Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litc B VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, den Satz "Besteht kein geeigneter Arbeitsplatz, so ist die Dienstnehmerin von der Arbeit freizustellen." in §2b (Abs2) MSchG und die Wortfolge "des §2b," in §14 Abs2 MSchG als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
Die relevanten Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes 1979 (MSchG), BGBl 221/1979 (Wv), lauten in der hier maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt (die angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):
"Maßnahmen bei Gefährdung
§2b. (1) Ergibt die Beurteilung Gefahren für die Sicherheit oder Gesundheit von werdenden oder stillenden Müttern oder mögliche nachteilige Auswirkungen auf die Schwangerschaft oder das Stillen, so hat der Dienstgeber diese Gefahren und Auswirkungen durch Änderung der Beschäftigung auszuschließen.
(2) Ist eine Änderung der Arbeitsbedingungen aus objektiven Gründen nicht möglich oder dem Dienstgeber oder der Dienstnehmerin nicht zumutbar, so ist die Dienstnehmerin auf einem anderen Arbeitsplatz zu beschäftigen. Besteht kein geeigneter Arbeitsplatz, so ist die Dienstnehmerin von der Arbeit freizustellen.
Beschäftigungsverbote für werdende Mütter
§3. (1) Werdende Mütter dürfen in den letzten acht Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung (Achtwochenfrist) nicht beschäftigt werden.
(2) Die Achtwochenfrist (Abs1) ist auf Grund eines ärztlichen Zeugnisses zu berechnen. Erfolgt die Entbindung früher oder später als im Zeugnis angegeben, so verkürzt oder verlängert sich diese Frist entsprechend.
(3) Über die Achtwochenfrist (Abs1) hinaus darf eine werdende Mutter auch dann nicht beschäftigt werden, wenn nach einem von ihr vorgelegten Zeugnis eines Arbeitsinspektionsarztes oder eines Amtsarztes Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet wäre.
(4) – (8) […]"
"Weiterzahlung des Arbeitsentgelts
§14. (1) Macht die Anwendung des §2b, des §4, des §4a, des §5 Abs3 und 4 oder des §6, soweit §10a Abs3 nicht anderes bestimmt, eine Änderung der Beschäftigung im Betrieb erforderlich, so hat die Dienstnehmerin Anspruch auf das Entgelt, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie während der letzten 13 Wochen des Dienstverhältnisses vor dieser Änderung bezogen hat. Fallen in diesen Zeitraum Zeiten, während derer die Dienstnehmerin infolge Erkrankung oder Kurzarbeit nicht das volle Entgelt bezogen hat, so verlängert sich der Zeitraum von dreizehn Wochen um diese Zeiten; diese Zeiten bleiben bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes außer Betracht. Die vorstehende Regelung gilt auch, wenn sich durch die Änderung der Beschäftigung der Dienstnehmerin eine Verkürzung der Arbeitszeit ergibt, mit der Maßgabe, daß der Berechnung des Entgelts die Arbeitszeit zugrunde zu legen ist, die für die Dienstnehmerin ohne Änderung der Beschäftigung gelten würde. Bei Saisonarbeit in einer im §4 Abs2 Z9 bezeichneten Art ist der Durchschnittsverdienst der letzten dreizehn Wochen nur für die Zeit weiterzugewähren, während der solche Arbeiten im Betrieb verrichtet werden; für die übrige Zeit ist das Entgelt weiterzugewähren, das die Dienstnehmerin ohne Vorliegen der Schwangerschaft erhalten hätte.
(2) Dienstnehmerinnen, die gemäß §3 Abs3 nicht beschäftigt werden dürfen, und Dienstnehmerinnen, für die auf Grund des §2b, des §4, des §4a, des §5 Abs3 und 4 oder des §6 keine Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb besteht, haben Anspruch auf ein Entgelt, für dessen Berechnung Abs1 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass im Falle des §3 Abs3 der Durchschnittsverdienst nach den letzten 13 Wochen vor Eintritt des Beschäftigungsverbotes zu berechnen ist.
(3) Der Anspruch nach Abs1 und 2 besteht nicht für Zeiten, während derer Wochengeld oder Krankengeld nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz bezogen werden kann; ein Anspruch auf einen Zuschuß des Dienstgebers zum Krankengeld wird hiedurch nicht berührt.
(4) Die Dienstnehmerin behält den Anspruch auf sonstige, insbesondere einmalige Bezüge im Sinne des §67 Abs1 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl Nr 400, in den Kalenderjahren, in die Zeiten des Bezuges von Wochengeld nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz fallen, in dem Ausmaß, das dem Teil des Kalenderjahres entspricht, in den keine derartigen Zeiten fallen."
III. Sachverhalt und Antragsvorbringen
1. Der Antragsteller ist diplomierter Tierarzt und Betreiber einer Tierklinik in Neuhofen/Krems. Eine bei ihm beschäftigte Tierärztin teilte ihm am 15. Juli 2014 mit, dass sie schwanger sei. Da in der Tierklinik des Antragstellers ausschließlich Tätigkeiten anfallen, die eine Gefährdung für die Sicherheit und Gesundheit einer werdenden Mutter darstellen, eine Änderung der Arbeitsbedingungen oder eine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz aber nicht möglich waren, stellte der Antragsteller seine Dienstnehmerin gemäß §2b Abs2 MSchG von der Arbeit frei.
