Der Antrag wird zurückgewiesen, soweit er sich gegen Art7 Z5, Z11, Z14 und Z16 (soweit §207n Abs1, §236c Abs1, §284 Abs50 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 und Z1.2.4. lite der Anlage 1 zum Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 betroffen sind), Art8 Z1 bis 9, Z12 bis 15, Z18 bis 24 und Z27 (soweit §28 Abs1, §31 Abs2, §42 Abs1, §48 Abs1, §48a Abs1, §55 Abs1, §65 Abs1, §72 Abs1, §74a Abs1, §85 Abs1, §87 Abs2, §89 Abs1, §109 Abs1, §114 Abs2 Z1 bis 5, §117a Abs2, §118 Abs3, 4 und 5, §158 Abs2 und §165 Abs1 des Gehaltsgesetzes 1956 und ArtIV Abs3 der 31. Gehaltsgesetz-Novelle BGBl. Nr. 662/1977 betroffen sind), Art9 Z1 bis 5, Z9 bis 20, Z23 (soweit §2c Abs2, §11 Abs1, §14 Abs1, §41 Abs1, §44, §49q Abs1 und Abs1a, §49v Abs1, §54, §56, §61 Abs1, §71 Abs1, §71 Abs2, §72 Abs1, §72 Abs2, §73 Abs2, §74 Abs2, §95 Abs1 und 1a und §100 Abs36 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 betroffen sind), Art10 Z1, Z1a, Z9, Z9a und Z10 (soweit §66 Abs1, §67 Z1 und Z2, §166e Abs1, §168 Abs2 und §173 Abs33 des Richterdienstgesetzes betroffen sind), Art11 Z3, Z10 und Z13 (soweit §13a Abs1, §115e Abs1 und §123 Abs43 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 betroffen sind), Art12 Z3, Z10 und Z13 (soweit §13a Abs1, §124e Abs1 und §127 Abs31 des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 betroffen sind), Art14 Z5, Z6a, Z11 bis 13, Z16, Z16a, Z21 und Z26 (soweit §9, §25a Abs4, §61 Abs3, §88 Abs1, §90 Abs1, 2, 3, 6 und 7, §90a, §91 Abs6, §93 Abs5, §94 Abs5 und §102 Abs44 Z2 des Pensionsgesetzes 1965 betroffen sind), Art15 Z5, Z12, Z15, Z17 und Z20 (soweit §5b Abs2, §18a Abs1, §18f Abs5, §18h Abs1, §18j Abs2 und 5 und §18k des Bundestheaterpensionsgesetzes betroffen sind), Art18 Z1, Z10 und Z11 (soweit §2 Abs1, §60 Abs5, §64 Abs2 und 3 des Bundesbahn-Pensionsgesetzes betroffen sind), Art19 Z1 bis 5 (soweit §2 Abs8 und §21 des Bundesbahngesetzes 1992 betroffen sind), Art39 Z7, Z27, Z32, Z32a, Z33 litc, Z35 lita, und Z36 (soweit §11a Abs7, §37 Abs8, §93 Abs3 Z4, §94 Z10, §94a Abs2 Z1, §97 Abs1 und §98 Z5 des EStG 1988 betroffen sind), Art40 Z3 und Z5 (soweit §22 Abs2 Z4 und §26a Abs16 Z2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 betroffen sind), Art41 Z1 und Z10 litb (soweit §30 Abs3 und §20 Abs6 Z2 Umgründungssteuergesetz betroffen sind), Art42 Z5a, Z6, Z8, Z10, Z11, Z12 und Z18 (soweit §6 Abs1 Z6 litd, §11 Abs1, §14 Abs1 Z1, §19 Abs2 Z1 litb, §20 Abs1 zweiter Satz, §20 Abs2 Z2 und §26 Abs5 des UStG 1994 betroffen sind), Art54 Z7 (soweit §4 Abs4 des Energieabgabenvergütungsgesetzes betroffen ist), Art73 Teil 2 Z2, Z2b, Z3a, Z6a, Z41, Z44 sowie Teil 3 Z16 und Z17 (soweit §70b Abs1,
§70b Abs2, §91 Abs1, §103 Abs2, §227 Abs1 Z1, §415 Abs1 und 3, §460b Z1 litb, §607 Abs7, 9, 11, 12, 13, 17a, 18 und 23 des ASVG betroffen sind), Art74 Teil 2 Z1a, Z2, Z3a, Z4a, Z5a und Z32 (soweit §25 Abs6a,
§33a Abs1, §33a Abs2, §60 Abs1, §71 Abs2, §116 Abs7, §298 Abs1 Z1 und 2, Abs2 Z2, Abs7, 9, 11, 12, 13, 16, 18 des GSVG betroffen sind), Art75 Teil 1 Z8, Art75 Teil 2 Z2, Z3a, Z4a, Z5a und Z32 (soweit §33c,
§56 Abs1, §67 Abs2, §107 Abs7, §286, §287 Abs1 Z1, Abs3, 7, 9, 11, 12, 13, 16 und 18 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes betroffen sind), Art76 Teil 1 Z5a, Z5b und Z6 sowie Art76 Teil 2 Z1 bis 3 und Z14 (soweit §27a, §206, §44 Abs2 und §159 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes betroffen sind), Art83 Z8, Z17, Z21 und Z27 (soweit §16 Abs1 lito, §27 Abs4, §39a Abs5 und Abs6 sowie §79 Abs70, 72 und 73 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 betroffen sind), Art85 Z3, Z4 und Z7 (soweit §35 Abs2, §35 Abs3 und 6 und §78 Abs13 des Arbeitsmarktservicegesetzes betroffen sind) des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71, richtet.
Im übrigen wird der Antrag abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit ihrem am 19. September 2003 beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten, auf Art140 B-VG gestützten Antrag (datiert mit 18. September 2003) begehren 69 Mitglieder des Nationalrates, das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I 71, als verfassungswidrig aufzuheben. Bei der Erlassung dieses "Sammelgesetzes" seien einerseits das demokratische und rechtsstaatliche Bauprinzip der Bundesverfassung verletzt, andererseits die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Geschäftsordnung des Nationalrates, BGBl. Nr. 410/1975 (im folgenden: GOG NR), nicht eingehalten worden. Diese Bedenken werden wie folgt begründet:
"1. Nichtauflage des Ausschussberichtes gemäß §44 GOG-NR
Das Budgetbegleitgesetz ist aus folgenden Gründen wegen Verstoßes gegen die zwingende Verfahrensvorschrift des §44 GOG verfassungswidrig:
Das Budgetbegleitgesetz 2003 wurde am 11. Juni 2003 in der 20. Sitzung der XXII. GP des Nationalrates beschlossen.
Die 20. Sitzung des Nationalrates wurde für 10. Juni 2003, 10.00 Uhr vom Präsidenten des Nationalrates einberufen. Nach Bekanntgabe des Einlaufes und anderer Verkündigungen des Präsidenten (z.B. Redezeitvereinbarung) wurde der Tagesordnungspunkt 1 eröffnet; der Erstredner begann mit seinen Ausführungen um 10.04 Uhr (siehe dazu die Rednerliste der 20. Sitzung des Nationalrates).
In der 18. Sitzung des Nationalrates am 4. Juni 2003 war von den Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner der Antrag gestellt worden, dem Budgetausschuss gem. §43 GOG für seine Beratungen über das Budgetbegleitgesetz 2003 eine Frist bis 6. Juni 2003 zu setzen. Dieser Antrag war mit den Stimmen von den Abgeordneten der ÖVP und der FPÖ, also mit der notwendigen einfachen Mehrheit, angenommen worden. Es war daher dem Budgetausschuss für seine Beratungen über das Budgetbegleitgesetz 2003 eine Frist bis zum 6. Juni 2003 gesetzt (siehe dazu das Amtliche Protokoll der 18. Sitzung des Nationalrates).
Die Beratungen des Budgetausschusses über das Budgetbegleitgesetz 2003 wurden am Donnerstag, 5. Juni 2003 abgeschlossen (siehe dazu das Amtliche Protokoll des Budgetausschusses).
Gemäß §42 Abs1 GOG hat der Ausschuss am Schluss der Verhandlungen einen Berichterstatter für den Nationalrat zu wählen, der das Ergebnis der Verhandlungen, insbesondere hinsichtlich der Beschlüsse des Ausschusses, in einem schriftlichen Bericht zusammenzufassen hat.
Gemäß §44 Abs1 GOG darf die Verhandlung eines von einem Ausschuss vorzuberatenden Gegenstandes im Nationalrat in der Regel nicht vor Ablauf von 24 Stunden nach erfolgter Verteilung des Ausschussberichtes stattfinden. Diese Bestimmung über die 24-stündige Auflagefrist trägt dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlungen des Nationalrates (Art32 B-VG) und dem Recht der Abgeordneten auf Information über die Verhandlungsgegenstände Rechnung (vgl. Atzwanger/Zögernitz, NR-GO3 (1999), 239). Dem ist hinzuzufügen, dass das GOG von der Verteilung des schriftlichen Ausschussberichtes, wie er von der Parlamentsdirektion ausgefertigt wird, ausgeht. Nur dieser ist authentisch und kann Gegenstand der Verhandlungen und Abstimmungen werden. Eine Publikation des Ausschussberichtes oder von Teilen davon im Internet ist kein Ersatz für die schriftliche Verteilung der amtlichen Ausfertigung selbst. Die Geschäftsordnung sieht zwingend die Verteilung schriftlicher Ausschussberichte vor, eine allfällige Publikation im Internet wurde weder bekannt noch hätte eine solche die Verteilung des Ausschussberichtes ersetzen können.
Zusätzlich führen Atzwanger/Zögernitz aus, dass dem Gesetzeswortlaut dann entsprochen wird, wenn die Verhandlung über die Vorlage nicht vor Ablauf der Frist beginnt. Dem Sinn des Gesetzes - einer entsprechenden Information der Abgeordneten - ist jedoch nur entsprochen, wenn die Sitzung, auf deren Tagesordnung die Vorlage steht, nicht vor Ablauf der 24-stündigen Aufliegefrist beginnt.
Diese Bestimmung gewinnt im gegenständlichen Fall unzweifelhaft an Bedeutung: Der reine Gesetzestext des Budgetbegleitgesetzes 2003 umfasst nämlich 207 DIN-A4-Seiten. Die erläuternden Bemerkungen inkl. Textgegenüberstellung der Regierungsvorlage (59 dB XXII. GP) belaufen sich auf 540, der - zu spät verteilte - Ausschussbericht immerhin noch auf 33 A4-Seiten. Das zur Debatte am 10. Juni gelangende Konvolut umfasste also insgesamt 780 A4-Seiten. Auch wenn die Regierungsvorlage bereits längere Zeit im Nationalrat aufgelegen ist und sich die Abgeordneten informieren hätten können, so ist doch der Ausschussbericht in Zusammenhang mit der Regierungsvorlage maßgeblich für eine Vorbereitung auf die Debatte, denn nur daraus geht hervor, was tatsächlich in Verhandlung steht. Diese Überlegung trifft zwar immer zu, jedoch bei Sammelgesetzen diesen Ausmaßes ganz besonders.
Der Geschäftsordnungsgesetzgeber hat mit §44 Abs2 GOG einen einzigen Tatbestand vorgesehen, wie von dieser 24-stündigen Auflagefrist abgesehen werden kann:
'(2) Nur aufgrund eines Vorschlages des Präsidenten und des darüber mit 2/3-Mehrheit gefassten Beschlusses des Nationalrates kann von der Vervielfältigung des Ausschussberichtes und von der 24-stündigen Frist abgesehen werden.'
Der Geschäftsordnungsgesetzgeber hat daher diese 24-Stunden-Frist unter einen besonderen Schutz gestellt. Sie kann nur auf Vorschlag des Präsidenten - also nicht auf Antrag eines Abgeordneten - und mit qualifizierter Mehrheit - nämlich mit 2/3-Mehrheit - verkürzt werden. Eine weitere Möglichkeit von dieser Frist abzusehen, sieht das Geschäftsordnungsgesetz nicht vor.
Der Ausschussbericht des Budgetausschusses über das Budgetbegleitgesetz (111 d.B.) wurde den Abgeordneten am Dienstag, 10. Juni 2003, 7.45 Uhr zugestellt. Die Zustellung erfolgte dabei durch Zustellung in die Räumlichkeiten des Parlamentsklubs der SPÖ. Sollte dieser Zeitpunkt bestritten werden, lässt er sich leicht durch Vernehmung der mit der Verteilung beauftragten Bediensteten der Parlamentsdirektion und der mit der Übernahme im SPÖ-Klub betrauten Bediensteten feststellen.
Den 69 Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei Österreichs wurde daher der Ausschussbericht zum Budgetbegleitgesetz 2003 (111 d.B.) nicht 24 Stunden vor der Aufnahme der Beratungen (oder Beginn der diesbezüglichen Nationalratssitzung), sondern lediglich etwas mehr als zwei Stunden vor Beginn der Beratungen zugestellt.
Die Aufnahme des Berichtes des Budgetausschusses über das Budgetbegleitgesetz 2003 auf die Tagesordnung der 20. Sitzung des Nationalrates erfolgte daher gegen die Bestimmung des §44 Abs1 GOG und war daher geschäftsordnungswidrig. Eine Aufnahme dieses Berichtes auf die Tagesordnung hätte gemäß §44 Abs2 GOG nur dann erfolgen dürfen, wenn der Präsident des Nationalrates einen Vorschlag auf Absehen von der 24-stündigen Auflagefrist gestellt hätte und dieser Vorschlag die 2/3-Mehrheit der anwesenden Abgeordneten gefunden hätte.
Wird dagegen eingewandt, dass dem Budgetausschuss zur Berichterstattung eine Frist mit 6. Juni 2003 gesetzt wurde, so ist auf die Bestimmung des §44 Abs3 GOG zu verweisen, die lediglich vorsieht, dass nach Ablauf einer dem Ausschuss zur Berichterstattung gesetzten Frist die Verhandlung in der dem Fristablauf nachfolgenden Sitzung selbst dann zu beginnen hat, wenn ein schriftlicher Ausschussbericht nicht vorliegt. Diese Bestimmung derogiert jedoch den Bestimmungen des §44 Abs1 und 2 GOG nicht, da eine Erfüllung der Fristsetzung auch dadurch möglich ist, dass - falls ein Ausschussbericht nicht vorliegt oder nicht rechtzeitig verteilt werden kann - die Regierungsvorlage auf die Tagesordnung gestellt wird. In diesem Fall wäre aber nicht über die Vorlage für das Budgetbegleitgesetz 2003 in der Fassung des Ausschussberichtes, sondern in der der Regierungsvorlage zu verhandeln und abzustimmen gewesen.
Der nicht näher begründeten Meinung von Atzwanger/Zögernitz, dass im Fall einer Fristsetzung das Gesetz die Einhaltung der 24-stündigen Aufliegefrist nicht vorsieht, kann in dieser Allgemeinheit nicht beigetreten werden, da sich ein solcher Ansatz weder aus dem klaren Gesetzeswortlaut, noch aus einem zwingenden Interpretationsgrundsatz ergibt.
Vielmehr hat der Geschäftsordnungsgesetzgeber selbst eine Wertung vorgenommen:
Er hat die Beschlussfassung über eine Fristsetzung mit einfacher Mehrheit normiert und die über die Abstandnahme von der 24-stündigen Auflagefrist mit 2/3-Mehrheit. Dadurch hat der Geschäftsordnungsgesetzgeber aber auch eine Wertung vorgenommen, welches Rechtsgut mit einer höheren Schutzfunktion ausgestattet wird. Und diese Entscheidung hat der Geschäftsordnungsgesetzgeber zugunsten der 24-stündigen Auflagefrist getroffen, also zugunsten des Rechtes der Abgeordneten auf Information über die Verhandlungsgegenstände.
