Der Bund (Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) ist schuldig, dem Land Wien 1,106.398,58 S samt 4 % Zinsen seit 8. Juli 1980 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Entscheidungsgründe:
I. Mit der am 8. Juli 1980 erhobenen Klage begehrt das Land Wien, den Bund schuldig zu erkennen, im Sinne des §57 Abs3 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) für die Zeit vom 1. Juli 1977 bis 30. Juni 1980 den Aufwand für die Benützung der ihm vom Landeshauptmann für die Überprüfung von Fahrzeugen zur Verfügung gestellten Einrichtungen zu vergüten: einen Anteil an den Mietkosten für die angemieteten Prüfanlagen und den Besoldungsaufwand für einen beigestellten Beamten der Verwendungsgruppe C im (zuletzt eingeschränkten) Betrag von zusammen 1,106.398,58 S und 4 % Zinsen).
Die Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge sei aufgrund der baulichen Gegebenheiten nicht in der Lage gewesen, Kraftfahrzeuge und Anhänger mit einer Fahrzeughöhe von mehr als 3,5 m oder solche von größerer Länge zureichend zu überprüfen. Die Stadt Wien habe Prüfanlagen samt Wartungspersonal von der A, Serviceund Handelsgesellschaft mbH angemietet, der Mietvertrag habe in seiner ursprünglichen Fassung aber nur die Prüfung von höchstens 2.200 Fahrzeugen jährlich ermöglicht. Um auch die mit 1.200 geschätzte Zahl von Großfahrzeugen für den Bund prüfen zu können, habe der Mietvertrag entsprechend abgeändert werden müssen, was zu einer Erhöhung des Mietzinses von 240.000 S auf 370.000 S (und Umsatzsteuer) jährlich und der Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung für jedes die Zahl von 3.400 übersteigende Fahrzeug in der Höhe von 109 S - wertgesichert - geführt habe. Außerdem sei ein Werkmeister aus dem Personalstand des Landes (Verwendungsgruppe C) zur technischen Abwicklung des Prüfvorganges beigestellt worden, der durchschnittlich 20 Überstunden monatlich habe leisten müssen. Zum Anteil an den Mietkosten in der Höhe von (eingeschränkt) 470.707,93 S kämen daher noch 746.139,16 S an Besoldungsaufwand, weshalb nach Abzug eines inzwischen bezahlten Teilbetrages von 110.348,51 S die eingeklagte Summe von (richtig: 1,106.498,58 S nach dem Klagebegehren aber nur) 1,106.398,58 S offen sei.
Der beklagte Bund bestreitet die Notwendigkeit der Beistellung eigener persönlicher Mittel und der Erweiterung der Kapazität der Prüfanlage von 2.200 auf 3.400 Fahrzeuge. §57 Abs3 KFG verpflichte ihn nur zu einer Vergütung für die Benützung der Einrichtungen nach Maßgabe der tatsächlichen Inanspruchnahme (Auslastung). Grund für diese Verpflichtung sei nach den Gesetzesmaterialien, daß dem Bund der Kostenbeitrag des Fahrzeughalters zufließe. Die Bestimmung sei daher einschränkend auszulegen: es seien alle jene Aufwendungen auszuschließen, die dem Land unabhängig von der Inanspruchnahme durch den Bund erwüchsen. Einzusetzen sei nur jener Aufwand, der durch die tatsächliche Zurverfügungstellung der Prüfeinrichtungen erwachse. Auch die Kosten der Überschreitung der vereinbarten Fahrzeugzahl könnten nicht dem Bund angelastet werden, da es sich nur um eine "Entschädigung für die verursachte Abnützung des Mietobjektes" handle. Das Land habe die ursprüngliche Kapazität außerdem gar nicht ausgeschöpft. Das Begehren auf Ersatz für die Beistellung von Einrichtungen zur Überprüfung einer 2.200 übersteigenden Anzahl von Kraftfahrzeugen und des Besoldungsaufwandes für einen Bediensteten sei daher unbegründet. Im übrigen hätten nach den jeweils geltenden Bestimmungen der Finanzausgleichsgesetze den Aufwand für die bei den Behörden der allgemeinen Verwaltung in Verwendung stehenden Bediensteten die Länder zu tragen. "Vorsichtsweise" wird auch die Angemessenheit der Ansprüche der Höhe nach bestritten.
