Ausfertigung in Arbeit
Die Anträge werden abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Anträge
1. Mit den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten und zu G65/2024 bzw zu G70/2024 protokollierten Anträgen begehrt das Landesverwaltungsgericht Steiermark, der Verfassungsgerichtshof möge
"§18 Abs2 Z3 Steiermärkisches Pflegeheimgesetz, LGBl Nr 77/2003 idF LGBl Nr 117/2021, mit dem Wortlaut:
'3. als Pflegedienstleitung die gemäß §8 Abs3 geforderte Verantwortung nicht oder nur mangelhaft wahrnimmt (zB fehlender Dienstplan oder Verletzung der Sorgfaltspflichten bei der Einhaltung des Dienstplans),'"
in eventu
"die Wortfolge 'gemäß §8 Abs3' sowie den Klammerausdruck '(zB fehlender Dienstplan oder Verletzung der Sorgepflichten bei der Einhaltung des Dienstplans)' in §18 Abs2 Z3 Steiermärkisches Pflegeheimgesetz, LGBl Nr 77/2003 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, LGBl Nr 117/2021"
in eventu
"die Wortfolge 'gemäß §8 Abs3' in §18 Abs2 Z3 Steiermärkisches Pflegeheimgesetz, LGBl Nr 77/2003 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, LGBl Nr 117/2021"
als verfassungswidrig aufheben.
2. Mit seinem auf Art140 Abs1 Z1 lita B VG gestützten und zu G129/2024 protokollierten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Steiermark, der Verfassungsgerichtshof möge,
"§18 Abs2 Z3 des Gesetzes vom 1. Juli 2003 über die Pflege und Betreuung in Pflegeheimen und auf Pflegeplätzen (Steiermärkisches Pflegeheimgesetz 2003 - StPHG 2003), LGBl Nr 77/2003, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl Nr 63/2018, mit dem Wortlaut:
'3. als Pflegedienstleitung die gemäß §8 Abs3 geforderte Verantwortung nicht oder nur mangelhaft wahrnimmt (zB fehlender Dienstplan oder Verletzung der Sorgfaltspflichten bei der Einhaltung des Dienstplans),'"
in eventu
"die Wortfolge 'gemäß §8 Abs3' sowie den Klammerausdruck '(zB fehlender Dienstplan oder Verletzung der Sorgepflichten bei der Einhaltung des Dienstplans)' in des Gesetzes vom 1. Juli 2003 über die Pflege und Betreuung in Pflegeheimen und auf Pflegeplätzen (Steiermärkisches Pflegeheimgesetz 2003 - StPHG 2003), LGBl Nr 77/2003, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, LGBl Nr 63/2018,"
in eventu
"die Wortfolge 'gemäß §8 Abs3' in §18 Abs2 Z3 des Gesetzes vom 1. Juli 2003 über die Pflege und Betreuung in Pflegeheimen und auf Pflegeplätzen (Steiermärkisches Pflegeheimgesetz 2003 - StPHG 2003), LGBl Nr 77/2003, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, LGBl Nr 63/2018"
als verfassungswidrig aufheben oder
in eventu
"feststellen, dass die oben unter A) bis C) angeführten Wortfolgen des Gesetzes vom 1. Juli 2003 über die Pflege und Betreuung in Pflegeheimen und auf Pflegeplätzen (Steiermärkisches Pflegeheimgesetz 2003 - StPHG 2003), LGBl Nr 77/2003, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, LGBl Nr 63/2018, verfassungswidrig waren."