Die erwähnte Bemerkung von Atzwanger/Zögernitz zu §44 Abs3 GOG kann also höchstens dahingehend zu verstehen sein, dass bei Fristsetzungen die Einhaltung der 24-stündigen Aufliegefrist dann nicht erforderlich ist, wenn sie tatsächlich nicht eingehalten werden kann, weil der Ausschuss seine Beratungen zwar nicht rechtzeitig zur Einhaltung der 24-Stunden-Frist, aber noch rechtzeitig vor Beginn der Sitzung abgeschlossen hat. In einem derartigen Fall, der in der parlamentarischen Praxis durchaus vorkommen kann, wäre die Interpretation von Atzwanger/Zögernitz vertretbar, sie dürfte sich auch nur auf diesen Fall beziehen. Nach Auffassung der Antragsteller wäre aber auch in einem derartigen Fall die Regierungsvorlage an Stelle des Ausschussberichtes den Beratungen zu Grunde zu legen, besagt doch der eindeutige Wortlaut des §44 Abs3 lediglich, dass nach Ablauf eine[r] de[m] Ausschuss zur Berichterstattung gesetzten Frist die Verhandlung in der dem Fristablauf nachfolgenden Sitzung selbst dann zu beginnen hat, wenn ein schriftlicher Ausschussbericht nicht vorliegt.
Indessen lag ein solcher Fall eines weniger als 24 Stunden vor der Sitzung beschlossenen Ausschussberichtes nicht vor: Die Ausschussberatungen wurden am Donnerstag, 5. Juni 2003 abgeschlossen. Der nächste Termin für eine Sitzung des Nationalrates war der Dienstag, der 10. Juni 2003. Zwischen diesen beiden Ereignissen lagen 4 volle Kalendertage. Die Einhaltung der 24-stündigen Auflagefrist wäre daher leicht möglich gewesen. Es wäre sogar möglich gewesen, den Ausschussbericht am Freitag, dem 6. Juni zu erstellen und zu vervielfältigen und ihn am Montag, dem 9. Juni in den frühen Vormittagsstunden zur Verteilung zu bringen. Insofern wären - abgesehen davon, dass dies für parlamentarische Fristen ohnehin keine Rolle spielt - nicht einmal Arbeiten außerhalb der normalen Wochenarbeitszeiten notwendig gewesen.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten:
Dem Budgetausschuss wurde für die Berichterstattung über das Budgetbegleitgesetz 2003 eine Frist mit 6. Juni 2003 gesetzt.
Der Ausschussbericht wurde an die Abgeordneten am Dienstag, 10. Juni 2003, um 7.45 Uhr über den Klub zugestellt.
Die Beratungen über den Bericht des Budgetausschusses (111 d.B.) erfolgte als TOP 1 in der 20. Sitzung des Nationalrates, die am Dienstag, 10. Juni 2003, 10.00 Uhr aufgenommen wurde.
Der Präsident des Nationalrates hat keinen Vorschlag gemäß §44 Abs2 GOG dem Nationalrat unterbreitet, von der 24-stündigen Auflagef[r]ist gem. §44 Abs1 GOG abzusehen; der Nationalrat hat daher in Folge auch nicht mit 2/3-Mehrheit einen diesbezüglichen Beschluss gefasst.
Bezugnehmend auf die Fristsetzung hätte daher die Regierungsvorlage (59 d.B.) betreffend das Budgetbegleitgesetz 2003 vom Präsidenten des Nationalrates auf die Tagesordnung gesetzt werden müssen.
Die Beschlussfassungen über das Budgetbegleitgesetz erfolgten daher nicht dem Geschäftsordnungsgesetz entsprechend, also geschäftsordnungswidrig.
Da die Bestimmungen des §44 Abs1 GOG über die 24-stündige Auflagefrist zu jenen Bestimmungen gehört, die sichern sollen, dass in den Gesetzesbeschlüssen die wahre Meinung der Mehrheit des Nationalrates zum Ausdruck kommt, indem sie nämlich den Abgeordneten die Möglichkeit gibt, sich über die Verhandlungsgegenstände zu informieren und entsprechend darauf vorzubereiten, belastet ein Verstoß dagegen ein solcherart zustande gekommenes Gesetz als Ganzes mit Verfassungswidrigkeit.
Im konkreten Fall des Budgetbegleitgesetzes 2003, dessen Umfang - wie oben erwähnt - mehrere hundert Seiten beträgt und mit dem 84 verschiedene Gesetze (die in keinem anderen Zusammenhang als dem der Budgethoheit des Bundes stehen) geändert und 6 neue Gesetze erlassen wurden, verdeutlicht sich der Zweck der Bestimmung des §44 Abs1 GOG hinreichend, so dass kein Zweifel darüber bestehen kann, dass dieses Sammelgesetz wegen geschäftsordnungswidrigem Zustandekommen zur Gänze verfassungswidrig ist.
2. Verstoß gegen das demokratische und das rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfassung
Die Antragsteller sind der Auffassung, dass das Budgetbegleitgesetz aus folgenden Gründen gegen das demokratische und das rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfassung verstößt und daher verfassungswidrig ist:
Das demokratische Prinzip und das rechtsstaatliche Prinzip, wie sie unbestrittener Maßen der österreichischen Bundesverfassung zu Grunde liegen, bedingen und ergänzen einander: Das demokratische Prinzip sichert, dass die Normunterworfenen selbst oder durch ihre Repräsentanten in demokratisch legitimierter Weise die Gesetze erlassen (Art1 B-VG verheißt: 'Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.') Zum Gesetzgeber beruft Art24 B-VG den Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat, Art26 B-VG sieht für den Nationalrat die unmittelbare Wahl durch das Bundesvolk vor. Das Rechtsstaatlichkeitsprinzip sichert wiederum, dass die Rechtsordnung soweit inhaltlich bestimmt ist, dass die Bürger sich inhaltlich an vom demokratische[n] Gesetzgeber beschlossenen Gesetzen orientieren können und die Vollziehung insoweit durch die Gesetzgebung gebunden ist. Wesentlicher Gedanke des Rechtsstaates ist das Prinzip der Rechtssicherheit, und die Möglichkeit für den Bürger, die Einhaltung des Rechts auch überprüfen zu lassen, was wiederum die Rückbindung an den im Gesetz geäußerten Willen des demokratischen Gesetzgebers garantiert.
Das demokratische Prinzip und das rechtsstaatliche Prinzip erfordern gemeinsam, dass Gesetze einerseits tatsächlich inhaltlich von dem vom Volk gemäß Art26 B-VG gewählten Repräsentanten inhaltlich besch[l]ossen werden (im folgenden Punkt a), andererseits, dass Gesetze selbst so sind, dass sich der Normunterworfene daran orientieren kann (ein Ausfluss des zum Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gehörenden Legalitätsprinzips, im folgenden Punkt b).
In beiderlei Hinsicht verletzt das angefochtene Gesetz das demokratische und das rechtsstaatliche Prinzip; überdies verletzte das Gesetzgebungsverfahren die zur Sicherung der Einhaltung dieser Prinzipien erlassenen Verfahrensbestimmungen der Geschäftsordnung des Nationalrates gehäuft und schwer.
a) Angesichts der Vielfalt vom Gesetzgeber zu regelnder Inhalte sieht das (in Art30 Abs2 B-VG vorgesehene und mit erhöhter Bestandsgarantie ausgestattete) Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl. Nr. 410/1975, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 163/1998, (im folgenden: GOG-NR) eine Spezialisierung der Beratungstätigkeit von Abgeordneten und damit auch der Abgeordneten selbst vor. Gemäß §32 Abs1 GOG-NR sind zur Vorberatung der Verhandlungsgegenstände Ausschüsse zu wählen, deren Zusammensetzung das Stärkeverhältnis der Klubs widerspiegelt. Gemäß §69 Abs6 und 7 und §70 GOG-NR sind Gesetzesvorschläge zwingend in Ausschüssen vorzuberaten. Grundsätzlich kann kein Gesetzesvorschlag vom Plenum des Nationalrates ohne Vorberatung im Ausschuss beschlossen werden.
Die Ausschussmitglieder sind berechtigt und verpflichtet (§11 GOG-NR!), an den Beratungen ihrer Ausschüsse teilzunehmen. Sie werden im Falle ihrer Verhinderung durch gewählte Ersatzmitglieder vertreten (§32 Abs3 GOG-NR). Ausnahmsweise kann ein verhindertes Ausschussmitglied gemäß §32 Abs4 GOG-NR auch durch einen anderen Abgeordneten des selben Klubs nach schriftlicher Meldung beim Obmann des Ausschusses durch den Klub vertreten werden (dazu im folgenden).
Wie erwähnt sichern diese Vorschriften die Möglichkeit der Arbeitsteilung zwischen den Abgeordneten. Diese Arbeitsteilung ist Voraussetzung dafür, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung der Abgeordneten mit Gesetzesvorschlägen tatsächlich möglich ist und so die Abgeordneten auf den Inhalt des Gesetzes Einfluss nehmen können. Diese Möglichkeit wird ihnen genommen, wenn, wie im Falle des angefochtenen Gesetzes, sämtliche Materien in einem Gesetz zusammengefasst werden und dieses dann nur in einem einzigen Ausschuss beraten werden kann. Die Zuweisung eines Gesetzesantrages an mehrere Ausschüsse sieht die Geschäftsordnung nicht vor, was ein weiterer Hinweis darauf ist, dass derartige Sammelgesetze völlig unterschiedlicher Materien nicht geschäftsordnungskonform sind.
Mit dem Budgetbegleitgesetz wurde de facto die gesamte Gesetzesproduktion zumindest eines Jahres (aber mit einer Wirksamkeit für Jahrzehnte, siehe Pensionsreform und Abfangjägerkauf) in ein einziges Gesetz verpackt. Die unterschiedlichen Materien dieser Gesetze hätten zumindest von folgenden Ausschüssen beraten werden müssen: Ausschuss für Arbeit und Soziales, Bautenausschuss, Familienausschuss, Finanzausschuss, Gesundheitsausschuss, Industrieausschuss, Ausschuss für innere Angelegenheiten, Justizausschuss, Landesverteidigungsausschuss, Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Ausschuss für Sportangelegenheiten, Umweltausschuss, Unterrichtsausschuss, Verfassungsausschuss, Verkehrsausschuss und Wirtschaftsausschuss. Anstelle dessen wurden sämtliche Materien im Budgetausschuss beraten, in dessen Zuständigkeit keine einzige Materie des Budgetbegleitgesetzes gefallen wäre, wären die einzelnen Materien als Einzelgesetze dem Nationalrat vorgelegt worden.
Es liegt auf der Hand, dass bei der Zusammenfassung einer solchen Vielzahl von Materien in einem Gesetz einerseits das Recht der Ausschussmitglieder verletzt wird, ihnen auf Grund ihrer Zuteilung an einen Ausschuss zukommende Materien zu beraten. Dadurch wird gleichzeitig auch das Recht der Klubs (dessen Bildung in §7 GOG-NR vorgesehen und aufgrund der Bestimmungen des GOG-NR für das Funktionieren des parlamentarischen Verfahrens wie in allen vergleichbaren Demokratien unerlässlich ist) verletzt, für eine effiziente inhaltliche Beratung der Materien zu sorgen: Die durch die Zuteilung der Abgeordneten zu Ausschüssen ermöglichte Arbeitsteilung innerhalb eines Klubs versetzt eine parlamentarische Fraktion in die Lage, dass sie sich insgesamt inhaltlich in den Gesetzgebungsprozess einbringen kann, und zwar jeweils durch 'spezialisierte Abgeordnete', die gleichsam die Vertrauensleute des Klubs für die einzelnen Materien darstellen und denen die anderen Abgeordneten eines Klubs bei ihrer Willensbildung im Plenum folgen.
Die Beratung und Möglichkeit von Abänderungsanträgen im Plenum ersetzt die Ausschussberatung nicht, weil sie äußerst beschränkt sind und die Verfahrensgestaltung im Plenum eher an die Öffentlichkeit gerichtet ist. Demgegenüber soll die Ausschussberatung den einzelnen Abgeordneten die Gelegenheit geben, ihre - ebenfalls in die Materie eingearbeiteten Kollegen - inhaltlich zu überzeugen und so zu einer gemeinsamen bzw. mehrheitlichen Willensbildung zu kommen. Der VfGH hat in seiner Rechtssprechung zur Willensbildung von Kollegialorganen stets betont, wie sehr die tatsächliche inhaltliche Diskussion und gemeinsame Willensbildung von Bedeutung ist (und dementsprechend beispielsweise Umlaufbeschlüsse für unzulässig erklärt, wenn sie nicht ausdrücklich vorgesehen waren).
Tatsächlich zeigte die Beratung dieses 'Gesetzesmonstrums' im Budgetausschuss, dass in der Praxis eine den Vorschriften des GOG-NR entsprechende, ordnungsgemäße Beratung eines solchen Sammelgesetzes nicht möglich ist, sodass es zu einer gehäuften Verletzung von Verfahrensvorschriften kam.
Es ist von der Vielfalt der Themen ausgeschlossen, dass die Mitglieder des Budgetausschusses alle diese Materien beraten. Zum Ausgleich der Verletzung des Prinzips der spezialisierten Beratung im zuständigen Ausschuss wurde nun versucht, die jeweils 'zuständigen' Ausschussmitglieder zur Beratung in den Budgetausschuss gemäß der vorhin erwähnten Vorschrift des §32 Abs4 GOG-NR 'hineinzunominieren'. Derartiges ist vom Zweck dieser Vorschrift her nicht vorgesehen, im Gegenteil, die Geschäftsordnung geht davon aus, dass es jeweils nur einen Verhandlungsgegenstand gibt, der von den jeweils gleichen Abgeordneten beraten wird; dementsprechend kommen die einzelnen Ausschussmitglieder in der Reihenfolge ihrer Wortmeldungen zu Wort (§41 Abs5 GOG-NR). Eine Änderung der Reihenfolge der Verhandlungsgegenstände im Ausschuss ist gemäß §41 Abs2 (GOG-NR) nur zu Beginn einer Sitzung zulässig. Dies gewährleistet, dass die einzelnen Abgeordneten wissen, in welcher Reihenfolge die einzelnen Gegenstände aufgerufen werden, sowie, zu welchem Zeitpunkt sie selbst mit einer Wortmeldung an der Reihe sind. Dies ermöglicht ihnen eine aktive Teilnahme an den Beratungen.
Diese Vorschriften der Geschäftsordnung wurden in der Beratung des Budgetausschusses über das Budgetbegleitgesetz wiederholt und krass verletzt, insgesamt war der Beratungsverlauf gelinde gesagt chaotisch.
Der (von der größeren Regierungspartei gestellte) Vorsitzende teilte nach eigenem Gutdünken die Materien des Budgetbegleitgesetzes in einzelne 'Beratungsgruppen' und rief diese entsprechend interner Vereinbarungen mit dem Regierungspartner zur Beratung auf. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die parlamentarische Praxis, Tagesordnungen und den Ablauf von Ausschusssitzungen einvernehmlich zwischen allen Fraktionen festzulegen, bei der Beratung des Budgetbegleitgesetzes aufgegeben wurde. Alle Termine und deren Ablauf wurden einseitig durch den Vorsitzenden festgelegt und nicht auf Grund eines Konsenses in der Präsidialkonferenz.