In der nach Fällung des Erkenntnisses A6/80 vom 13. Oktober 1986 verfaßten Replik geht das klagende Land davon aus, daß unter einer Einrichtung im Sinne des §57 Abs3 KFG ein Bestand von sachlichen und persönlichen Mitteln zu verstehen sei, verweist darauf, daß nur ein Prüfhelfer, dessen Tätigkeit näher geschildert wird, nicht der als Sachverständige tätig gewordene Prüfer selbst in Rechnung gestellt werde, und legt dar, daß der für die Erweiterung der Einrichtung maßgebende Bedarf im Einvernehmen mit der Bundespolizeidirektion Wien mit 1.200 zusätzlichen Prüfungen geschätzt worden sei. Es komme nicht darauf an, wieviele Fahrzeuge tatsächlich geprüft worden sind; maßgeblich sei vielmehr, wieviele zur Prüfung vorgeladen worden sind oder hätten werden können. 1977 hätten 318 Hauptuntersuchungen für den Bund stattgefunden, 1978 999, 1979 888 und 1980 913; die Summe von Hauptprüfungen und Nachprüfungen habe 1977 396, 1978 1488, 1979 1325 und 1980 1435 betragen; schon 1983 hätten allein die Hauptprüfungen die Zahl von 1.200 überstiegen. Zu günstigeren Bedingungen sei die Beistellung der Prüfeinrichtungen nicht möglich gewesen.
Der beklagte Bund hat von einer Stellungnahme zu dieser Replik abgesehen.
II. Aus den Akten ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der für die Zeit ab 1. Jänner 1977 zwischen der A und der Stadt Wien abgeschlossene Mietvertrag über ein Betriebsgebäude und Betriebseinrichtungen, nämlich
hatte in Punkt 17 einen Mietzins von 240.000 S jährlich und Umsatzsteuer (wertgesichert auf Basis des Verbraucherindex) für die
"Benützung für die Untersuchung und Prüfung von Kraftfahrzeugen und Anhängern im Zusammenhang mit der Durchführung behördlicher Verfahren sowie für die Überprüfung von Kraftfahrzeugen, die im Eigentum der Stadt Wien stehen",
mit der Maßgabe vorgesehen, daß für die 2.200 übersteigende Zahl von Fahrzeugen eine Entschädigung für vermehrte Abnutzung zu leisten sei.
Im Frühjahr 1977 kam es im Hinblick auf die Unmöglichkeit, Fahrzeuge von mehr als 3,5 m Gesamthöhe in der Bundesprüfanstalt zu überprüfen, zu Verhandlungen zwischen der Bundespolizeidirektion und dem Magistrat Wien. Nach Auffassung der Bundespolizeidirektion war mit der Überprüfung von 1.200 Fahrzeugen zu rechnen. Auf Grund dessen wurde Punkt 17 des Mietvertrages mit der A mit Wirkung vom 1. Juli 1977 dahin abgeändert, daß der Mietzins auf 370.600 S erhöht und für jedes die Zahl von 3.400 übersteigende Fahrzeug (bis zur Gesamtzahl von 4.000) 109 S an Abnützungsentschädigung vereinbart wurde; bloße Nachprüfungen sollten der Zahl der überprüften Fahrzeuge nicht zuzurechnen sein.
Für die vom klagenden Land selbst durchgeführten Überprüfungen (für Einzelgenehmigungen und Änderungen nach §31 KFG) fehlen Statistiken über die Zeit vor 1982. Für 1982 sind
2.370 Überprüfungen ausgewiesen; in den späteren Jahren erhöhte sich die Zahl.
III. Die Klage ist zulässig und begründet.
1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der VfGH ua. über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Dazu gehört auch die Entscheidung von Streitigkeiten über Ansprüche nach §57 Abs3 KFG 1967 (vgl. VfSlg. 7875/1976 und 11064/1986).
2. Dem Grunde nach steht die Ersatzpflicht des Bundes nach §57 Abs3 KFG fest. Für die Einzelheiten genügt es, auf die zu dieser Gesetzesstelle bereits ergangenen, das Land Oberösterreich betreffenden Erkenntnisse VfSlg. 7875/1976 und 11064/1986 zu verweisen. Soweit der beklagte Bund von abweichenden Auffassungen ausgeht, erübrigt sich eine neuerliche Auseinandersetzung mit seinen Einwendungen. Seiner Art nach ist der vom klagenden Land geltend gemachte Aufwand insgesamt vergütungsfähig.
