Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der
Rechtsanwaltskammer Wien vom 1. Februar 2008 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe
"in seinen Schreiben vom 28.01.2004 und 13.02.2004 sowie der Abtretungserklärung vom 04./08.03.2004 auf die betagten Eltern des Anzeigers, em. Univ.-Prof.DDDr. J und R K, durch die Androhung einer Anfechtungsklage sowie einer Anzeige wegen betrügerischer Krida (§156 StGB) unzulässigen Druck ausgeübt und sie hiedurch veranlasst, die ihnen als Fruchtgenussberechtigten an der dem Anzeiger geschenkten Eigentumswohnung in S, [...], zustehenden Rechte an ihn abzutreten."
Der Beschwerdeführer wurde wegen des Vergehens der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes gemäß §16 Abs1 Z2 Disziplinarstatut 1990 zur Disziplinarstrafe einer Geldbuße in Höhe von € 2.000,- und zur Tragung der Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt.
2. Die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission (in der Folge: OBDK) gab der dagegen erhobenen Berufung mit Erkenntnis vom 15. Juni 2009 mit der Maßgabe keine Folge, dass ausgesprochen wurde, der Beisatz "sowie einer Anzeige wegen betrügerischer Krida (§156 StGB)" habe zu entfallen. Begründend wurde dazu ausgeführt:
"In seiner Berufung behauptet der Berufungswerber, er sei zur Drohung mit Anfechtungsklage sowie einer Anzeige wegen betrügerischer Krida berechtigt gewesen, weil sich jedenfalls ihm zum Zeitpunkt der Verfassung der beiden Aufforderungsschreiben (29.01. und 13.02.2004) die ganze Transaktion als Scheingeschäft dargestellt habe.
Dies geht fehl. Wenn der Berufungswerber sein Verständnis des Wortes 'Scheingeschäft' darlegt, übersieht er, dass von einem Rechtsanwalt erwartet werden kann und muss, eine nach der Rechtslage zumindest vertretbare rechtliche Qualifikation vorzunehmen. Dies vor allem dann, wenn er damit Forderungen gegenüber unvertretenen Parteien durchsetzen will. Es reicht deshalb zur Entschuldigung nicht aus, sich auf eine subjektive, aber objektiv für jeden Rechtskundigen nicht gerechtfertigte, Ansicht zurückzuziehen. Tatsächlich hält die vom Disziplinarbeschuldigten vertretene Rechtsmeinung selbst einer ohne größeren Aufwand durchgeführten Überprüfung nicht stand:
Ein nichtiges Scheingeschäft im Sinne des §916 ABGB liegt vor, wenn eine Willenserklärung mit Einverständnis des Vertragspartners zum Schein abgegeben wird. Das Scheingeschäft setzt somit gemeinsamen dolus voraus, der schon im Zeitpunkt des Zustandekommens des Scheinvertrags gegeben sein muss (RIS-Justiz RS0018107). Dies gilt auch für zum Schein erfolgte Vertragsauflösungen (RIS-Justiz RS001 8121).
Der Disziplinarbeschuldigte hat in seinem Schreiben vom 28. 1. 2004 ('...Damit steht fest, dass es sich um ein Scheingeschäft
handelt... ..Die Überlassung der Mieteinnahmen durch Sie an Ihren
Sohn ist anfechtbar...') den Verzicht der bücherlichen Fruchtgenussberechtigten auf die Mieteinnahmen zu Gunsten ihres Adoptivsohnes als anfechtbar erachtet. Dass er Hinweise auf einen gemeinsamen Vorsatz zur Gläubigerschädigung gehabt habe, hat er selbst nicht behauptet und ist derartiges auch nicht ersichtlich. Losgelöst von dieser Frage ist ausschlaggebend, dass durch den angesprochenen Verzicht die Vermögenslage des Schuldners in Wahrheit verbessert wurde, was durch den hypothetischen Erfolg einer Klage belegt wird. Sowohl bei Geltendmachung der Nichtigkeit als auch unter dem vom Disziplinarbeschuldigten möglicherweise ebenfalls bedachten Blickwinkel der §§2ff AnfO käme es zum Wegfall des als dissimuliert bzw benachteiligend behaupteten Geschäfts, was im hier zu beurteilenden Fall bedeutete, dass der Verzicht hinfällig würde und dem Schuldner (und seinen Gläubigern) die Mieteinnahmen nicht mehr zur Verfügung stünden. Dass die ursprüngliche Einräumung des Veräußerungs- und Belastungsverbots sowie des Fruchtgenussrechts nur zum Schein erfolgt wäre, behauptet auch der Disziplinarbeschuldigte nicht. Anhaltspunkte dafür bestehen nicht, stand diesem Vorgang doch die unentgeltliche Eigentumsübertragung gegenüber. Die Absicherung gegen unerwünschte Verwertung kann dem Schenkenden nicht verwehrt werden. Dafür, dass die unterbliebene Löschung des Fruchtgenussrechts auf möglicherweise Schadenersatzansprüche begründendem Vorsatz der Adoptiveltern beruhte, hatte der Disziplinarbeschuldigte nach dem Akteninhalt keinerlei Hinweise.