Dies lief im Einzelnen folgendermaßen ab, wie aus dem amtlichen Protokoll der Ausschussberatungen hervorgeht: Am 13. Mai 2003 wurde ab 15.44 Uhr begonnen mit Steuerfragen, dann wurde fortgesetzt mit Pensionen, Gesundheit und Arbeitsmarktberatung bis um 19 Uhr. Am 14. Mai 2003 wurden Pensionen, Gesundheit und Arbeitsmarkt beraten. Am 15. Mai 2003 zuerst zwei Stunden Finanzen, anschließend vorübergehend Pensionen, Gesundheit und Arbeitsmarkt. Am 20. Mai 2003 wurde für dreieinhalb Stunden die Frage der 'Luftraumüberwachung erörtert', anschließend wieder Steuer und Finanzen. Am 22. Mai 2003 wurden zuerst eineinhalb Stunden Grundsatzfragen diskutiert, anschließend für zwei Stunden sonstige Artikel des Budgetbegleitgesetzes. Dies wurde am 28. Mai 2003 mit den Finanzen und sonstigen Artikeln des Budgetbegleitgesetzes für drei Stunden fortgesetzt, dann wurde noch einmal drei Stunden lang die Luftraumüberwachung diskutiert. Am 3. Juni 2003 war wieder für zweieinhalb Stunden der Arbeitsmarkt dran, am 5. Juni 2003 folgten in kurzer Abfolge Debatten über die Luftraumüberwachung, die Pensionen, die Gesundheitsthemen, anschließend wurden die Abstimmungen vorgenommen.
Bei jedem Wechsel dieser Bereiche wurde[n] von den Klubs - soweit dies technisch überhaupt machbar war - andere Abgeordnete gemäß §32 Abs4 nominiert, wobei bis zu vier Rednerlisten parallel bestanden. Schon dies ist eine krasse Verletzung de[s] §41 Abs5 GOG-NR, der nur eine Rednerliste kennt, die die Reihenfolge der Abgeordneten in der Debatte zu einem Gesetzesvorschlag festlegt. Es war daher in keiner Weise mehr vorhersehbar, wann welcher Abgeordnete zu welchem Thema zu sprechen hat, wobei dies teilweise groteske Auswirkungen hatte: Um die Mitwirkung der eigentlich zuständigen Abgeordneten zu erreichen, mussten die Klubs stundenlang alle Abgeordneten in Bereitschaft halten, wobei dann wiederum nicht vorhersehbar war, zu welchem Zeitpunkt mit welcher der vier Rednerlisten fortgesetzt wird. Tatsächlich war es der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion großteils nicht möglich dafür zu sorgen, dass die den eigentlich zuständigen Ausschüssen zugeteilten Abgeordneten an den vom Vorsitzenden festgelegten 'Beratungsteilen' auch tatsächlich teilnehmen konnten.
Die Vorschrift des §41 Abs5 GOG-NR, wonach die Abgeordneten in der Reihenfolge ihrer Wortmeldungen aufgerufen werden, war so gut wie außer Kraft gesetzt. Es ist einzuräumen, dass diese Verletzungen der Geschäftsordnung das Ziel verfolgten, den Mangel auszugleichen, dass derartig viele Materien zu einem Gesetz zusammengefasst wurden. Insgesamt führten diese Verletzungen der Geschäftsordnung aber dazu, dass das Gesetz im Ausschuss mangelhaft zustande kam. Da dadurch im Ergebnis die inhaltliche Befassung der Abgeordneten mit dem Gesetz krass beeinträchtigt wurde, verletzte diese Vorgangsweise in ihrer Gesamtheit auch das demokratische und rechtsstaatliche Prinzip. Das Gesetz ist unter diesem Gesichtspunkt verfassungs- und gesetzeswidrig zustande gekommen.
b) Aber auch inhaltlich verstößt das Budgetbegleitgesetz gegen das rechtsstaatliche Prinzip, insbesondere gegen das Legalitätsprinzip (Artikel 18 B-VG), weil es in einem Ausmaß systematisch nicht zusammengehörende Materien in sich vereint, dass es den Normunterworfenen so gut wie nicht mehr möglich ist, sich über die durch dieses Budgetbegleitgesetz geänderte Rechtslage zu informieren:
Es wurde bereits erwähnt, dass mit dem Budgetbegleitgesetz 2003 84 verschiedene Gesetze novelliert und 6 neue Gesetze erlassen wurden. Der Verfassungsgerichtshof hat sowohl in seinem Erkenntnis VfSlg. 16.151, als auch in seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2000 Bedenken gegen solche sog. 'Sammelgesetze' geäußert. In VfSlg. 16.151 sah er sich veranlasst, folgenden Hinweis auszusprechen:
'Die Kompliziertheit - im Besonderen des zweiten Absatzes des Pkt. I. - des Spruches des vorliegenden Erkenntnisses ist im Wesentlichen eine Konsequenz der auch beim Pensionsreformgesetz 2000 angewendeten legistischen Technik der 'Sammelnovelle', also der Änderung einer Vielzahl von Bundesgesetzen in einem Gesetz, in Verbindung mit der erneuten Änderung zahlreicher davon betroffener Bestimmungen in kurzer zeitlicher Aufeinanderfolge. Dass diese gesetzgeberische Praxis, die in den vergangenen Jahren bedauerlicher Weise gehäuft geübt wurde, der Erkennbarkeit des Rechts äußerst abträglich ist, liegt auf der Hand.'
Die Antragsteller schließen sich dieser Auffassung des Verfassungsgerichtshofes an. Aufgrund der den zahlreichen Sammelgesetzen der letzten Jahre innewohnenden Kompliziertheit ist es für den einzelnen Rechtsunterworfenen fast unmöglich, sein Verhalten nach den jeweils geltenden Gesetzen zu orientieren. Insofern steht das Budgetbegleitgesetz 2003 als Ganzes mit dem Legalitätsprinzip des Art18 B-VG in Widerspruch.
3. Das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates als Prüfungsmaßstab
Die Antragsteller haben in den vorherigen Ausführungen wiederholt das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates als Maßstab für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Bundesgesetzes herangezogen. Zusammenfassend sei hiezu noch folgendes ausgeführt:
Grundsätzlich bildet nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 16.151) auch das Geschäftsordnungsgesetz 1975 einen Maßstab für die dem Verfassungsgerichtshof obliegende Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Bundesgesetzen. Der Verfassungsgerichtshof ist weiters der Auffassung, dass dabei zwischen jenen Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes, deren Verletzung zur Beurteilung führt, dass der Gesetzesbeschluss nicht verfassungsmäßig zustande gekommen ist - das sind all jene Bestimmungen des GOG, die sichern sollen, dass in den Gesetzesbeschlüssen die wahre Meinung der Mehrheit des Nationalrates zum Ausdruck kommt - und bloßen Ordnungsvorschriften zu unterscheiden ist, deren Verletzung nicht zur Verfassungswidrigkeit des jeweiligen BG führt (VfSlg. 16.151).
Die Antragsteller schließen sich dieser Rechtsansicht an, weisen jedoch darauf hin, dass die Qualifikation als 'sanktionslose Ordnungsvorschrift' die jeweilige Bestimmung ihrer Existenzberechtigung beraubt und daher eine sehr sorgfältige Prüfung und Abwägung zu treffen sein wird, wollte man eine Bestimmung des Geschäftsordnungsgesetzes derart qualifizieren.
Weiters weisen die Antragsteller auf die Besonderheit des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates hin: Die Mitglieder des Hohen Hauses repräsentieren das Staatsvolk - den Souverän. In diesem höchsten Gremium der Republik verbieten sich Automatismen aus demokratischen und praktischen Gründen. Nahezu jede Entscheidung - mit Ausnahme bestehender Minderheitsrechte im Nationalrat - hat folgerichtig eine Mehrheitsentscheidung zu sein. Entscheidungen jedoch, die von einer Mehrheit des Nationalrates getroffen wurden, werden kaum im Gegenzug von einer Mehrheit als für geschäftsordnungswidrig zustandegekommen erachtet werden. Daher finden sich im GOG so gut wie keine Sanktionen für den Fall der Nichtbeachtung einzelner Bestimmungen, sie wären schlichtweg sinnlos.
Das heißt aber nicht, dass es sich deshalb um lauter 'sanktionslose Ordnungsvorschriften' handelt. Denn das Recht eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates, Gesetze beim Verfassungsgerichtshof anzufechten, beinhaltet genauso das Recht, das verfassungsmäßige Zustandekommen eines Gesetzes überprüfen zu lassen. Eine extensive Anwendung der Rechtsansicht, es bestünden 'bloße Ordnungsvorschriften' im GOG, deren Verletzung unbedenklich ist, schränkt dieses gem. Art140 B-VG bestehende Kontrollrecht ein und ist daher bedenklich. Insofern bietet das GOG dem Verfassungsgerichtshof einen hinreichend strengen Prüfungsmaßstab, der der Bedeutung des verfassungsmäßigen Zustandekommens von Gesetzen in einer demokratischen Gesellschaft gerecht wird.
Es mag allenfalls angehen, dass kleine Verstöße gegen scheinbar unbedeutende 'Ordnungsvorschriften' des GOG nach Abschluss eines Gesetzgebungsverfahrens als geheilt betrachtet werden können. Doch ist das ein wesensmäßiger Unterschied zur Auffassung, diese Verstöße bewirkten gar keinen Mangel. Nach Auffassung der Antragsteller hat der Verfassungsgerichtshof daher jeden Regelverstoß im Gesetzgebungsverfahren zu relevieren und könnte allenfalls zur Ansicht gelangen, dass ingesamt (etwa durch nach dem Verstoß gelegene, nachgeholte Handlungen) keine Verfassungswidrigkeit des Zustandekommens vorliegt, weil durch fortgeführte, geschäftsordnungsmäßige Behandlung ein leichter Verstoß als geheilt betrachtet werden kann. Keinesfalls kann dies aber für Verstöße gegen Bestimmungen der Geschäftsordnung gelten, die die inhaltliche Befassung von Abgeordneten mit den Gesetzesvorschlägen und ihre darauf aufbauende Willensbildung sichern sollen. Bei dieser Beurteilung haben tatsächliche politische Verhältnisse außer Betracht zu bleiben, insbesondere, dass in der politischen Realität die mehrheitliche Zustimmung jener Abgeordneten, deren Fraktionen die Regierungsmitglieder stellen, jedenfalls gesichert ist. Die verfassungsrechtliche Beurteilung hat jedenfalls davon auszugehen, dass Gesetze durch die Willensbildung jedes einzelnen Abgeordneten zustande kommen und dies die Möglichkeit einer inhaltlichen Befassung mit den Gesetzesvorschlägen voraussetzt."
2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie begehrt, den vorliegenden Antrag aus folgenden Gründen abzuweisen:
"Zu der Frage, wie einzelne Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 auszulegen sind und ob diese im der Erlassung des Budgetbegleitgesetzes 2003 vorangegangenen Gesetzgebungsverfahren im Nationalrat eingehalten wurden, kann auf die dem Verfassungsgerichtshof vorliegende Äußerung des Präsidenten des Nationalrates verwiesen werden.
Insbesondere ist der Äußerung des Präsidenten des Nationalrates darin beizutreten, dass nicht jede Verletzung von Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 Verfassungswidrigkeit des erlassenen Bundesgesetzes bewirken kann, sondern nur die solcher Bestimmungen, die im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes 'sichern sollen, dass in den Gesetzesbeschlüssen die wahre Meinung der Mehrheit des Nationalrates zum Ausdruck kommt' (vgl. VfSlg. 16.151/2001).
[...]
Soweit Nichtauflage des Ausschussberichts nach §44 des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 gerügt wird, ist auf §44 Abs3 der Geschäftsordnung des Nationalrates und auf Anmerkung 4) in Atzwanger/Zögernitz, Nationalrat-Geschäftsordnung, hinzuweisen. §44 Abs3 leg. cit. lautet:
'(3) Nach Ablauf einer dem Ausschusse zur Berichterstattung gesetzten Frist hat die Verhandlung in der dem Fristablauf nachfolgenden Sitzung selbst dann zu beginnen, wenn ein schriftlicher Ausschußbericht nicht vorliegt.'
In Anmerkung 4) aaO wird ausgeführt:
'Wurde vom NR einem Ausschuß eine Frist zur Berichterstattung (§§43 bzw. 54) gesetzt, hat der Präs die betr Vorlage auf die TO der dem Fristablauf folgenden Sitzung des NR zu setzen. In diesem Fall sieht das G die Einhaltung der 24stündigen Aufliegefrist iSd Abs1 nicht vor.'
Da im gegenständlichen Fall dem Budgetausschuss eine Frist zur Berichterstattung gesetzt wurde, scheint ein Verstoß gegen §44 des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 nicht vorzuliegen.
Zur Frage des Ablaufs der Beratungen in den einzelnen 'Beratungsgruppen' selbst ist dem Antrag G211/03 zusammengefasst zu entnehmen, dass es 'tatsächlich der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion großteils nicht möglich war dafür zu sorgen, dass die den eigentlich zuständigen Ausschüssen zugeteilten Abgeordneten an den vom Vorsitzenden festgelegten 'Beratungsteilen' auch tatsächlich teilnehmen konnten'. Diesen Ausführungen kann jedoch nach Ansicht der Bundesregierung nicht entnommen werden, in welchen konkreten Fällen tatsächlich eine Teilnahme der betroffenen Abgeordneten nicht möglich war. Weiters ist darin kein Vorbringen zu erkennen, dass durch die gewählte Vorgangsweise die Willensbildung im betreffenden Ausschuss in einer Weise beeinträchtigt worden sei, die letztlich eine den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechende Willensbildung durch den Nationalrat selbst verunmöglicht habe.
[...]
1.3. Zu den Bedenken gegen das angefochtene Bundesgesetz selbst im Hinblick auf das rechtsstaatliche und das demokratische Prinzip:
Die Antragsteller des Verfahrens G211/03 rügen, soweit es den Inhalt des angefochtenen Bundesgesetzes betrifft, im Wesentlichen,
* dass die Zusammenfassung einer Anzahl unterschiedlicher
Materien, für die eine Anzahl verschiedener Ausschüsse des Nationalrates zuständig gewesen wäre, zu einem einzigen Bundesgesetz gegen das demokratische Prinzip der Bundesverfassung verstoße, das (wie die Antragsteller annehmen) ein Recht der Ausschussmitglieder umfasse, die dem Ausschuss zukommenden Materien zu beraten;
* dass das Budgetbegleitgesetz 2003 gegen das
rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfassung verstoße, weil es in einem Ausmaß systematisch nicht zusammengehörende Materien vereine, dass es den Normunterworfenen so gut wie nicht mehr möglich sei, sich über die durch dieses Bundesgesetz geänderte Rechtslage zu informieren.
1.3.1. Zum 'Prinzip der spezialisierten Beratung':
Die Bundesverfassung selbst verlangt mit keiner Bestimmung, dass Gesetzesvorschläge von einem Ausschuss der gesetzgebenden Körperschaft vorberaten werden. Sie sieht zwar bestimmte Ausschüsse des Nationalrates ausdrücklich vor und weist diesen Aufgaben zu; bei den solcherart zugewiesenen Aufgaben handelt es sich aber durchwegs nicht um die Vorberatung von Gesetzesvorschlägen, sondern im wesentlichen um verschiedene Formen der Mitwirkung an der Vollziehung. So sind Ausschüsse des Nationalrates vorgesehen für
* die Mitwirkung an der Erlassung von Verordnungen (Art18
Abs3, Art55 Abs2 B-VG), an der österreichischen Mitwirkung im Rahmen der Europäischen Union an der Ernennung von Mitgliedern der Kommission, des Gerichtshofes, des Gerichtes erster Instanz, des Rechnungshofes, des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank, des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen im Rahmen der Europäischen Union (Art23c Abs1 B-VG), an Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union (Art23e Abs5 B-VG), weiters an der Vorberatung der Abhaltung einer Volksbefragung (Art49b Abs1 B-VG) am Wahlvorschlag für den Präsidenten des Rechnungshofes (Art122 Abs4 B-VG) und für die Volksanwälte (Art148g Abs2 B-VG), durch den Hauptausschuss bzw. dessen ständigen Unterausschuss,
* die Erteilung des Einvernehmens zu unvorhersehbaren und
unabweisbaren außerplanmäßigen bzw. überplanmäßigen Ausgaben - durch den 'mit der Vorberatung von Bundesfinanzgesetzen betraute[n] Ausschuss' (Art51b Abs2 und 6 sowie Art51c B-VG);
* die Überprüfung von Maßnahmen zum Schutz der
verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie von nachrichtendienstlichen Maßnahmen zur Sicherung der militärischen Landesverteidigung (Art52a Abs5 B-VG);
* die Untersuchung von Angelegenheiten der Vollziehung des
Bundes (Art53 B-VG);
* die Verhandlung der Berichte des Rechnungshofes
(Art126d Abs2 B-VG).
