Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung:
I. 1. Mit auf Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG gestützten, von
einem Rechtsanwalt eingebrachten Anträgen begehrt der Antragsteller, "§122 des Bundesgesetzes vom 26. März 1969 über den Vollzug der Freiheitsstrafen und der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen (Strafvollzugsgesetz - StVG), BGBl 1969/144 in der geltenden Fassung (in der Folge kurz: StVG idgF), in Verbindung mit [§] 120 Abs1 StVG idgF betreffend die Art der ärztlichen Behandlung, in eventu §122 StVG idgF und §120 Abs1 StVG idgF, in eventu §122 zweiter Satz StVG idgF und §120 Abs1 zweiter Satz StVG idgF, in eventu §120 Abs1 zweiter Satz StVG idgF" als verfassungswidrig aufzuheben.
1.1. Der in der Justizanstalt Linz in Untersuchungshaft angehaltene Antragsteller bringt vor, anlässlich seiner Aufnahme in die Anstalt das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung angegeben zu haben. Seitens der Anstaltsärztin, einer Allgemeinmedizinerin ohne Kenntnisse auf dem Fachgebiet der Psychiatrie, sei ihm daraufhin im Rahmen einer "psychiatrischen Befundung" Suizidgefahr attestiert und eine bestimmte Therapie angeordnet worden; eine "ordnungsgemäße ärztliche Behandlung" einschließlich einer "ausführliche[n] Diagnose, Behandlungs- und Risikoaufklärung" sei unterblieben. Obwohl sich der Antragsteller bei der "zuständigen Behörde" über die ihm vorenthaltene fachärztlich-psychiatrische Behandlung beschwert habe, sei kein Bescheid ergangen. Im Ergebnis wendet sich der Antragsteller gegen die ihm seitens der Anstaltsleitung mit Blick auf die Suizidgefährdung verweigerte Unterbringung in einem Einzelhaftraum.
1.2. Zu seiner Legitimation führt der Antragsteller aus, Normadressat der angefochtenen Bestimmungen zu sein und durch diese unmittelbar in seinen Rechten verletzt zu werden, weil ihm gegen die Art der ärztlichen Behandlung, um die es im vorliegenden Fall gehe, kein effektiver Rechtsschutz zustehe; gemäß §120 Abs1 zweiter Satz StVG iVm §183 Abs2 StPO sei einem Untersuchungshäftling insoweit nur die Aufsichtsbeschwerde nach §122 StVG eingeräumt, in Ansehung derer keine Bescheiderlassungspflicht bestehe.
Die (eventualiter) angefochtenen Bestimmungen des StVG würden insofern unmittelbar und nachteilig in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte des Antragstellers eingreifen, als er "durch die in Rede stehenden Bestimmungen daran gehindert ist, sich über die ihm in der Untersuchungshaft widerfahrende Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten - nämlich des Rechts auf Achtung des Familien[-] und Privatlebens gemäß Art8 EMRK und des Rechts gemäß Art3 EMRK, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden - durch nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende (gegebenenfalls aber verpflichtende) ärztliche Behandlung wirksam zu beschweren, was weiters den Antragsteller in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art13 EMRK verletzt."
Diese Rechtsverletzung werde für ihn ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam, "zumal die angefochtenen Bestimmungen gerade bewirken, dass über eine Beschwerde des Antragstellers über die Art der ärztlichen Behandlung kein Bescheid ergehen muss."
Ein zumutbarer anderer Weg "zur verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle" liege nicht vor, weil "ein solcher Umweg für den Antragsteller nicht etwa nur unzumutbar, sondern schlichtweg unmöglich [sei], da §122 StVG iVm §120 Abs1 StVG ausdrücklich das Nichtbestehen einer Entscheidungspflicht und damit eines Instanzenzugs anordnet und somit weder ein verwaltungsbehördlicher Bescheid, noch eine gerichtliche Entscheidung erwirkt werden können."
Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie im Ergebnis begehrt, den Antrag mangels Vorliegens der Prozessvoraussetzungen als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des StVG lauten samt Überschrift (die angefochtenen Teile sind hervorgehoben):
"Beiziehung eines anderen Arztes
§70. Kann der Anstaltsarzt nicht erreicht werden, so ist in dringenden Fällen ein anderer Arzt herbeizurufen. Ein anderer Arzt ist ferner zuzuziehen, wenn der Anstaltsarzt dies nach Art und Schwere des Falles für zweckmäßig hält oder wenn der Strafgefangene bei Verdacht einer ernsten Erkrankung darum ansucht und die Kosten dafür übernimmt; zur Bestreitung dieser Kosten darf der Strafgefangene auch Gelder verwenden, die ihm sonst für die Verschaffung von Leistungen im Strafvollzug nicht zur Verfügung stehen.
