Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung:
I. 1. Mit Schriftsatz vom 6. August 2010 brachten die
Antragsteller einen auf Art139 B-VG gestützten Antrag ein, mit welchem sie begehren, der Verfassungsgerichtshof möge "die Verordnung der Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung, dass bei schwachen Winden oder Windstille der Luftverkehr nach Möglichkeit gerecht auf die Pisten des Flughafen[s] Wien Schwechat aufzuteilen ist und insgesamt rund 11,5% aller Landungen auf der Piste 11 des Flughafen[s] Wien Schwechat zu erfolgen haben", als gesetzwidrig aufheben.
2. Die Wohnsitze der Antragsteller würden unmittelbar unterhalb der Anflugroute auf die Piste 11 des Flughafens Wien Schwechat liegen. Die Landeanflugroute auf die Piste 11 führe mitten durch das "Flugbeschränkungsgebiet Wien LO R 15" und somit über dichtest besiedeltes Stadtgebiet, das nach der Zielsetzung des §5 des Luftfahrtgesetzes sowie der Luftverkehrsregeln 1967 und 2010 zu schützen sei. Entgegen den Bestimmungen über das "Flugbeschränkungsgebiet Wien LO R 15" würde die Austro Control Gesellschaft für Zivilluftfahrt m.b.H. (im Folgenden: Austro Control GmbH) als zuständige Behörde regelmäßig das Durchfliegen des "Flugbeschränkungsgebietes Wien LO R 15" durch landende Luftfahrzeuge anordnen. Sie würde Flugzeuge auch dann durch das "Flugbeschränkungsgebiet Wien LO R 15" auf die Piste 11 führen, wenn weder von der Wetter-, noch von der Verkehrslage her die dafür geforderte Notwendigkeit bestehe.
So habe die Austro Control GmbH am 27. Mai 2003 auch anlässlich der "Mediation" zum Ausbau des Flughafens Wien u.a. mit dem Flughafen Wien, dem Land Niederösterreich, dem Land Wien und einzelnen Standort- und Anrainergemeinden den Teilvertrag "Aktuelle Maßnahmen" (im Folgenden: Teilvertrag) geschlossen. Unter Punkt V.2.b. des Teilvertrages sei dabei vereinbart worden, dass ab dem Jahr 2004 rund 11,5% aller Landungen auf Piste 11 stattfinden sollten. Diese Vereinbarung und die verbindliche Ankündigung, einen bestimmten Prozentsatz an Landungen durch das "Flugbeschränkungsgebiet Wien LO R 15" auf die Piste 11 zu leiten, widerspreche den Vorschriften der Luftverkehrsregeln für das "Flugbeschränkungsgebiet Wien LO R 15", da deren Zielsetzung eine möglichst geringe Belastung des Stadtgebietes sei.
Die Austro Conrol GmbH würde sich generell nur an die Luftverkehrsregeln halten, wenn es die Windlage unbedingt erforderlich mache, ansonsten jedoch ihre "eigenen Regeln" anwenden, wobei sie objektiv von den Vorschriften über das "Flugbeschränkungsgebiet Wien LO R 15" abweiche. Diese "eigenen Regeln" der Austro Conrol GmbH würden eine Verordnung iSd Art139 B-VG darstellen und die Antragsteller in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzen, weshalb "die Verordnung der Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung, dass bei schwachen Winden oder Windstille der Luftverkehr nach Möglichkeit gerecht auf die Pisten des Flughafen[s] Wien Schwechat aufzuteilen ist und insgesamt rund 11,5% aller Landungen auf der Piste 11 des Flughafen[s] Wien Schwechat zu erfolgen haben, als gesetzwidrig aufzuheben" sei.
3. Bezüglich der Qualifizierung der "eigenen Regeln" der Austro Conrol GmbH als Verordnung und ihrer Antragslegitimation brachten die Antragsteller u.a. Folgendes vor (ohne Anführung von Fußnoten; Hervorhebungen wie im Original):
"...
6. Qualifizierung als Verordnung
Die Behörde vollzieht also nicht die durch die BMVIT als Verordnung erlassenen Luftverkehrsregeln, sondern ihre eigenen Regeln, die aus folgenden Gründen eine Verordnung darstellen:
Es steht außer Zweifel, dass sowohl der genannte Teilvertrag vom 27.05.2003 von einem Verwaltungsorgan abgeschlossen wurde, das mit der Wahrnehmung von Hoheitsaufgaben betraut ist (also einer Behörde). Diese Behörde hat den Teilvertrag und das Abschlussdokument der Mediation - wenn auch indirekt durch einen Verweis ('Link') - auf der eigenen Homepage veröffentlicht.