Lediglich mit der Formulierung von dem 'mit der Vorberatung von Bundesfinanzgesetzen betrauten Ausschuß' (Art51b Abs2 und 6 sowie Art51c B-VG) setzt die Bundesverfassung klar voraus, dass zu den Aufgaben von Ausschüssen des Nationalrates auch die Vorberatung von Gesetzesvorschlägen gehört sowie dass die Aufgabe der Vorberatung von Gesetzesvorschlägen je nach ihrem Gegenstand auf mehrere Ausschüsse aufgeteilt sein kann. Ein verfassungsmäßiges Gebot einer solchen Vorberatung ist der Bundesverfassung nicht zu entnehmen.
Noch weniger besteht eine Garantie der Zuständigkeiten von Ausschüssen. Wie die Antragsteller nicht verkennen, ist es eine Bestimmung des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 (§32), die die Wahl von Ausschüssen des Nationalrates zur Vorberatung der Verhandlungsgegenstände vorsieht. Die Bundesverfassung enthält keine Bestimmung, der ein Gebot der Vorberatung durch spezialisierte Ausschüsse entnommen werden kann.
Aber auch das Geschäftsordnungsgesetz 1975 stellt ein solches Prinzip nicht auf: Sein §32 Abs1 bestimmt lediglich, dass der Nationalrat die Zahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder jedes zu wählenden Ausschusses festsetzt. Über die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Ausschüssen trifft das Geschäftsordnungsgesetz 1975 (abgesehen von einzelnen der oben erwähnten, bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Ausschüsse) keine Aussage. Keinerlei Anhaltspunkt besteht für ein Geschäftsordnungsgebot, für die Vorberatung von Gesetzesvorschlägen mehrere, jeweils für unterschiedliche Sachmaterien zuständige Ausschüsse zu wählen, oder gar für ein Recht der Ausschussmitglieder, die dem Ausschuss zukommenden Materien zu beraten.
Der unter dem Gesichtspunkt des 'Prinzips der spezialisierten Beratung' behauptete Verstoß gegen das demokratische oder auch das rechtsstaatliche Prinzip behauptete Verfassungsverstoß liegt daher nicht vor.
1.3.2. Zum behaupteten Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip durch ('qualifizierte') Vereinigung systematisch nicht zusammengehörender Materien:
Die Antragsteller beider Verfahren führen aus, dass es dadurch, dass das Budgetbegleitgesetz 2003 in so hohem Ausmaß systematisch nicht zusammengehörende Materien vereine, den Normunterworfenen so gut wie nicht mehr möglich sei, sich über die durch dieses Bundesgesetz geänderte Rechtslage zu informieren.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
a) Der Verfassungsgerichtshof setzte sich mit der Frage der Verständlichkeit und Auffindbarkeit einer Norm, deren Inhalt ebenfalls durch ein sogenanntes 'Sammelgesetz' geändert wurde, im Erkenntnis vom 4. Dezember 2001, VfSlg. 16381/2001, auseinander. Konkret hatte der Verfassungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatlichen Gedankens einer hinreichenden Publizität von Rechtsvorschriften anhand einer Novelle von Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes[,die] durch Art66 des Budgetbegleitgesetzes 2001 geändert wurden[,] festgehalten:
'Der Verfassungsgerichtshof kann jedoch nicht finden, daß im vorliegenden Fall ein solcher 'archivarischer Fleiß' zum Auffinden der relevanten gesetzlichen Bestimmung erforderlich wäre, ist doch dem Budgetbegleitgesetz 2001 ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt, welches Auskunft über die in diesem 'Sammelgesetz' novellierten oder sonst darin enthaltenen Bundesgesetze gibt und aus dem auch entnommen werden kann, daß eine Änderung des ASVG im 8. Teil dieses Sammelgesetzes unter Art66 erfolgt ist.
Mag die Zusammenfassung von zahllosen Gesetzesänderungen in einem einzigen (Sammel )Bundesgesetz gewisse faktische Erschwernisse für einen Rechtsunterworfenen bedeuten, so kann nicht einmal gesagt werden, daß die hier maßgebliche Bestimmung erst durch Studium des gesamten Gesetzeswerkes aufgefunden werden könnte. ...'
Auch dem hier angefochtenen Budgetbegleitgesetz ist ein in Teile und Abschnitte gegliedertes Inhaltsverzeichnis vorangestellt, in dem auch unter jeweiliger ziffernmäßiger Bezeichnung der Artikel die Titel sämtlicher Gesetze, welche geändert, aufgehoben oder neu erlassen werden, angeführt sind. Da die Inhaltsverzeichnisse der Budgetbegleitgesetze 2001 und 2003 von ihrem Aufbau her gleich geeignet sind, die Auffindbarkeit einer bestimmten Änderung zu gewährleisten, ist die Bundesregierung daher der Auffassung, dass die insofern unter dem Gesichtspunkt des Legalitätsprinzips geäußerten Bedenken der Antragsteller in beiden Verfahren nicht zutreffen.
Das Budgetbegleitgesetz 2003 vereinigt zwar Regelungsvorhaben aus unterschiedlichen Rechtsbereichen, ordnet diese jedoch in systematischer Weise dergestalt, dass die einzelnen Novellenartikel nach rechtssystematischen Gesichtspunkten zu Abschnitten und Teilen zusammengefasst werden. Diese Systematik, die auch inhaltliche Zusammenhänge innerhalb der einzelnen Teile und Abschnitte andeutet, wird durch das vorangestellte Inhaltsverzeichnis explizit gemacht. Im Vergleich zu einer großen Anzahl einzelner Bundesgesetze wird sogar bei dem von den Antragstellern offenbar bevorzugten Verfahren der Einzelnovellierung von einer verbesserten Erkennbarkeit des Gesetzesinhaltes für den von einer Gesetzesänderung betroffenen Normadressaten 'auf den ersten Blick' auszugehen zu sein.
b) Was die vermeintliche Kompliziertheit des Budgetbegleitgesetzes 2003 betrifft, so erstatten die Antragsteller kein ins einzelne gehendes Vorbringen, sondern meinen, sich mit einem Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 16151/2001, begnügen zu können.
Dies geschieht allerdings bereits insofern zu Unrecht, als Teil der vom Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis bedauerten gesetzgeberischen Praxis die wiederholte Änderung zahlreicher Bestimmungen durch mehrere aufeinanderfolgende Gesetze war. Inwiefern solches auch dem Budgetbegleitgesetz 2003 anzulasten wäre, wird von den Antragstellern nicht einmal andeutungsweise ausgeführt.
Der Hinweis auf die hohe Anzahl der novellierten Gesetze innerhalb eines Sammelgesetzes ist nach Ansicht der Bundesregierung ebenfalls nicht geeignet, eine Verfassungswidrigkeit des Budgetbegleitgesetzes 2003 darzutun. Vergleicht man die Seitenanzahl des Gesetzestextes des BGBl. I Nr. 71/2003 mit dem seitenmäßigen Umfang etwa des Bundesgesetzblattes Teil I des Jahres 2002, so zeigt sich, dass die 207 Seiten Gesetzestext lediglich einen Bruchteil des 'Gesamtumfanges' darstellen. Ein allein auf die Anzahl der Seiten abstellender Vergleich etwa mit dem BGBl. I Nr. 169/2002 (Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz - MMHmG und Änderung des Bundesgesetzes über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste, des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes, des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes, des MTD-Gesetzes, des Bildungsdokumentationsgesetzes, des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes und des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes) mit 36 Seiten Umfang oder dem BGBl. I Nr. 99/2002 (Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Erlassung eines Bundesvergabegesetzes 2002) mit einem Umfang von 104 Seiten zeigt, dass auch Änderungen einer geringeren Zahl von Gesetzen durchaus einen Umfang in der Größenordnung des Budgetbegleitgesetzes 2003 erreichen können.
Schließlich kann die Berufung auf das Erkenntnis VfSlg. 16.151 auch deswegen keine Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Bundesgesetzes dartun, weil der Verfassungsgerichtshof aus dem Kritikpunkt der Kompliziertheit keine Verfassungswidrigkeit abgeleitet hat."
3. Über Einladung des Verfassungsgerichtshofes hat der Präsident des Nationalrates folgende, durch 17 Beilagen ergänzte Stellungnahme abgegeben:
"1. Die Behandlung des Budgetbegleitgesetzes im Nationalrat
1.1. Die Bundesregierung hat die Regierungsvorlage Budgetbegleitgesetz 2003 (59 d.B., XXII. GP) am 29. April 2003 dem Nationalrat zugeleitet. Gemäß §69 Abs7 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates (i[m] folgenden als GOG abgekürzt) wurde die Regierungsvorlage in der 13. Sitzung des Nationalrates am 29. April 2003 dem Budgetausschuss zur Vorberatung zugewiesen. In der 18. Sitzung des Nationalrates am 4. Juni 2003 wurde mit Stimmenmehrheit dem Budgetausschuss eine Frist gemäß §43 Abs1 GOG zur Berichterstattung an das Plenum gesetzt.
1.2. Im Arbeitsplan des Budgetausschusses (siehe Anlage 1), der von der Präsidialkonferenz des Nationalrates beschlossen wurde, war ursprünglich im Konsens aller Fraktionen folgende Beratungszeit vorgesehen:
Dienstag, 13. Mai 2003 13.00-18.00 Uhr Budgetbegleitgesetz,
Mittwoch, 14. Mai 2003 15.00-18.00 Uhr Budgetbegleitgesetz.
In der Folge wurde über Wunsch der Oppositionsfraktionen die Beratungszeit des Ausschusses auf insgesamt etwa 47 Stunden ausgedehnt.
Der Budgetausschuss hat die Vorlage in seinen Sitzungen am 13., 14., 15., 20., 22., und 28. Mai 2003 sowie am 3. und 5. Juni 2003 (siehe Anlage 2) beraten. Die Beratungen im Budgetausschuss erfolgten in der Form, dass am Beginn der Verhandlungen (in der Sitzung des Budgetausschusses am 13. Mai 2003) die Verhandlung über die Regierungsvorlage Budgetbegleitgesetz 2003 und den Antrag 132/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden, gemäß §41 Abs2 GOG zusammengefasst wurde und beide Vorlagen gemäß §41 Abs3 GOG unter einem beraten wurden.
Einwendungen gegen diese vom Obmann gemäß §42 Abs2 GOG vorgenommene Zusammenfassung der Verhandlungsgegenstände bzw. gegen die Beratung des Budgetbegleitgesetzes 2003 unter einem wurden von keinem Abgeordneten erhoben, sodass sich eine Entscheidung des Ausschusses nach §41 Abs2 GOG bzw. §41 Abs3 GOG erübrigte. An diesem vom Ausschussobmann und Berichterstatter geschäftsordnungsmäßig festgelegten, und von keinem Abgeordneten zu Beginn der Verhandlungen (§41 Abs3 GOG) beeinspruchten Weg der Ausschussberatungen war nach der Geschäftsordnung bis zum Schluss der Debatte festzuhalten, zumal der Budgetausschuss auch in den folgenden Sitzungen die Einsetzung eines Unterausschusses gemäß §35 GOG nicht beschlossen hat.
Während der Beratungen im Budgetausschuss fand keine Änderung der Reihenfolge der Verhandlungsgegenstände statt. Wie aus den angeschlossenen Tagesordnungen des Budgetausschusses ersichtlich, standen vielmehr bei jeder Sitzung des Budgetausschusses die gesamte Regierungsvorlage Budgetbegleitgesetz 2003 und der gesamte Antrag 132/A zur Beratung (siehe Konvolut von Tagesordnungen des Budgetausschusses in Anlage 3).
Im Hinblick auf den Umstand, dass sehr unterschiedliche Sachmaterien in der Regierungsvorlage Budgetbegleitgesetz 2003 enthalten waren, wurde - nachdem vom Budgetausschuss weder eine Beratung in Teilen beschlossen noch ein Unterausschuss eingesetzt wurde - die Debatte informell nach Themenbereichen gegliedert, um zu einer Strukturierung zu gelangen. Entgegen der im Antrag gemäß Art140 B-VG aufgestellten Behauptung, dass der Vorsitzende nach eigenem Gutdünken die Materien des Budgetbegleitgesetzes in einzelne 'Beratungsgruppen' teilte, wurde die informelle Themengliederung zum Teil einvernehmlich im Ausschuss festgelegt (siehe Protokoll des Budgetausschusses vom 13. Mai 2003 in Anlage 4), zum Teil beruht sie auf Vorschlägen der Klubdirektoren (siehe Anlage 5). Es ist einzuräumen, dass die Beratung des Budgetbegleitgesetzes 2003 auch in einem Unterausschuss möglich gewesen wäre, doch wurde ein von den Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter und Genossen gestellter darauf abzielender Antrag in der Sitzung des Budgetausschusses vom 13. Mai 2003 von den Antragstellern selbst zurückgezogen (siehe Anlage 6). Die Einsetzung eines Unterausschusses entspricht auch nicht der ständigen geübten parlamentarischen Praxis. Die Beratung des Budgetbegleitgesetzes 2003 hätte auch in Beratungsgruppen geteilt erfolgen können, doch hat sich der Budgetausschuss in geschäftsordnungskonformer Weise für die Beratung der Vorlage unter einem entschlossen. Es kann daher nicht bemängelt werden, dass Abgeordnete vereinzelt auch zu Themen sprachen, die außerhalb der informell festgelegten Themengliederung standen.
1.3. Die Frage der Verteilung des Ausschussberichtes wurde in der Präsidialkonferenz vom 6. Juni 2003 erstmals besprochen. Im diesbezüglichen Protokoll der Präsidialkonferenz (siehe Protokollauszug in Anlage 7) wird vermerkt, 'die Parlamentsdirektion wird heute direkt mit den Klubdirektoren klären, auf welche Weise die Berichte des Budgetausschusses vom 5. Juni 2003 den Klubs bzw. den Abgeordneten zugänglich gemacht werden'. In der Folge erging aufgrund der Vereinbarung der Parlamentsdirektion mit den Klubdirektoren die vom Leiter des Nationalratsdienstes verfasste Information an den Präsidenten des Nationalrates (Anlage 8), aus der hervorgeht, dass je ein Bericht in Papierform für die Klubdirektoren Dr. Zögernitz (VP) und Dr. Prohaska (FP) am Freitag, den 6. Juni 2003, um 20.30 Uhr, bei der Feuerwache hinterlegt wurden und der Ausschussbericht mittels e-mail am Freitag den 6. Juni 2003, um 20.02 Uhr, an SP-Klubdirektor Dr. Ostleitner gesendet wurde. Weiters geht aus dieser Information hervor, dass am Freitag den 6. Juni 2003, um 20.06 Uhr, an folgende Vertreter des Grünen Klubs per e-mail der Ausschussbericht versendet wurde: Klubobmann Dr. Van der Bellen, Abgeordneten Öllinger, Abgeordneten Mag. Kogler, Lukas Wurz (Klubsekretär) und Mag. Sperlich (geschäftsführender Klubdirektor).
