 HSG 2014 an den Verstoß gegen 'geltende Gesetze oder Verordnungen' oder an – entgegen Letzterer erfolgte – Unterlassungen angeknüpft wird, so geht es um Regelungen, die die in der genannten Bestimmung erwähnten ÖH-Funktionäre in dieser spezifischen Eigenschaft zu beachten haben. Es kann daher aus Sicht der Bundesregierung nicht davon die Rede sein, dass das äußere Tatbild des §63 Abs6 HSG 2014 'potentiell die gesamte Rechtsordnung schlechthin als äußeres Tatbild einbeziehen' würde.
3. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes (Art7 BVG; Art2 StGG):
3.1. Unter Zugrundelegung der These, dass jegliche Fehleinschätzung durch die in §63 Abs4 HSG 2014 adressierten ÖH-Funktionäre bei der Wahrnehmung rechtlicher Spielräume mit Verwaltungsstrafsanktion belegt sei und Letztere nur durch den Beweis abgewendet werden könne, dass sie keinerlei Verschulden – dh nicht einmal eine leichte Fahrlässigkeit – trifft, geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig auch davon aus, dass §63 Abs6 in Verbindung mit Abs4 HSG 2014 gegen den Gleichheitssatz verstoße; eine derart weitgehende Einengung des autonomen Handlungsspielraums der ÖH-Funktionäre sei weder erforderlich noch verhältnismäßig […].
3.2. Seitens der Bundesregierung wird dazu auf die Ausführungen unter Punkt 1.3 und 2.2 verwiesen. Vor allem jedoch wird noch einmal betont, dass sich die diesbezüglichen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofs nicht auf den §63 Abs4 HSG 2014 als solchen beziehen, sondern nur auf unter Bezugnahme auf die genannten Regelungen in §63 Abs6 leg. cit. getroffene Anordnung; zur sachlichen Gebotenheit des §63 Abs4 HSG 2014 selbst wird auf die Ausführungen unter Punkt 1.2 verwiesen.
4. §63 Abs4 und 6 HSG 2014 ist daher nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig.
[…]"
4. Die ÖH UWK hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes beitritt. Dabei weist die ÖH UWK insbesondere auf Folgendes hin (ohne die Hervorhebungen im Original):
"[…]
[…] Die im konkreten Fall zu prüfende Norm bewirkt – wie der Verfassungsgerichtshof zutreffend darlegt –, dass jede Fehleinschätzung der handelnden Funktionär:innen unmittelbar unter Strafandrohung gestellt wird, ohne dass es auf das Vorliegen weiterer objektiver oder subjektiver Kriterien ankäme. In diesem Strafautomatismus besteht aus Sicht der Einschreiterin der Kern der Verfassungswidrigkeit der in Prüfung stehenden Regelungen.
[…] Zu den bereits umfangreichen und weitreichenden Aufsichtsmitteln – die etwa bis zur Abberufung von Organwalter:innen reichen – tritt damit ein weiteres, besonders belastendes Aufsichtsinstrument hinzu. Durch die gewählte Methode der präventiven Sanktionsandrohung wird die verfassungsrechtlich garantierte Autonomie der ÖH empfindlich beeinträchtigt. Um eine drohende Sanktion zu vermeiden, könnten Funktionär:innen geneigt sein, notwendige Entscheidungen mit besonderer Zurückhaltung oder Verzögerung vorzunehmen – müssen sie doch dauerhaft damit rechnen, dass eine Handlung/Unterlassung ihrerseits (aus welchen Gründen auch immer) als rechtswidrig festgestellt wird und sodann automatisch eine Verwaltungsstrafe droht. Dies sogar ohne persönlicher Vorwerfbarkeit des Rechtsverstoßes. Dadurch wird der gesetzlich vorgesehene Handlungsspielraum der Funktionär:innen und in der Folge auch die Funktionsfähigkeit und Autonomie der ÖH in unzulässiger Weise eingeschränkt.
[…] Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die Funktionär:innen nicht mehr primär am Interesse der Studierendenvertretung und an einer aktiven Wahrnehmung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben orientiert handeln, sondern ihr Handeln überwiegend daran ausrichten, mögliche Sanktionsrisiken zu vermeiden. Eine solche 'Übervorsicht' kann dazu führen, dass die ÖH ihre Aufgaben nur noch formal und defensiv wahrnimmt und die demokratische Legitimation der Selbstverwaltungskörper faktisch ausgehöhlt wird. Die Selbstverwaltung wird damit ihres Wesenskerns – der eigenverantwortlichen, selbständigen Erfüllung von Aufgaben im Interesse der Studierenden – weitgehend beraubt. Die präventive Strafandrohung bewirkt in der Praxis eine faktische Überformung der Selbstverwaltung durch staatliche Kontrolle und verhindert eine freie und selbstbestimmte Aufgabenwahrnehmung, wie sie Art120a ff BVG und das HSG 2014 vorsehen.
[…]
[…] Die in Prüfung stehenden Regelungen sind weiters ungeeignet die intendierte und grundsätzlich zulässige Zielsetzung (Stärkung der Rechtsaufsicht) zu erfüllen:
[…] §63 Abs4 HSG 2014 adressiert nach der Rechtsauffassung des BVwG nur die Organwalter:innen, die 'in Ausübung ihrer oder seiner Funktion eine Handlung vorgenommen hat, die im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen steht oder die Vornahme einer von den geltenden Gesetzen oder Verordnungen gebotenen Handlung unterlassen hat', dh der Bescheid ist nur gegen die Person, die die rechtswidrige Handlung auch tatsächlich begangen hat (und nicht an die ÖH) zu richten.
