I. Die Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 14. September 1998, Z9/01/59523/94/65, mit der die Fußgängerzone "Rechte Altstadt" gemäß §76a iVm §94d Z8 StVO 1960 eingerichtet wird, war im Geltungszeitraum ab ihrer Kundmachung am 1. Oktober 1998 bis 14. Mai 2009 gesetzwidrig.
II. Die Salzburger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Entscheidungsgründe:
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde gegen einen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 18. März 2009 anhängig, mit dem der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 31. Oktober 2008 keine Folge gegeben wurde. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg hatte über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von € 50,-- verhängt, weil er am 6. Mai 2008 um 14.35 Uhr in der Vierthalerstraße 8 in der mit Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 14. September 1998 eingerichteten Fußgängerzone "Rechte Altstadt" ein Kraftfahrzeug abgestellt hatte.
2. Aus Anlass dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am 20. September 2010 gemäß Art139 Abs1 B-VG dieses Verfahren zu unterbrechen und die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 14. September 1998, mit der die Fußgängerzone "Rechte Altstadt" gemäß §76a iVm §94d Z8 StVO 1960 eingerichtet wird, für den Geltungszeitraum ab ihrer Kundmachung am 1. Oktober 1998 bis 14. Mai 2009 von Amts wegen zu prüfen.
3. Die in Prüfung gezogene Verordnung lautet:
"VERORDNUNG des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg
Der Planungs- und Verkehrsausschuß hat namens des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg aufgrund der Ermächtigung im Punkt 5.2.2. litc des Anhanges zur Gemeinderatsgeschäftsordnung (GGO) in seiner Sitzung am 27.8.1998 beschlossen, daß gemäß §76 a in Verbindung mit §94 d Z. 8 der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960 verordnet wird:
§1. Die in der Anlage grau dargestellten Straßen (Fußgängerzonenbereich) werden dauernd dem Fußgängerverkehr vorbehalten (Fußgängerzone "Rechte Altstadt").
§2. (1) In der Fußgängerzone gemäß §1 darf unbeschadet Abs2 und 3 die Ladetätigkeit werktags von 6.00 Uhr bis 10.30 Uhr vorgenommen werden.
(2) Die Ladetätigkeit für gehbehinderte Kunden von Bandagisten darf werktags von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr vorgenommen werden.
(3) Die Ladetätigkeit für Hotelgäste darf ganztags vorgenommen werden.
§3. Die Fußgängerzone darf mit Taxis und mit Fahrrädern dauernd befahren werden.
§4. Bei den in der Anlage dargestellten und mit einem Pfeil gekennzeichneten Einfahrten dürfen lediglich jene Lenker einfahren, die sich aus der Legende in der Anlage für die jeweilige Einfahrt ergeben.
§5. (1) Diese Verordnung ist durch Straßenverkehrszeichen gemäß §53 Abs1 Z. 9 a und 9 b StVO 1960 in Verbindung mit den jeweiligen Zusatztafeln kundzumachen u(n)d tritt mit der Anbringung dieser Zeichen in Kraft.
(2) Mit Inkraftreten dieser Verordnung tritt die Verordnung vom 1.12.1994, Zahl: 9/03/59523/94/14, in der Fassung der Verordnung vom 7.10.1997, Zahl: 9/01/59523/94/62, außer Kraft."
4. Der Verordnung ist als Anlage ein Plan beigegeben, dessen Legende die Hinweiszeichen "FUSSGÄNGERZONE" und "ENDE EINER FUSSGÄNGERZONE" sowie den Text der Zusatztafeln 1 bis 4 zeigt, wobei jener der am westlichen Ende der Vierthalerstraße angebrachten und hier maßgeblichen Zusatztafel 1 lautet:
"Befahren gestattet für:
enthielt und damit der in der Anlage zur Verordnung vorgesehenen und an dieser Stelle anzubringenden Zusatztafel 1
"Befahren gestattet für:
nicht entsprach, weshalb die Verordnung nicht gesetzmäßig kundgemacht worden sein könnte.
6. Der als das nach Punkt 5.2.2. litc der Geschäftsordnung des Gemeinderates, seiner Ausschüsse und des Stadtsenates der Landeshauptstadt Salzburg (Gemeinderatsgeschäftsordnung - GGO) vom 19. Juli 1966, Amtsblatt Nr. 15/1966 idF Amtsblatt Nr. 8/1998, für die Erlassung der in Prüfung gezogenen Verordnung vom 14. September 1998 zuständige Planungs- und Verkehrsausschuss der Landeshauptstadt Salzburg erstattete im Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung, in der er die Gesetzmäßigkeit der Verordnung verteidigt und beantragt, die in Prüfung gezogene Verordnung nicht als gesetzwidrig aufzuheben. Seine Begründung geht dahin, der Unabhängige Verwaltungssenat Salzburg habe in einem nicht den Beschwerdeführer des Anlassverfahrens betreffenden Erkenntnis vom 13. März 2009 Kundmachungsmängel der in Prüfung gezogenen Verordnung festgestellt und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt, weshalb in der Folge das Verkehrs- und Straßenrechtsamt eine "Anpassung" der Kundmachung "veranlasst" und am 14. Mai 2009 eine neue Zusatztafel an dem am westlichen Ende der Vierthalerstraße aufgestellten Hinweiszeichen "Fußgängerzone" angebracht habe, deren Text nun exakt jenem der im der Verordnung beigegebenen Plan angeführten Zusatztafel 1 entspreche.