1.4. Die unter Punkt 1.3. erwähnte Information an den Präsidenten des Nationalrates über die Vereinbarung der Parlamentsdirektion mit den Klubdirektoren (in Befolgung des Auftrages der Präsidialkonferenz vom 6. Juni 2003) wurde in der Präsidialkonferenz vom 10. Juni 2003 besprochen. Im Protokoll über die Präsidialkonferenz vom 10. Juni 2003 (siehe Anlage 9), wird hiezu vermerkt: 'Demgemäß wurde der Bericht teils in Papierform, teils mittels e-mail den Klubs zur Verfügung gestellt; der gesamte Bericht stand am Freitag, den 6. Juni 2003, 20.15 Uhr, im Internet. Die Papierfassung des Ausschussberichtes wurde vereinbarungsgemäß heute um 7.40 Uhr an die Klubs zugestellt.' Anschließend an diese Feststellungen wird im gegenständlichen Protokoll der Präsidialkonferenz vermerkt, dass der Zweite Präsident des NR Dr. Fischer die Geschäftsordnungsmäßigkeit der eingeschlagenen Vorgangsweise bezweifelt und den Standpunkt vertritt, dass nicht der Zeitpunkt des Vorliegens einer Internetfassung, sondern die Zustellung des Berichtes in Papierform für den Beginn der Aufliegefrist gemäß §44 Abs1 GOG relevant ist, wo ausdrücklich von 'Verteilung' die Rede ist. Hiezu wird in diesem Protokoll der Präsidialkonferenz festgehalten, dass der Präsident des NR auf die einvernehmlich zustande gekommene Vereinbarung in der
19. Präsidialkonferenz vom 6. Juni 2003 verweist und den Standpunkt bekräftigt, dass im Hinblick auf die Übermittlung des Ausschussberichtes an Vertreter der Klubs sowie die Verfügbarkeit eines Internet-Dokuments die Aufliegefrist eingehalten wurde.
1.5. Der erwähnte Bericht des Budgetausschusses (111 d.B.) betreffend das Budgetbegleitgesetz wurde auf die TO der NR-Sitzung vom 10. Juni 2003 gesetzt (darüber wurde in der Präsidialkonferenz vom 6. Juni 2003 grundsätzlich Einvernehmen erzielt). Am Beginn der Sitzung wurde von keinem Abgeordneten ein Einwand gegen die TO und auch kein Einwand erhoben, dass die 24stündige Aufliegefrist nicht eingehalten wurde. Es wurde auch nicht beantragt, das Budgetbegleitgesetz 2003 gemäß §49 Abs5 GOG von der Tagesordnung abzusetzen (siehe Amtliches Protokoll der 20. Sitzung des Nationalrates vom 10. und 11. Juni 2003 in Anlage 10).
1.6. Diese 20. Sitzung des Nationalrates vom 10. und 11. Juni 2003 wurde am 10. Juni um 10 Uhr begonnen, um 22 Uhr 07 unterbrochen, am 11. Juni 2003, um 9 Uhr fortgesetzt und um 20 Uhr 41 beendet. Der Vorschlag des Präsidenten nach Beratung in der Präsidialkonferenz eine Tagesblockredezeit von je zehn [Wiener] Stunden für die Debatte des jeweiligen Tages zu beschließen, wurde vom Plenum einstimmig angenommen, sodass sich für den 10. und 11. Juni 2003 jeweils folgende Redezeiten ergaben: ÖVP 175 Minuten, SPÖ 175 Minuten, F 120 Minuten, Grüne 130 Minuten.
1.7. Das Budgetbegleitgesetz wurde am 11. Juni 2003 in zweiter und dritter Lesung beschlossen. Gegen das Amtliche Protokoll dieser Sitzung wurde gemäß §51 Abs2 GOG eine Einwendung des Klubobmanns Dr. Cap erhoben. Der Präsident des NR wies diese Einwendung zurück (siehe Anlage 11).
2. Zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes, die Einhaltung des Geschäftsordnungsgesetzes durch den Nationalrat im Einzelnen zu überprüfen
2.1. Die Überprüfung des Bundespräsidenten gemäß Art47 Abs1
B-VG
Im Zusammenhang mit der Beurkundung des Budgetbegleitgesetzes durch den Bundespräsidenten hat dieser eine Stellungnahme des ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, O.-Univ.-Prof. Dr. Dr. hc. mult. Dr. Ludwig Adamovich, eingeholt (siehe Anlage 12).
In diesem Gutachten wird unter Punkt 3 darauf hingewiesen, dass nach KORINEK, Kommentar zu Art47, RZ 6, in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, (siehe Anlage 13), der Prüfungsmaßstab für den Bundespräsidenten nur die Verfassung im formellen Sinn ist, nicht aber das Verfassungsrecht im materiellen Sinn, wie etwa die Geschäftsordnung des Nationalrates und des Bundesrates. Adamovich weist allerdings in diesem Punkt darauf hin, dass diese Rechtsauffassung durch das später ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg 16151/2000 überholt ist: 'Nach diesem Erkenntnis ist dem Bundespräsidenten insbesondere auch die Beurteilung der Frage auferlegt, ob der jeweilige Gesetzesbeschluss des Nationalrates den Vorschriften des Geschäftsordnungsgesetzes entsprechend zustande gekommen ist.'
Es ist daher davon auszugehen, dass der Bundespräsident anhand der Aktenlage geprüft hat, ob ein im Sinne des Artikel 47 B-VG relevanter Verfahrensfehler bei der Behandlung des Budgetbegleitgesetzes 2003 unterlaufen ist.
Wenngleich Adamovich in der erwähnten Stellungnahme unter Punkt 6 darauf hinweist, dass die Beurkundung durch den Bundespräsidenten kein Präjudiz für ein allfällig späteres verfassungsgerichtliches Verfahren ist, möchte ich darauf hinweisen, dass der Bundespräsident das Budgetbegleitgesetz mit Unterstützung des ehemaligen Verfassungsgerichtshofpräsidenten geprüft hat, und nach dieser Prüfung eine Beurkundung erfolgt ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Dr. Adamovich in seiner Stellungnahme abschließend feststellt : 'Es bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass der Bundespräsident das verfassungsmäßige Zustandekommen des Budgetbegleitgesetzes 2003 mit seiner Unterschrift beurkundet.'
Es ist davon auszugehen, dass der Bundespräsident vor der Beurkundung des Budgetbegleitgesetzes 2003 eine genaue Prüfung im Sinne der Prüfungsmaßstäbe des Artikel 47 B-VG vorgenommen hat, nicht nur weil er diese Prüfung mit Unterstützung des ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes vorgenommen hat, sondern weil ihm auch ohne diese Unterstützung wohl der Inhalt des Kommentars von Korinek zu Artikel 47 B-VG in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, bewusst war, in dem es u. a. heisst 'Beurkundet der Bundespräsident einen nicht verfassungsmäßig zustande gekommenen Gesetzesbeschluss trotz evidenter und gravierender Verfassungswidrigkeit, so verletzt er ... die Bundesverfassung.'
2.2. Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Überprüfung der Einhaltung des Geschäftsordnungsgesetzes
[Es folgt eine Wiedergabe der wesentlichen Aussagen in VfSlg. 16151/2001 sowie VfGH 27.11.2002, G215/01]
2.3. Schlussfolgerungen aus dieser Rechtssprechung auf den Anlassfall
Aus der in Punkt 1 dargestellten Verfahrensgeschichte ergibt sich, dass es sowohl bei den Beratungen im Budgetausschuss als auch bei den Beratungen im Plenum bei der Abstimmung keine Verfahrensmängel gegeben hat. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass keine Geschäftsordnungsbestimmung verletzt wurde, die sichern soll, dass die wahre Meinung des Nationalrates zum Ausdruck kommt. Selbst wenn man die Auffassung vertritt, dass den Beratungen im Plenum die Regierungsvorlage zu Grunde gelegt werden hätte müssen, so ist darauf hinzuweisen, dass auch die Entscheidung, den Ausschussbericht den Plenarverhandlungen zu Grunde zu legen, dazu gedient hat, dass der wahre Wille der Mehrheit des Nationalrates zum Ausdruck kommt.
Denn ohne Berücksichtigung des Ergebnisses der Beratungen im Ausschuss in denen zahlreiche Abänderungen beschlossen wurden - die nach umfangreichen Arbeiten der Parlamentsdirektion - in den Text des Ausschussberichtes aufgenommen wurden, wäre wohl die wahre Meinung des Nationalrates weniger leicht zum Ausdruck gekommen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der narrative Teil des Ausschussberichtes 33 Seiten umfasst und der Gesetzesteil 208 Seiten. Außerdem ist diesem Ausschussbericht ein Minderheitenbericht von sozialdemokratischen Abgeordneten angeschlossen, der 55 Seiten umfasst sowie eine abweichende persönliche Stellungnahme von zwei Grünen Abgeordneten, die 5 Seiten umfasst. Die Verwendung des Ausschussberichtes als Verhandlungsgrundlage hat also dazu gedient, dass im Plenum nicht nur das Ergebnis der 47stündigen Beratung des Budgetausschusses, sondern auch die abweichenden Meinungen zur Verfügung standen. Hätte man nicht den Bericht des Budgetausschusses für die Verhandlungen im Plenum verwendet, so wären die Ausschussberatungen wohl sinnlos gewesen.
3. Gesichtspunkte für die rechtliche Beurteilung des parlamentarischen Verfahrens
3.1. Fristsetzung und 24stündige Aufliegefrist
3.1.1. Was die Auswirkungen der vom Nationalrat im vorliegenden Fall beschlossenen Fristsetzung anlangt, so ist diesbezüglich Folgendes auszuführen:
Nach §44 Abs3 GOG hat nach Ablauf einer dem Ausschuss zur Berichterstattung gesetzten Frist die Verhandlung in der dem Fristablauf nachfolgenden Sitzung selbst dann zu beginnen, wenn ein schriftlicher Ausschussbericht nicht vorliegt. Gegenstand der Verhandlungen kann auf Grund dieser Bestimmung entweder die Vorlage in der ursprünglichen oder in der vom Ausschuss vorgeschlagenen Fassung - sofern dieser seine Verhandlungen abgeschlossen hat - sein (siehe Anmerkung 5 zu §44 Atzwanger-Zögernitz, Wien 1999). Dass bei Abschluss der Ausschussberatungen die Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes zu verhandeln ist, entspricht nicht nur dem in der Geschäftsordnung verankerten System der Vorberatung durch Ausschüsse sondern auch der bisherigen parlamentarischen Praxis.
In der 57. Sitzung des Nationalrates (XXI.GP) vom 1. und 2. März 2001 führte Präsident Dr. Fischer zur Frage, ob trotz Nichtverstreichens der 24stündigen Aufliegefrist vom Plenum der Bericht des Verfassungsausschusses oder der zugrunde liegende Antrag 370/A, in Verhandlung gezogen werden soll, wörtlich Folgendes aus:
'Die Frage, ob die Vorlage selbst verhandelt wird oder der Ausschussbericht, der gestern fertig gestellt wurde, aber noch keine 24 Stunden aufliegt, ist eine schwierige Frage. Ich möchte diese Geschäftsordnungsfrage auch in Anlehnung an einen früheren Fall, nämlich aus dem Jahre 1997, so entscheiden, dass wir den Ausschussbericht selbst in Verhandlung nehmen. Die Frist ist abgelaufen, und ein Ausschussbericht liegt vor. Ich denke, dass wir diese Vorgangsweise wählen wollen, und ich werde in diesem Sinne vorgehen' (vergleiche Anlage 14).
Hinzu kommt, dass im Falle einer dem Ausschuss zur Berichterstattung gesetzten Frist die Bestimmung des §44 Abs3 GOG eine lex spezialis zu §44 Abs1 GOG darstellt, sodass es in diesem Fall auf die 24stündige Aufliegefrist nicht ankommt, wofür es auch in der parlamentarischen Praxis unzählige Präzedenzfälle gibt (siehe Information des Leiters der Abteilung Parlamentarische Dokumentation, Dr. Günther Schefbeck an den Parlamentsvizedirektor Anlage 15).
Die dargelegte Rechtsauffassung wird auch durch die Kommentare zum Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates gestützt. Im Kommentar zur Geschäftsordnung des Nationalrates Czerny/Fischer (1982), 2. Auflage, wird zu §44 Abs3 GOG auf Seite 157 u. a.
Folgendes ausgeführt:
'Liegt ein schriftlicher Ausschussbericht vor, dann ist dieser den Beratungen im Plenum zugrunde zu legen, selbst wenn die Aufliegefrist nicht eingehalten werden konnte.'
Auch Atzwanger/Zögernitz (1999), 3. Auflage, merken in Anmerkung 4 zu §44 auf Seite 239 an:
'In diesem Fall sieht das Gesetz die Einhaltung der 24stündigen Aufliegefrist im Sinne des Absatz 1 nicht vor.'
Diese übereinstimmende Rechtsmeinung der führenden Kommentatoren des Geschäftsordnungsgesetzes wird durch eine entsprechende ständige Praxis des Nationalrates bestätigt (siehe
105. Sitzung des Nationalrates vom 12. Dezember 1997, der XX. GP, wo hinsichtlich der Berichte des Verkehrsausschusses 1040 und 1041 d.B. auf die Aufliegefrist verzichtet wurde; siehe ferner 57. Sitzung der XXI. GP, vom 1. März 2001, in der bezüglich des Berichtes des Verfassungsausschusses über den Antrag 370/A dieselbe Vorgangsweise gewählt wurde).
3.2. Elektronische Verteilung
3.2.1. Selbst wenn man die Rechtsauffassung nicht teilt, dass die 24stündige Aufliegefrist bei beschlossenen Fristsetzungen nicht anzuwenden ist, wäre darauf hinzuweisen, dass der Ausschussbericht rechtzeitig zugestellt wurde. Dem diente die bereits dargestellte, mit den Klubs vereinbarte Vorgangsweise. Sie stellte sicher, dass über die Klubs jeder Abgeordnete den Ausschussbericht einsehen konnte. Jeder Klub konnte prüfen, ob der Ausschussbericht den Beratungen entsprach. Eine Einwendung wurde auch nicht erhoben. Darüber hinaus konnte der Ausschussbericht auf der Homepage des Parlaments gelesen und von dort auch Ausdrucke hergestellt werden. Der Ausschussbericht hatte insgesamt 241 Seiten, dazu kamen 55 Seiten Minderheitsbericht von sozialdemokratischen Abgeordneten und 5 Seiten betreffend eine abweichende persönliche Stellungnahme von Grünen Abgeordneten.
Diese elektronische Verteilung im Wege des Internet ist ausreichend, weil die Geschäftsordnung zwar im §42 Abs1 GOG von Vervielfältigung und Verteilung spricht, jedoch nicht die technische Methode festlegt. In der Vergangenheit wurden ursprünglich alle Ausschussberichte in der damaligen Staatsdruckerei in derselben Weise gedruckt, in der auch das Bundesgesetzblatt gedruckt wird. Aus Termingründen wurde aber schon seit Jahrzehnten in dringenden Fällen der Ausschussbericht auch in der Hausdruckerei der Parlamentsdirektion in anderer technischer Form vervielfältigt und an die Abgeordneten verteilt. Nachträglich wurde dann auch der Ausschussbericht in der Staatsdruckerei in der vorhin erwähnten Weise gedruckt. Dieser Nachdruck in der Staatsdruckerei wird seit Mai 2003 nicht mehr getätigt.
3.2.2. Im Zusammenhang mit der elektronischen Verteilung des gegenständlichen Ausschussberichtes ist auch darauf hinzuweisen, dass allen Abgeordneten bereits vor einiger Zeit Laptops zur Verfügung gestellt werden, um einen raschen Zugang auf die parlamentarischen Materialien im Wege des Internets zu erlangen. Außerdem hat die Parlamentsdirektion die Büros der Abgeordneten bzw. die in diesen Büros befindlichen Arbeitsplätze von parlamentarischen Mitarbeitern nach dem Parlamentsmitarbeitergesetz mit EDV-Arbeitsplätzen (einschließlich Drucker) ausgestattet.