[…] Den Gesetzesmaterialen [AB 414 BlgNR 21. GP 2, HSG Novelle BGBl I 18/2001, zur Einführung der ursprünglichen Bestimmung des §51 Abs6 HSG (nunmehr §62 Abs6 HSG)] zur Einführung des automatischen, präventiven Sanktionsmechanismus ist zu entnehmen, dass dieser in Folge mehrmaliger Vorkommnisse der Nichtbeachtung und Nichtumsetzung aufsichtsrechtlicher Entscheidungen durch die handelnden Funktionär:innen eingeführt wurde. Da in der Vergangenheit in Folge von aufsichtsbehördlichen Bescheiden der Rechtsansicht des:der Bundesminister:in nicht entsprochen wurde, hat es der Gesetzgeber 'zur Stärkung der Rechtsaufsicht' als notwendig erachtet, 'rechtswidriges Handeln jedenfalls verwaltungsstrafrechtlich zu sanktionieren'.
[…] Der Verfassungsgerichtshof führt weiters treffend aus, dass die gesetzgeberische Intention hinter der Einführung der gegenständlichen Strafbestimmung nicht hinreichend klar zwischen zwei Ebenen differenziert: Einerseits der Behebung einer festgestellten Rechtswidrigkeit durch die jeweils zuständigen Organwalter:innen der ÖH – unabhängig davon, ob die aktuell bestellten Organwalter:innen selbst an der rechtswidrigen Handlung beteiligt waren – und andererseits der Verantwortlichkeit einzelner Personen, die während ihrer aktiven Funktionsperiode Handlungen im Namen der ÖH gesetzt haben, aber inzwischen aus ihrem Amt ausgeschieden sind. Diese mangelnde Unterscheidung führt aus Sicht des Verfassungsgerichtshofes zu verfassungsrechtlichen Bedenken.
[…] Die Einschreiterin teilt diese Bedenken vollumfänglich. In der Praxis sind die Bescheidadressaten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung häufig bereits aus ihrem Amt ausgeschieden, zumal die Funktionsperiode der Organwalter:innen[…] der ÖH lediglich zwei Jahre beträgt (§15 Abs3 HSG 2014). §63 Abs5 HSG 2014 verpflichtet die Bescheidadressaten des Abs4 leg cit dazu den der Rechtsanschauung der Aufsichtsbehörde entsprechenden Rechtszustand unverzüglich herzustellen. Dies ist jedoch, wenn der Bescheidadressat gem Abs4 leg cit bereits aus dem Amt geschieden ist, faktisch nicht mehr möglich.
[…] Gleichzeitig fehlt eine effektive rechtliche Handhabe gegenüber jenen Personen, die für die Herstellung rechtmäßiger Zustände tatsächlich zuständig sind. §63 Abs4 HSG 2014 stellt daher kein wirksames Instrument der Aufsicht, weil er sich ausschließlich an die Person richtet, die die Rechtsverletzung begangen hat und nicht an die Person, die den rechtmäßigen Zustand wiederherstellen kann, wie es bei der Einschreiterin der Fall wäre.
[…] Diese wurde dem Aufsichtsverfahren jedoch nicht einmal als Partei beigezogen und hat von der festgestellten Rechtsverletzung mehr oder wenig zufällig erfahren. Wenn mit einem Bescheid gem §63 Abs4 HSG 2024 bezweckt werden soll, dass durch die ausgeübte Aufsicht der gesetzmäßige Zustand möglichst wieder hergestellt werden soll, muss er sich auch an diejenige Person richten, der dies auch faktisch möglich ist. Unter diesem Gesichtspunkt müsste der Bescheid sich zumindest auch an die ÖH richten und sollte dieser im Aufsichtsverfahren – neben der:dem konkret betroffenen Organwalter:in Parteistellung zukommen. Dies einerseits um die von Aufsichtsmittel berührten Rechte der ÖH umfassend wahren zu können und andererseits um im Fall eines tatsächlich stattgefundenen Fehlverhaltens eines Funktionärs effektive Maßnahmen setzen zu können um den gesetzeskonformen Zustand wiederherzustellen.
[…] Auch darin, dass die in Prüfung gezogenen Regelungen als Bescheidadressat nicht die Einschreitern statuieren, liegt eine Verfassungswidrigkeit, weil dadurch das mit der Aufsicht verfolgte Ziel auf unsachliche Weise verfolgt wird.
[…] Alternativen zum Strafautomatismus
[…] Die Bestimmungen widersprechen zudem der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes [VfSlg 14.394/1995 mwN], wonach die Mittel der Aufsicht nur soweit zulässig sind, als sie nicht über das zur Verwirklichung der gesetzlich anerkannten Aufsichtsziele erforderliche Maß hinausgehen. Der autonome Handlungsspielraum darf nämlich nur so weit einengt werden, als es die Wahrung der Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit erfordert [VfGH 5.12.2023, E1303/2023, mwN]. Die Notwendigkeit einer solchen weitreichenden Einengung ist hier gerade nicht gegeben, um die Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit sicherzustellen.
