Rückverweise
I. Die Verordnung der Marktgemeinde Maria Enzersdorf, Beschluss
des Gemeinderates vom 4. Mai 1973, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. November 1973, ZII/2-3970/1973, und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 13. bis 27. Dezember 1973, wird, soweit sie Festlegungen für die westlichste Grundparzelle in dem von im Westen vom Höhenweg, im Norden von der F. von Erlach Gasse, im Süden von der Giesshübler Straße und im Osten von der F. G. Waldmüller Gasse umgrenzten Gebiet, trifft, als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Niederösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für das Land Niederösterreich verpflichtet.
II. Im Übrigen wird der Antrag des Landesgerichtes Wiener Neustadt zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Beschluss vom 30. März 2010 stellte das Landesgericht
Wiener Neustadt den auf Art139 Abs1 B-VG (iVm Art89 Abs2 B-VG) gestützten Antrag,
"die Verordnung der Marktgemeinde Maria Enzersdorf vom 4.5.1973, welche mit Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung vom 27.11.1973 zu GZ II/2-3970/73 aufsichtsbehördlich genehmigt und vom 13.12.1973 bis 27.12.1973 durch Anschlag ortsüblich kundgemacht wurde und nach wie vor unverändert in Geltung steht, insoweit als gesetzwidrig aufzuheben, als darin für die Grundfläche, die im Westen vom Höhenweg, im Norden von der Fischer-von-Erlach-Gasse, im Süden von der Gießhüblerstraße und im Osten von der Ferdinand Waldmüller-Gasse umgrenzt ist, die Widmung 'BW' Wohngebiet ausgewiesen ist".
2. Dem beim antragstellenden Gericht zu Z25 Cg 62/07a anhängigen Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger ist zu 390/8874-Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ 707, Grundbuch 16118 Maria Enzersdorf, verbunden mit Wohnungseigentum am Reihenhaus 6 (nunmehr Grundparzelle 840/7). Mit der von ihm eingebrachten Amtshaftungsklage begehrt der Kläger von der Beklagten, der Marktgemeinde Maria Enzersdorf, die Zahlung von € 1.500,-- sA wegen Kanalanschlusskosten, in eventu die Feststellung, dass die Beklagte sämtliche Kosten, welche dem Kläger im Zusammenhang mit dem von der Beklagten angeordneten Anschluss der Ableitung der Dach- und Oberflächenwasser in das öffentliche Kanalnetz entstehen würden, diesem zu ersetzen habe. Weiters möge festgestellt werden, dass die Beklagte dem Kläger für sämtliche kausale Schäden, welche im Zusammenhang mit Erdeinbrüchen infolge Gipsabbau oder Gipsauswaschungen im Untergrund an den in dessen Eigentum stehenden Liegenschaftsanteilen samt des darauf befindlichen Doppelhauses und des darin befindlichen Inventars, entstehen würden, hafte.
3.1. In seinem Antrag führt das Landesgericht Wiener Neustadt aus: Die Liegenschaft des Klägers befinde sich im Bereich der so genannten "Marienhöhe". Bis zur Jahrhundertwende des 19. auf das 20. Jahrhundert habe sich dort das Gipsbergwerk "Hochleiten" befunden, weshalb das Erdreich von zahlreichen Stollengängen untergraben sei. Im Jahr 1933 sei eine Bausperre über einen Teil der "Marienhöhe" verhängt worden, da vereinzelt Stolleneinbrüche aufgetreten seien. Diese Bausperre sei jedoch auf Betreiben eines dortigen Liegenschaftseigentümers (nach dessen Schreiben vom 12. Oktober 1965) aufgehoben worden.
Die Marktgemeinde Maria Enzersdorf habe mit Gemeinderatsbeschluss vom 13. Dezember 1968, die erstmalige Baulandwidmung jenes Bereiches, in dem sich die Liegenschaftsanteile des Klägers befinden, beschlossen. Ferner habe die Marktgemeinde Maria Enzersdorf mit Gemeinderatsbeschluss vom 4. Mai 1973 gem. §17 Abs3 des Gesetzes vom 9. Mai 1968 über die Raumordnung (NÖ. Raumordnungsgesetz - in der Folge: NÖ ROG 1968), LGBl. 275/1968, einen Flächenwidmungsplan für das gesamte Ortsgebiet erlassen, welcher die Liegenschaft des Klägers weiterhin als "Bauland-Wohngebiet (BW)" ausweise und bis dato unverändert in Geltung stehe.
Auf Grundlage des bekämpften Flächenwidmungsplanes habe die Marktgemeinde Maria Enzersdorf mit Bescheid vom 28. Juni 1983 die Baubewilligung für die Errichtung von elf Zweifamilienwohnhäusern auf der Liegenschaft (nunmehr) 840/7 erteilt. Der Kläger habe erstmals aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 9. Oktober 2001 Kenntnis davon erlangt, dass sein Haus auf einem Gipsuntergrund stehen könnte. An diese Mitteilung anschließende Nachforschungen hätten ergeben, dass sich die Organe der Beklagten bei der Baulandwidmung der Liegenschaft sowie der Erteilung der Baubewilligung jeweils in Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis in Bezug auf den Gipsuntergrund der in Rede stehenden Liegenschaft befunden hätten.