Bereits der Disziplinarrat hat zutreffend darauf verwiesen, dass es der Disziplinarbeschuldigte unterlassen hat, für seine Forderung einen Titel zu schaffen. Im Zeitpunkt seiner Strafanzeige mit Privatbeteiligtenanschluss am 2. 9. 2003 lagen Beendigung der anwaltlichen Tätigkeit und Rechnungslegung im September 1998 schon mehr als drei Jahre zurück. Die lange Verjährungszeit des §1489 zweiter Satz ABGB erfordert einen Schadenseintritt auf Grund vorsätzlicher Straftat, somit, dass der Eintritt der Vermögensschädigung zumindest vom bedingten Vorsatz des S K umfasst war. Wie der Disziplinarbeschuldigte im Strafverfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien, das hinsichtlich dieses Faktums mit Freispruch endete, selbst angab, bezahlte S K in der Zeit als der Disziplinarbeschuldigte für ihn tätig war teilweise selbst Honorare, teilweise erfolgte die Abrechnung über Rechtschutzversicherungen und es wurden auch Vorschüsse erlegt (Urteil 22. 11. 2004, Beil ./O, S 9). Wenngleich die inkriminierten Schreiben vor dem freisprechenden Erkenntnis verfasst wurden, konnte der Disziplinarbeschuldigte nach seinem Wissensstand nicht darüber im Unklaren sein, dass ein Schädigungsvorsatz nicht oder nur äußerst schwer erweislich sein werde. Ungeachtet obiger Überlegungen zum Scheingeschäft machte er somit zudem eine Forderung geltend, von deren aufrechtem Bestehen er nicht ausgehen konnte.
Den Ausführungen des Disziplinarbeschuldigten, es habe sich bei seiner verjährten Honorar-Forderung immerhin um eine Naturalschuld gehandelt, ist zu erwidern, dass einer solchen eben die Durchsetzbarkeit fehlt. Der Disziplinarbeschuldigte hat die zumindest teilweise Durchsetzung auf unrechtmäßigem Wege dann doch erlangt, und genau dies stellt den Disziplinarvorwurf dar.
Entgegen den Ausführungen des Disziplinarbeschuldigten kommt es nicht darauf an, dass die Ehegatten K durch die Schreiben 'in Furcht und Unruhe' iSd §107 StGB versetzt wurden. Der Rechtsanwalt genießt in Hinblick auf sein rechtliches Fachwissen, verbunden mit der Verpflichtung die Gesetze unverbrüchlich zu beobachten (§§7,9 Abs1 RAO) eine besondere, nach dazu gefestigter Standesauffassung angestrebte Vertrauensstellung in der Öffentlichkeit (12 Os 18/03). Einschüchterung - noch dazu in eigener Sache - durch sachlich nicht gerechtfertigte Androhungen, verwirklicht daher auch dann als Verstoß gegen §1 DSt ein Disziplinarvergehen, wenn das Verhalten einen Straftatbestand nicht erfüllt. Aktenwidrig ist die Behauptung des Disziplinarbeschuldigten, die Fruchtgenussberechtigten hätten sich nicht bedroht gefühlt: Der Annahmebrief des em.Univ.Prof. Dipl.Ing. DDr (hc) K vom 26.02.2004 spricht eine gegenteilige Sprache, wenn er den Entschluss, dem Begehren des Disziplinarbeschuldigten zu entsprechen, mit dem Gesundheitszustand und der Vermeidung eines Prozesses begründet. Anzumerken ist hier, dass dem Disziplinarbeschuldigte schon auf Grund der Grundbuchseinsicht das hohe Alter der Adoptiveltern des S K ebenso wenig verborgen bleiben konnte, wie der Umstand, dass em. Univ.Prof. Dipl.Ing. DDr (hc) K offenkundig nicht Jurist war.
Wenn sich der Disziplinarbeschuldigte darauf beruft, immerhin für die Forderung seiner Mandantin E C einen durchsetzbaren Titel gehabt zu haben, welcher die Einbringung einer Anfechtungsklage ermöglicht hätte, so ist auf obige Ausführungen zum Scheingeschäft zu verweisen sowie darauf, dass sich dieser Titel lediglich auf EUR 7.267,00 s.A. bezog, der Disziplinarbeschuldigte mit seinem Vorgehen aber die Zahlung von EUR 21.000,00 und die Abtretung weiterer Ansprüche begehrte.
