I. Die Beschwerde wird in Bezug auf den Erstbeschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen.
II. Der Zweit- und Drittbeschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird daher insoweit abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Mit Eingabe vom 6. Juni 2022 wurde die Errichtung des Vereins "***" der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg angezeigt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 7. Juli 2022 erging die Einladung der Behörde an den Verein, im Sinne der vorgelegten Statuten die Vereinstätigkeit aufzunehmen.
2. Mit Schreiben des Bundesministers für Inneres vom 24. August 2022 erging – unter Anschluss eines Schreibens des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten – ein Ersuchen an die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg eine vereinsrechtliche Überprüfung einzuleiten sowie über veranlasste Maßnahmen den Bundesminister für Inneres zu informieren. Grund für dieses Ersuchen war der Umstand, dass das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten bereits "seit mehreren Wochen zahlreiche an den Herrn Bundesminister persönlich adressierte Mitteilungen angeblicher 'Delegierter' des 'Office Human Rights' (…) [erhalten habe], in denen behauptet wird, dass die Inhaber der Ausweise 'geschützte Personen' aufgrund der Genfer Abkommen von 1949, der VN Menschenrechtspakte von 1966 und des humanitären Völkerrechts seien und daher diplomatische Immunität genießen würden." Im Rahmen des daraufhin geführten Ermittlungsverfahrens holte die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg eine Stellungnahme des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Steiermark ein.
Nach Überprüfung der Tätigkeit des Vereins wurde schließlich mit Bescheid vom 28. Dezember 2022 der Verein behördlich aufgelöst, weil er den statutengemäßen Wirkungskreis überschritten habe und zudem den Bedingungen seines rechtlichen Bestandes nicht mehr entspreche bzw nie entsprochen habe. Begründend wurde ausgeführt, dass zum einen die Satzung des Vereins nicht die Ausstellung von die politische Immunität versprechenden Delegierten Ausweisen vorsehe (Überschreitung des statutenmäßigen Wirkungsbereiches) und zum anderen es sich bei dem angeführten Vereinssitz um einen Scheinsitz handle, da weder Präsident noch Vizepräsident des Vereins laut Auskunft des Zentralen Melderegisters in Österreich wohnhaft seien und zudem an der angeführten Vereinsadresse bereits ein anderer, nicht mit dem Verein "***" in Zusammenhang stehender Verein seinen Vereinssitz habe.
3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung – mit Erkenntnis vom 2. August 2023 als unbegründet ab. In seiner Begründung führt das Landesverwaltungsgericht Steiermark (erneut) ua aus, dass der Verein "***" durch die Ausstellung von Delegiertenpässen, welche dessen Inhaber "politische Immunität" versprechen würden, seinen statutenmäßigen Wirkungskreis überschritten habe, zumal dies in der Satzung nicht vorgesehen sei. Darüber hinaus ergebe sich aus der Stellungnahme des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Steiermark, "dass sämtliche Inhalte des Vereins '***' der Diktion einer staatsfeindlichen Verbindung […] entsprechen" und zudem die Vertreter des Vereins diesen über den statutenmäßigen Wirkungsbereich hinausgehend als "Deckmantel zur (strafgesetzwidrigen) Verbreitung staatsfeindlicher Ideologien unter dem Schutz der Vereinsfreiheit gegründet und fortgesetzt" hätten.
4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Vereinsfreiheit, sowie allenfalls in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger genereller Normen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Der Verein beabsichtige nicht – anders als das Landesverwaltungsgericht Steiermark meint – seinen Mitgliedern durch die Ausstellung von Delegiertenpässen "diplomatische Immunität" zu versprechen, sondern stütze sich vielmehr auf die "Resolution 53/144 der Vereinten Nationen". Die erkennende Richterin des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark verkenne diesen Sachverhalt und lasse die genannte Resolution völlig unerwähnt. Die Ausstellung der Delegiertenpässe diene dem Vereinszweck, nämlich der Förderung der Menschenrechte. Letztlich sei die Auflösung des Vereins ausschließlich auf die Stellungnahme des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Steiermark gestützt worden, wobei jedoch dem Verein Akteneinsicht in diesen Bericht verweigert worden sei.