Die Praxis der Antragsgegnerin, bei Windstille Luftfahrzeuge vermehrt auf die Piste 11 zu leiten, ist der Wiener Bevölkerung im Bereich der Anflugroute nicht zuletzt aufgrund eigener Beobachtung bekannt. Darüber hinaus wird der Inhalt dieser neuen und von den LVR abweichenden 'Verteilungsregeln' den Angehörigen der Allgemeinheit auf Anfrage jederzeit mitgeteilt (zB Beilagen ./9,./10,./11,./12).
Diese Regeln haben einen normativen Inhalt und richten sich nicht nur an die Piloten, sondern auch an die Allgemeinheit. Es handelt sich daher um eine generelle Norm, die von einer Verwaltungsbehörde erlassen wurde.
Nach ständiger Judikatur ist für die rechtliche Qualität als Verordnung nicht der formelle Adressatenkreis und die äußere Bezeichnung oder gar das Fehlen einer solchen und auch nicht die Art der Verlautbarung, sondern nur der Inhalt des Verwaltungsaktes maßgebend.
Durch Veröffentlichung des Inhalts dieser Verordnung 'Verteilungsregeln' im Internet, in der Mitteilung 'Starts und Landungen verteilt' unter http://www.vie-umwelt.at (Blg ./14), im monatlichen Rundbrief des Vereins Dialogforum Flughafen Wien, Ausgabe Juni 2010 - Nr. 06/2010 (Blg ./13), sowie durch deren Kenntnis durch die Wiener Bevölkerung, insbesondere im Bereich der Anflugroute auf die Piste 11 hat diese VO ein 'Mindestmaß an Publizität' erlangt, das weit über die (alleine schon dafür ausreichende) faktische Kenntnis der Normadressaten hinausgeht.
Durch die Veröffentlichung ihres Inhaltes im Internet hat sie auch ein solches Maß an Publizität erlangt, dass sie damit in die Rechtsordnung Eingang gefunden hat und somit Gegenstand eines Verordnungsprüfungsverfahrens gemäß Art139 B-VG sein kann.
Durchführungsverordnungen bedürfen zwar einer iSd Art18 Abs1 B-VG ausreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage, zu ihrer Erlassung bedarf es aber keiner ausdrücklichen einfachgesetzlichen Ermächtigung. Sie dürfen unmittelbar auf Grund des Art18 Abs2 B-VG erlassen werden. Art18 Abs2 B-VG verpflichtet den Verordnungsgeber, gesetzwidrige VO aufzuheben bzw solche erst gar nicht zu erlassen.
Ungeachtet der Frage, ob §119 iVm §120a LFG eine ausreichende einfachgesetzliche Ermächtigung für Verordnungen durch die Antragsgegnerin darstellt und ob die in §120a Abs3 LFG genannte 'luftfahrtübliche' Kundmachung auch gegenüber der bloß überflogenen Allgemeinheit ausreicht, liegt damit eine Verordnung des Inhaltes vor, dass bei schwachen Winden oder Windstille der Luftverkehr nach Möglichkeit gerecht auf die Pisten des Flughafen[s] Wien Schwechat aufzuteilen ist und insgesamt rund 11,5% aller Landungen auf der Piste 11 des Flughafen[s] Wien Schwechat zu erfolgen haben.
Diese Verordnung ist Gegenstand dieses Antrages gem Art139
B-VG.
B. Bekämpfte Norm
Die Antragsteller begehren die Aufhebung als rechtswidrig der Verordnung der Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung, dass bei schwachen Winden oder Windstille der Luftverkehr nach Möglichkeit gerecht auf die Pisten des Flughafen[s] Wien Schwechat aufzuteilen ist und insgesamt rund 11,5% aller Landungen auf der Piste 11 des Flughafen Wien Schwechat zu erfolgen haben.