Es ist auch zu erinnern, dass im Klubfinanzierungsgesetz vorgesehen ist, dass bei der Berechnung der finanziellen Mittel für die parlamentarischen Klubs bestimmte Beträge zur Deckung der laufenden Kosten des EDV-Betriebes einschließlich von Personalkosten sowie zur Bildung von Rücklagen für einen notwendigen Ausbau von EDV-Anlagen zu berücksichtigen sind. Die Summe dieser Beträge für EDV-Ausgaben für alle vier Klubs beträgt derzeit jährlich zusammen insgesamt € 1.299.499, das sind 10,87 % der Gesamtzuwendungen an alle vier Klubs nach dem Klubfinanzierungsgesetz. Außerdem können die Abgeordneten auch gemäß §10 des Bundesbezügegesetzes die Kosten für die Anschaffungen von EDV-Arbeitsmittel (einschließlich Drucker) geltend machen. Es ist somit davon auszugehen, dass für die Mitglieder des Nationalrates ausreichende Möglichkeiten bestehen, elektronisch versendete Ausschussberichte am Bildschirm zu lesen und auszudrucken (bzw. ausdrucken zu lassen).
3.2.3. Zum Verständnis der elektronischen Verteilung im Anlassfall ist es auch wichtig zu wissen, dass dies kein Sonderfall sondern Teil eines Umstellungsprozesses ist, der zu einer elektronisch unterstützten Abwicklung des Gesetzgebungsverfahrens geführt hat. Dieser Umstellungsprozess ist mit den parlamentarischen Klubs bzw. der Präsidialkonferenz des Nationalrates immer wieder abgeklärt worden. So berichtete z.B. der Präsident in der Präsidialkonferenz vo[m] 24. April 2003 über Vorschläge zur Papiereinsparung im Zusammenhang mit Nutzungsmöglichkeiten der EDV (siehe Anlage 16), die von den Mitgliedern der Präsidialkonferenz zustimmend zur Kenntnis genommen wurden. Dieser Umstellungsprozess hat auch dazu geführt, dass seit Mai 2003 die Ausschussberichte und die Regierungsvorlagen nicht mehr in der Staatsdruckerei gedruckt werden, sondern nur noch in der Hausdruckerei der Parlamentsdirektion vervielfältigt werden. Seit Oktober 2003 erfolgt die Verteilung ausschließlich elektronisch über das Internet; den Klubs wird darüber hinaus eine kleine Auflage in Papierform zur Verfügung gestellt.
3.2.4. Im Anlassfall wurde von der Präsidialkonferenz - wie bereits oben erwähnt - auch ausdrücklich die Parlamentsdirektion beauftragt, mit den Klubdirektoren den Modus der Verteilung der Ausschussberichte zu vereinbaren. Im Hinblick auf die besondere praktische Bedeutung der Entscheidungen der Präsidialkonferenz für die formale Gestaltung der parlamentarischen Abläufe und die übliche Unterstützung der Präsidialkonferenz durch die Klubdirektoren, muss wohl davon ausgegangen werden, dass die Parlamentsdirektion die Verteilung des Ausschussberichtes über das Budgetbegleitgesetz in einer Weise vorgenommen hat, dass jedes Mitglied des NR die Möglichkeit gehabt hat, sich rechtzeitig über das Ergebnis der Ausschussberatungen des Budgetausschusses zu informieren und sich eine Meinung darüber zu bilden. Ebenso hat jeder Klub die Möglichkeit gehabt, diese Meinungsbildung durch die für die einzelnen Themenbereiche fachspezifisch zuständigen Referenten zu unterstützen.
3.3. Rechtliche Bedeutung der Entscheidungen des Präsidenten im Einvernehmen mit der Präsidialkonferenz
Gemäß §13 Abs2 GOG handhabt der Präsident die Geschäftsordnung und wacht über ihre Einhaltung. Seit je berät der Präsident vor seinen Entscheidungen diese in der Präsidialkonferenz.
Nach §8 Abs2 GOG ist die Präsidialkonferenz ein beratendes Organ. Die Kompetenzen der Präsidialkonferenz sind nur demonstrativ angeführt, weil es wohl nicht möglich ist, im Einzelnen alle Aufgaben zu umschreiben, die die Präsidialkonferenz wahrzunehmen hat. Jedenfalls ist die Präsidialkonferenz unbestritten das bedeutendste Instrument zur Planung der parlamentarischen Abläufe und zur effizienten Kooperation der Klubs, der Ausschüsse etc.. Jeder Ausschussobmann hält sich z.B. bei der Einberufung der Ausschusssitzung an die Empfehlungen der Präsidialkonferenz. Wenn daher der Präsident im Einvernehmen mit der Präsidialkonferenz, die Parlamentsdirektion und die Klubdirektoren ersucht, eine Vereinbarung über die Verteilung der Ausschussberichte abzuschließen, dann kommt einer solchen Vereinbarung ein rechtsverbindliches Gewicht zu. Dieses rechtliche Gewicht wird zwar insofern relativiert, als der Nationalrat mit Anträgen zur Geschäftsbehandlung Änderungen hinsichtlich der parlamentarischen Abläufe herbeiführen kann. Gerade dadurch kann man daher davon ausgehen, dass die Beschlüsse der Präsidialkonferenz in einem hohen Ausmaß die wahre Meinung des Nationalrates vertreten, weil in den Beschlüssen der Präsidialkonferenz versucht wird, ein sehr großes Maß an Übereinstimmung bei den Verfahrensabläufen zu gewährleisten, um eine nachträgliche Kritik durch Wortmeldungen oder Anträge zur Geschäftsbehandlung zu vermeiden. Im Anlassfall wurde beispielsweise der Vorschlag der Präsidialkonferenz über die Tagesblockredezeiten vom Plenum einstimmig angenommen. Auch bezüglich des übrigen Procedere wurde im konkreten Fall kein Geschäftsordnungsantrag gestellt.
3.4. Präklusion
Alle von den Antragstellern im gegenständlichen Antrag behaupteten Verfahrensmängel hätten auch im Zuge des parlamentarischen Verfahrens selbst im Wege von entsprechenden Anträgen zur Geschäftsbehandlung vorgebracht werden können. Dies wurde jedoch unterlassen, sodass der Nationalrat keine Gelegenheit hatte, solche Einwendungen zu prüfen und darüber zu entscheiden. Die Antragsteller haben somit nicht alle Mittel ausgenutzt, um behauptete Verfahrensmängel zu beseitigen. Da davon auszugehen ist, dass die Antragsteller über die Möglichkeiten der Geschäftsordnung des Nationalrates volle Kenntnis besitzen, kann auch in diesem Zusammenhang davon gesprochen werden, dass kein Verfahrensmangel bestanden hat, der die Mehrheit des Nationalrates daran gehindert hätte, ihren wahren Willen zum Ausdruck zu bringen.
4. Zusammenfassung zu den Punkten 1 und 3 über das parlamentarische Verfahren betreffend das Budgetbegleitgesetz 2003 und die damit zusammenhängenden rechtlichen Gesichtspunkte
Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass die Regierungsvorlage betreffend das Budgetbegleitgesetz 2003 entsprechend den Bestimmungen der Geschäftsordnung dem Budgetausschuss zugewiesen wurde und auch entsprechend der Geschäftsordnung im Budgetausschuss beraten wurde.
Die Beschlussfassung im Ausschuss erfolgte ebenfalls entsprechend den Bestimmungen der Geschäftsordnung und auch der Ausschussbericht erfüllte diese Voraussetzungen.
Das gleiche gilt für die Vervielfältigung und Verteilung des Ausschussberichtes. Auch die im Hinblick auf die 24stündige Aufliegefrist des §44 Abs1 GOG geäußerten Bedenken der Antragsteller müssen unter Berücksichtigung der im Punkt 3.1.1. dargelegten Gründe als unbeachtlich angesehen werden. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass den parlamentarischen Klubs der Ausschussbericht über das Budgetbegleitgesetz am Freitag, den 6. Juni 2003, um ca. 20.00 Uhr, zur Verfügung stand und außerdem von den Abgeordneten mit Hilfe der ihnen zur Verfügung stehenden Laptops ab dem erwähnten Freitag, 20.15 Uhr, im Internet gelesen und ausgedruckt werden konnte. Vor Beginn der Plenarberatungen wurde auch die Papierfassung des Ausschussberichtes an die Klubs zugestellt. Die Debatte und Abstimmung in zweiter und dritter Lesung erfolgte ebenfalls entsprechend den Bestimmungen der Geschäftsordnung.
5.1. Sonstige behauptete Bedenken
Durch die allgemein geäußerten Bedenken (z.B. über Sammelgesetze) können bei der Vollziehung des Geschäftsordnungsgesetzes weder eine gravierende Verletzung des Geschäftsordnungsgesetzes gegeben sein, noch eine Verletzung, die man als Ordnungswidrigkeit im Sinne der Judikatur des VfGH einzustufen hätte. Vielmehr handelt es sich um Bewertungen des parlamentarischen Geschehens, die mit Hilfe der Grundprinzipien der Verfassung (parlamentarische Demokratie, Rechtsstaatlichkeit) vorgenommen werden. Da die Beschwerdeführer auch nicht behaupten, dass bestimmte Bestimmungen der Geschäftsordnung verfassungswidrig wären, ergibt sich aus der Argumentation der Beschwerdeführer kein Anhaltspunkt für eine Verfassungswidrigkeit des Verfahrens im Nationalrat.
5.2. Am Beispiel des Vorwurfes, dass Sammelgesetze nicht geschäftsordnungskonform sind, erweist sich in besonderer Weise die Unhaltbarkeit solcher allgemein gehaltenen Bedenken, die keinen wirklichen Bezug zu einzelnen Bestimmungen der Geschäftsordnung haben. Denn der Präsident des NR hat keine Möglichkeiten, auf die Gestaltung von Regierungsvorlagen Einfluss zu nehmen. Vielmehr ist er durch die Geschäftsordnung verpflichtet, vorzusorgen, dass eingelangte Verhandlungsgegenstände einem Ausschuss zugewiesen werden und vom Ausschuss vorgelegte Berichte über eine Regierungsvorlage auf die TO des NR gesetzt werden. Analoges gilt auch für die Möglichkeiten des Ausschussobmannes. Auch dieser hat keine geschäftsordnungsmäßigen Möglichkeiten, Regierungsvorlagen, die mehrere Gesetzesvorschläge enthalten, zu verhindern. Es obliegt den jeweiligen Mehrheiten im Ausschuss und Plenum, darüber zu entscheiden, ob eine Regierungsvorlage, die mehrere Gesetzesvorschläge enthält, in der von der Regierung vorgeschlagenen Weise oder in einer anderen Form beschlossen wird. Der VfGH hat zwar in dem bereits erwähnten Erkenntnis VfSlg 16.151 darauf hingewiesen, dass in der gesetzgeberischen Praxis der vergangenen Jahre die angewendete legistische Technik der Sammelnovelle 'bedauerlicherweise' gehäuft geübt wurde und dies 'der Erkennbarkeit des Rechts äußerst abträglich ist'. Diese Bemerkung hat aber nicht zu verfassungsgesetzlichen oder geschäftsordnungsgesetzlichen Novellierungen geführt, sodass der Präsident des NR bzw. der Ausschussobmann nur an Hand der bestehenden Rechtslage vorgehen kann.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch die Regierungsvorlage über das Strukturanpassungsgesetz 1996 99 Artikel aufwies, wovon i[m] parlamentarischen Verfahren 90 Artikel geändert wurden und 9 neue Artikel beschlossen wurden (siehe auch die in Anlage 17 enthaltene Übersicht der Parlamentsdirektion betreffend die Budgetbegleitgesetze).
Auch die Regierungsvorlage über das Budgetbegleitgesetz 2001 enthielt 87 Artikel, wovon 83 Artikel geändert und 4 neue Artikel beschlossen wurden. Zu diesem Budgetbegleitgesetz 2001 hat der VfGH in seinem Erkenntnis Slg 16.381 vom 4. Dezember 2001 keine die Verfassungswidrigkeit herbeiführenden Bedenken gegen die Zusammenfassung von zahllosen Gesetzesänderungen in diesem Sammelgesetz geäußert, da diesem Sammelgesetz ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt war, welches Auskunft über die novellierten und sonst darin enthaltenen Bundesgesetze gibt. Der VfGH brachte ferner in diesem Erkenntnis zum Ausdruck, dass kein 'archivarischer Fleiß' iSd Erkenntnisses VfSlg 3130/1956 zum Auffinden der relevanten gesetzlichen Bestimmungen erforderlich wäre.
Auch im Lichte dieser Feststellungen des VfGH erscheinen die im vorliegenden Antrag gemäß Art140 B-VG geäußerten Bedenken hinsichtlich der Rechstaatlichkeit entkräftet. Denn: Der Regierungsvorlage 53 der Beilagen XXII. GP waren ein Vorblatt und eine Textgegenüberstellung mit der geltenden und vorgeschlagenen Fassung angeschlossen, aus denen man sich einen Überblick über die Gesamtauswirkungen der Reform machen konnte; ferner enthielt der dem Ausschussbericht 111 der Beilagen XXII. GP angeschlossenen Gesetzesentwurf ein Inhaltsverzeichnis, sodass von einem archivarischen Fleiß zum Auffinden der relevanten gesetzlichen Bestimmungen nicht gesprochen werden kann.
6. Zusammenfassung
Abschließend lässt sich somit feststellen, dass die Behauptungen der Antragsteller nicht zutreffen, dass das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates bei der Behandlung des Budgetbegleitgesetzes im NR verletzt wurde. Vielmehr sind alle parlamentarischen Vorgänge im Einklang mit der Geschäftsordnung bzw. den Vorschlägen der Präsidialkonferenz des NR erfolgt. Der Präsident des NR hat auch keine rechtlichen Möglichkeiten, Regierungsvorlagen betreffend so genannte Sammelgesetze anders zu behandeln, als Regierungsvorlagen, die nur die Änderung eines einzelnen Gesetzes vorsehen. Auch im Hinblick auf die Judikatur des VfGH ist somit kein gravierender Verfahrensmangel aufgetreten, der die Mehrheit des NR daran gehindert hat, ihre wahre Auffassung zum Ausdruck zu bringen."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1.1. Gemäß Art140 Abs1 zweiter Satz B-VG ist ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates berechtigt, die Verfassungswidrigkeit bundesgesetzlicher Bestimmungen beim Verfassungsgerichtshof geltend zu machen. Die antragstellenden Abgeordneten zum Nationalrat verkörpern mehr als ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates. Daher ist die in Art140 Abs1 zweiter Satz B-VG normierte Antragsvoraussetzung gegeben.
1.2. Wie sich aber aus Art140 Abs4 B-VG ergibt, ist ein Antrag eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates als Fall einer abstrakten Normenkontrolle nur gegen geltende, nicht aber gegen schon außer Kraft getretene Rechtsvorschriften zulässig (vgl. VfSlg. 14.802/1997 [S. 397], 14.895/1997 [S. 1036 f.], 16.151/2001 [S. 646]).
Gegenstand des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I 71, ist die Erlassung, Aufhebung bzw. Änderung der folgenden Bundesgesetze:
1.3. Nach Antragstellung wurden die folgenden, einen Gegenstand des Budgetbegleitgesetzes 2003 bildenden Bundesgesetze hinsichtlich der nachstehend genannten, antragsrelevanten Bestimmungen geändert:
Mit BGBl. I 80/2003:
* das EStG 1988 hinsichtlich des
Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2003 - AbgÄG 2003, BGBl. I 124:
* das EStG hinsichtlich des
Mit dem 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 - 2. SVÄG 2003, BGBl. I 145/2003:
* das ASVG hinsichtlich des
1.4. Die genannten Bestimmungen des Budgetbegleitgesetzes 2003 stehen also nicht (mehr) in der angefochtenen Fassung in Geltung und können somit auch nicht (mehr) Gegenstand eines Antrages eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates sein.