II. Rechtslage
1. Die §§8, 14 und 18 des Gesetzes vom 1. Juli 2003 über die Pflege und Betreuung in Pflegeheimen und auf Pflegeplätzen (Stmk Pflegeheimgesetz 2003 – StPHG 2003), LGBl 77/2003, idF LGBl 63/2018 (§18; §18 Abs2 Z3 idF LGBl 66/2011), LGBl 177/2013 (§14) und LGBl 9/2017 (§8) lauteten (die mit dem jeweiligen Hauptantrag angefochtene Wort- und Zeichenfolge ist hervorgehoben):
"Personalausstattung
§8. (1) Pflegeheime dürfen nur betrieben werden, wenn das für die Pflege und/oder Betreuung der Heimbewohnerinnen/Heimbewohner jeweils erforderliche Fach- und Hilfspersonal vorhanden ist. Die Pflege und Betreuung der Heimbewohnerinnen/Heimbewohner ist ausschließlich dem Fachpersonal vorbehalten. Das Hilfspersonal hat sonstige für einen ordentlichen Heimbetrieb erforderliche, insbesondere technische und hauswirtschaftliche, Aufgaben zu erfüllen.
(2) Für die zahlenmäßige Ermittlung des erforderlichen Fachpersonals sind die Anzahl der Heimbewohnerinnen/Heimbewohner und deren Pflegebedarf maßgeblich. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach der Pflegegeldeinstufung zu beurteilen. Die Landesregierung hat durch Verordnung den Personalschlüssel und die Qualifikation des Fachpersonals festzulegen.
(3) Für den Bereich 'Pflege' hat der Träger eines Pflegeheimes eine Fachkraft aus dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, welche über die Sonderausbildung für Führungsaufgaben nach §72 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz verfügt, als Pflegedienstleitung im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses zu beschäftigen, sofern er nicht selbst über die erforderliche Qualifikation verfügt. Die Landesregierung hat durch Verordnung je nach Größe des Pflegeheimes das Beschäftigungsausmaß für die Wahrnehmung der Leitung des Pflegedienstes festzulegen.
(4) Die Pflegedienstleitung hat eine geeignete Stellvertretung namhaft zu machen und vorzusorgen, dass im Falle ihrer Verhinderung (insbesondere wegen Krankheit, Urlaub oder Aus-, Weiter- oder Fortbildung) diese Stellvertretung mit ihren Aufgaben betraut wird.
(5) Für den Bereich 'Organisation, Qualitätssicherung und Leitung' hat der Träger eines Pflegeheimes neben der Pflegedienstleitung auch eine Heimleitung zu beschäftigen. Die Landesregierung hat durch Verordnung die Qualifikation und die Aufgaben der Heimleitung sowie je nach Größe des Pflegeheimes das zeitliche Ausmaß für die Wahrnehmung dieser Aufgaben festzulegen.
(6) Den Mitarbeitern ist die erforderliche berufsbegleitende Fortbildung und Supervision zu ermöglichen.
Kontrolle
§14. (1) Die Überwachung der Einhaltung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen obliegt den Bewilligungsbehörden.
(2) Personen, die zur Durchführung der Kontrolle beauftragt sind, ist der uneingeschränkte Zutritt zu gestatten, jede zur Kontrolle erforderliche Auskunft zu erteilen und die Einsichtnahme in die für die Kontrolle maßgeblichen Unterlagen – insbesondere Pflegedokumentation, Dienstpläne, Personalunterlagen und Bilanzen – zu ermöglichen. Auf begründetes Verlangen sind Abschriften oder Kopien unentgeltlich zur Verfügung zu stellen oder binnen angemessener Frist nachzureichen.
(3) Kontrollorgane haben sich auf Verlangen auszuweisen.
(3 a) Werden bei der Kontrolle Mängel festgestellt, so hat die Behörde, außer bei Gefahr in Verzug, dem Heimträger die Behebung dieser Mängel unter Setzung einer angemessenen Frist mit Bescheid aufzutragen.
(4) Ergibt eine Kontrolle gemäß Abs1, dass die Pflege oder die Betreuung der Heimbewohner nicht hinreichend gewährleistet ist, so hat die Bewilligungsbehörde bei Gefahr im Verzug die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Heimbewohner zu treffen. Wird die Bezirksverwaltungsbehörde als Kontrollbehörde tätig, ist die Landesregierung unverzüglich zu verständigen, wenn Maßnahmen zum Schutz von Heimbewohnern getroffen werden.