5. Die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg hat die Verwaltungsakten, welche auch die Stellungnahme des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Steiermark enthalten, vorgelegt und keine Gegenschrift erstattet.
6. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat die Gerichtsakten vorgelegt und ebenfalls auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
7. Der Bundesminister für Inneres hat ua eine Stellungnahme der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst vorgelegt.
II. Rechtslage
§29 Vereinsgesetz 2002, BGBl I 66/2002, lautet:
"Behördliche Auflösung
§29.
(1) Jeder Verein kann unbeschadet des Falls nach §2 Abs3 bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art11 Abs2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, mit Bescheid aufgelöst werden, wenn er gegen Strafgesetze verstößt, seinen statutenmäßigen Wirkungskreis überschreitet oder überhaupt den Bedingungen seines rechtlichen Bestands nicht mehr entspricht.
(2) Ist eine Abwicklung nicht erforderlich, so müssen die Eintragung der rechtskräftigen behördlichen Auflösung im Vereinsregister und die anderen, zu diesem Zeitpunkt aktuell gewesenen Registerdaten - abweichend von §17 Abs2 - noch ein Jahr nach Eintragung der Auflösung allgemein abfragbar bleiben (§17 Abs1). Bis zur Betriebsaufnahme des Zentralen Vereinsregisters ist die behördliche Auflösung überdies von der Vereinsbehörde unverzüglich in einer für amtliche Verlautbarungen bestimmten Zeitung zu veröffentlichen.
(3) Bei Vorhandensein eines Vereinsvermögens hat die Vereinsbehörde die angemessenen gesetzmäßigen Vorkehrungen zu dessen Sicherung zu treffen.
(4) Schließlich hat die Vereinsbehörde bei Vorhandensein eines Vereinsvermögens dieses abzuwickeln. Wenn dies aus Gründen möglichster Sparsamkeit, Raschheit, Einfachheit oder Zweckmäßigkeit, insbesondere im berechtigten Interesse Dritter, erforderlich ist, hat sie einen von ihr verschiedenen Abwickler zu bestellen."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit:
1.1. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl jüngst VfGH 20.9.2022, E3490/2021 mwH) sind nach rechtskräftiger behördlicher Auflösung eines Vereins lediglich die ehemaligen Vereinsmitglieder Träger der Vereinsfreiheit; nur sie sind es, die berechtigt sind, gegen die Vereinsauflösung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben.
Zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung vor dem Verfassungsgerichtshof war die Auflösung des Vereins bereits im Vereinsregister eingetragen, weshalb keine Beschwerdelegitimation des Vereins selbst (Erstbeschwerdeführer) vorliegt.
1.2. In Bezug auf den Zweit- und Drittbeschwerdeführer sind, zumal diese ehemalige Vereinsmitglieder sind, keine Bedenken in Bezug auf deren Beschwerdelegitimation entstanden, sodass in Bezug auf diese beiden Beschwerdeführer die Beschwerdelegitimation gegeben ist.
2. Die – insoweit zulässige – Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
2.1. Bedenken gegen die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsvorschriften sind – aus Sicht des Beschwerdefalles – nicht entstanden.
Ein Eingriff in das durch Art11 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte – unter Gesetzesvorbehalt stehende – Recht ist dann verfassungswidrig, wenn die ihn verfügende Entscheidung ohne Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art 11 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn bei Erlassung der Entscheidung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet wurde; ein solcher Fall liegt vor, wenn die Entscheidung mit einem so schweren Fehler belastet ist, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise ein verfassungswidriger, insbesondere ein dem Art11 Abs1 EMRK widersprechender und durch Art11 Abs2 EMRK nicht gedeckter Inhalt unterstellt wurde (vgl VfSlg 19.994/2015 mwN).