C. Antragslegitimation
Die Wohnsitze der Antragsteller liegen unmittelbar unterhalb der Anflugroute auf die Piste 11. (Der Antragsteller zu 1. wohnt im
10. Wiener Gemeindebezirk, der Antragsteller zu 2. wohnt im 13. und jener zu 3. im 14. Wiener Gemeindebezirk.)
Durch die rechtswidrige Zuweisung von Anflugrouten und Landepisten durch die Antragsgegnerin sind sie unmittelbar betroffen, da sie insbesondere einem erhöhten Absturzrisiko sowie einer unmittelbar spürbaren Lärmbelastung ausgesetzt sind. Die beim Wohnort des Antragstellers zu 1. betriebene und von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen hinsichtlich ihrer Aussagekraft positiv beurteilte Lärmmessstelle in der Vettersgasse im 10. Wiener Gemeindebezirk zeigt für den 8. März 2010 sowie für den 2., 4. und 9. Juli 2010 die in Blg ./15 dargestellte Belastung an.
Die bekämpfte Verordnung der Antragsgegnerin über die Art der Zuweisung von Anflugrouten und Landepisten ist für die Antragsteller unmittelbar, ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder Erlassung eines Bescheides wirksam geworden.
Dass die Antragsgegnerin die antragsgegenständliche Rechtshandlung hoheitlich und nicht privatrechtlich gesetzt hat, geht auch aus der rechtskräftigen Abweisung einer Unterlassungsklage gegen die Austro Control GmbH durch das OLG Wien in zweiter Instanz hervor (Urteil vom 21. August 2006, 12 R 90/06b, Blg./16).
Die gegenständliche Tätigkeit der Antragsgegnerin kann daher auch nicht vor den Zivilgerichten bekämpft werden.
Die angefochtene Verordnung richtet sich an die Allgemeinheit, somit auch an die Beschwerdeführer.
Diese Verordnung wirkt sich unmittelbar nachteilig auf die Rechtssphäre der Antragsteller aus. Art und Ausmaß des Eingriffes in die Rechtssphäre der Antragsteller sind eindeutig bestimmt.
Der Eingriff besteht in der Schaffung eines erhöhten Absturzrisikos in dicht bebautem Gebiet, somit in einem Eingriff in das Recht auf Leben der Antragsteller, sowie in einem Eingriff in das Recht auf Eigentum und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch alle mit einem Überflug verbundenen Einwirkungen, wie insbesondere die unmittelbar spürbare und durch eine Lärmmessstelle objektivierbare Lärmbelastung.
Durch den Eingriff werden die Rechte der Antragsteller auch aktuell beeinträchtigt. Aufgrund der angefochtenen rechtswidrigen Verordnung werden laufend Anordnungen an Piloten, deren rechtlicher Charakter hier nicht thematisiert wird, erlassen, zwecks Landung auf der Piste 11 das Flugbeschränkungsgebiet Wien zu durchfliegen, zuletzt etwa am 2., 4. und 9. Juli 2010.
..."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Ein solcher Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, muss gemäß §57 Abs1 VfGG begehren, dass entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalt nach, oder dass bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Um dieses strenge Erfordernis zu erfüllen, müssen die bekämpften Verordnungsstellen genau und eindeutig bezeichnet sein (vgl. VfSlg. 17.679/2005 mwN). Es darf nicht offen bleiben, welche Vorschriften oder welche Teile einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aufgehoben werden sollen. Der Verfassungsgerichtshof ist nämlich nicht befugt, Verordnungsbestimmungen aufgrund bloßer Vermutung darüber, welche Normen der Antragsteller ins Auge gefasst haben könnte, in Prüfung zu ziehen (vgl. VfSlg. 16.533/2002).
2. Diesen Anforderungen wird der vorliegende Antrag jedoch nicht gerecht, wenn weder durch Bezeichnung eines Publikationsorgans noch durch genaue Wiedergabe des Textes der vermeintlichen Verordnung die Aufhebung einer von den Antragstellern eigenständig formulierten Textpassage als gesetzwidrig beantragt wird. Das Aufhebungsbegehren der Antragsteller lässt für sich genommen nämlich nicht klar und eindeutig erkennen, welche Verordnung bzw. welcher Teil einer Verordnung nach Auffassung der Antragsteller der Aufhebung verfallen soll.
3. Dem Antrag haftet sohin ein nicht iSd §18 VfGG verbesserungsfähiger - gravierender - Mangel an (vgl. zB VfSlg. 13.736/1994), weshalb er schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen war, was in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 litc VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden konnte.
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