(5) Ergibt eine Kontrolle, dass Entziehungstatbestände gemäß §15 Abs8 oder Abs9 vorliegen, hat die Bezirksverwaltungsbehörde dies der Landesregierung anzuzeigen.
(6) Die Landesregierung kann im Sinne ihrer generellen Aufsichtspflicht oder wenn Bedenken über die ordnungsgemäße Aufsicht zu Tage treten, die Bezirksverwaltungsbehörden zu speziellen Kontrollen und Erhebungen anweisen.
Strafbestimmungen
§18. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer
1. ein Pflegeheim ohne Bewilligung gemäß §15 betreibt,
2. Pflegeplätze ohne Bewilligung gemäß §17 betreibt,
3. die gemäß §8 Abs2 in Verbindung mit der dazu erlassenen Verordnung erforderliche personelle Ausstattung nicht erfüllt.
(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht weiters, wer
1. die Rechte der Heimbewohnerinnen/Heimbewohner gemäß §5 Z1 bis 3, 7, 10 und 11 wiederholt missachtet,
2. keine Pflegedienstleitung bestellt oder nicht dafür Sorge trägt, dass diese über die erforderliche Qualifikation verfügt (§8 Abs3),
3. als Pflegedienstleitung die gemäß §8 Abs3 geforderte Verantwortung nicht oder nur mangelhaft wahrnimmt (z. B. fehlender Dienstplan oder Verletzung der Sorgfaltspflichten bei der Einhaltung des Dienstplans),
4. keine Vorsorge für den Fall der Abwesenheit der Pflegedienstleitung im Sinne des §8 Abs4 trifft,
5. die Pflegedokumentation (§9) nicht ordnungsgemäß führt oder aufbewahrt,
6. der Mitteilungspflicht gemäß §13 Abs2 nicht nachkommt,
7. den Kontrollorganen
a) nicht uneingeschränkten Zutritt gewährt oder
b) die für die Kontrolle erforderlichen Auskünfte nicht erteilt oder
c) die Einsichtnahme in Unterlagen verweigert (§14 Abs2),
8. Auflagen gemäß §15 Abs3 oder Abs7 oder §17 Abs4 oder Abs4a trotz Setzung einer Nachfrist nicht einhält,
9. angeordnete Maßnahmen zur Behebung von Mängeln (§14 Abs3a, §17 Abs6, §17b Abs4 und §17c Abs5) nicht fristgerecht umsetzt,
10. es unterlässt, Daten gemäß §13 Abs1 zu verarbeiten sowie vollständig und wahrheitsgemäß an das von der Landesregierung eingerichtete Dateisystem zu übermitteln.
(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht weiters, wer
1. die gemäß §11 durch Verordnung festgelegten baulichen, technischen und hygienischen Anforderungen nicht einhält,
2. kein öffentlich zugängliches schriftliches Heimstatut erlässt oder dieses bei Aufnahme nicht aushändigt (§4 Abs1),
3. die Rechte der Heimbewohnerinnen/Heimbewohner gemäß §5 Z4 bis 6, 8, 9 und 12 bis 16 wiederholt missachtet,
4. entgegen den Bestimmungen des §8 Abs5 keine Heimleitung beschäftigt oder die Heimleitung nicht über die erforderliche Qualifikation verfügt,
5. den Bestimmungen über die ärztliche Behandlung gemäß §10 zuwiderhandelt,
6. gegen die Verschwiegenheitspflicht gemäß §12 verstößt.
(4) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs1 sind mit Geldstrafen bis zu 20.000 Euro zu bestrafen.
(5) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs2 sind mit Geldstrafen bis zu 10.000 Euro zu bestrafen.
(6) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs3 sind mit Geldstrafen bis zu 5.000 Euro zu bestrafen.
(7) Bei den Tatbeständen des Abs1 Z1 und 2 ist der Versuch strafbar.
(8) Eine Verwaltungsübertretung nach den vorstehenden Bestimmungen liegt nicht vor, wenn die Handlung oder Unterlassung den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet."
