Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Sachverhalt und Antrag
1. Mit Beschluss vom 22. Mai 2024 gab das Bezirksgericht Feldkirch dem Antrag der minderjährigen Antragsteller auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß §3 und §4 Z1 UVGstatt. Der Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch wurde dem Kinder- und Jugendhilfeträger als dem gesetzlichen Vertreter der Antragsteller am 22. Mai 2024 und dem Kindesvater als Zahlungsempfänger spätestens am 3. Juni 2024 zugestellt.
2. Die Antragsteller, vertreten durch den Kindesvater, erhoben gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Feldkirch am 11. Juni 2024 gemäß §15 Abs1 UVG Rekurs.
3. Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2024 stellen die Antragsteller, vertreten durch den Kindesvater, beim Verfassungsgerichtshof einen auf Art140 Abs1 Z1 litd BVG gestützten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge sowohl §62a Abs1 Z7 VfGG als auch die Wortfolge "alleiniger" in §9 Abs2 UVG, in eventu §9 Abs2 UVG zur Gänze, als verfassungswidrig aufheben.
II. Rechtslage
1. §62a Abs1 Z7 des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 – VfGG, BGBl 85/1953, idF BGBl I 88/2023, lautet wie folgt (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):
(1) Eine Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, kann einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben (Art140 Abs1 Z1 litd B VG). Die Stellung eines solchen Antrages ist unzulässig:
[…]
7. im Verfahren gemäß den Bestimmungen des UVG;
[…]"
2. Das Bundesgesetz über die Gewährung von Vorschüssen auf den Unterhalt von Kindern (Unterhaltsvorschußgesetz 1985 – UVG), BGBl 451/1985, idF BGBl 58/2010, lautet auszugsweise wie folgt (die mit Eventualantrag angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):
"Vertretung
(1) Wer zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche des Kindes berufen ist, hat dieses auch bei Stellung des Antrags auf Gewährung von Vorschüssen auf den gesetzlichen Unterhalt und in dem gerichtlichen Verfahren darüber zu vertreten.
(2) Der Jugendwohlfahrtsträger wird mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem Vorschüsse gewährt werden, alleiniger gesetzlicher Vertreter des minderjährigen Kindes zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche.
(3) Die Einstellung der Vorschüsse ist kein Grund zur Beendigung der Vertretung nach Abs2. Im Fall der Vorschussgewährung bloß nach §4 Z2 oder 3 ist der Jugendwohlfahrtsträger zu entheben, wenn er zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs des Kindes nach der Lage des Falles nichts beizutragen vermag und keine Rückstände aus Vorschüssen nach §3 oder §4 Z1 oder 4 bestehen.
[…]
Rechtsmittel
(1) Beschlüsse im Verfahren über die Gewährung von Vorschüssen können von den Beteiligten nur mit Rekurs angefochten werden. Der Bund übt sein Rekursrecht durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts aus.
(2) Der Rekurs kann nicht auf Umstände gestützt werden, die den Grund oder die Höhe des Unterhaltsanspruchs des Kindes betreffen, es sei denn, daß solche Umstände Tatbestandsmerkmale des §4 Z2, 3 oder 4 oder des §7 Abs1 sind."
III. Zur Zulässigkeit
Der Antrag ist unzulässig.
1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd BVG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Ein Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes ist gemäß §62 Abs2 VfGG nur zulässig, wenn das Gesetz in der "anhängigen Rechtssache" unmittelbar anzuwenden bzw wenn die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht der Antragsteller wäre.
2. Die Antragsteller fechten mit ihrem Parteiantrag unter anderem §62a Abs1 Z7 VfGG an. Nach dieser Bestimmung ist die Stellung eines auf Art140 Abs1 Z1 litd BVG gestützten (Partei-)Antrages auf Aufhebung von Gesetzen wegen Verfassungswidrigkeit "im Verfahren gemäß den Bestimmungen des UVG" unzulässig.
Da diese Bestimmung im gerichtlichen Anlassverfahren nicht präjudiziell im Sinne des Art140 Abs1 Z1 litd BVG iVm §62 Abs2 VfGG ist, ist der Antrag auf Aufhebung von §62a Abs1 Z7 VfGG unzulässig.