Die behördliche Auflösung eines Vereins selbst (§29 VerG; vgl zB VfSlg 19.078/2010, 19.120/2010, 19.208/2010) wie auch die Erklärung, dass die Vereinsgründung nicht gestattet ist (§12 VerG; vgl zB VfSlg 13.025/1992, 16.395/2001, 19.260/2010), sind, so wie die Beurteilung der Frage, ob überhaupt ein Verein iSd Art11 EMRK vorliegt, Entscheidungen, die den Kernbereich der Vereinsfreiheit betreffen. Eingriffe sind nur zulässig, wenn sie zur Erreichung der in Art11 Abs2 EMRK genannten Ziele zwingend notwendig sind (vgl die in Bezug auf das Versammlungsrecht ergangenen Entscheidungen VfSlg 19.961/2015, 19.962/2015). Eine Entscheidung darüber obliegt dem Verfassungsgerichtshof (vgl VfSlg 19.994/2015).
2.2. Gemäß §29 Abs1 Vereinsgesetz kann ein Verein behördlich aufgelöst werden, wenn er gegen Strafgesetze verstößt, seinen statutenmäßigen Wirkungskreis überschreitet oder überhaupt den Bedingungen seines rechtlichen Bestandes nicht mehr entspricht. Ein Verein überschreitet seinen statutenmäßigen Wirkungskreis, wenn er statutenwidrige Ziele verfolgt oder wenn er sich zur Verfolgung seiner statutenmäßigen Ziele Mittel bedient, die nicht in den Statuten vorgesehen sind.
Diesen Auflösungsgrund sieht das Landesverwaltungsgericht Steiermark im vorliegenden Fall als gegeben, da der Verein "***" durch die Ausstellung von "Delegiertenpässen" den Inhabern dieser Ausweise politische Immunität in Aussicht stellte. Bedenkt man, dass Vereinsmitglieder nach Ausstellung von "Delegiertenpässen" durch Vereinsorgane mit Schreiben an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten moniert haben, "vollumfängliche Immunität für die geschützte Person" zu besitzen, trifft die Beurteilung durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark zu, dass das Ziel der Vereinsgründung darin gelegen ist, den Vereinsmitgliedern die Erlangung politischer Immunität im Sinne eines Schutzes vor gerichtlicher und anderer behördlicher Verfolgung zu sichern. Die im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Stellungnahmen des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Steiermark sowie der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst erhärten diese Annahme. Dieser Vereinszweck ist jedoch in den Statuten nicht ausgewiesen und hätte auch dort nicht verankert werden können, da er wohl als gesetzwidrig bzw letztlich überhaupt faktisch unmöglich zu beurteilen gewesen wäre.
Die Gründe für die Auflösung eines Vereins müssen grundsätzlich erst nach Bildung des Vereins eingetreten sein, um die Auflösung zu rechtfertigen (vgl VfSlg 2468/1953); diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall jedenfalls gegeben, zumal der Verein erst nach seiner Gründung mit der Ausstellung von politische Immunität versprechenden Ausweisen begonnen hat. Damit liegt bereits jedenfalls ein schwerwiegender Grund vor, der die Auflösung des Vereins rechtfertigt.
Ob weitere Auflösungsgründe vorliegen, kann bei diesem Ergebnis dahinstehen.
3. An dieser Beurteilung ändert auch die Tatsache nichts, dass der Verein auch, aber nicht nur – im Lichte des Vereinsgesetzes und des Art11 Abs2 EMRK – unbedenkliche Aktivitäten aufweist, muss er sich doch zur Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit seines rechtlichen Bestandes an dem zur Auflösung berechtigenden Verhalten messen lassen (VfSlg 19.208/2010).
4. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark durfte somit den Verein im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung im Sinne des Art11 Abs2 EMRK gemäß §29 Abs1 Vereinsgesetz behördlich auflösen.
5. Die Vereinsauflösung war somit zulässig. Die Zweit- und Drittbeschwerdeführer sind daher nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Vereinsfreiheit verletzt worden.
6. Die Verletzung eines weiteren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes kommt angesichts der festgestellten Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht in Betracht (vgl zB VfSlg 8567/1979, 9567/1982).
IV. Ergebnis
1. Die Beschwerde wird in Bezug auf den Erstbeschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde ist in Bezug auf den Zweit- und Drittbeschwerdeführer abzuweisen. Die behauptete Verletzung dieser beiden Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Vereinsfreiheit hat sohin nicht stattgefunden.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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