Der Schuldspruch erfolgte somit zu Recht. Das angefochtene Erkenntnis ist mit der Maßgabe zu bestätigen, dass die Wortfolge 'sowie einer Anzeige wegen betrügerischer Krida (§156 StGB)' zu entfallen hatte, weil diese Wendung nur in der zwar ebenfalls dem Komplex der unzulässigen Druckausübung zuzurechnenden Abtretungserklärung enthalten war, jedoch auf die Willensbeugung nach der bereits erfolgten Zustimmungserklärung nicht mehr von Einfluss sein konnte. Der nicht bekämpfte Strafausspruch wird durch diese Maßgabebestätigung nicht berührt, weil er auch nach Ausschaltung dieses Halbsatzes, die den Kernvorwurf der ungerechtfertigten Klagsdrohung nicht schwächt, jedenfalls schuldangemessen ist."
3. Gegen dieses als Bescheid zu wertende Erkenntnis der OBDK richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Meinungsäußerung geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. Der Beschwerdeführer bringt darin im Wesentlichen vor, dass das laut Grundbuch bestehende Fruchtgenussrecht auf Grund des Verzichtes der Eheleute K in Wahrheit nicht bestanden habe, weshalb ein "bloß scheinbarer Zustand" vorgelegen sei, den er im Rahmen seiner Meinungsäußerungsfreiheit zulässigerweise als Scheingeschäft bezeichnet habe. Angesichts näher genannter Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes und der OBDK stelle der Bescheid eine Verletzung des genannten Grundrechtes dar.
4. Die OBDK legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Beschwerdeausführungen entgegentritt und unter anderem hervorhebt, dass der Beschwerdeführer den Schutzbereich des Grundsrechtes auf freie Meinungsäußerung verlassen habe, als er auf einen "unrichtigen Rechtsstandpunkt eine Drohung [...] gegenüber unvertretenen, rechtsunkundigen (und infolge Alters und Gebrechlichkeit in ihrer Verteidigung eingeschränkten)" Personen gestützt habe. §9 Abs1 RAO setze gerade bei schwerwiegenden Beschuldigungen eine besonders sorgfältige Prüfung der Fakten durch den Rechtsanwalt voraus.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften werden in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind beim Verfassungsgerichtshof auch aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens nicht entstanden.
Der Beschwerdeführer wurde daher durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.
2. Der Beschwerdeführer behauptet durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung verletzt zu werden.
Nach Art10 Abs1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen, aber auch Werbemaßnahmen erfasst. Art10 Abs2 EMRK sieht allerdings im Hinblick darauf, dass die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind.
Ein verfassungsrechtlich zulässiger Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung muss sohin, wie auch der EGMR ausgesprochen hat (s. zB EGMR 26.4.1979, Fall Sunday Times, EuGRZ 1979, 390; 25.3.1985, Fall Barthold, EuGRZ 1985, 173), gesetzlich vorgesehen sein, einen oder mehrere der in Art10 Abs2 EMRK genannten rechtfertigenden Zwecke verfolgen und zur Erreichung dieses Zweckes oder dieser Zwecke "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" sein (vgl. VfSlg. 12.886/1991, 14.218/1995, 14.899/1997, 16.267/2001 und 16.555/2002).
Standesrechtlich vorgesehene Disziplinarmaßnahmen sind zum Schutz des guten Rufes und der Rechte anderer in einer demokratischen Gesellschaft notwendig (vgl. VfSlg. 17.565/2005).
Es kann der belangten Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn sie angesichts des Inhaltes der vom Beschwerdeführer an das Ehepaar K gerichteten Schreiben den Tatbestand eines Disziplinarvergehens erblickt, hat doch der Beschwerdeführer zur Durchsetzung seiner (hinsichtlich ihres aufrechten Bestehens höchst zweifelhaften) Forderung gegen den Adoptivsohn der Eheleute dem unvertretenen, rechtsunkundigen und zudem betagten Ehepaar - ohne jegliche Anhaltspunkte für einen diesbezüglich gegebenen Vorsatz - ein Scheingeschäft vorgeworfen und ihnen mit der Ergreifung rechtlicher Schritte gedroht.
Dass die belangte Behörde dieses Verhalten - als das Ansehen des Standes schädigend - disziplinarrechtlich sanktionierte, ist verfassungsrechtlich vertretbar.
Der Beschwerdeführer wurde daher nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art10 EMRK bzw. Art13 StGG verletzt.
3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.
Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).
4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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