3. Der Verfassungsgerichtshof sieht auch keinen Grund, aus Anlass des Antrages von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §62a Abs1 Z7 VfGG einzuleiten:
Gemäß Art140 Abs1a B VG kann die Stellung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG durch Bundesgesetz für unzulässig erklärt werden, wenn dies zur Sicherung des Zwecks des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht erforderlich ist. Der Ausschluss eines auf Art140 Abs1 Z1 litd B VG gestützten (Partei)Antrages auf Aufhebung von Gesetzen wegen Verfassungswidrigkeit "im Verfahren gemäß den Bestimmungen des UVG" (§62a Abs1 Z7 VfGG) wird in den Erläuterungen folgendermaßen begründet:
"Das Unterhaltsvorschußgesetz 1985 – UVG, BGBl Nr 451/1985, dient im Wesentlichen der Unterhaltssicherung von Kindern, denen der ihnen gesetzlich zustehende Geldunterhalt trotz eines vollstreckbaren Titels vom Unterhaltsverpflichteten nicht ausgezahlt wird. Die Entscheidung über den Anspruch auf Unterhalt (gegen die Eltern) selbst und über dessen Höhe erfolgt im gerichtlichen Unterhaltsverfahren, in dem der Partei die Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens hinsichtlich der den gesetzlichen Unterhalt regelnden Vorschriften offen steht.
Ein Parteiantrag auf Normenkontrolle würde dem Unterhaltsverpflichteten (als Partei des Verfahrens) die Möglichkeit eröffnen, eine rasche Klärung der Rechtslage zu verhindern und die Auszahlung von Unterhaltsvorschüssen zu verzögern. Der Parteiantrag auf Normenkontrolle soll daher im Verfahren gemäß den Bestimmungen des UVGnicht zulässig sein."
Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass der Gesetzgeber vor dem Hintergrund der Zielsetzung, im Verfahren gemäß den Bestimmungen des UVGeine rasche Klärung der Rechtslage und die Auszahlung von Unterhaltsvorschüssen zu ermöglichen, die Stellung eines Parteiantrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B VG im Lichte des Art140 Abs1a BVG in zulässiger Weise in §62a Abs1 Z7 VfGG ausgeschlossen hat. Das Unterhaltsvorschussverfahren weist auf Grund seines Zwecks Spezifika auf, die es dem Gesetzgeber erlauben, von der ihm durch Art140 Abs1a B VG eingeräumten Ermächtigung Gebrauch zu machen.
4. Der vorliegende Antrag auf Aufhebung von (Teilen des) §9 Abs2 UVG erweist sich deshalb als unzulässig, weil er verspätet eingebracht wurde:
Seit der Aufhebung von Teilen des §62a VfGG durch den Verfassungsgerichtshof (VfSlg 20.074/2016) ist das zeitliche Verhältnis zwischen der Erhebung des Rechtsmittels gegen die Entscheidung des ordentlichen Gerichts und dem Parteiantrag vor dem Verfassungsgerichtshof unmittelbar vor dem Hintergrund des Art140 Abs1 Z1 litd B VG zu beurteilen. Demnach ist ein Parteiantrag rechtzeitig, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt wird. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit ist die Einbringung des Antrages beim Verfassungsgerichtshof (vgl
VfGH 12.10.2016, G215/2016
mwN).
Gemäß §15 Abs1 UVG können Beschlüsse im Verfahren über die Gewährung von (Unterhalts-)Vorschüssen von den Beteiligten nur mit Rekurs angefochten werden. Die Rechtsmittelfrist beträgt nach §46 Abs1 AußStrG vierzehn Tage ( Neumayr, §15 UVG, in: Schwimann/Kodek [Hrsg.], ABGBPraxiskommentar 5 , 2019, Rz 22). Die Frist für den Rekurs gegen den (spätestens) am 3. Juni 2024 zugestellten Beschluss des Bezirksgerichts Feldkirch vom 22. Mai 2024 endete daher (spätestens) am 17. Juni 2024. Da der vorliegende Antrag nicht innerhalb dieser Frist beim Verfassungsgerichtshof eingebracht wurde, sondern erst am 28. Juni 2024, fehlt es bereits aus diesem Grund an einer Prozessvoraussetzung im Sinne von Art140 Abs1 Z1 litd B VG.
5. Der Antrag ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 litb VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.
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