Der im vorliegenden Amtshaftungsverfahren beigezogene Sachverständige habe darüber hinaus in seinem Gutachten festgestellt, dass zukünftige Schäden durch Einbrüche oder Setzungen des Untergrundes nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könnten.
3.2. Zur Präjudizialität der Verordnung bringt das antragstellende Landesgericht wie folgt vor:
"Stellt sich heraus, dass die Liegenschaft, auf der sich das Reihenhaus des Klägers befindet, nicht in Bauland gewidmet hätte werden dürfen, so hätte für die Errichtung des Reihenhauses auch die Baubewilligung nicht erteilt und die 11 Reihenhäuser auf der in Rede stehenden Liegenschaft (darunter jenes des Klägers) nicht errichtet werden dürfen. Bei rechtmäßigem Verhalten der Beklagten hätte der Kläger, sofern er überhaupt die Anteile an der gegenständlichen Liegenschaft (verbunden mit Wohnungseigentum an einem Reihenhaus) käuflich erworben (erwerben) hätte (können), diese unverbaut erworben und hätte auch in der Folge darauf nicht bauen lassen können. Es wäre ihm also weder der Aufwand von € 1.500,-- wegen der Kanalanschlusskosten entstanden, noch hätte er ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden an der Liegenschaft und vorallem an dem darauf befindlichen Gebäude und Inventar. Wird nunmehr die gegenständliche Verordnung im angefochtenen Umfang aufgehoben, so gelang es dem Kläger ein rechtswidriges, schadensursächliches Verhalten und damit eine Voraussetzung für die Begründetheit seines Klagebegehrens zu beweisen."
3.3. Im Hinblick auf die behauptete Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Flächenwidmungsplanes führt das antragstellende Gericht aus (Hervorhebungen nicht übernommen):
"Im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Verordnung galt das NÖ Raumordnungsgesetz LGBl. Nr. 257 vom 9. Mai 1968, wiederverlautbart als NÖ Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. 8000. Dort ist Folgendes geregelt:
§2 Grundlagenforschung
'(3) Die Gemeinde hat den Zustand des Gemeinderaumes durch Untersuchung der gegebenen natürlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Voraussetzungen zu erforschen sowie deren Veränderungen selbstständig zu beobachten.'
§12 Inhalt des Flächenwidmungsplanes.
'(4) Flächen, die sich wegen der natürlichen Gegebenheiten (Hochwasser, Steinschlag, Rutschungen, Grundwasserstand, ungenügende Tragfähigkeit des Untergrundes, Lawinen, ungünstiges Kleinklima und dgl.) für die Bebauung nicht eignen oder deren Aufschließung oder Sanierung unwirtschaftliche Aufwendungen erfordern würde, dürfen nicht als Bauland gewidmet werden'.
Diese Regelungen traten am 1.1.1969 in Kraft.
Die angefochtene Verordnung widmet jene Grundfläche, die im Westen vom Höhenweg, im Norden von der Fischer-von-Erlach-Gasse, im Süden von der Gießhüblerstraße und im Osten von der Ferdinand Waldmüller-Gasse umgrenzt ist, als Bauland- reines Wohngebiet. Angesichts [der im vorliegenden Gerichtsverfahren getroffenen Feststellungen] ist dies nicht rechtmäßig. Der Beklagten hätte die Existenz des Gipsbergwerks in der Nähe dieser Grundfläche infolge der (zumindest) während des Zweiten Weltkrieges bekannten Gipsdoline, der Luftaufnahmen, die anlässlich der Planung der Südautobahn in den späten Dreißiger- und frühen Vierzi[...]gerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts aufgenommen wurden, ferner aufgrund des Schreibens [...] vom 12.10.1965[, mit welchem ein Liegenschaftseigentümer die Aufhebung des Bauverbotes begehrte,] und letztlich der mündlichen Überlieferung zumindest bekannt sein müssen. Sie hätte deshalb im Zuge der Grundlagenforschung, die als 'Bestandaufnahme' der Aufstellung eines Raumordnungsprogrammes dient, allenfalls unter Beiziehung von Sachverständigen aus dem Bereich des Bergbaues und/oder der Geologie, wegen §12 Abs4 leg. cit. die Tragfähigkeit des Untergrundes prüfen müssen. Die Feststellung der exakten Lage des Bergwerkes wäre damals bereits möglich [... gewesen]. Diesfalls wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass die in Rede stehende Grundfläche sich in allernächster Nähe zum Zentrum einer bekannten Gips[d]oline mit einer Fläche von mehreren hundert Quadratmetern befindet (Anm.: Das Reihenhaus des Klägers befindet sich in einem Abstand von 16 m zum Ze[n]trum dieser Doline). Infolge dieser Nähe könnte jegliches Bauwerk von der Größe eines Mehrfamilienhauses durch einen Pingenfall so in seiner Substanz gestört werden, dass ein Einsturz nicht ausgeschlossen werden kann. Aus all dem ergibt sich, dass die [...] angeführte Grundfläche infolge der vorstehend wiedergegebenen Bestimmung des §12 NÖ RaumordnungsG 1968 nicht in Bauland gewidmet werden hätte dürfen bzw. die allenfalls bereits damals bestehende Widmung als Bauland wieder hätte aufgehoben werden müssen.