[…] Der Gesetzgeber hätte das mit der Einführung von §63 Abs6 HSG 2014 vorgegebene Ziel, nämlich die effektive Umsetzung der im Bescheid nach Abs4 festgestellten Rechtsansicht, mit deutlich gelinderen Mitteln umsetzen können. Der Gesetzgeber hätte etwa die Möglichkeit gehabt, die Verhängung einer Verwaltungsstrafe an die sorgfaltswidrige Nichtbefolgung einer bescheidmäßig – allenfalls auch rechtskräftig – festgestellten Verpflichtung nach Abs4 zu knüpfen. Damit läge ein weniger eingriffsintensives Mittel zur Wahrung der Aufsicht vor. In einem solchen Modell lägen (wohl) auch aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Bedenken gegen die Ausgestaltung der Strafnorm vor: Das geforderte Verhalten oder Unterlassen wäre durch den Bescheid hinreichend konkretisiert und damit für die rechtsunterworfenen Personen klar erkennbar. Es wäre ihnen möglich, ihr Verhalten entsprechend rechtskonform auszurichten. Der Handlungsbefehl wäre somit im Vorhinein bestimmbar und nachvollziehbar, sodass auch das strafrechtliche Legalitätsprinzip und damit das Rechtsstaatsprinzip gewahrt blieben.
[…]"
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vertretung der Studierenden (Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014 – HSG 2014), BGBl I 45/2014, idF BGBl I 146/2023 lauten auszugsweise wie folgt (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 wurden zuletzt mit BGBl I 77/2021 novelliert und sind hervorgehoben):
" Aufgaben der Vorsitzenden und ihrer Stellvertreterinnen und Stellvertreter
§35. (1) Die oder der Vorsitzende hat für die Durchführung der Beschlüsse des jeweiligen Organs bzw der Vertretung und für die Erledigung der laufenden Geschäfte zu sorgen. In dringlichen Angelegenheiten ist sie oder er allein entscheidungsbefugt.
(2) Die oder der Vorsitzende der Bundesvertretung oder einer Hochschulvertretung kann genau bestimmte Teile ihrer oder seiner Aufgaben auf die Stellvertreterin oder den Stellvertreter übertragen. In diesem Fall handelt die Stellvertreterin oder der Stellvertreter im Auftrag und unter Verantwortung der oder des Vorsitzenden.
(3) […]
(6) Die Vorsitzenden und ihre Stellvertreterinnen oder Stellvertreter haben die Gesetze, Verordnungen, Satzungen, Geschäftsordnungen und Beschlüsse zu beachten und sind den Organen für ihre Tätigkeit verantwortlich.
[…]
Aufsicht
§63. (1) Die Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft und die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften an den Bildungseinrichtungen sowie die Hochschulvertretungen und die Studienvertretungen der Studierenden an Bildungseinrichtungen, an denen keine Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft eingerichtet ist, unterstehen der Aufsicht der Bundesministerin oder des Bundesministers. Die Bundesvertretung, die Hochschulvertretungen und die Wahlkommissionen bzw Unterwahlkommissionen haben die Protokolle über die von ihnen gefassten Beschlüsse binnen vier Wochen nach Beschlussfassung der Bundesministerin oder dem Bundesminister, alle anderen Organe der oder dem Vorsitzenden der Hochschulvertretung unaufgefordert vorzulegen. Protokolle über die von ihnen gefassten Beschlüsse mit wirtschaftlichem Bezug sind überdies binnen vier Wochen nach Beschlussfassung unaufgefordert der Kontrollkommission in elektronischer Form zu übermitteln.
(2) Zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschlüsse sind allenfalls notwendige Auskünfte zu erteilen und Überprüfungen an Ort und Stelle zuzulassen. Stellt die oder der Vorsitzende der Hochschulvertretung dabei die Rechtswidrigkeit von Beschlüssen im Sinne des Abs3 fest, hat sie oder er die Bundesministerin oder den Bundesminister zu informieren.
(3) Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat in Ausübung ihres oder seines Aufsichtsrechts durch Bescheid den Beschluss eines Organs bzw einer Hochschulvertretung oder Studienvertretung und die Wahl oder Abwahl der oder des Vorsitzenden, der Stellvertreterinnen und Stellvertreter oder der Referentinnen und Referenten aufzuheben, wenn der Beschluss oder die Wahl
1. von einem unzuständigen Organ bzw einer unzuständigen Hochschulvertretung oder unzuständigen Studienvertretung stammt oder
2. unter erheblicher Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder
3. im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen steht oder
4. der Beschluss wegen seiner finanziellen Auswirkungen nicht durchführbar ist.
Im Bescheid ist den Organen bzw einer Hochschulvertretung oder Studienvertretung aufzutragen, den der Rechtsanschauung der Bundesministerin oder des Bundesministers entsprechenden Rechtszustand mit den rechtlich zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich herzustellen.
(4) Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat in Ausübung ihres oder seines Aufsichtsrechtes durch Bescheid die Rechtswidrigkeit der Handlung einer oder eines Vorsitzenden, einer Stellvertreterin oder eines Stellvertreters, einer Referentin oder eines Referenten oder einer stellvertretenden Wirtschafts-referentin oder eines stellvertretenden Wirtschaftsreferenten festzustellen, wenn die oder der Vorsitzende, die Stellvertreterin oder der Stellvertreter oder die Referentin oder der Referent oder die stellvertretende Wirtschaftsreferentin oder der stellvertretende Wirtschaftsreferent in Ausübung ihrer oder seiner Funktion eine Handlung vorgenommen hat, die im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen steht oder die Vornahme einer von den geltenden Gesetzen oder Verordnungen gebotenen Handlung unterlassen hat.