2. In weiterer Folge beantragte die Dienstnehmerin am 28. August 2014 bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: Oö. GKK) die Auszahlung von Wochengeld und gab als voraussichtlichen Entbindungstermin den 18. Februar 2015 an. Ferner legte sie ein ärztliches Zeugnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 25. August 2014 vor, mit dem die Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung bis zum Beginn der Schutzfrist gemäß §3 Abs1 MSchG bescheinigt wurde. Der Dienstnehmerin wurde daraufhin von der Oö. GKK ab dem 25. August 2015 Wochengeld gewährt.
3. Mit einer beim Landesgericht Wels als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage begehrte die Dienstnehmerin sodann, die Oö. GKK schuldig zu sprechen, ihr das Wochengeld im gesetzlichen Ausmaß auch für den Zeitraum von 15. Juli 2014 bis 24. August 2014 samt 4% Zinsen seit 24. August 2014 zu bezahlen. Diese Klage wurde mit Urteil vom 19. November 2015 abgewiesen. Begründend führte das Landesgericht Wels aus, dass für den Zeitraum von 15. Juli 2014 bis 24. August 2014 kein Anspruch auf Wochengeld, sondern vielmehr ein solcher gemäß §2b Abs2 iVm §14 Abs2 MSchG auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Dienstgeber bestanden habe.
4. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 litc B VG gestützten Individualantrag begehrt der Antragsteller, jene Vorschriften des MSchG als verfassungswidrig aufzuheben, die ihn als Dienstgeber bei Fehlen eines geeigneten Arbeitsplatzes für eine werdende Mutter zur Dienstfreistellung sowie zur Entgeltfortzahlung verpflichten. Begründend führt er aus, dass in einer Tierklinik für Tierärztinnen niemals ein geeigneter Arbeitsplatz iSd §2b Abs2 MSchG bereitgestellt werden könne, da dort für eine werdende Mutter stets gefährliche Tätigkeiten zu verrichten seien. Dies habe zur Konsequenz, dass Dienstgeber in diesem Tätigkeitsfeld regelmäßig zur Entgeltfortzahlung verpflichtet und damit in unsachlicher Weise gegenüber anderen Berufsgruppen benachteiligt würden. Nach Ansicht des Antragstellers sei nur eine Lösung verfassungskonform, bei der der zuständige Versicherungsträger dazu verpflichtet würde, der werdenden Mutter ab dem Zeitpunkt der Dienstfreistellung Wochengeld zu gewähren.
5. Hinsichtlich seiner Antragslegitimation bringt der Antragsteller vor, dass die angefochtenen Wortfolgen des MSchG unmittelbar in seine Rechtssphäre eingreifen und dass ihm ein anderer Weg, um seine Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, nicht offen stehe. Insbesondere sei es ihm unzumutbar, ein Urteil oder einen Bescheid zu erlangen, da er auch im Verfahren vor dem Landesgericht Wels keine Partei gewesen sei.
IV. Erwägungen
1. Der Antrag ist unzulässig.
1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
1.2. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist also, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
2. Eine solcher unmittelbarer Eingriff in Form einer aktuellen Betroffenheit des Antragstellers liegt aber nicht vor:
2.1. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Individualantrages ist es, dass die angefochtene Norm im Zeitpunkt der Antragstellung (noch) rechtliche Wirkungen für den Antragsteller entfaltet. §2b Abs2 MSchG verpflichtet Dienstgeber dazu, im Falle von Gefahren für die Sicherheit oder Gesundheit von werdenden oder stillenden Müttern oder möglichen nachteiligen Auswirkungen auf die Schwangerschaft die Dienstnehmerin auf einem anderen Arbeitsplatz zu beschäftigen, wenn eine Änderung der Arbeitsbedingungen aus objektiven Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Besteht kein solcher Arbeitsplatz, so ist die Dienstnehmerin gemäß §2b Abs2 letzter Satz MSchG vom Dienst freizustellen. In einem solchen Fall hat die Dienstnehmerin gemäß §14 Abs2 MSchG Anspruch auf Weiterzahlung des Arbeitsentgelts.
2.2. Der Antragsteller ist als Betreiber einer Tierklinik Dienstgeber iSd MSchG und wird damit auch von §2b Abs2 letzter Satz MSchG als auch von §14 Abs2 MSchG adressiert. Er ist aber von diesen Vorschriften nicht (mehr) aktuell betroffen. Wie nämlich dem – vom Antragsteller vorgelegten – Urteil des Landesgerichts Wels entnommen werden kann, bestand die Verpflichtung zur Dienstfreistellung und Entgeltfortzahlung lediglich im Zeitraum von 15. Juli 2014 bis 24. August 2014. Ab 25. August 2014 aber wurde der Dienstnehmerin des Antragstellers von der Oö. GKK Wochengeld gewährt. Dies schließt gemäß §14 Abs3 MSchG einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus. §2b Abs2 und §14 Abs2 MSchG greifen daher seit 25. August 2014 nicht mehr unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers ein.
3. Der Antrag ist somit schon aus diesen Gründen unzulässig.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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