Der Bescheid der Marktgemeinde Maria Enzersdorf, vom 28.6.1983, Zl. 962/83 mit dem die Baubewilligung für die Errichtung der 11 Zweifamilienhäuser (darunter jenes des Klägers) erteilt wurde, erging auf der Grundlage des erwähnten NÖ Raumordnungsgesetzes 1968. Die NÖ Bauordnung 1976 (idF 1.1.1982 bis 31.12.1996) sah vor, dass die Baubewilligung zu versagen ist, 'wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 8000, über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten widmungs- und Nutzungsarten so über Vorbehaltsflächen und Bausperren verletzt werden.' (§100 Abs4 bzw. ab 1.1.1989 §100 Abs2 NÖ Bauordnung 1976). Diese Regelung bezweckte ein Verbot des Bauens auf Grünflächen, jedoch nicht des Bauen[s] auf einem Untergrund, dem die Tragfähigkeit für die Errichtung von Bauwerken fehlt, weil derartiges bereits durch das NÖ Raumordnungsgesetz und damit durch den Flächenwidmungsplan verhindert werden sollte. Folglich ist nicht der Baubescheid als rechtswidrig anzusehen, sondern die
gegenständliche Verordnung, die in dem aus [... dem] Antrag[...]
ersichtlichen Umfang angefochten wird."
4. Die Niederösterreichische Landesregierung legte Unterlagen betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Zurückweisung wegen Unzulässigkeit bzw. die Abweisung des Antrages des Landesgerichtes Wiener Neustadt begehrt.
4.1. Zur Frage der Präjudizialität der angefochtenen Verordnung sei anzumerken, dass im Antrag des Landesgerichtes Wiener Neustadt nicht ausgeführt werde, auf welcher Rechtsgrundlage die Kanalanschlusskosten bzw. die Verpflichtung zum Anschluss an den Regenwasserkanal festgelegt worden sei; augenscheinlich sei dies u.a. auf der Grundlage von §62 Abs3 NÖ Bauordnung 1996 (in der Folge: NÖ BauO 1996), LGBl. 8200-0, erfolgt. Hiebei sei jedoch zu bedenken, dass diese Bestimmung nicht auf eine bestimmte Widmung abstelle, sondern generell bestimme, dass durch die Versickerung oder die oberflächliche Ableitung von Niederschlagswässern weder die Tragfähigkeit des Untergrundes noch die Trockenheit von Bauwerken beeinträchtigt werden dürfe. Von daher erscheine das örtliche Raumordnungsprogramm für eine entsprechende Anschlussverpflichtung an den Regenwasserkanal nicht präjudiziell.
4.2. Im Hinblick auf die Abgrenzung des Anfechtungsumfanges hält die Niederösterreichische Landesregierung fest, dass das Aufhebungsbegehren im Antrag des Landesgerichtes Wiener Neustadt in räumlicher Hinsicht überschießend sei; es seien viele Grundstücke mit umfasst, welche vom zu Grunde liegenden Amtshaftungsverfahren nicht berührt würden. Das in Rede stehende Grundstück 840/7 befinde sich lediglich im östlichen [gemeint wohl: westlichen] Randbereich jener Grundfläche, die vom Antrag abgegrenzt sei. Zu den weiteren von der Abgrenzung umfassten mehr als 20 Grundstücken enthalte der Antrag keine Angaben.
4.3. In der Sache selbst bringt sie vor, dass es sich bei der Widmungsfestlegung im vorliegenden Bereich um eine unveränderte Fortschreibung der Baulandwidmung des Regulierungsplanes "(= vereinfachten Flächenwidmungsplanes)" der Marktgemeinde Maria Enzersdorf vom 13. Dezember 1968 handle. Bei der Beschlussfassung desselben habe als Rechtsgrundlage die Niederösterreichische Bauordnung aus dem Jahre 1883 gegolten; diese habe noch keine Bestimmung, die die Flächenwidmung von naturräumlichen Voraussetzungen abhängig mache, enthalten. Ein diesbezügliches Widmungsverbot habe erst §12 Abs4 NÖ ROG 1968 vorgesehen.
5. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Maria Enzersdorf und die Beklagte im Anlassverfahren, die Marktgemeinde Maria Enzersdorf (diese legte zusätzlich sämtliche Unterlagen betreffend das Zustandekommen des Flächenwidmungsplanes vor), brachten zwei idente Äußerungen ein, in denen sie die Zurückweisung wegen Unzulässigkeit, in eventu die Abweisung des Antrages des Landesgerichtes Wiener Neustadt beantragen.
5.1. Der Gemeinderat und die Marktgemeinde führen in ihrer Äußerung aus, dass der Antrag des Landsgerichtes Wiener Neustadt zu weit gefasst sei, da er auch Liegenschaften umfasse, die nicht Gegenstand des Ausgangsrechtsstreites seien. Die Liegenschaft 840/7 mache lediglich den westlichen Teil des im Antrag umschriebenen Gebietes, für das die Aufhebung des Flächenwidmungsplanes als gesetzwidrig beantragt werde, aus.
5.2. Den vom antragstellenden Gericht gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung aufgeworfenen Bedenken, treten der Gemeinderat der Marktgemeinde Maria Enzersdorf und die Marktgemeinde selbst mit nachfolgenden Argumenten entgegen (Hervorhebungen nicht übernommen):
"Dem antragstellenden Gericht ist darin zuzustimmen, dass nach §12 Abs4 des 1973 geltenden NÖ ROG 1969, LGBl 1968/275, Flächen, die sich wegen ihrer natürlichen Gegebenheiten wie der ungenügenden Tragfähigkeit des Untergrundes für die Bebauung nicht eignen, nicht als Bauland gewidmet werden dürfen.
Zu ergänzen ist allerdings, dass es sich beim Flächenwidmungsplan vom 4.5.1973 nicht um die erstmalige Widmung der betreffenden Flächen als Bauland handelte; diese sind vielmehr bereits vor Inkrafttreten des NÖ ROG 1969 am 1.1.1969 als Bauland gewidmet worden. So wurde das gesamte Gebiet Marienhöhe bereits durch den Regulierungsplan vom 13.12.1968 als Bauland gewidmet, nachdem schon zuvor Teile des betreffenden Gebietes als Bauland gewidmet worden waren. Diese im Regulierungsplan aus 1968 vorgenommene Baulandwidmung für das Gebiet 'Marienhöhe' wurde durch den Flächenwidmungsplan 1973 unverändert übernommen.
...
Nun ist es aber so, dass die am 13.12.1968 bzw zuvor in Geltung stehende Rechtslage betreffend Flächenwidmungspläne auf Grund der NÖ BauO 1883 keinerlei Regelung enthielt, welche - wie ab dem 1.1.1969 der §12 Abs4 NÖ ROG 1969 - die Widmung von Flächen als Bauland von den natürlichen Gegebenheiten abhängig machte. Vor dem Hintergrund der bis zum 31.12.1968 geltenden Rechtslage war daher die am 13.12.1968 erfolgte Widmung des betreffenden Gebietes als Bauland jedenfalls zulässig.
Auch bestand, da der Flächenwidmungsplan aus 1973 die Baulandwidmung im Gebiet 'Marienhöhe' unverändert fortgeführt hat, für den Gemeinderat der Marktgemeinde Maria Enzersdorf keine Veranlassung, diesbezüglich neuerlich eine Grundlagenforschung durchzuführen.
Dazu kommt, dass Flächenwidmungspläne nach der ständigen Rsp des VfGH eine erhöhte Bestandskraft aufweisen, die einer Abänderung grundsätzlich entgegen steht (zB VfSlg 11.990, 14.546, 17.571). Waren nun die betreffenden Flächen bereits vor Inkrafttreten des NÖ ROG 1969 als Bauland gewidmet, so hatte dies zur Folge, dass die zuständigen Organe der Marktgemeinde Maria Enzersdorf bei Neufassung des betreffenden Flächenwidmungsplans am 4.5.1973 nicht die Möglichkeit hatten, diese Baulandwidmung ohne weiters rückgängig zu machen.
Voraussetzung dafür, dass im Flächenwidmungsplan vom 4.5.1973 die am 13.12.1968 erfolgte Baulandwidmung des Gebietes Marienhöhe rückgängig gemacht wird, wären vielmehr belastbare Tatsachen gewesen, aus denen sich ergibt, dass im betreffenden Gebiet tatsächlich ein Gefährdungspotenzial iSd §12 Abs4 NÖ ROG 1969 bestanden hat. Genau solche Tatsachen lagen aus damaliger Sicht jedoch nicht vor und waren insbesondere den für die Erlassung des Flächenwidmungsplans vom 4.5.1973 zuständigen Organe[n] des Gemeinderats der Marktgemeinde Maria Enzersdorf nicht erkennbar.