...
Beschwerden
§120. (1) Die Strafgefangenen können sich gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihrer Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten beschweren. Über die Art der ärztlichen Behandlung können sich die Strafgefangenen jedoch nur nach §122 beschweren. Die Beschwerde hat die angefochtene Entscheidung, Anordnung oder das Verhalten zu bezeichnen und die Gründe für die Erhebung der Beschwerde, soweit sie nicht offenkundig sind, darzulegen.
(2) Eine Beschwerde kann außer bei Gefahr im Verzug frühestens am ersten Tag, spätestens aber am vierzehnten Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem dem Strafgefangenen der Beschwerdegrund bekanntgeworden ist. Richtet sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung, so kann sie außer bei Gefahr im Verzug frühestens am ersten Tag, spätestens aber am vierzehnten Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem die Entscheidung dem Strafgefangenen verkündet oder zugestellt worden ist. Beschwerden sind schriftlich oder zu der vom Anstaltsleiter festzusetzenden Tageszeit mündlich bei dem hiefür zuständigen Strafvollzugsbediensteten anzubringen. Richtet sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter und wird sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der zuständigen Vollzugskammer eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung. Die Vollzugskammer hat in diesem Fall die bei ihr eingebrachte Beschwerde unverzüglich an den Anstaltsleiter weiterzuleiten.
(3) ...
Verfahren bei Beschwerden
§121. (1) Über Beschwerden gegen Strafvollzugsbedienstete oder deren Anordnungen hat der Anstaltsleiter zu entscheiden. Richtet sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter oder gegen eine von ihm getroffene Entscheidung oder Anordnung und hilft er der Beschwerde nicht selbst ab, so steht die Entscheidung der Vollzugskammer zu.
(2) Soweit eine an eine Vollzugskammer gerichtete Beschwerde die Wahrnehmung des Aufsichtsrechts über die von der Beschwerde betroffene Vollzugseinrichtung erfordert, hat die Vollzugskammer die Beschwerde an die nach den §§11 bis 14 zuständige Vollzugsbehörde weiterzuleiten.
(3) - (5) ...
Anrufung des Aufsichtsrechtes der Vollzugsbehörden
§122. Die Strafgefangenen haben das Recht, durch Ansuchen und Beschwerden das Aufsichtsrecht der Vollzugsbehörden anzurufen. Auf solche Ansuchen oder Beschwerden braucht den Strafgefangenen jedoch kein Bescheid erteilt zu werden.
...
Formen der Unterbringung
§124. (1) Die Strafgefangenen sind bei Tag so lange wie möglich in Gemeinschaft mit anderen, während der Zeit der Nachtruhe möglichst einzeln unterzubringen. Soweit es nach der Art des Vollzuges und den sonstigen Umständen zweckmäßig ist, hat die Unterbringung in Wohngruppen oder sonst ohne Verschließung der Haft- oder Aufenthaltsräume bei Tag zu erfolgen.
(2) ...
(3) Von der Unterbringung eines Strafgefangenen in Gemeinschaft mit anderen bei Tag ist abzusehen, soweit das aus gesundheitlichen Gründen oder sonst zur Erreichung der Zwecke des Strafvollzuges (§20) um seiner selbst oder um seiner Mitgefangenen willen notwendig ist.
(4) Von der Einzelunterbringung Strafgefangener bei Nacht darf nur abgesehen werden, soweit die Einrichtungen der Anstalt eine solche nicht zulassen, organisatorische Gründe entgegenstehen oder wenn der Strafgefangene die Unterbringung in Gemeinschaft mit anderen wünscht. Die Einzelunterbringung bei Nacht hat jedoch zu unterbleiben, soweit durch sie eine Gefährdung des körperlichen oder geistigen Zustandes des Strafgefangenen zu besorgen wäre.
(5) ...
...
Aufnahme
...
§132. (1) - (4) ...
(5) Die Strafgefangenen sind bei der Aufnahme oder alsbald danach ärztlich zu untersuchen. Ist nach dem Ergebnis der Untersuchung anzunehmen, daß der Strafvollzug nachträglich aufzuschieben sei (§133), so ist davon das Vollzugsgericht zu verständigen.