(5) Die oder der Vorsitzende, die Stellvertreterin oder der Stellvertreter oder die Referentin oder der Referent oder die stellvertretende Wirtschaftsreferentin oder der stellvertretende Wirtschaftsreferent sind im Fall des Abs4 verpflichtet, den der Rechtsanschauung der Bundesministerin oder des Bundesministers entsprechenden Rechtszustand unverzüglich herzustellen.
(6) Ein gemäß Abs4 festgestelltes rechtswidriges Handeln ist eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3 000 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen ist, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.
(7) Kommt eine Organwalterin oder ein Organwalter bzw eine Angehörige oder ein Angehöriger einer Hochschulvertretung oder Studienvertretung schuldhaft ihrer bzw seiner gesetzlichen Informationspflicht gemäß §40 Abs2 oder 3 gegenüber der Kontrollkommission trotz mindestens zweimaliger schriftlicher Aufforderung durch die Kontrollkommission nicht nach, so kann diese oder dieser auf Antrag der Kontrollkommission durch aufsichtsbehördlichen Bescheid ihrer oder seiner Funktion enthoben werden. Diese Personen können ihrer Funktion auch enthoben werden, wenn sie oder er schuldhaft der im aufsichtsbehördlichen Verfahren festgestellten Rechtsansicht der Bundesministerin oder des Bundesministers nicht unverzüglich entsprechen (Abs3). In wirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Belangen ist überdies im aufsichtsbehördlichen Verfahren die Kontrollkommission anzuhören.
(8) Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat mit Verordnung Verordnungen aufzuheben, wenn die betreffende Verordnung in Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen steht.
(9) Ab der formellen Einleitung eines aufsichtsbehördlichen Verfahrens durch die Bundesministerin oder den Bundesminister kann die Bundesministerin oder der Bundesminister durch Bescheid die Durchführung der diesem Verfahren zu Grunde liegenden Beschlüsse für bis zu drei Monate untersagen, wobei die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme im Bescheid zu begründen ist. Die mehrmalige Untersagung ist bis zur Gesamtdauer von sechs Monaten zulässig.
(10) Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat das rechtswidrige Unterbleiben einer Wahl durch Bescheid festzustellen und die Durchführung dieser Wahl innerhalb von 60 Tagen anzuordnen, wobei §58 sinngemäß anzuwenden ist. Einer Beschwerde kommt keine aufschiebende Wirkung zu."
III. Erwägungen
1. Im Verfahren ist nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens zweifeln ließe. Auch die Bundesregierung bestreitet die Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens nicht.
Das Gesetzesprüfungsverfahren ist somit zulässig. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes treffen zu:
2. Durch das Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden an den Universitäten (Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998), BGBl I 22/1999, wurde die Möglichkeit der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Handlung einer bzw eines Vorsitzenden der ÖH erstmals eingeführt. Gemäß §51 Abs4 HSG 1998 idF BGBl I 22/1999 hatte die Bundesministerin bzw der Bundesminister in Ausübung ihres oder seines Aufsichtsrechtes durch Bescheid die Rechtswidrigkeit der Handlung einer oder eines Vorsitzenden festzustellen, wenn die oder der Vorsitzende in Ausübung ihrer oder seiner Funktion eine Handlung vorgenommen oder unterlassen hat, die im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen stand. Den Erläuterungen zufolge wurde diese Bestimmung zur Klarstellung aufgenommen, dass die Bundesministerin oder der Bundesminister auch die allfällige Rechtswidrigkeit einer Handlung oder Unterlassung einer oder eines Vorsitzenden festzustellen hatte (vgl Erläut zur RV 1470 BlgNR 20. GP, 40). Im Zuge der Novelle BGBl I 18/2001 wurde die Bestimmung des §51 Abs4 HSG 1998 um Stellvertreterinnen bzw Stellvertreter ergänzt. Die Neuformulierung diente der Klarstellung, dass rechtswidriges Handeln auch von Stellvertreterinnen oder Stellvertretern bescheidmäßig festgestellt werden können sollte (vgl AB 414 BlgNR 21. GP, 2).
Im Zuge der Erlassung des HSG 2014 mit BGBl I 45/2014 wurde in §63 Abs4 HSG 2014 normiert, dass die Bundesministerin oder der Bundesminister in Ausübung ihres oder seines Aufsichtsrechtes durch Bescheid die Rechtswidrigkeit der Handlung einer oder eines Vorsitzenden oder einer Stellvertreterin oder eines Stellvertreters festzustellen hat, wenn die oder der Vorsitzende oder die Stellvertreterin oder der Stellvertreter in Ausübung ihrer oder seiner Funktion eine Handlung vorgenommen oder unterlassen hat, die im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen steht. Im Zuge der Novelle BGBl I 77/2021 wurde die Bestimmung des §63 Abs4 HSG 2014 um Referentinnen bzw Referenten und stellvertretende Wirtschaftsreferentinnen bzw stellvertretende Wirtschaftsreferenten ergänzt. In den Erläuterungen wird dies wie folgt begründet (Erläut zur RV 664 BlgNR 27. GP, 9 f):
"Sämtliche Studierendenvertreterinnen und Studierendenvertreter haben ihre Aufgaben gewissenhaft und uneigennützig zu erfüllen.
Derzeit sind aber nur die oder der Vorsitzende, die oder der 1. und 2. stellvertretende Vorsitzende für rechtswidriges Handeln, auch wenn es nicht durch sie erfolgt ist, der Bundesministerin oder dem Bundesminister in Ausübung ihres oder seines Aufsichtsrechtes gegenüber verantwortlich. Es wird daher vorgesehen, dass künftig auch sämtliche Referentinnen und Referenten sowie die stellvertretenden Wirtschaftsreferentinnen und Wirtschaftsreferenten für ihr rechtswidriges Handeln verantwortlich gemacht werden können.