§12 Abs4 NÖ ROG 1969 ist nämlich in dem Sinn zu verstehen, dass er nur bei konkreten Anhaltspunkten dazu verpflichtet hat, die dort angeführten Kriterien dafür, ob sich eine Fläche[...] für die Bebauung eignet, näher zu prüfen. Andernfalls wären nämlich die Gemeinden dazu verpflichtet gewesen, im Zusammenhang mit Baulandwidmungen umfassende Untersuchungen durchzuführen, was erhebliche Kosten verursacht und letztlich bewirkt hätte, dass keinerlei Flächen mehr als Bauland gewidmet werden.
In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass die infolge der Erdeinbrüche 1993 und 1997 durchgeführte Lokalisierung des Gipsbergwerks im Jahr 2005, abgesehen von den davor erfolgten Recherchen in historischen Unterlagen, umfangreiche technische Maßnahmen erforderlich gemacht hat: So erfolgten zunächst Untersuchungen mittels Bodenradar und Bodenschallmessungen. In weiterer Folge wurde ein rasterförmiges Bohrprogramm mit 90 Bohrungen durchgeführt; erst durch diese Bohrungen konnte das Gipsbergwerk letztlich lokalisiert werden. Allein die Durchführung dieser Maßnahmen hat insgesamt EUR 456.000,-- (inkl USt) gekostet.
Dazu kommt, dass eine punktuelle Untersuchung, wie es mit den technischen Mitteln 1973 möglich gewesen wäre, vermutlich keine Ergebnisse gebracht hätte.
Dass in den 1960er-Jahren vereinzelte Personen Vermutungen betreffend die frühere Existenz eines Gipsbergwerkes geäußert haben sollen, war jedenfalls nicht ausreichend, um im Flächenwidmungsplan vom 4.5.1973 die schon im Regulierungsplan vom 13.12.1968 erfolgte Widmung der betreffenden Flächen als Bauland rückgängig zu machen. So äußert das antragstellende Gericht keinerlei Bedenken in die Richtung, dass genau jenen Gemeinderäten, die damals den Flächenwidmungsplan aus 1973 beschlossen haben, konkrete Anhaltspunkte für ein Gipsbergwerk vorlagen. Solche konkreten Anhaltspunkte wären aber die Voraussetzung dafür gewesen, damit der Gemeinderat der Marktgemeinde Maria Enzersdorf nähere Untersuchungen zur Frage anstellt, ob sich aus §12 Abs4 NÖ ROG 1969 ein Änderungsanlass für den bestehenden Flächenwidmungsplan aus 1968 betreffend die Baulandwidmung im Bereich Marienhöhe ergibt.
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass -
wie auch das antragstellende Gericht [... in] seine[m] Antrag[...]
ausführt - im betreffenden Gebiet während der gesamten Nachkriegszeit keine Schäden aufgetreten sind, welche die Bebaubarkeit des Gebietes in Zweifel gestellt hätten. Konkrete Anhaltspunkte, welche eine nähere Untersuchung der Bebaubarkeit des betreffenden Gebietes geboten haben, ergaben sich vielmehr erst daraus, dass es im Gebiet 'Marienhöhe' 1993 und 1997 zu Erdeinbrüchen gekommen ist.
Dies ist deshalb wesentlich, weil der gegenständliche Gerichtsantrag [...] die Verpflichtung der Marktgemeinde Maria Enzersdorf, eine entsprechende Grundlagenforschung zu betreiben, lediglich damit begründet, dass der Marktgemeinde Maria Enzersdorf die Existenz des Gipsbergwerks infolge der (zumindest) während des 2. Weltkriegs bekannten Gipsdoline, der anlässlich der Planung der Südautobahn (richtig: Reichsautobahn) aufgenommenen Luftaufnahmen, des Schreibens [...] vom 12.10.1965 sowie der mündlichen Überlieferung zumindest bekannt sein hätte müssen.
Diese Begründung des antragstellenden Gerichts lässt jedoch nicht erkennen, dass für die zur Erlassung des Flächenwidmungsplans zuständigen Organe der Marktgemeinde Maria Enzersdorf konkrete Anhaltspunkte bestanden hätten, die diese dazu verpflichtet hätten, im Rahmen der Grundlagenforschung ergänzende Untersuchungen iSd §12 Abs4 NÖ ROG 1969 betreffend die Bebauungseignung anzustellen. So war es beispielsweise so, dass die vom Gericht erwähnten Luftaufnahmen, die anlässlich der Planung der Reichsautobahn angefertigt wurden, erst im Zuge der Ursachenforschung nach den Erdeinbrüchen 1993 und 1997 aufgefunden wurden. Auch kann aus dem Umstand, dass [...] im Jahr 1965, als[o] acht Jahre vor Erlassung des verfahrensgegenständlichen Flächenwidmungsplans in einem Schreiben
die Aufhebung einer 'Bausperre' beantragt [... wurde], kein Wissen
der im Jahr 1973 amtierenden Gemeinderatsmitglieder von Maria Enzersdorf konstruiert werden, das diese im Zuge der damaligen Neuerlassung des Flächenwidmungsplans zu näheren Untersuchungen betreffend die mögliche Lage eines Gipsbergwerks verpflichtet hätte.