War aber in den das Land Oberösterreich betreffenden Fällen der in Betracht kommende Gesamtaufwand für die vom Land selbst errichteten Prüfeinrichtungen nach dem Maße der Inanspruchnahme auf Land und Bund erst aufzuteilen, geht es im vorliegenden Fall von vornherein nur um die Mehrkosten, die Wien dadurch entstanden sind, daß es die Möglichkeit geschaffen hat, größere Fahrzeuge auch über Auftrag der Bundespolizeidirektion Wien zu überprüfen. Diesen Aufwand kann das Land in der Tat vom Bund ersetzt verlangen:
Der Gerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 7875/1976 ausgesprochen, daß die Ersatzpflicht des Bundes auf die Vergütung jenes Aufwandes beschränkt ist,
". . . der dadurch entsteht, daß die Einrichtungen in gesicherter Funktionsfähigkeit (allenfalls mit dem für ihre Bedienung notwendigen Hilfspersonal) für die Benützung durch die Sachverständigen zur Verfügung stehen".
Der Aufwand dafür, daß die Einrichtungen dem Bund "zur Verfügung stehen", entsteht aber grundsätzlich ohne Rücksicht darauf, ob der Bund die Einrichtungen dann auch tatsächlich in Anspruch nimmt. Erwächst dem Land allein deshalb, weil dem Bund die Einrichtung für seine Zwecke zur Verfügung stehen muß, ein ganz bestimmter Aufwand (für sachliche und persönliche Mittel), ist die Vegütungspflicht für diesen Aufwand folglich nicht von der tatsächlichen Inanspruchnahme abhängig. Muß nun der Gerichtshof im vorliegenden Fall davon ausgehen, daß der ursprüngliche Mietvertrag (ungeachtet der für die Überschreitung der Zahl vorgesehenen Entschädigung für Abnützung) nur die Überprüfung von höchstens 2.200 Fahrzeugen erlaubte, die Kapazität der Prüfeinrichtung für Zwecke des Landes schon ausgeschöpft und der höhere Mietzins allein auf den voraussichtlichen Bedarf des Bundes zurückzuführen war - die Zweifel des beklagten Bundes beruhen auf einer mißverständlichen Deutung der von ihm genannten Ziffern -, so muß dieser Aufwand schon deshalb vergütet werden, weil dem Bund die Einrichtung zur Verfügung stand. Der Einwand, es seien in den Streitjahren noch nicht volle 1.200 Fahrzeuge zur Hauptuntersuchung gestellt worden, greift unter diesen Umständen nicht. Der Bund hat auch nicht etwa dargetan, daß er durch vorherigen Verzicht auf die Inanspruchnahme der Einrichtungen in der Urlaubszeit den auf diese Zeit entfallenden Teil des zusätzlichen Besoldungsaufwandes überflüssig gemacht hätte.
Im übrigen knüpft das Gesetz die Vergütungspflicht des Bundes an den tatsächlichen Aufwand des Landes an. Innerhalb eines gewissen, durch die Grundsätze der Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit gegebenen Rahmens muß der Bund daher die wirtschaftliche Gebarung des Landes hinnehmen. Einen Anspruch auf Überprüfung der Angemessenheit des tatsächlich getätigten Aufwandes hat er nur, wenn Verdacht besteht, dieser Rahmen wäre überschritten worden. Daß der von der Stadt Wien vereinbarte Mietzins offenkundig überhöht wäre, hat der Bund aber nicht konkret behauptet und kann der VfGH nicht finden; die Finanzprokuratur selbst hat in einer Einsichtsbemerkung zum Schriftwechsel zwischen dem Magistrat Wien und dem Bundesminister für Inneres den Mietzins als "prima vista nicht übermäßig hoch" bezeichnet.
Der Klage ist mithin stattzugeben.
Die im Streit stehenden Gebietskörperschaften hatten Gelegenheit, ihre Standpunkte auch nach Fällung des Erkenntnisses A6/80 ausführlich darzulegen. Da die wesentlichen Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofes bereits genügend klargestellt sind und von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs4 VerfGG idF BGBl. 297/1984).
Kosten sind nicht verzeichnet.
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