Wird eine rechtswidrige Weisung an eine Referentin oder einen Referenten erteilt, ist diese Vorgangsweise von der oder dem Vorsitzenden zu vertreten und nicht von der Referentin oder dem Referenten. Handeln daher Referentinnen und Referenten weisungsgemäß, können sie dafür nicht aufsichtsrechtlich belangt werden."
Vor diesem Hintergrund ist gemäß §63 Abs4 HSG 2014 in der geltenden Fassung ausdrücklich vorgesehen, dass die Bundesministerin oder der Bundesminister in Ausübung ihres oder seines Aufsichtsrechtes durch Bescheid die Rechtswidrigkeit der Handlung einer oder eines Vorsitzenden, einer Stellvertreterin oder eines Stellvertreters, einer Referentin oder eines Referenten oder einer stellvertretenden Wirtschaftsreferentin oder eines stellvertretenden Wirtschaftsreferenten festzustellen hat, wenn die in einschlägiger Funktion für die ÖH tätige Person eine Handlung vorgenommen hat, die im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen steht oder die Vornahme einer von den geltenden Gesetzen oder Verordnungen gebotenen Handlung unterlassen hat. Aus den Gesetzesmaterialien zu §63 Abs4 HSG 2014 bzw der Vorgängerbestimmung des §51 Abs4 HSG 1998 geht hervor, dass der Gesetzgeber die Aufsicht an die Funktion der Vorsitzenden bzw des Vorsitzenden, der Stellvertreterin bzw des Stellvertreters, der Referentin bzw des Referenten sowie der stellvertretenden Wirtschaftsreferentin bzw des stellvertretenden Wirtschaftsreferenten anknüpfen wollte. Dementsprechend sind gemäß §63 Abs5 HSG 2014 die in einschlägiger Funktion für die ÖH tätigen Personen im Falle des §63 Abs4 HSG 2014 verpflichtet, den der Rechtsanschauung der Bundesministerin oder des Bundesministers entsprechenden Rechtszustand unverzüglich herzustellen.
3. Mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Handlung etwa der oder des Vorsitzenden der ÖH gemäß §63 Abs4 HSG 2014 ist auf Grund von §63 Abs6 HSG 2014 auch die verwaltungsstrafrechtlich verbindliche Feststellung verbunden, dass die oder der Vorsitzende der ÖH das objektive Tatbild einer durch §63 Abs6 HSG 2014 pönalisierten Verwaltungsübertretung, nämlich die Rechtswidrigkeit einer Handlung oder Unterlassung wie gemäß §63 Abs4 HSG 2014 (rechtskräftig) festgestellt, verwirklicht hat. In einem allfälligen anschließenden Verwaltungsstrafverfahren, das, worauf auch die Bundesregierung hinweist, gemäß §26 Abs1 VStG von der Bezirksverwaltungsbehörde zu führen wäre (s auch AB 414 BlgNR 21. GP, 2), ist daher nur mehr die Frage der subjektiven Tatseite zu klären.
Diesbezüglich ist §63 Abs6 HSG 2014 als sogenannte "Blankettstrafnorm" ausgestaltet. Das hat, auch das wird von der Bundesregierung grundsätzlich nicht bestritten, zur Folge, dass jede gemäß §63 Abs4 HSG 2014 vom zuständigen Bundesminister oder von der zuständigen Bundesministerin als Aufsichtsbehörde festgestellte Rechtswidrigkeit auch das objektive Tatbild einer Verwaltungsübertretung verwirklicht. Dabei stellt §63 Abs6 HSG 2014, mangels abweichender Festlegung iSd §5 Abs1 VStG, ein Ungehorsamsdelikt mit der Folge dar, dass das Verschulden der Person, gegenüber der die Rechtswidrigkeit ihrer Handlung oder Unterlassung gemäß §63 Abs4 HSG 2014 festgestellt wird, widerleglich vermutet wird.
§63 Abs6 HSG 2014 ordnet damit an, dass jedes rechtswidrige Handeln oder Unterlassen einer in einschlägiger Funktion für die ÖH tätigen Person, wird es gemäß §63 Abs4 HSG 2014 aufsichtsbehördlich als rechtswidrig festgestellt, eine Verwaltungsübertretung darstellt, die mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen ist, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.
4. §63 Abs6 HSG 2014 verstößt damit – aus Sicht des Selbstverwaltungskörpers ÖH – gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Selbstverwaltung gemäß Art120b Abs1 BVG und – aus Sicht der von einer Verwaltungsübertretung gemäß §63 Abs6 HSG 2014 erfassten, für die ÖH in einschlägiger Funktion tätigen Person – gegen das Sachlichkeitsgebot des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes:
4.1.1. Nichtterritoriale Selbstverwaltungskörper wie die ÖH unterliegen gemäß Art120b Abs1 B VG der staatlichen Aufsicht. Bei der Ausgestaltung des Aufsichtsrechts besteht grundsätzlich ein weiter Spielraum des Gesetzgebers (VfSlg 20.537/2022; Eberhard , Nichtterritoriale Selbstverwaltung, 2014, 395). Wie der Verfassungsgerichtshof etwa schon in VfSlg 5852/1968 (zum damaligen §23 Hochschülerschaftsgesetz 1973 – HSG 1973) festgehalten hat, "umfasst das Aufsichtsrecht […] grundsätzlich alle denkbaren Möglichkeiten der Aufsicht" und liegt im "Wesen der Aufsicht […] die Befugnis der Aufsichtsbehörde, Akte des beaufsichtigten Organes – unter Beachtung gesetzlicher Schranken – soweit aufzuheben, als sie rechtswidrig sind".