Konkrete Anhaltspunkte, welche die Organe der Marktgemeinde Maria Enzersdorf dazu verpflichtet haben, die Bebaubarkeitseignung des Gebiets 'Marienhöhe' zu prüfen, ergaben sich erst infolge der Erdeinbrüche 1993 und 1997: Die Marktgemeinde Maria Enzersdorf ist dieser Verpflichtung auch nachgekommen, da sie infolge der Erdeinbrüche eine umfangreiche Ursachenforschung betrieben hat, die dann auch dazu geführt hat, dass im Bereich Marienhöhe ein Gipsbergwerk entdeckt wurde und lokalisiert werden konnte und letztlich im Auftrag der Marktgemeinde Maria Enzersdorf verfüllt wurde."
6. Der Kläger im Anlassverfahren vor dem Landesgericht Wiener Neustadt erstattete eine Stellungnahme, in der er - unter Bekanntgabe des Kostenverzeichnisses - begehrt, dem Antrag des Landesgerichtes Wiener Neustadt Folge zu geben:
Soweit das Aufhebungsbegehren als zu weit gefasst bemängelt werde, werde übersehen, dass eine Zurückweisung mangels Präjudizialität nur so weit in Frage komme, als die bezughabende Verordnung tatsächlich nicht für die Entscheidung des antragstellenden Gerichtes präjudiziell sei. Eine Zurückweisung des gesamten Antrages sei in einem derartigen Fall keineswegs vorgesehen (vgl. etwa VfSlg. 10.719/1985).
Der Gemeinderat habe die angefochtene Flächenwidmungsplanung unter Missachtung der Bestimmungen des NÖ ROG 1968, insbesondere jener des §12 Abs4 leg.cit., wonach Flächen, die sich wegen der natürlichen Gegebenheiten für die Bebauung nicht eignen würden, erlassen. Die verordnungserlassende Behörde habe die vom Gesetz vorgeschriebene Grundlagenforschung (§2 NÖ ROG 1968) nicht durchgeführt; schon allein aus diesem Grund könne sie sich nicht darauf berufen, die Ungeeignetheit der in Rede stehenden Grundflächen im Hinblick auf eine Bauführung nicht gekannt zu haben.
II. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. §§20 und 100 Abs4 NÖ BauO 1976 idF LGBl. 8200-1 (in Kraft getreten am 1. Jänner 1982) lauteten:
"§20
Bauverbote
(1) Im Bauland besteht ein Bauverbot, solange die der Aufschließung eines Bauplatzes dienende Verkehrsfläche den Verkehrserfordernissen nicht entspricht oder mit dem Straßennetz nicht in Verbindung steht.
(2) Im Grünland besteht, unbeschadet der Regelung der Zulässigkeit von Neu-, Zu- und Umbauten im NÖ Raumordnungsgesetz, LGBl. 8000, auf Grundstücken Bauverbot, wenn
1. die Zugänglichkeit weder gegeben ist noch geschaffen werden kann;
2. die Wasserversorgung oder die Abwasserbeseitigung nicht sichergestellt ist oder
3. eine Gefährdung durch Hochwasser, Steinschlag, Rutschungen, Grundwasserstand, ungenügende Tragfähigkeit des Untergrundes, Lawinen, ungünstiges Kleinklima u. dgl. gegeben ist."
"§100
Inhalt der Baubewilligung
...
(4) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen dieses Gesetzes, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, der NÖ Mineralölordnung, LGBl. 8270, einer auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnung oder des NÖ Raumordnungsgesetzes, LGBl. 8000, über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten Widmungs- und Nutzungsarten sowie über Vorbehaltsflächen und Bausperren verletzt werden.
..."
2. §15 NÖ ROG 1976 idF LGBl. 8000-1 (in Kraft getreten am 2. Juli 1977) lautete (auszugsweise):
"§15
Widmungsarten
(1) Im Flächenwidmungsplan sind folgende Widmungsarten festzulegen: Bauland, Verkehrsflächen und Grünland.
...
(3) Flächen, die auf Grund ihrer natürlichen Gegebenheiten zur Bebauung ungeeignet sind, dürfen nicht als Bauland gewidmet werden, insbesondere:
...
2. Flächen, die eine ungenügende Tragfähigkeit des Untergrundes aufweisen;
...
..."
3. §§2 und 12 NÖ ROG 1968 idF LGBl. 8000-1 (in Kraft getreten am 1. Jänner 1970) lauteten (auszugsweise):
"§2
Grundlagenforschung
...
(3) Die Gemeinde hat den Zustand des Gemeinderaumes durch Untersuchung der gegebenen natürlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Voraussetzungen zu erforschen sowie deren Veränderungen ständig zu beobachten.