2. §4 der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. November 2017 über die Personalausstattung in Pflegeheimen (Personalausstattungsverordnung 2017 – PAVO), LGBl 99/2017, idF LGBl 25/2022 lautete:
"Pflegedienstleitung
§4. (1) Der Pflegedienstleitung obliegt die Leitung des Betreuungs- und Pflegedienstes.
(2) Das Anstellungsverhältnis der Pflegedienstleitung für ein Pflegeheim ab 70 bewilligten Betten hat 100% zu betragen. Das Ausmaß des Anstellungsverhältnisses ist bei einer niedrigeren Bettenanzahl aliquot zu berechnen. Für Pflegeheime mit bis zu 21 bewilligten Betten hat das Anstellungsverhältnis der Pflegedienstleitung jedenfalls 30% eines Vollzeitäquivalents zu betragen. Der Berechnung eines Vollzeitäquivalents ist eine Wochenarbeitszeit von 37 Stunden zu Grunde zu legen. Die Dienstzeiten der Pflegedienstleitung sind zu planen und zu dokumentieren.
(3) Die Pflegedienstleitung ist mit dem nach Abs2 festgelegten Ausmaß des Anstellungsverhältnisses bei der Berechnung des Personalschlüssels nicht zu berücksichtigen. In Pflegeheimen bis zu 40 bewilligten Betten kann die Funktion Pflegedienstleitung und die Funktion Heimleitung in einer Person erfüllt werden, sofern die jeweils dafür erforderlichen Ausbildungen und Qualifikationen nachgewiesen sind.
(4) Jeder Wechsel der Pflegedienstleitung ist vom Träger des Pflegeheimes unverzüglich der Bewilligungsbehörde unter Angabe des Ausmaßes des Anstellungsverhältnisses anzuzeigen."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem zu G65/2024 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Murtal verhängte mit Straferkenntnis vom 17. Jänner 2024 über die Pflegedienstleiterin eines näher bezeichneten Pflegeheimes eine Geldstrafe iHv € 300,-- wegen Übertretung von §18 Abs2 Z3 iVm §8 Abs3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003, weil sie als Pflegedienstleitung dieser Einrichtung zu verantworten habe, dass der Dienstplan nicht ordnungsgemäß geführt worden sei. Im Zuge einer Überprüfung am 25. Oktober 2022 sei nämlich festgestellt worden, dass eine näher bezeichnete Mitarbeiterin im Dienstplan für Oktober 2022 mit einer unrichtigen (zu niedrigen) Wochenstundenzahl ausgewiesen worden sei; mit der Mitarbeiterin sei bereits ab 1. September 2022 eine höhere Wochenstundenzahl vereinbart worden.
1.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Pflegedienstleiterin fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark. Aus Anlass dieser Beschwerde stellt das Landesverwaltungsgericht Steiermark den zu G65/2024 protokollierten Gesetzesprüfungsantrag.
2. Dem zu G70/2024 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung verhängte mit Straferkenntnis vom 22. Februar 2024 über die Pflegedienstleiterin eines näher bezeichneten Gesundheits- und Pflegezentrums eine Geldstrafe iHv € 300,-- wegen Übertretung von §18 Abs2 Z3 iVm §8 Abs3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003, weil sie als Pflegedienstleiterin ihre Verantwortung für die Qualität der Pflege und für die Organisation der pflegerischen Maßnahmen in der gesamten Einrichtung in der Zeit vom 19. Juni 2023 bis zum 21. Juni 2023 nur mangelhaft wahrgenommen habe, indem der von ihr erstellte Dienstplan für den Juni 2023 durch Verletzung der Sorgfaltspflichten nicht eingehalten worden sei; insbesondere sei eine bestimmte Pflegekraft im Dienstplan nicht angeführt worden und seien die Krankenstände von zwei Pflegekräften und ihr selbst nicht eingetragen worden; weiters habe sie bis zum 30. Juni 2023 noch keinen Dienstplan für den Juli 2023 erstellt.
2.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Pflegedienstleiterin fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark. Aus Anlass dieser Beschwerde stellt das Landesverwaltungsgericht Steiermark den zu G70/2024 protokollierten Gesetzesprüfungsantrag.