Die Instrumente zur Wahrnehmung der Aufsicht sind aber so zu gestalten, dass die Aufsichtsbehörde nicht in die Lage versetzt wird, selbst Entscheidungen bei der Erfüllung von Selbstverwaltungsaufgaben zu treffen (vgl VfSlg 14.394/1995, 20.537/2022 mwN). Die Aufsichtsbehörde hat grundsätzlich von der Eigenständigkeit des Handelns des beaufsichtigten Selbstverwaltungskörpers auszugehen. Die Maßnahmen der Aufsichtsbehörde dürfen den autonomen Handlungsspielraum der Selbstverwaltung daher nur so weit einengen, als es die Wahrung der Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit erfordert (VfSlg 20.647/2023 mwN). Die Mittel der Aufsicht sind nur soweit zulässig, als sie nicht über das zur Verwirklichung der gesetzlich anerkannten Aufsichtsziele erforderliche Maß hinausgehen (VfSlg 14.394/1995).
Dass die Instrumente zur Wahrung der Aufsicht von Verfassung wegen so zu gestalten sind, "dass die Eigenständigkeit der Selbstverwaltungsorgane bei der Erledigung von Selbstverwaltungsaufgaben gewahrt bleibt" (VfSlg 20.537/2022), mithin die Maßnahmen der Aufsichtsbehörde "den autonomen Handlungsspielraum der Selbstverwaltung daher nur so weit einengen [dürfen], als es die Wahrung der Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit erfordert" (VfSlg 20.647/2023), bedeutet auch, dass die Ausgestaltung der (Rechts-)Aufsicht nicht dazu führen darf, dass der Handlungsspielraum der Personen, die für den Selbstverwaltungskörper tätig werden, so eingeschränkt wird, dass von einer autonomen (selbstbestimmten) Gestaltung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches des Selbstverwaltungskörpers nicht mehr die Rede sein kann. Da die Aufsicht "nicht in Leitung umschlagen" darf (siehe neben der oben genannten Rechtsprechung Korinek , Von der Aktualität der Gewaltenteilungslehre, JRP 1995, 151 [160]; denn "dadurch würde die von Verfassung und Gesetz vorgesehene Verantwortung verschoben und gerade der Staatsmacht begrenzende Effekt jeder Art von Selbstverwaltung beeinträchtigt", Eberhard , Nichtterritoriale Selbstverwaltung, 2014, 391 mwN), setzt die Anforderung, dass die gesetzlich angeordnete Aufsicht "den autonomen Handlungsspielraum der Verwaltung [...] nur so weit einengen [darf], als es die Wahrung der Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit erfordert" (VfSlg 20.647/2023), den Aufsichtsmitteln und ihrer Ausgestaltung verfassungsrechtliche Schranken. Diese dürfen den autonomen Handlungsspielraum der Selbstverwaltung durch (präventive) Sanktionsdrohungen nicht in einer Weise einengen, die für die Wahrung der Rechtmäßigkeit und Funktionsfähigkeit des Selbstverwaltungskörpers nicht erforderlich ist.
4.1.2. §63 Abs6 HSG 2014 überschreitet diese aus Art120a Abs1 iVm Art120b Abs1 BVG folgenden verfassungsrechtlichen Schranken für die Ausgestaltung des Aufsichtsrechts gegenüber einem Selbstverwaltungskörper. Durch §63 Abs6 HSG 2014 wird jegliche Fehleinschätzung bei der Wahrnehmung rechtlicher Spielräume im Zuge ihres Handelns durch eine in einschlägiger Funktion für die ÖH tätige Person mit Verwaltungsstrafsanktion belegt, die diese nur abwenden kann, wenn sie beweisen kann, dass sie keinerlei Verschulden, also auch keine leichte Fahrlässigkeit trifft (§63 Abs6 HSG 2014 iVm §5 Abs1 VStG). Wie oben dargelegt kommt es für diese Sanktionsdrohung, die ausweislich der Gesetzesmaterialien und wie auch die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme hervorhebt, insbesondere präventiv wirken soll, auf Art und Inhalt der verletzten Rechtsvorschrift nicht an. Jegliches rechtserhebliche Handeln oder Unterlassen der in einschlägiger Funktion tätigen Personen ist damit, sollte es aus welchen Gründen auch immer gemäß §63 Abs4 HSG 2014 als rechtswidrig festgestellt werden, auf Grund der Anordnung des §63 Abs6 HSG 2014 als Verwaltungsübertretung qualifiziert und unterliegt den in dieser Bestimmung genannten Strafdrohungen nach Maßgabe der weiteren Regelungen des VStG. Eine solche Regelung beeinträchtigt eine autonome Besorgung der Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich des Selbstverwaltungskörpers in einem für die Wahrung der Rechtmäßigkeit nicht erforderlichen Ausmaß, wenn Personen, die für den Selbstverwaltungskörper im eigenen Wirkungsbereich tätig werden, damit rechnen müssen, dass jegliche ihrer einschlägigen Handlungen, stellt sich diese in einem nachfolgenden aufsichtsbehördlichen Verfahren aus welchen Gründen auch immer als rechtswidrig heraus, eine Verwaltungsübertretung darstellt und dementsprechend mit Verwaltungsstrafe bedroht ist.