..."
"§12
Inhalt des Flächenwidmungsplanes
...
(4) Flächen, die sich wegen der natürlichen Gegebenheiten (Hochwasser, Steinschlag, Rutschungen, Grundwasserstand, ungenügende Tragfähigkeit des Untergrundes, Lawinen, ungünstiges Kleinklima und dergleichen) für die Bebauung nicht eignen oder deren Aufschließung oder Sanierung unwirtschaftliche Aufwendungen erfordern würde, dürfen nicht als Bauland gewidmet werden.
..."
4. §11 Amtshaftungsgesetz (in der Folge: AHG), BGBl. 20/1949 idgF, lautet:
"§11. (1) Ist die Entscheidung des Rechtsstreites von der Frage der Rechtswidrigkeit des Bescheides einer Verwaltungsbehörde abhängig, über die noch kein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, und hält das Gericht den Bescheid für rechtswidrig, so hat es, sofern die Klage nicht gemäß §2 Abs2 abzuweisen ist, das Verfahren zu unterbrechen und beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde (Antrag) nach Artikel 131 Abs2 des Bundes-Verfassungsgesetzes die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides zu begehren. Nach Einlangen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes hat das Gericht das Verfahren fortzusetzen und den Rechtsstreit unter Bindung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes zu entscheiden.
(2) Die Bestimmungen des Abs1 gelten nicht, wenn der Bescheid in einer Angelegenheit erlassen wurde, die nach Artikel 133 des Bundes-Verfassungsgesetzes von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist.
(3) Die im Artikel 89 Abs2 bis 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes festgelegten Verpflichtungen der Gerichte bleiben unberührt."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. Der Antrag ist zulässig.
Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
2. Die Niederösterreichische Landesregierung bestreitet die Präjudizialität des angefochtenen Flächenwidmungsplanes in Bezug auf die Streitigkeiten über die Kanalanschlusskosten. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Flächenwidmungsplan für einen Rechtsstreit betreffend eine Kanalanschlussverpflichtung präjudiziell ist, weil der Kläger im Ausgangsrechtsstreit vor dem Landesgericht Wiener Neustadt weiters die Feststellung begehrt, dass die Beklagte dem Kläger für sämtliche kausale Schäden, welche im Zusammenhang mit Erdeinbrüchen infolge Gipsabbau oder Gipsauswaschungen im Untergrund dessen Liegenschaft entstehen würden, haften möge; im Hinblick auf die Entscheidung über dieses Feststellungsbegehren ist der Flächenwidmungsplan jedenfalls präjudiziell. Stellt sich nämlich heraus, dass die Liegenschaft, auf der sich das Reihenhaus des Klägers befindet, nicht als Bauland hätte gewidmet werden dürfen, so hätte für die Errichtung des Reihenhauses auch eine Baubewilligung nicht erteilt und dieses letztendlich auch nicht errichtet werden dürfen.
3. Das antragstellende Gericht war auch legitimiert, die Gesetzwidrigkeit direkt - ohne die in §11 Abs1 AHG normierte Vorgehensweise - an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen:
Im vorliegenden Fall wurde der Baubewilligungsbescheid im Jahre 1983 erteilt. Nach der damals geltenden Rechtslage war eine Baubewilligung zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen der NÖ BauO 1976, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, der NÖ Mineralölordnung, LGBl. 8270, einer auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnung oder des NÖ ROG 1976, LGBl. 8000, über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten Widmungs- und Nutzungsarten sowie über Vorbehaltsflächen und Bausperren verletzt würden. Das Baugrundstück war zu diesem Zeitpunkt als Bauland gewidmet; das Verbot des Bauens auf Untergrund, dem die Tragfähigkeit für die Errichtung von Bauwerken fehlt, sollte bereits durch die Flächenwidmung nach dem NÖ ROG 1976 verhindert werden (vgl. hiezu den damaligen §15 Abs3 Z2 leg.cit.). Demzufolge ist - in Übereinstimmung mit dem Vorbringen des antragstellenden Gerichtes - der Baubewilligungsbescheid nicht als rechtwidrig anzusehen. Dieser ist vielmehr in Einklang mit den damals geltenden Bestimmungen der NÖ BauO 1976 ergangen, zumal sich auch §20 Abs2 NÖ BauO 1976, wonach auf Grundstücken ein Bauverbot besteht, wenn u.a. eine ungenügende Tragfähigkeit des Untergrundes gegeben ist, lediglich auf Bauverbote im Grünland bezieht.
Das Landesgericht Wiener Neustadt hat bei der Prüfung des Amtshaftungsanspruches und einer allfälligen Antragstellung nach §11 AHG an den Verwaltungsgerichtshof jedenfalls auch den Flächenwidmungsplan anzuwenden; das antragstellende Gericht ist daher legitimiert, den Flächenwidmungsplan direkt beim Verfassungsgerichtshof anzufechten (vgl. §11 Abs3 AHG und die Vorjudikatur, etwa VfSlg. 18.453/2008).