3. Dem zu G129/2024 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg verhängte mit Straferkenntnis vom 15. Jänner 2024 über den Pflegedienstleiter eines näher bezeichneten Pflegeheimes eine Geldstrafe iHv € 750,-- wegen Übertretung von §18 Abs2 Z3 iVm §8 Abs3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003, weil er es als Pflegedienstleiter zu verantworten habe, dass am 15. März 2023 kein Dienstplan vorgelegt werden konnte und die am 23. März 2023 vorgelegten Dienstpläne (aus näher bezeichneten Gründen) nicht nachvollziehbar gewesen seien.
3.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Pflegedienstleiter fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark. Aus Anlass dieser Beschwerde stellt das Landesverwaltungsgericht Steiermark den zu G129/2024 protokollierten Gesetzesprüfungsantrag.
4. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, in allen Anträgen wie folgt dar:
4.1. Das Bestimmtheitsgebot des Art18 Abs1 BVG verlange für Strafbestimmungen eine dem Rechtsschutzbedürfnis geschuldete, besonders genaue gesetzliche Determinierung des unter Strafe gestellten Verhaltens (Hinweis auf VfSlg 11.520/1987, 13.785/1994). Ferner sei für Strafbestimmungen auf Grundlage des §1 Abs1 VStG und des Art7 EMRK der Grundsatz zu beachten, dass eine Tat nur bestraft werden dürfe, wenn sie gesetzlich vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht gewesen sei und strafgesetzliche Vorschriften das strafbare Verhalten unmissverständlich und klar erkennen lassen würden. Die Rechtsordnung müsse, um dem Einzelnen die Möglichkeit zu geben, sich dem Recht gemäß zu verhalten und den Unrechtsgehalt seines Handelns und Unterlassens eindeutig zu erkennen, die Freiheitssphäre vom Gebiet des Unerlaubten deutlich abgrenzen. Tatbestände, an deren Übertretung eine Strafdrohung anknüpfe, müssten daher so abgefasst sein, dass sich für den Einzelnen Zweifel über die Rechtmäßigkeit seines Verhaltens in Bezug auf den Tatbestand nicht ergeben könnten (Hinweis auf VfSlg 11.520/1987).
4.2. Bei Blankettstrafnormen ergebe sich der Inhalt eines verwaltungsstrafrechtlichen Verbotes erst in Zusammenschau von der verweisenden Strafnorm mit dem verwiesenen Verbotsinhalt; die konkreten — das "Strafblankett" ausfüllenden — Verhaltensgebote könnten dabei unterschiedlicher Art sein. Gegen eine solche Gesetzestechnik bestünden insoweit keine Bedenken, als der Rechtsunterworfene zum Handlungszeitpunkt Inhalt und Grenzen des Verbotenen verlässlich zu bestimmen vermöge (Hinweis auf Lewisch/Fister/Weilguni, VStG 2, §1 Rz 6). Im Fall einer Blankettstrafnorm müsse aber der Tatbestand durch das Gesetz selbst mit genügender Klarheit als Verbotsnorm und damit als strafbarer Tatbestand gekennzeichnet sein, und zwar derart, dass jedermann ihn als solchen zu verstehen vermöge. Eine Verpflichtung zu einer bestimmten Tätigkeit müsse in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ablesbar sein (Hinweis auf VfSlg 12.947/1991, 17.349/2004, VwGH 8.3.2023, Ra 2022/03/0103).
4.3. Eine extensive Auslegung eines Strafgesetzes zu Lasten des Beschuldigten würde gegen Art7 EMRK verstoßen (Hinweis auf VfSlg 8903/1980). Der Gesetzgeber habe die Elemente eines strafbaren Tatbestandes genau zu umschreiben. Es dürfe nicht der "individuellen Vollziehung" überlassen bleiben, eine Strafnorm ergänzend auszulegen (Hinweis auf VfSlg 9401/1982).