2. Der Antrag war daher insoweit zurückzuweisen.
III. 1. Der Verfassungsgerichtshof geht aufgrund des Vorbringens der antragstellenden Abgeordneten des Nationalrates sowie der Äußerungen der Bundesregierung und des Präsidenten des Nationalrates iVm. den der letzteren Äußerung angeschlossenen Beilagen von Folgendem aus:
Am 29. April 2003 hat die Bundesregierung die Regierungsvorlage betreffend Budgetbegleitgesetz 2003 (59 BlgNR 22. GP) dem Nationalrat zugeleitet. Gemäß §69 Abs7 GOG NR wurde diese Regierungsvorlage in der 13. Sitzung des Nationalrates am 29. April 2003 dem Budgetausschuß zur Vorberatung zugewiesen. In der 18. Sitzung des Nationalrates am 4. Juni 2003 wurde dem Budgetausschuß (mit Stimmenmehrheit) eine Frist gemäß §43 Abs1 GOG NR zur Berichterstattung über diese Regierungsvorlage an das Plenum bis Freitag, 6. Juni 2003, gesetzt.
Im Arbeitsplan des Budgetausschusses war ursprünglich eine Beratung für den 13. und 14. Mai 2003 vorgesehen. Der Budgetausschuß hat sodann die Vorlage in mehreren Sitzungen zwischen dem 13. Mai und dem 5. Juni 2003 beraten. In der Sitzung des Budgetausschusses am 13. Mai 2003 wurde die Verhandlung über die Regierungsvorlage 59 BlgNR 22. GP mit jener über den Antrag 132/A zusammengefaßt.
Vom Budgetausschuß wurde weder eine Beratung in Teilen beschlossen noch ein Unterausschuß zur Beratung eingesetzt. Im Budgetausschuß wurde die Debatte nach Themenbereichen gegliedert.
Die Frage der Verteilung des Ausschußberichtes wurde in der Präsidialkonferenz am 6. Juni 2003 behandelt. Im diesbezüglichen Protokoll (Anlage 7 zur Äußerung des Präsidenten des Nationalrates) heißt es, "[d]ie Parlamentsdirektion wird heute direkt mit den Klubdirektoren klären, auf welche Weise die Berichte des Budgetausschusses vom 5. Juni 2003 den Klubs bzw. den Abgeordneten zugänglich gemacht werden". In der Folge erhielt der Präsident des Nationalrates aufgrund einer Absprache der Parlamentsdirektion mit den Klubdirektoren die vom Leiter des Nationalratsdienstes verfaßte Information (Anlage 8 zur Äußerung des Präsidenten des Nationalrates), wonach je ein Bericht in Papierform für die Klubdirektoren der ÖVP und der FPÖ am Freitag, dem 6. Juni 2003, um
20.30 Uhr bei der Feuerwache hinterlegt wurden und der Ausschußbericht mittels e-mail am Freitag, dem 6. Juni 2003, um 20.02 Uhr, an den SPÖ-Klubdirektor gesendet worden sei. Weiters ist dieser Information zu entnehmen, daß am genannten Tage um 20.06 Uhr an näher genannte Vertreter des Grünen Klubs per e-mail der Ausschußbericht versendet worden ist.
Die eben erwähnte Information an den Präsidenten des Nationalrates wurde in der Präsidialkonferenz am 10. Juni 2003 behandelt. Im diesbezüglichen Protokoll (Anlage 9 zur Äußerung des Präsidenten des Nationalrates) wird darauf hingewiesen, daß der Ausschußbericht "teils in Papierform, teils mittels e-mail den Klubs zur Verfügung gestellt [wurde]; der gesamte Bericht stand am Freitag, den 6. Juni 2003, 20.15 Uhr, im Internet. Die Papierfassung des Ausschußberichtes wurde vereinbarungsgemäß heute um 7.40 Uhr an die Klubs zugestellt".
Der Bericht des Budgetausschusses (111 BlgNR 22. GP) betreffend das Budgetbegleitgesetz 2003 wurde auf die Tagesordnung der Sitzung des Nationalrates am 10. Juni 2003 gesetzt. Diese
20. Sitzung des Nationalrates wurde am 10. Juni um 10.00 Uhr begonnen und - nach Unterbrechung - am 11. Juni 2003 um 20.41 Uhr beendet. Das Budgetbegleitgesetz 2003 wurde vom Nationalrat am 11. Juni 2003 in zweiter und dritter Lesung beschlossen.
2. Für den gegebenen Zusammenhang sind insbesondere folgende Bestimmungen des GOG NR in Betracht zu ziehen:
"VI. Bildung der Ausschüsse und Geschäftsbehandlung
in deren Sitzung
§29
(1) Der Nationalrat wählt aus seiner Mitte nach dem Grundsatz der Verhältniswahl den Hauptausschuß.
...
§32
(1) Zur Vorberatung der Verhandlungsgegenstände werden Ausschüsse gewählt. Der Nationalrat setzt die Zahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder jedes zu wählenden Ausschusses fest. Die Mitglieder und Ersatzmitglieder werden auf die Klubs im Verhältnis der Zahl der ihnen angehörenden Abgeordneten nach den im §30 festgelegten Grundsätzen verteilt. Die Klubs machen die auf sie entfallenden Ausschuß- und Ersatzmitglieder dem Präsidenten namhaft; diese gelten damit als gewählt. Sobald dem Präsidenten mitgeteilte Veränderungen im Stärkeverhältnis der Klubs es erfordern, hat der Nationalrat innerhalb einer Woche nach Einlangen der Mitteilung beim Präsidenten oder - falls während dieses Zeitraums keine Sitzungen stattfinden - spätestens in der auf die Mitteilung zweitfolgenden Sitzung eine Neuwahl der bestehenden Ausschüsse durchzuführen. Bis zur Konstituierung der neugewählten Ausschüsse führen die bestehenden Ausschüsse ihre Geschäfte in der bisherigen Zusammensetzung weiter. Die Ausschußverhandlungen während einer Gesetzgebungsperiode erfahren durch eine solche Neuwahl keine Unterbrechung.
(2) Abweichend von den Bestimmungen des Abs1 kann der Nationalrat nach Beratung in der Präsidialkonferenz auf Vorschlag des Präsidenten beschließen, daß die Zusammensetzung von Ausschüssen in der Weise vorgenommen wird, daß bei der Verteilung der Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Klubs von den im §30 festgelegten Grundsätzen abgewichen wird, sofern die Mehrheitsbildungsverhältnisse im Ausschuß die Mehrheitsbildungsverhältnisse im Plenum widerspiegeln.
(3) Ist ein Ausschußmitglied verhindert, so wird es durch ein gewähltes Ersatzmitglied desselben Klubs vertreten.
(4) Ein verhindertes Ausschußmitglied kann statt durch ein Ersatzmitglied auch durch einen anderen Abgeordneten desselben Klubs nach schriftlicher Meldung beim Obmann des Ausschusses vertreten werden.
...
§41
(1) ...
...
(5) Der Obmann des Ausschusses erteilt den zum Wort gemeldeten Sitzungsteilnehmern in der Reihenfolge ihrer Anmeldung das Wort.
...
VII. Berichterstattung der Ausschüsse
§42
(1) Der Ausschuß wählt am Schluß der Verhandlungen einen Berichterstatter für den Nationalrat, der das Ergebnis derselben, insbesondere hinsichtlich der Beschlüsse des Ausschusses, in einem schriftlichen Bericht zusammenfaßt. Hiebei hat er im Fall der Berichterstattung über ein Volksbegehren eine in knapper Form gehaltene persönliche Stellungnahme des Bevollmächtigten im Sinne des §37 Abs3, soweit sie vom Hauptbericht abweicht, zu berücksichtigen. Der Bericht wird, vom Obmann und vom Berichterstatter unterfertigt, dem Präsidenten des Nationalrates übergeben, der die Vervielfältigung und die Verteilung an die Abgeordneten verfügt.
...
§43
(1) Der Nationalrat kann auf Vorschlag des Präsidenten oder auf Antrag eines Abgeordneten gemäß §59 Abs1 jederzeit - auch während der Verhandlung über einen Gegenstand im Ausschuß - dem Ausschuß eine Frist zur Berichterstattung setzen. Die Bekanntgabe eines diesbezüglichen Vorschlages durch den Präsidenten oder die Stellung eines solchen Antrages hat vor Eingang in die Tagesordnung einer Sitzung zu erfolgen. Die Abstimmung hierüber ist, sofern keine Debatte stattfindet, vom Präsidenten nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung vorzunehmen; findet eine Debatte statt, so erfolgt die Abstimmung nach Schluß dieser Debatte.
(2) Die einem Ausschuß gesetzte Frist kann vom Nationalrat vor ihrem Ablauf erstreckt werden. Ein diesbezüglicher Antrag ist einem Fristsetzungsantrag gemäß Abs1 gleichzusetzen.
(3) Unbeschadet der Bestimmungen betreffend die Debatte zur Geschäftsbehandlung (§59 Abs3) können fünf Abgeordnete vor Eingang in die Tagesordnung schriftlich eine Debatte über Anträge gemäß Abs1 oder 2 verlangen. Die Debatte richtet sich nach den §§57a und 57b. Von Abgeordneten, die demselben Klub angehören, kann nur ein solches Verlangen pro Sitzungswoche eingebracht werden. Wird ein solches Verlangen von Abgeordneten mehrerer Klubs unterstützt, ist es dem Klub, dem der Erstunterzeichner angehört, anzurechnen. Gehört dieser keinem Klub an, gilt diese Bestimmung hinsichtlich des Zweitunterzeichners und so weiter.
§44
(1) Die Verhandlung eines von einem Ausschuß vorzuberatenden Gegenstandes im Nationalrat darf in der Regel nicht vor Ablauf von 24 Stunden nach erfolgter Verteilung des Ausschußberichtes stattfinden.
(2) Nur auf Grund eines Vorschlages des Präsidenten und des darüber mit Zweidrittelmehrheit gefaßten Beschlusses des Nationalrates kann von der Vervielfältigung des Ausschußberichtes oder von der 24stündigen Frist abgesehen werden.
(3) Nach Ablauf einer dem Ausschusse zur Berichterstattung gesetzten Frist hat die Verhandlung in der dem Fristablauf nachfolgenden Sitzung selbst dann zu beginnen, wenn ein schriftlicher Ausschußbericht nicht vorliegt.
(4) Sollte der Ausschuß keinen Berichterstatter für den Nationalrat gewählt haben, kann vom Obmann oder im Falle seiner Verhinderung von einem Obmannstellvertreter ein mündlicher Bericht erstattet werden."
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:
1. Zum Prüfungsmaßstab.
1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem das Pensionsreformgesetz 2000 BGBl. I 95/2000 betreffenden Erkenntnis VfSlg. 16.151/2001 zur Frage der Beachtlichkeit des GOG NR im Rahmen eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß Art140 B-VG ausgeführt:
"6.1. Vorausgeschickt wird, dass grundsätzlich auch das Geschäftsordnungsgesetz 1975 einen Maßstab der dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 B-VG obliegenden Überprüfung von Bundesgesetzen auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin bildet. In systematischer Auslegung der Bundesverfassung ist dafür vor allem Folgendes ins Treffen zu führen: Gemäß Art47 Abs1 B-VG obliegt es dem Bundespräsidenten, das 'verfassungsmäßige Zustandekommen der Bundesgesetze' zu beurkunden. Zu Folge dieser Vorschrift ist dem Bundespräsidenten insbesondere auch die Beurteilung der Frage auferlegt, ob der jeweilige Gesetzesbeschluss des Nationalrates den Vorschriften des Geschäftsordnungsgesetzes entsprechend zustande gekommen ist. Dieselbe Prüfungsbefugnis kommt aber auch dem Verfassungsgerichtshof auf Grund seiner Zuständigkeit gemäß Art140 B-VG zu, 'über Verfassungswidrigkeit eines Bundesgesetzes ... zu erkennen'. Für eine derartige - grundsätzlich - auch das Geschäftsordnungsgesetz 1975 als Prüfungsmaßstab einschließende Auslegung spricht ferner auch der Zusammenhang gerade der Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes über die Behandlung von Gesetzesvorschlägen mit den Vorschriften der Bundesverfassung über die Aufgaben des Nationalrates in der Bundesgesetzgebung, die ihrerseits das Kernstück der das demokratische Grundprinzip ausgestaltenden Vorschriften der Bundesverfassung bilden. Dem entspricht weiters, dass Art30 Abs2 zweiter Satz B-VG für dieses Bundesgesetz besondere Beschlussfassungserfordernisse bestimmt, wie sie sonst - im Wesentlichen - nur für Bundesverfassungsgesetze gelten.
Angesichts all dessen erscheint es ausgeschlossen, dass Verstöße gegen die dafür in Betracht kommenden Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes schlechterdings der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 B-VG entzogen wären (vgl. Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht [1972] 746; s. dazu auch Atzwanger/Zögernitz, Nationalrat-Geschäftsordnung [1999], 259 FN *)).
Freilich wird dabei zwischen jenen Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes, deren Verletzung zur Beurteilung führt, dass der Gesetzesbeschluss nicht verfassungsmäßig zustande gekommen ist - das sind all jene Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes, die sichern sollen, dass in den Gesetzesbeschlüssen die wahre Meinung der Mehrheit des Nationalrates zum Ausdruck kommt - und bloßen Ordnungsvorschriften zu unterscheiden sein, deren Verletzung nicht zur Verfassungswidrigkeit des jeweiligen Bundesgesetzes führt."
1.2. Dagegen verweisen die Antragsteller darauf, die Qualifikation einer Geschäftsordnungsvorschrift als "sanktionslose Ordnungsvorschrift" beraube die jeweilige Bestimmung ihrer Existenzberechtigung und es sei daher eine sehr sorgfältige Prüfung und Abwägung zu treffen, wenn man eine Bestimmung des GOG NR derart qualifizieren wollte. Nahezu jede Entscheidung des Nationalrates sei eine Mehrheitsentscheidung. Daher finde sich im GOG NR so gut wie keine Sanktion für den Fall der Nichtbeachtung einzelner Bestimmungen, "sie werden schlichtweg sinnlos". Eine extensive Anwendung der Rechtsansicht, es bestünden "bloße Ordnungsvorschriften" im GOG NR, deren Verletzung unbedenklich wäre, schränke das gemäß Art140 B-VG bestehende Kontrollrecht eines Drittels der Mitglieder der Nationalrates ein. Das GOG NR biete dem Verfassungsgerichtshof "einen hinreichend strengen Prüfungsmaßstab, der der Bedeutung des verfassungsmäßigen Zustandekommens von Gesetzen in einer demokratischen Gesellschaft gerecht wird".
1.3. Diese Überlegungen veranlassen den Verfassungsgerichtshof nicht, seine vorher dargestellte (im Erk. 27.11.2002, G215/01, G289/01 mit Bezug auf die GO des Kärntner Landtages bestätigte) Rechtsprechung im Sinne des Antragsvorbringens zu erweitern, vielmehr bleibt er aus folgenden Überlegungen bei dieser:
Gemäß Art140 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über Verfassungswidrigkeit eines Bundesgesetzes auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates. Als Prüfungsmaßstab gilt hiefür auch das "verfassungsmäßige Zustandekommen der Bundesgesetze". Bei dieser Beurteilung kann aber nicht (fast) jede allfällige Mißachtung von Bestimmungen des GOG NR zu einer Verfassungswidrigkeit des darauf basierenden Gesetzesbeschlusses des Nationalrates führen, sondern nur eine qualifizierte, die Verfassungsmäßigkeit im Sinne des Art140 Abs1 B-VG beeinträchtigende. Dies umschrieb der Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis VfSlg. 16.151/2001 mit jenen Bestimmungen des GOG NR, "die sichern sollen, daß in den Gesetzesbeschlüssen die wahre Meinung der Mehrheit des Nationalrates zum Ausdruck kommt". Zum Antragsvorbringen, im GOG NR fänden sich "so gut wie keine Sanktionen für den Fall der Nichtbeachtung einzelner Bestimmungen, sie wären schlichtweg sinnlos", ist darauf zu verweisen, daß dies Konsequenz der sogenannten "Parlamentsautonomie" (vgl. statt vieler Tezner, Die Volksvertretung [1912], S 467) ist und daher die Einhaltung dieser Vorschriften in der Verantwortung des Parlaments selbst liegt.
