Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung:
I. 1. Mit ihrem auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehrt die
Antragstellerin die Aufhebung der Wortfolge "durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder" in §36 Abs1 Z3 WEG 2002.
2. Die Mutter des Ehemannes der nunmehrigen Antragstellerin wurde mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Ebreichsdorf wegen des unleidlichen Verhaltens des in ihrer Eigentumswohnung wohnenden Sohnes gemäß §36 Abs1 Z3 WEG 2002 aus der Miteigentumsgemeinschaft ausgeschlossen. Die anderen Wohnungseigentümer betrieben zur Durchsetzung des Ausschlusses die Zwangsversteigerung. Nach Bewilligung der Zwangsversteigerung schenkte die verurteilte Wohnungseigentümerin die Liegenschaftsanteile samt Eigentumswohnung ihrer Schwiegertochter, der nunmehrigen Antragstellerin, wobei die sich aus dem Ausschlussurteil ergebenden Verpflichtungen ausdrücklich auf die nunmehrige Antragstellerin übergegangen sind. Der das unleidliche Verhalten setzende Sohn der seinerzeitigen Wohnungseigentümerin wohnt mit der nunmehrigen Antragstellerin nach wie vor in der Wohnung. Die letztlich von der nunmehrigen Antragstellerin eingebrachte außerordentliche Revision wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 26. August 2009 zurückgewiesen. Das auf Grund der eingebrachten Oppositionsklage unterbrochene Zwangsversteigerungsverfahren wurde fortgesetzt und der Versteigerungstermin mit 30. November 2009 festgelegt.
3. Zu ihrer Legitimation führt die Antragstellerin Folgendes aus:
"Zum Nachweis der Legitimation der Antragstellerin verweist diese darauf, dass sie durch das Urteil des Bezirksgerichtes Ebreichsdorf und durch das Zwangsversteigerungsverfahren des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, wie dargestellt, unmittelbar betroffen ist.
Der An[t]ragstellerin ist selbstredend bewusst, dass gem. Art140 Abs1 B-VG ein Individualantrag einer einzelnen Person grundsätzlich nur möglich ist, soferne das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für die antragstellende Person wirksam ist. Allerdings wird diese Mediatisierung des Rechtes der Antragstellung (nur das Gericht kann bei Anwendung der Norm den Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes wegen Verfassungswidrigkeit stellen) insoferne relativiert, als nach der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes dieser auch bei Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände (VfSlg 15786 et al) möglich ist. Ein derartiger außergewöhnlicher Umstand, der dem zitierten Fall der Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde nach §285 StPO entspricht, liegt hier vor.
Wie im Sachverhalt dargestellt, findet die Versteigerung des mit Wohnungseigentum verbundenen Liegenschaftsanteiles am 30.11.2009 statt. Im übrigen betrachtet die Antragstellerin das Erkenntnisverfahren vor dem Bezirksgericht Ebreichsdorf und das Zwangsversteigerungsverfahren vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien als Einheit. §36 Abs1 Z3 WEG ist daher präjudiziell.
Es ist daher unter dem Gesichtspunkt der Antragslegitimation unerheblich, dass die weiter unten dargestellte Verfassungswidrigkeit der Norm im Erkenntnisverfahren zu finden ist (Anwendung des §36 Abs1 Z3 WEG) und die außergewöhnliche Situation durch das in unmittelbarer Zukunft eintretende Ergebnis des Zwangsversteigerungsverfahrens gegeben ist. Die Antragslegitimation der Antragstellerin liegt daher vor."
3. Zur Verfassungswidrigkeit des §36 Abs1 Z3 WEG 2002 führt die Antragstellerin aus, dass in der Bestimmung keine Differenzierung zwischen zurechnungsfähigen und unzurechnungsfähigen Personen - wie ihrem Ehemann - getroffen werde. Dadurch leide die Norm an "einer Unklarheit und Unbestimmtheit, was gleichermaßen dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht". Weiters wird der Antrag gestellt, "dem vorliegenden Individualantrag aufschiebende Wirkung dergestalt zuzuerkennen, dass das Zwangsversteigerungsverfahren [...] bis zur Entscheidung über den vorliegenden Individualantrag aufzuschieben und insbesondere, dass der Versteigerungstermin vom 30.11.2009 abberaumt werde."