4. Den Äußerungen der Niederösterreichischen Landesregierung, des Gemeinderates der Marktgemeinde Maria Enzersdorf und jener der Beklagten des Anlassverfahrens ist gemein, dass sie sich allesamt darauf berufen, der Antrag auf Aufhebung sei insofern zu weit gefasst, da er auch Liegenschaften umfasse, die nicht Gegenstand des Ausgangsrechtsstreites seien: Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung sowohl in amtswegig eingeleiteten Prüfungsverfahren, in denen das maßgebliche Grundstück im Flächenwidmungsplan (oder Bebauungsplan) nicht mit einer Grundstücksnummer bezeichnet war (vgl. etwa VfSlg. 11.592/1987), als auch in entsprechenden Antragsverfahren (vgl. etwa VfSlg. 12.650/1991) den Standpunkt eingenommen, dass der das Grundstück umfassende engste planlich abgrenzbare Bereich als präjudiziell anzunehmen ist. Da sich im vorliegenden Fall der engstmögliche Prüfungsumfang der Sachlage nach aus dem Flächenwidmungsplan, Beschluss des Gemeinderates vom 4. Mai 1973, ergibt, erweist sich der Antrag, dem sonst keine Verfahrenshindernisse entgegenstehen, nur für die westlichste Grundparzelle in dem von im Westen vom Höhenweg, im Norden von der F. von Erlach Gasse, im Süden von der Giesshübler Straße und im Osten von der F. G. Waldmüller Gasse umgrenzten Gebiet, als zulässig; im Übrigen ist er zurückzuweisen.
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat - soweit der Antrag zulässig ist - in der Sache erwogen:
Beim angefochtenen Flächenwidmungsplan handelt es sich nicht um die erstmalige Widmung der betreffenden Fläche als Bauland; diese ist - wie der Gemeinderat der Marktgemeinde Maria Enzersdorf ausführt - bereits vor In-Kraft-Treten des NÖ ROG 1968 in einem Regulierungsplan gemäß §5 NÖ BauO 1883, LGBl. 36/1883 idF LGBl. 70/1934, als Bauland gewidmet worden. §5 Abs1 NÖ BauO 1883 verpflichtete zwar die Gemeinde, einen Regulierungsplan "mit entsprechender Berücksichtigung aller Verkehrs-, Sanitäts- und feuerpolizeilichen Anforderungen sowie der Niveauverhältnisse" zu erlassen, enthielt aber weder das Gebot der Grundlagenforschung noch ein ausdrückliches Verbot, Flächen, die sich wegen der ungenügenden Tragfähigkeit für die Bebauung nicht eignen, als Bauland zu widmen.
Das NÖ ROG 1968 hat jedoch eine völlig neue Rechtslage für die Voraussetzungen zur Flächenwidmung geschaffen und u.a. ein derartiges Widmungsverbot und die Verpflichtung zur Durchführung einer Grundlagenforschung eingeführt.
Obwohl der Gemeinde bereits damals die Existenz des Gipsbergwerkes hätte bekannt sein müssen, hat sie bei der ersten Fortschreibung der Baulandwidmung im Jahre 1973 die in §2 NÖ ROG 1968 vorgesehene Grundlagenforschung nicht durchgeführt.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist für die verfahrensrechtliche Beurteilung der Erlassung einer Verordnung die zum Zeitpunkt ihrer Erlassung geltende Rechtslage maßgeblich (vgl. dazu etwa VfSlg. 16.567/2002, S 944 und die dort zitierte Vorjudikatur zu Flächenwidmungsplänen). Überträgt man diese Rechtsauffassung auf den vorliegenden Fall, so ergibt sich daraus, dass der Beschlussfassung über die angefochtene Flächenwidmungsplanung - trotz des Vorhandenseins von konkreten Anhaltspunkten in Bezug auf die ungenügende Tragfähigkeit des Untergrundes - keine entsprechende Grundlagenforschung zugrunde liegt; die Flächenwidmungsplanung ist somit nicht in einem korrekten Verfahren zustande gekommen.
Die angefochtene Verordnung war sohin in dem im Spruch genannten Umfang als gesetzwidrig aufzuheben.
V. Die Verpflichtung der Niederösterreichischen Landesregierung
zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §60 Abs2 VfGG.
VI. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
VII. Für Normenprüfungsverfahren, die auf Antrag eines Gerichtes eingeleitet worden sind, sieht das VfGG einen Aufwandersatz nicht vor. Es obliegt daher dem antragstellenden Gericht, - nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften - über einen allfälligen Kostenersatzanspruch des Klägers des Ausgangsstreites zu befinden (vgl. VfSlg. 18.320/2007 und die dort zitierte Vorjudikatur).
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