4.4. Die Strafbestimmung des §18 Abs2 Z3 StPHG 2003 richte sich an die Pflegedienstleitung und zwar insofern, als sie die gemäß §8 Abs3 leg. cit. geforderte Verantwortung nicht oder nur mangelhaft wahrnehme. Demgegenüber richte sich §8 Abs3 StPHG 2003 nach seinem eindeutigen Wortlaut zunächst an den Träger eines Pflegeheimes, der verpflichtet sei, eine Fachkraft aus dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege als Pflegedienstleitung zu beschäftigen. Weiters werde in §8 Abs3 leg. cit. nur normiert, dass die Landesregierung durch Verordnung das Beschäftigungsausmaß für die Wahrnehmung der Leitung des Pflegedienstes festzulegen habe. Dies geschehe mit §4 der Personalausstattungsverordnung 2017. Aus §8 Abs3 StPHG 2003 würden sich keine Verhaltensvorgaben für die Pflegedienstleitung ergeben. Somit gehe der Verweis auf §8 Abs3 leg. cit. in der Strafbestimmung des §18 Abs2 Z3 StPHG 2003 ins Leere. Dort werde eben keine Verantwortung der Pflegedienstleitung geregelt. Auch die im Klammerausdruck des §18 Abs2 Z3 leg. cit. beispielhaft angeführten Verletzungen der Sorgfaltspflichten ("zB fehlender Dienstplan oder Verletzung der Sorgepflichten bei der Einhaltung des Dienstplans") würden nicht exakt wiedergeben, welche Verpflichtungen die Pflegedienstleitung konkret habe. Aus dem Wortlaut des §18 Abs2 Z3 StPHG 2003 sei für den Normunterworfenen (den Pflegedienstleiter) nicht mehr mit der im Strafrecht gebotenen Bestimmtheit erkennbar, welches konkrete Verhalten unter Strafe gestellt werden solle. Dies stelle einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 Abs1 B VG dar. Demgegenüber verweise §18 Abs2 Z2 StPHG 2003 zu Recht auf §8 Abs3 leg. cit., wonach eine Verwaltungsübertretung begehe, wer keine Pflegedienstleitung bestelle oder nicht dafür Sorge trage, dass diese über die erforderliche Qualifikation verfüge.
5. Die Steiermärkische Landesregierung hat zu den zu G65/2024 und zu G70/2024 protokollierten Gesetzesprüfungsanträgen unter Hinweis auf das Steiermärkische Pflege- und Betreuungsgesetz, LGBl 90/2024, das das Steiermärkische Pflegeheimgesetz 2003 mit Wirkung vom 1. Jänner 2025 ersetzt hat, von einer Äußerung Abstand genommen.
6. Die Partei des Verfahrens vor dem zu G70/2024 antragstellenden Gericht hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des antragstellenden Gerichtes anschließt.
7. Da der zu G129/2024 protokollierten Antrag den zu G64/2024 und zu G70/2024 protokollierten Anträgen der Sache nach im Wesentlichen gleicht, hat der Verfassungsgerichtshof davon abgesehen, ein weiteres Vorverfahren in dieser Rechtssache durchzuführen.
IV. Erwägungen
A. Zu den zu G65/2024 und zu G70/2024 protokollierten Anträgen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:
1. Zur Zulässigkeit der Anträge
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. Gemäß §15 Abs2 iVm §62 Abs1 VfGG hat ein Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder einer Gesetzesstelle diese(s) genau und eindeutig zu bezeichnen. Dazu ist – wenn die angefochtenen Bestimmungen bereits novelliert worden sind (vgl VfSlg 16.528/2002, 19.684/2012) – auch die angefochtene Fassung des Gesetzes oder der Gesetzesstelle genau zu bezeichnen, wenn sich die angefochtene Fassung nicht aus anderen Umständen (vgl etwa VfSlg 20.039/2016 sowie zur wörtlichen Wiedergabe der angefochtenen Bestimmung im Antrag etwa VfSlg 20.313/2019) eindeutig ergibt. Bezugspunkt einer genauen und eindeutigen Fassungsangabe ist, wenn nur ein Absatz angefochten wird, dieser Absatz und nicht etwa der Paragraph oder das Gesetz zur Gänze (VfGH 26.2.2025, V346/2023 ua Zlen.); sinngemäß Entsprechendes gilt, wenn nur die Ziffer eines Absatzes angefochten wird. Die in Anfechtung gezogene, präzise bezeichnete Fassung muss bei Gerichtsanträgen jene Fassung sein, die (denkmöglich) präjudiziell ist (vgl etwa VfSlg 18.033/2006).