Nichts desto trotz sei aber fraglich, ob tatsächlich ein Kundmachungsmangel vorgelegen habe: Die Änderung der Zusatztafel auf "Ausgenommen" an Stelle von "Befahren gestattet für" sei ein Wortspiel und entspreche dem Grundgedanken, Zusatztafeln kurz und prägnant und damit lesbar zu gestalten, zumal darin auch keine inhaltliche Änderung gegenüber dem Verordnungstext gelegen sei. Die Erwähnung des Wortes "Schrittgeschwindigkeit" habe lediglich die gesetzliche Regelung des §76a StVO 1960 wiedergegeben. Der Sicherheit des Verkehrs dienende Angaben seien im Übrigen auf Zusatztafeln zulässig.
7. Die Salzburger Landesregierung erachtet in ihrer Äußerung die vom Verfassungsgerichtshof gehegten Bedenken als nicht begründet:
Das Gebot des Fahrens in Schrittgeschwindigkeit ergebe sich aus der Zulässigkeit von Ausnahmen gemäß §76a Abs2 StVO 1960 und deren Kundmachung auf einer Zusatztafel gemäß §54 StVO 1960. Die Aufnahme des Wortes "Schrittgeschwindigkeit" auf der am westlichen Beginn der Vierthalerstraße angebrachten Zusatztafel 1 könne nicht an der Bestimmung des §54 Abs4 StVO 1960 gemessen werden. Das Gebot des Fahrens in Schrittgeschwindigkeit in einer Fußgängerzone ergebe sich auch nicht aus einem der in den §§50, 52 und 53 StVO 1960 genannten Straßenverkehrszeichen. Die ergänzende Aufnahme des Wortes "Schrittgeschwindigkeit" auf der Zusatztafel 1 als eine im Interesse der Verkehrssicherheit gelegene "Erinnerung" schade daher nicht.
Im Übrigen sei zur Erfassung des Inhaltes der Zusatztafel 1 ein Anhalten nicht erforderlich, sodass der Text der Zusatztafel auch dem Gebot des §54 Abs2 StVO 1960 entspreche. Dies umso mehr, als der Lenker eines Fahrzeuges auch das Gebot des §76a Abs6 StVO 1960 beachten müsse und sich dem Verkehrszeichen bereits in einer entsprechend reduzierten Geschwindigkeit zu nähern habe.
II. Erwägungen
1. Da der Beschwerdeführer im Anlassverfahren B551/09 bestraft wurde, weil er entgegen der in Prüfung gezogenen Verordnung am 6. Mai 2008 in der Vierthalerstraße 8 ein Fahrzeug abgestellt hatte, ist die Verordnung im in Prüfung gezogenen Geltungszeitraum in diesem Beschwerdeverfahren präjudiziell. Da weiters auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren gemäß Art139 Abs1 B-VG zulässig.
2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes wurden durch die im Verordnungsprüfungsverfahren erstatteten Äußerungen nicht entkräftet: Der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 14. September 1998 ist ein - einen integrierenden Bestandteil bildender - Plan angeschlossen, dessen Legende die Hinweiszeichen "FUSSGÄNGERZONE" und "ENDE EINER FUSSGÄNGERZONE" sowie den Text der daran anzubringenden Zusatztafeln 1 bis 4 zeigt, wobei jener der hier maßgeblichen Zusatztafel 1 lautet:
"Befahren gestattet für:
Dass die bis zum Austausch der Zusatztafel am 14. Mai 2009 angebrachte Zusatztafel diesem Wortlaut nicht entsprach, steht nach Durchführung des Verordnungsprüfungsverfahrens und nach den übereinstimmenden Vorbringen der Verfahrensparteien fest. Legt aber die Verordnung selbst die Textierung der sie kundmachenden Hinweiszeichen fest, so ist dem Straßenerhalter bei der Gestaltung der Hinweiszeichen kein Spielraum überlassen. Die tatsächlich aufgestellten Hinweisschilder müssen die in der Verordnung festgelegte Textierung wiedergeben (vgl. VfGH 15. Juni 2011, V82/10). Daraus folgt, dass die Verordnung nicht in der in der Verordnung festgelegten Weise kundgemacht wurde. Ihre Kundmachung erfolgte daher - im in Prüfung gezogenen Geltungszeitraum - gesetzwidrig.
III. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Da das Verordnungsprüfungsverfahren einen Kundmachungsmangel ergeben hat, war gemäß Art139 Abs4 B-VG festzustellen, dass die Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 14. September 1998, Z9/01/59523/94/65, mit der die Fußgängerzone "Rechte Altstadt" gemäß §76a iVm §94d Z8 StVO 1960 eingerichtet wird, im Geltungszeitraum ab ihrer Kundmachung am 1. Oktober 1998 bis 14. Mai 2009 gesetzwidrig war.
2. Die Verpflichtung zur Kundmachung des Ausspruches des Verfassungsgerichtshofes gründet auf Art139 Abs5 B-VG.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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