4.2.1. Im Hinblick auf das Vorbringen der Bundesregierung, die betont, dass es sachlich gerechtfertigt, ja geboten sei, dass sich die Aufsicht gemäß §63 Abs4 HSG 2014 auf sämtliche Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers erstreckt und die Übereinstimmung mit sämtlichen für die mit der Funktionsausübung verbundenen Tätigkeiten geltenden Rechtsvorschriften erfasst, ist vorab festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof insoweit gegen §63 Abs4 HSG 2014 keine Bedenken hegt. Dagegen, dass sich die Rechtsaufsicht des §63 Abs4 HSG 2014 auf jedes rechtserhebliche Handeln oder Unterlassen in concreto einer oder eines Vorsitzenden oder einer Stellvertreterin oder eines Stellvertreters, einer Referentin oder eines Referenten oder einer stellvertretenden Wirtschaftsreferentin oder eines stellvertretenden Wirtschaftsreferenten bezieht, soweit sie oder er dieses rechtserhebliche Handeln oder Unterlassen in Ausübung ihrer oder seiner Funktion vorgenommen hat, und dass Maßstab dieser Rechtmäßigkeitsaufsicht grundsätzlich die geltenden Gesetze oder Verordnungen sind, soweit sie für das Handeln der genannten Personen in ihrer Funktion in der ÖH maßgeblich sind, hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss keine Bedenken geäußert.
4.2.2. Zweck des in §63 Abs4 HSG 2014 geregelten Aufsichtsmittels (bescheidförmige Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Handlung oder Unterlassung, die eine in dieser Bestimmung genannte Person in ihrer Funktion in der ÖH vorgenommen hat), das die Bundesministerin oder der Bundesminister in Ausübung ihres oder seines Aufsichtsrechts zu ergreifen hat, ist die Gewährleistung der Rechtmäßigkeit der Tätigkeit der ÖH. Demzufolge sind die in §63 Abs4 HSG 2014 genannten Personen, wird ihr einschlägiges Handeln oder Unterlassen gemäß §63 Abs4 HSG 2014 aufsichtsbehördlich als rechtswidrig festgestellt, auch verpflichtet, den der Rechtsanschauung der Bundesministerin oder des Bundesministers entsprechenden Rechtszustand unverzüglich herzustellen (§63 Abs5 HSG 2014).
§63 Abs6 HSG 2014 ordnet in Bezug auf das in §63 Abs4 und Abs5 HSG 2014 vorgesehene Aufsichtsinstrument an, dass jedes solchermaßen aufsichtsbehördlich als rechtswidrig festgestellte Handeln oder Unterlassen einer Person in ihrer Funktion für die ÖH auch eine Verwaltungsübertretung dieser Person darstellt. Diese Verwaltungsübertretung ist – als Ungehorsamsdelikt – objektiv verwirklicht, unabhängig davon, ob die genannten Funktionsträger gemäß §63 Abs5 HSG 2014 ihrer Verpflichtung zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes unverzüglich nachgekommen sind. §63 Abs6 HSG 2014 soll, wie seine oben dargestellte Entstehungsgeschichte zeigt (s Punkt III.2.), präventiv durch die Verwaltungsstrafdrohung rechtmäßiges Handeln oder Unterlassen der in einschlägiger Funktion für die ÖH tätigen Person und damit der ÖH als solche sicherstellen, enthält aber individuell für jeden betroffenen Funktionsträger auch eine individuelle Strafsanktion für jedes Handeln oder Unterlassen des Funktionsträgers, das sich nachfolgend in einem Verfahren gemäß §63 Abs4 HSG 2014 als rechtswidrig erweist.
Im Zuge staatlicher Rechtsaufsicht jedes Handeln oder Unterlassen einer Person, das sie in einschlägiger Funktion im Rahmen ihrer Tätigkeit für die ÖH setzt und das sich aus welchen Gründen auch immer in der Folge aufsichtsbehördlich festgestellt als rechtswidrig erweist, mit verwaltungsstrafrechtlicher Sanktion zu bedrohen, entbehrt einer sachlichen Rechtfertigung. Während es dem Zweck der Rechtmäßigkeitsaufsicht gemäß §63 Abs4 iVm Abs5 HSG 2014 entspricht, rechtserhebliches Handeln oder Unterlassen der in diesen Bestimmungen genannten Personen zum Gegenstand der Aufsicht zu machen und solcherart die Rechtmäßigkeit der Tätigkeit der ÖH sicherzustellen, fehlt es an einem sachlichen Grund, jede Rechtswidrigkeit, die den genannten Personen bei Ausübung ihrer Funktion unterläuft und unterlaufen kann, verwaltungsstrafrechtlich zu sanktionieren. Weder kann das Erfordernis einer staatlichen Aufsicht über den Selbstverwaltungskörper ÖH eine solche umfassende Pönalisierung rechtfertigen (dazu sogleich), noch besteht allgemein ein sachlicher Grund dafür, Personen, die als Funktionsträger für eine Einrichtung (wie hier die ÖH) handeln, einem (verwaltungs-)strafrechtlichen Unwerturteil zu unterwerfen, wenn sie gegen Gesetze oder Verordnungen, die sie im Zuge ihrer Tätigkeit zu beachten haben, verstoßen sollten, unabhängig insbesondere von Art und Inhalt der verletzten Rechtsvorschrift.