1.3. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark ficht mit seinen Gesetzesprüfungsanträgen jeweils §18 Abs2 Z3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 an und gibt als maßgebliche Fassung LGBl 117/2021 (G 65/2024 und G70/2024) bzw LGBl 63/2018 (G 129/2024) an. Diese Fassungsangaben beziehen sich augenscheinlich auf das Stmk Pflegeheimgesetz 2003 insgesamt (G 65/2024 und G70/2024) bzw auf §18 leg. cit. zur Gänze (G 129/2024). Die angefochtene Z3 des §18 Abs2 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 geht unverändert auf die Novelle LGBl 66/2011 zurück, die §18 leg. cit. zur Gänze neu gefasst hat (die Novellen LGBl 177/2013 und LGBl 63/2018 haben lediglich andere Ziffern oder Absätze dieser Bestimmung betroffen). Das Landesverwaltungsgericht Steiermark gibt in seinen Anträgen den Wortlaut des §18 Abs2 Z3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 idF LGBl 66/2011 wörtlich wieder. Damit besteht kein Zweifel, dass das Landesverwaltungsgericht Steiermark jeweils §18 Abs2 Z3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 idF LGBl 66/2011 angefochten hat (vgl VfSlg 20.313/2019).
1.4. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Hauptanträge des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark als zulässig (der Antrag auf Aufhebung inkludiert auch den Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit). Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die Eventualanträge.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Die Anträge sind nicht begründet.
2.3. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hegt auf das Wesentliche zusammengefasst das Bedenken, dass die Verwaltungsstrafbestimmung des §18 Abs2 Z3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 in einer für Strafbestimmungen nicht hinzunehmenden Weise unbestimmt sei und daher gegen das Determinierungsgebot des Art18 Abs1 B VG verstoße.
2.4. Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip ausgesprochen, dass der Gesetzgeber klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen hat, wo er strafen will, und dass die Rechtsordnung dem Einzelnen die Möglichkeit geben muss, sich dem Recht gemäß zu verhalten (VfSlg 12.947/1991 mwN). Auch Art7 EMRK schließt das Gebot in sich, Strafvorschriften so klar zu gestalten, dass es dem Einzelnen möglich ist, sein Verhalten am Gesetz zu orientieren (VfSlg 11.776/1988 mwH). Nach der Judikatur sowohl des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte als auch des Verfassungsgerichtshofes ist diese Bedingung dann erfüllt, wenn der Einzelne aus dem Wortlaut der maßgeblichen Bestimmung erkennen kann, erforderlichenfalls aber auch mit Hilfe der Auslegung dieser Bestimmung durch Gerichte, welche Handlungen und Unterlassungen ihn strafbar werden lassen (EGMR 25.5.1993, Fall Kokkinakis, Appl 14.307/88, Z52; VfSlg 18.516/2008, 19.665/2012). Angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können, ist ganz allgemein — und zwar auch im Zusammenhang mit Verwaltungsstraftatbeständen — davon auszugehen, dass Art18 B VG einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad verlangt (VfSlg 13.785/1994, 16.993/2003, 17.349/2004, 18.516/2008, 20.288/2018; vgl im Besonderen zu Determinierungsanforderungen an Vorschriften, die sich an informierte Fachkreise wenden, VfSlg 16.993/2003).