(6) - (7) ..."
III. Die Anträge sind nicht zulässig.
1.1. Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 11.730/1988, 15.863/2000, 16.088/2001, 16.120/2001).
1.2. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
1.3. Die Grenzen der Aufhebung in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren müssen so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg. 16.195/2001 mwN).
2. Der Antragsteller ficht in seinem Hauptantrag §122 StVG idgF iVm §120 Abs1 StVG idgF "betreffend die Art der ärztlichen Behandlung", in den ersten beiden Eventualanträgen §122 StVG idgF und §120 Abs1 StVG idgF sowie §122 zweiter Satz StVG und §120 Abs1 zweiter Satz StVG idgF an.
2.1. Insoweit erweisen sich die Anträge bereits mangels richtiger Abgrenzung des Aufhebungsgegenstandes als unzulässig, weil dem Anliegen des Antragstellers schon mit der allfälligen Aufhebung des mit dem dritten Eventualantrag bekämpften zweiten Satzes des §120 Abs1 ("Über die Art der ärztlichen Behandlung können sich die Strafgefangenen jedoch nur nach §122 beschweren") Genüge getan wäre.
Die diesbezüglichen Anträge sind daher (worauf die Bundesregierung in ihrer Äußerung zu Recht verweist) zu weit gefasst, weshalb dem Antragsteller schon deshalb die Antragslegitimation fehlt.
2.2. Aber auch zur Anfechtung der vom dritten Eventualantrag umfassten Wortfolge in §120 Abs1 StVG ist der Antragsteller nicht berechtigt. Denn seiner Auffassung zuwider ist ihm ein zumutbarer Weg zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der bekämpften Regelung zur Verfügung gestanden:
2.2.1. Wie sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten ergibt, hat der Antragsteller nämlich von der Möglichkeit, einen letztlich bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpfbaren einschlägigen Bescheid zu erwirken, bereits insoweit Gebrauch gemacht, als er schon vor Einbringung des vorliegenden Antrages wiederholt beim Anstaltsleiter die Zuteilung eines (ihm aufgrund der nicht ausgeschlossenen Suizidgefahr verweigerten) Einzelhaftraumes gemäß §124 StVG begehrte; hiebei nahm er ausdrücklich auf die behauptete Fehldiagnose der Anstaltsärztin und damit auf die (mit §124 Abs1 und 4 StVG im engen Zusammenhang stehende) Art der Behandlung iSd §120 StVG Bezug. Der gegen die Ablehnung seines Ansuchens bei der Vollzugskammer des Oberlandesgerichtes Linz eingebrachten Beschwerde wurde mit Bescheid vom 11. Jänner 2010, GZ Vk 149/09-6, u.a. unter Hinweis auf den Befund der Anstaltsärztin und die Weigerung des nunmehrigen Antragstellers, sich einer psychiatrischen Untersuchung zu unterziehen, keine Folge gegeben. Gegen diese Entscheidung hätte der Antragsteller Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sowie an den Verfassungsgerichtshof erheben und darin seine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Regelung darlegen können, um gegebenenfalls (im Fall, dass der Verwaltungsgerichtshof oder der Verfassungsgerichtshof die Bedenken geteilt hätten) die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahren (über Antrag oder von Amts wegen) zu initiieren.
2.2.2. Auf das Beschreiten anderer möglicher Wege, die Prüfung der geäußerten Bedenken durch Herbeiführung eines letztlich - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts anfechtbaren (und sei es auch nur zurückweisenden - zB VfSlg. 17.359/2004) Bescheides (etwa durch Antragstellung iSd §70 StVG bzw. im Rahmen mehrerer aktenkundiger, bei der Vollzugskammer des Oberlandesgerichtes Linz iZm der Frage der Art der ärztlichen Behandlung erhobener Beschwerden) zu erreichen, braucht daher nicht eingegangen zu werden.
2.2.3. Außergewöhnliche Umstände, welche die Einbringung eines Individualantrages zufolge Unzumutbarkeit eines anderen Weges ausnahmsweise zulässig machen können (wie die Übertretung einer Verbotsnorm zur Provozierung eines Strafverfahrens, das erst den Rechtsweg eröffnet - VfSlg. 12.379/1990 - oder mit der Rechtsmittelerhebung verbundene besondere Härten - etwa VfSlg. 16.772/2002), liegen hier nicht vor.
3. Die Anträge waren daher zur Gänze gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
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