2. Zur behaupteten Verletzung des §44 Abs1 GOG NR wegen Nichteinhaltung der dort vorgesehenen 24-Stunden-Frist.
2.1. Die antragstellenden Abgeordneten behaupten, der Ausschußbericht (111 BlgNR 22. GP) zur Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 2003 (59 BlgNR 22. GP) sei den Abgeordneten des Nationalrates am Dienstag dem 10. Juni 2003 um 7.45 Uhr zugestellt worden. Dieser Ausschußbericht sei daher auch den 69 Abgeordneten der SPÖ entgegen der Anordnung des §44 Abs1 GOG NR "nicht 24 Stunden vor der Aufnahme der Beratungen (oder Beginn der diesbezüglichen Nationalratssitzung), sondern lediglich etwas mehr als zwei Stunden vor Beginn der Beratungen zugestellt" worden. Der Auffassung von Atzwanger/Zögernitz (Nationalrat-Geschäftsordnung³ [1999], S 239 FN 2 und FN 4), daß im Falle einer Fristsetzung für den jeweiligen Ausschuß das Gesetz die Einhaltung der 24stündigen Auflagefrist nicht vorsehe, könne in dieser Allgemeinheit nicht beigetreten werden. Diese Auffassung könne höchstens dahin verstanden werden, "daß bei Fristsetzungen die Einhaltung der 24stündigen Auflagefrist dann nicht erforderlich ist, wenn sie tatsächlich nicht eingehalten werden kann, weil der Ausschuß seine Beratungen zwar nicht rechtzeitig zur Einhaltung der 24-Stunden-Frist, aber noch rechtzeitig vor Beginn der Sitzung abgeschlossen hat". Ein solcher Fall eines weniger als 24 Stunden vor der Sitzung beschlossenen Ausschußberichtes liege aber nicht vor. Die Ausschußberatungen seien am Donnerstag, 5. Juni 2003 abgeschlossen worden. Der nächste Termin für eine Sitzung des Nationalrates sei Dienstag der 10. Juni 2003 gewesen. Die Einhaltung der 24stündigen Auflagefrist wäre daher leicht möglich gewesen. Es wäre sogar möglich gewesen, "den Ausschußbericht am Freitag, dem 6. Juni zu erstellen und zu vervielfältigen und ihn am Montag, dem 9. Juni in den frühen Vormittagsstunden zur Verteilung zu bringen. Insofern wären - abgesehen davon, daß dies für parlamentarische Fristen ohnehin keine Rolle spielt - nicht einmal Arbeiten außerhalb der normalen Wochenarbeitszeiten notwendig gewesen".
Das GOG NR gehe von der Verteilung des schriftlichen Ausschußberichtes aus, wie er von der Parlamentsdirektion angefertigt werde. Nur dieser sei authentisch und könne Gegenstand der Verhandlungen und Abstimmungen werden. Eine Publikation des Ausschußberichtes oder von Teilen davon im Internet sei kein Ersatz für die schriftliche Verteilung der amtlichen Ausfertigung selbst. Das GOG NR sehe zwingend die Verteilung schriftlicher Ausschußberichte vor, eine allfällige Publikation im Internet sei weder bekannt geworden noch hätte eine solche die Verteilung des Ausschußberichtes ersetzen können.
2.2. Dem halten der Präsident des Nationalrates und ihm folgend die Bundesregierung entgegen, es seien die Bestimmungen des GOG NR nicht verletzt worden. Im Falle, daß einem Ausschuß zur Berichterstattung gemäß §44 Abs3 leg. cit. eine Frist gesetzt worden sei, werde die Bestimmung des §44 Abs1 leg. cit. über die 24stündige Frist nicht schlagend, da Abs3 eine lex specialis gegenüber Abs1 darstelle (Hinweis auf Atzwanger/Zögernitz, Nationalrat-Geschäftsordnung³, S 239 Anm. 4 zu §44). Dafür gebe es auch - im Einzelnen belegte (Anlage 15 zur Äußerung des Präsidenten des Nationalrates) - Präzedenzfälle. Darüber hinaus sei, wie oben dargestellt, die "Verteilung" im Wege des Internets im Sinne des GOG NR als ausreichend anzusehen (dies wird unter Darstellung der Ausstattung der Abgeordneten zum Nationalrat mit EDV-Geräten detailliert dargelegt). Ferner wird auf die rechtliche Bedeutung der Entscheidungen des Präsidenten im Einvernehmen mit der Präsidialkonferenz aufmerksam gemacht und Präklusion der vorgebrachten Bedenken behauptet (vgl. die detaillierte Wiedergabe der Ausführungen oben unter I.3.).
2.3. Der Antrag ist insoweit im Ergebnis nicht begründet:
Im Antrag wird behauptet, das Budgetbegleitgesetz 2003 sei deshalb verfassungswidrig (zustandegekommen), weil die vorgesehene Auflagefrist von 24 Stunden hinsichtlich des Ausschußberichtes nicht eingehalten und auf die Tagesordnung des Nationalrates nicht die Regierungsvorlage, sondern der Ausschußbericht gesetzt worden sei. Damit seien Regelungen des GOG NR, insbes. dessen §44 verletzt worden, was zur Verfassungswidrigkeit des Budgetbegleitgesetzes 2003 führe.
Im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist zunächst zu prüfen, ob es sich bei den behauptetermaßen verletzten Bestimmungen des GOG NR um solche handelt, die im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (IV.1.1.) zu jenen gehören, "deren Verletzung zur Beurteilung führt, dass der Gesetzesbeschluss nicht verfassungsmäßig zustande gekommen ist - das sind all jene Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes, die sichern sollen, dass in den Gesetzesbeschlüssen die wahre Meinung der Mehrheit des Nationalrates zum Ausdruck kommt". Dies gilt für die §§65 und 72 GOG NR soweit sie Gegenstand des Erkenntnisses VfSlg. 16.151/2001 waren, aber etwa auch für jene Geschäftsordnungsbestimmungen, die der (Möglichkeit der) Teilnahme der Abgeordneten an den Abstimmungen oder der Klarheit des Gegenstandes der Abstimmung dienen. Nicht gilt das aber für §44 GOG NR. Die behauptetermaßen verletzten Regelungen betreffen die parlamentarische Vorbereitung der Beschlußfassung im Plenum, nicht aber betreffen sie ebendiese Beschlußfassung selbst.
Die insofern behauptete Verfassungswidrigkeit des Budgetbegleitgesetzes 2003 liegt deshalb schon aus diesem Grunde nicht vor, sodaß es entbehrlich war zu prüfen, ob eine Verletzung des §44 GOG NR stattgefunden hat, ob die von den antragstellenden Abgeordneten und vom Präsidenten des Nationalrates übereinstimmend dargestellten Vorgänge der Verteilung des Ausschußberichtes teils in Papierform, teils mittels e-mail an einen Klub sowie durch Bereitstellung im Internet ab Freitag, dem 6. Juni 2003, 20.15 Uhr, als rechtzeitige Verteilung im Sinne des §44 Abs1 GOG NR zu beurteilen ist, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, daß der Präsident des Nationalrates im Einvernehmen mit der Präsidialkonferenz vorgeht bzw. ob "Präklusion" der behaupteten Verfahrensmängel anzunehmen wäre.
Im Antrag wurde nicht vorgebracht, daß bei den Abgeordneten zum Nationalrat nicht Klarheit darüber bestanden hätte, was Gegenstand der Abstimmung über das Budgetbegleitgesetz 2003 war.
3. Zum behaupteten Verstoß gegen das demokratische und rechtsstaatliche Bauprinzip der Bundesverfassung.
3.1.1. Einen Verstoß gegen das demokratische Bauprinzip der Bundesverfassung erblicken die antragstellenden Abgeordneten - kurz zusammengefaßt - zum einen darin, daß angesichts der Vielzahl der vom Gesetzgeber zu regelnden Inhalte das GOG NR "eine Spezialisierung der Beratungstätigkeit von Abgeordneten und damit auch der Abgeordneten selbst" vorsehe, weshalb zur Vorberatung der Verhandlungsgegenstände Ausschüsse zu wählen seien. Diese Arbeitsteilung sei Voraussetzung dafür, daß eine inhaltliche Auseinandersetzung der Abgeordneten mit Gesetzesvorschlägen tatsächlich möglich sei und so die Abgeordneten auf den Inhalt des Gesetzes Einfluß nehmen könnten. Diese Möglichkeit werde ihnen genommen, wenn "sämtliche Materien" in einem Gesetz zusammengefaßt würden und dieses nur in einem einzigen Ausschuß beraten werden könne. Mit dem Entwurf eines Budgetbegleitgesetzes 2003 "wurde de facto die gesamte Gesetzesproduktion zumindest eines Jahres (aber mit einer Wirksamkeit für Jahrzehnte, siehe Pensionsreform und Abfangjägerkauf) in ein einziges Gesetz verpackt". Diese Materien hätten in einer Vielzahl von Ausschüssen beraten werden müssen; dies sehe aber das GOG NR nicht vor. Es liege auf der Hand, "daß bei der Zusammenfassung einer solchen Vielzahl von Materien in einem Gesetz einerseits das Recht der Ausschussmitglieder verletzt wird, ihnen aufgrund ihrer Zuteilung an einen Ausschuss zukommende Materien zu beraten". Dadurch werde auch "das Recht der Klubs verletzt, für eine effiziente inhaltliche Beratung der Materien zu sorgen". Nach der - oben im Einzelnen wiedergegebenen - Darstellung des Ablaufs der Debatte im Budgetausschuß seien bei jedem Wechsel der einzelnen Sachbereiche von den Klubs andere Abgeordnete gemäß §32 Abs4 GOG NR nominiert worden, "wobei bis zu vier Rednerlisten parallel bestanden". Schon darin sei eine grobe Verletzung des §41 Abs5 leg. cit. zu erblicken, welche Bestimmung "nur eine Rednerliste kennt".
3.1.2. Dagegen führt die Bundesregierung ins Treffen, die Bundesverfassung sehe nicht vor, daß Gesetzesvorschläge von einem Ausschuß der gesetzgebenden Körperschaft vorberaten würden. Zwar seien dort bestimmte Ausschüsse des Nationalrates ausdrücklich vorgesehen und es würden diesen bestimmte Aufgaben zugeordnet. Dabei handle es sich aber durchwegs nicht um die Vorberatung von Gesetzesvorschlägen. Nur in Art51b Abs2 und 6 sowie in Art51c B-VG sehe die Bundesverfassung vor, daß zu den Aufgaben von Ausschüssen des Nationalrates auch die Vorberatung von Ausschußberichten gehöre. Ein verfassungsmäßiges Gebot einer Vorberatung sei der Bundesverfassung jedoch nicht zu entnehmen, noch weniger bestehe "eine Garantie der Zuständigkeit von Ausschüssen". Allerdings sehe §32 des GOG NR die Wahl von Ausschüssen des Nationalrates zur Vorberatung der Verhandlungsgegenstände vor. Die Bundesverfassung enthalte keine Bestimmung, der ein Gebot der Vorberatung durch spezialisierte Ausschüsse entnommen werden könne. Solches sehe auch das GOG NR nicht vor.
3.1.3. Der Präsident des Nationalrates trägt im wesentlichen vor, aus der Argumentation der Antragsteller ergebe sich kein Anhaltspunkt für eine Verfassungswidrigkeit des Verfahrens im Nationalrat. Der Präsident des Nationalrates habe keinerlei Möglichkeit, auf die Gestaltung von Regierungsvorlagen Einfluß zu nehmen. Vielmehr werde er durch das GOG NR verpflichtet, dafür vorzusorgen, daß eingelangte Verhandlungsgegenstände einem Ausschuß zugewiesen und vom Ausschuß vorgelegte Berichte über Regierungsvorlagen auf die Tagesordnung des Nationalrates gesetzt würden. Der Obmann eines parlamentarischen Ausschusses habe keine geschäftsordnungsmäßige Möglichkeiten, "Regierungsvorlagen, die mehrere Gesetzesvorschläge enthalten, zu verhindern". Schließlich zeige sich auch, daß mehrfach "Sammelgesetze" mit zahlreichen Bestimmungen im Nationalrat als Regierungsvorlage zur Beschlußfassung vorgelegt und von diesem auch beschlossen worden seien. Der Verfassungsgerichtshof habe dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gehegt.
3.1.4. In der Tat ist ein "Recht" von Ausschüssen bzw. von in Ausschüsse entsendeten Mandataren darauf, bestimmt strukturierte Regierungsvorlagen oder Teile davon beraten zu können, weder dem GOG NR noch gar der Bundesverfassung zu entnehmen. Im Ergebnis läuft das diesbezügliche Antragsvorbringen darauf hinaus, daß die geltenden Regelungen des GOG NR für unzweckmäßig gehalten werden, weil diese nicht die Möglichkeit vorsehen, eine Regierungsvorlage mehreren Ausschüssen zur Vorberatung in Teilen zuzuweisen. Daraus resultiert aber offenkundig keinerlei Verfassungswidrigkeit hinsichtlich des angefochtenen Budgetbegleitgesetzes 2003. Die insoferne geltend gemachten Bedenken sind im Ergebnis rechtspolitischer Art, die nicht im Wege eines verfassungsgerichtlichen Gesetzesprüfungsverfahrens sanktioniert werden können.
Auch die auf §41 Abs5 GOG NR gestützten Bedenken dahingehend, daß bei den Beratungen im Budgetausschuß "vier Rednerlisten" geführt worden seien, obwohl die genannte Bestimmung nur "eine Rednerliste kennt", können eine Verfassungswidrigkeit des Budgetbegleitgesetzes 2003 nicht erweisen. Unabhängig von einer allfälligen - hier nicht näher zu prüfenden - Verletzung der genannten Geschäftsordnungsbestimmung zählt sie nicht zu jenen, deren Verletzung zum verfassungswidrigen Zustandekommen des Budgetbegleitgesetzes 2003 führen würde; insofern ist auf die Begründung oben IV.1. und 2.3. hinzuweisen.
Insgesamt ist auch das auf das demokratische Bauprinzip gestützte Antragsvorbringen deshalb nicht geeignet, eine Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Budgetbegleitgesetzes 2003 zu erweisen.
3.2. Gleiches gilt im Ergebnis auch für die auf das rechtsstaatliche Bauprinzip, insbesondere auf das Legalitätsprinzip des Art18 B-VG gestützten Bedenken gegen das Budgetbegleitgesetz 2003 als sogenanntem "Sammelgesetz", weil es systematisch nicht zusammenhängende Materien in sich vereine, sodaß es den Normunterworfenen so gut wie nicht mehr möglich sei, sich über die durch dieses Gesetz geänderte Rechtslage zu informieren. Durch dieses Budgetbegleitgesetz 2003 würden 84 Gesetze novelliert, 6 neue Gesetze erlassen und 1 Bundesgesetz aufgehoben. Dazu berufen sich die Antragsteller auf VfSlg. 16.151/2001.
In diesem Erkenntnis heißt es ua.:
"Daß diese gesetzgeberische Praxis ['Sammelnovellen'], die in den vergangen Jahren bedauerlicher Weise gehäuft geübt wurde, der Erkennbarkeit des Rechts äußerst abträglich ist, liegt auf der Hand."
Im Erkenntnis VfSlg. 16.381/2001 hegte der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen Art66 des Budgetbegleitgesetzes 2001. Vielmehr meinte er, daß im damaligen Fall kein "archivarischer Fleiß" zum Auffinden der relevanten gesetzlichen Bestimmungen erforderlich gewesen sei. Dies gilt auch hier, da zwischen dem Budgetbegleitgesetz 2001 und dem Budgetbegleitgesetz 2003 insoweit keine relevanten Unterschiede bestehen.
Unter diesen - hier zutreffenden - Voraussetzungen erweist sich somit auch das diesbezügliche Antragsvorbringen nicht als gerechtfertigt.
4. Der Antrag war deshalb, soweit er sich als zulässig erweist, abzuweisen.
V. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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