2.5. Gemäß 18 Abs2 Z3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer "als Pflegedienstleitung die gemäß §8 Abs3 geforderte Verantwortung nicht oder nur mangelhaft wahrnimmt (zB fehlender Dienstplan oder Verletzung der Sorgfaltspflichten bei der Einhaltung des Dienstplans)". Gemäß §8 Abs3 leg. cit. hat der Träger eines Pflegeheimes "für den Bereich `Pflege´" eine (näher geregelten Anforderungen entsprechende) Fachkraft als Pflegedienstleitung zu beschäftigen, sofern er nicht selbst über die erforderliche Qualifikation verfügt. Gemäß §8 Abs5 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 hat der Träger eines Pflegeheimes "für den Bereich `Organisation, Qualitätssicherung und Leitung´" "neben der Pflegedienstleitung auch eine Heimleitung" zu beschäftigen. Daraus ergibt sich zunächst, dass §18 Abs2 Z3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 Verstöße gegen Vorschriften des Pflegeheimgesetzes oder der hiezu ergangenen Durchführungsverordnungen unter Strafe stellt, die dem "Bereich `Pflege´" zuzuordnen sind, deren Einhaltung nämlich in die Verantwortung der Pflegeheimleitung fällt (§8 Abs3 Stmk PflegeheimG 2003), sofern sich diese Vorschriften nicht ausdrücklich oder erschließbar an andere Adressaten richten und sofern Verstöße gegen solche Vorschriften nicht durch speziellere Strafbestimmungen erfasst sind (vgl etwa hinsichtlich der "Pflegedokumentation" §18 Abs2 Z5 leg. cit.). Verstöße gegen Vorschriften im Bereich der "Organisation, Qualitätssicherung und Leitung", sofern sie nicht den Bereich der "Pflege" zum Gegenstand haben, sind hingegen von §18 Abs2 Z3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 nicht erfasst (arg.: "neben ... auch" in §18 Abs5 leg. cit.). Aus der Differenzierung des Gesetzes zwischen "Betreuung" und "Pflege" (vgl insb. §2 Abs1 Stmk Pflegeheimgesetz 2003) folgt weiters, dass §8 Abs2 Z3 leg. cit. Verstöße gegen Vorschriften im Bereich der bloßen Betreuung nicht erfasst (auch wenn der Pflegedienstleitung gemäß §4 Abs1 Stmk Personalausstattungsverordnung 2017 neben der Leitung des Pflegedienstes auch jene des "Betreuungs-"Dienstes oblag). Weiters folgt aus §14 Abs2 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 klar, dass "Dienstpläne" zu erstellen sind; aus dem Klammerausdruck in §18 Abs2 Z3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 ergibt sich ebenfalls klar, dass die Verantwortung für die Erstellung und Einhaltung des Dienstplanes, soweit er den "Bereich `Pflege´" betrifft (§8 Abs3 leg. cit.), bei der Pflegedienstleitung liegt.
2.6. Der Verfassungsgerichtshof vermag daher (insbesondere, was die Anlassfälle anlangt) nicht zu erkennen, dass der Normgehalt des §18 Abs2 Z3 Stmk Pflegeheimgesetz 2003 unter Heranziehung aller Auslegungsmethoden in verfassungswidriger Weise unbestimmt ist.
Die Anträge erweisen sich damit als unbegründet.
B. Zu dem zu G129/2024 protokollierten Antrag
In dem zu G129/2024 protokollierten Antrag werden dieselben Bedenken gegen die angefochtene Bestimmung des §18 Abs2 Z3 Stmk Pflegeheimgesetz wie in den zu G65/2024 und zu G70/2024 protokollierten Anträgen vorgebracht.
Aus diesem Grund hat der Verfassungsgerichtshof gemäß §19 Abs3 Z4 VfGG davon abgesehen, ein weiteres Verfahren in dieser Rechtssache durchzuführen. Dies erfolgt im Hinblick darauf, dass die in den Verfahren über die Anträge zu G129/2024 aufgeworfenen Rechtsfragen durch die Entscheidung über die zu G65/2024 und zu G70/2024 protokollierten Anträge bereits geklärt sind (vgl VfSlg 20.244/2018).
V. Ergebnis
1. Die Anträge sind daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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