II. Der Antrag ist unzulässig.
1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Gesetze nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.803/1988, 13.871/1994, 15.343/1998, 16.722/2002, 16.867/2003).
2. Ein solcher zumutbarer Weg ist nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes unter anderem dann gegeben, wenn bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder war, dass dem nunmehrigen Antragsteller (oder - wie im vorliegenden Fall - seinem Rechtsvorgänger; siehe unten Pkt. II. 4.) Gelegenheit gibt, die Stellung eines Antrages auf Gesetzesprüfung nach Art140 B-VG anzuregen (vgl. VfSlg. 13.871/1994 mwN). Gemäß Art89 Abs2 zweiter Satz B-VG wären die betreffenden Gerichte (der Oberste Gerichtshof oder ein zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständiges Gericht) zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes verpflichtet, sofern sie - gleich der Antragstellerin - gegen die Anwendung des Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken haben sollten (vgl. VfSlg. 11.480/1987). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein gerichtliches Verfahren anhängig war, in dem die Antragstellerin die Möglichkeit hatte, eine amtswegige Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anzuregen (vgl. VfSlg. 8890/1980, 14.752/1997).
3. Ein Individualantrag wäre in solchen Fällen nur bei Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände zulässig (zB VfSlg. 13.871/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur). Man gelangte andernfalls zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Grundprinzip des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (vgl. VfSlg. 8890/1980, 13.659/1993).
Besondere, außergewöhnliche Umstände liegen im konkreten Fall nicht vor. Insbesondere unterscheidet sich die vorliegende Sache auch von dem von der Antragstellerin ins Treffen geführten Erkenntnis VfSlg. 15.786/2000: Die Zulässigkeit des damaligen Individualantrages wurde vom Verfassungsgerichtshof damit begründet, dass Bedenken gegen die nichtverlängerbare vierwöchige Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde gemäß §285 Abs1 StPO nur um den Preis eines endgültigen Verlustes jeglichen Rechtschutzes im strafgerichtlichen Verfahren herangetragen werden könnte; dies entspricht nach dem Gewicht des drohenden Nachteils jenen Umständen, aus den der Verfassungsgerichtshof schon bisher die Beschreitung des an sich zur Verfügung stehenden anderen Weges für unzumutbar erachtet hat (vgl. VfSlg. 11.853/1988 und 12.379/1990).
4. Insofern ist der nunmehr zur Entscheidung stehende Fall aber anders gelagert: Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin hatte im Verfahren nach §36 WEG 2002 die Möglichkeit, Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zu erheben und die Frage der Verfassungswidrigkeit des §36 Abs1 Z3 erster Halbsatz WEG 2002 an das zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständige Gericht heranzutragen.
Gemäß §36 Abs4 WEG 2002 ist die Ausschlussklage im Grundbuch anzumerken; diese Anmerkung hat zur Folge, dass das über die Klage ergehende Urteil auch gegen die Personen, die erst nach dem Zeitpunkt, in dem das Gesuch um die Streitanmerkung an das Grundbuchsgericht gelangt ist, bücherliche Rechte erlangt haben, seine volle Wirksamkeit äußert (§61 Abs2 GBG 1955). Sollte die Antragstellerin, die zum Zeitpunkt des - unentgeltlichen - Erwerbs des Wohnungseigentumsobjektes in Kenntnis des anhängigen Zwangsversteigerungsverfahrens war, von der bekämpften Norm überhaupt unmittelbar betroffen sein, muss sie unter diesen Umständen hinnehmen, dass sie nicht über dieselben Möglichkeiten verfügt, wie eine Wohnungseigentümerin in einer Konstellation, in der während eines Zwangsversteigerungsverfahrens kein Eigentümerwechsel stattfindet; es wäre an der Rechtsvorgängerin gelegen, im Verfahren nach §36 WEG 2002 eine Antragstellung des zuständigen Gerichts nach Art140 B-VG anzuregen.
Der Antrag ist daher bereits aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.
III. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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