4.2.3. Der Bundesregierung ist in diesem Zusammenhang zwar beizupflichten, dass sich die Rechtmäßigkeitsaufsicht des §63 Abs4 HSG 2014 und damit in der Folge die verwaltungsstrafrechtliche Anordnung des §63 Abs6 HSG 2014 nur auf das Handeln oder Unterlassen der in §63 Abs4 HSG 2014 genannten Personen bezieht, soweit diese in Ausübung ihrer Funktion in der ÖH handeln. Insoweit mag die vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss gewählte Umschreibung, dass §63 Abs6 HSG 2014 potentiell die gesamte Rechtsordnung schlechthin als äußeres Tatbild einbeziehen dürfte, überschießend sein; gerade auch der zutreffende Hinweis der Bundesregierung auf die Vielfältigkeit der Aktivitäten der ÖH und damit von rechtserheblichen Handlungen oder Unterlassungen, die ihre Funktionsträger setzen und setzen müssen (so verweist die Bundesregierung etwa darauf, dass die ÖH – wenngleich unter Genehmigungsvorbehalt – auch zur Führung von oder der Beteiligung an Wirtschaftsbetrieben in Form von Kapitalgesellschaften ermächtigt ist; vgl §37 Abs1 HSG 2014), zeigt ebenso wie die weiteren von der Bundesregierung angeführten Beispiele der Hochschülerinnen- und Hochschülerschafts-Dienstvertragsverordnung, des allgemeinen Vertragsrechts oder des Veranstaltungsrechts, in welch unterschiedlichen rechtlichen, teilweise auch komplexen Zusammenhängen die einschlägigen Funktionsträger handeln und handeln müssen. In einem solchen Tätigkeitsbereich jede Rechtswidrigkeit zur Verwaltungsübertretung zu erklären, ohne dass in irgendeiner Weise auf den Unrechtsgehalt einer Gesetzes- oder Verordnungsübertretung abgestellt wird, widerspricht dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes.
Dass in der Folge auch auf Verwaltungsübertretungen gemäß §63 Abs6 HSG 2014, worauf die Bundesregierung insofern zutreffend hinweist, die für derartige Verwaltungsübertretungen einschlägigen sonstigen Regelungen des VStG, etwa Strafmilderungsgründe oder auch die Möglichkeit, mit einer Einstellung (§45 Abs1 erster Satz VStG) oder einer Ermahnung (§45 Abs1 letzter Satz VStG) vorzugehen, zur Anwendung kommen, ändert an der grundsätzlichen Unsachlichkeit und damit Verfassungswidrigkeit der in §63 Abs6 HSG 2014 getroffenen Regelung nichts. Erst recht kann es für die Sachlichkeit der Regelung nicht darauf ankommen, ob und inwieweit sich die Aufsichtsbehörde verpflichtet sieht, gemäß §25 Abs3 VStG eine Verwaltungsübertretung anzuzeigen oder ob die grundsätzlich amtswegig zur Verfolgung einer Verwaltungsübertretung verpflichtete zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (vgl §26 Abs1 VStG) als Verwaltungsstrafbehörde (die §63 Abs6 HSG 2014 zu vollziehen hat), aus welchen Gründen auch immer von der Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt oder nicht. Auch die diesbezüglichen Hinweise der Bundesregierung vermögen daher keine sachliche Rechtfertigung des §63 Abs6 HSG 2014 darzutun.
5. §63 Abs6 HSG 2014 verstößt daher gegen Art120b Abs1 B VG und den Gleichheitsgrundsatz. Diese Bestimmung ist daher aufzuheben, womit es sich erübrigt, auf die weiteren im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken einzugehen.
6. Der Verfassungsgerichtshof hat sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren wiederholt dargelegt, dass der Umfang einer (allenfalls) wegen Verfassungswidrigkeit aufzuhebenden Gesetzesbestimmung derart abzugrenzen ist, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keinen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbaren Zusammenhang stehen Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003).
Die Bundesregierung weist zu Recht darauf hin, dass §63 Abs4 HSG 2014 zunächst eigenständige Bedeutung als Konkretisierung der Aufsichtszuständigkeit der Bundesministerin oder des Bundesministers durch Festlegung einer entsprechenden Rechtmäßigkeitsaufsicht zukommt. Erst §63 Abs6 HSG 2014 enthält in der Folge die verwaltungsstrafrechtliche Anordnung, die die festgestellte Verfassungswidrigkeit begründet. Da §63 Abs4 und Abs6 HSG 2014 damit nicht in einem untrennbaren Zusammenhang stehen und die festgestellte Verfassungswidrigkeit durch Aufhebung des §63 Abs6 HSG 2014 (allein) beseitigt werden kann, ist mit Aufhebung (bloß) des §63 Abs6 HSG 2014 vorzugehen.
IV. Ergebnis
1. §63 Abs6 des Bundesgesetzes über die Vertretung der Studierenden (Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014 – HSG 2014), BGBl I 45/2014, idF BGBl I 77/2021 ist daher wegen Verstoßes gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Selbstverwaltung gemäß Art120b Abs1 B VG und den Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B VG.
3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B VG.
4. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz BVG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.
5. Hingegen ist §63 Abs4 des Bundesgesetzes über die Vertretung der Studierenden (Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014 – HSG 2014), BGBl I 45/2014, idF BGBl I 77/2021 nicht als verfassungswidrig aufzuheben.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
7. Der beteiligten Partei sind die für die abgegebene Äußerung begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil ein Kostenersatz im Gesetzesprüfungsverfahren (vom – hier nicht gegebenen – Fall des §65a VfGG abgesehen) im VfGG nicht vorgesehen ist.
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