Dem in der Beschwerdesache der
G W V Aktiengesellschaft, ..., vertreten durch die
E H Rechtsanwalts GmbH, ..., gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 25. November 2011, Z ..., gestellten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß §85 Abs2 und 4 VfGG Folge gegeben.
Begründung:
1. Die antragstellende Gesellschaft bildet zusammen mit ihren Tochterunternehmen und Beteiligungen ein Finanzkonglomerat ("G Gruppe") gemäß §2 Z14 Finanzkonglomerategesetz (FKG), an dessen Spitze sie steht, und unterliegt neben der Versicherungsaufsicht auch der zusätzlichen Beaufsichtigung nach dem §2 Z21 FKG. Mit Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 25. November 2011, Z ..., wurden der antragstellenden Gesellschaft die auf §104 Abs1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) iVm §16 Abs1 FKG gestützten Aufträge erteilt,
I. den gesetzmäßigen Zustand gemäß §5 Z1 Finanzkonglomerats-Quartalsberichts-Verordnung (FK-QUAB-V) in Bezug auf die Kreditrisikokonzentration mit der Republik Kroatien ehestmöglich, längstens jedoch bis 31. Dezember 2013 herzustellen,
II. die gemäß §1 Abs1 FK-QUAB-V gemeldete gewichtete Kreditrisikokonzentration gegenüber der Gegenpartei Republik Kroatien bis 31. Dezember 2013 planmäßig zu reduzieren, wobei diese zu keinem Zeitpunkt mehr als TEUR 250.000 betragen dürfe, solange damit eine Überschreitung der Grenze des §5 Z1 FK-QUAB-V einhergehe, und
III. eine angemessene Strategie vorzulegen, die sicherstellt, dass der gesetzmäßige Zustand bis längstens 31. Dezember 2013 erreicht werde, sowie der FMA über die Umsetzung dieser Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes schriftlich am Beginn jedes Kalendervierteljahres Bericht zu erstatten.
2. In der gegen diesen Bescheid gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird u.a. der Antrag gestellt, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass mit dem sofortigen Vollzug des Bescheides für die beschwerdeführende Gesellschaft ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Obwohl der angefochtene Bescheid grundsätzlich eine Umsetzungsfrist bis 31. Dezember 2013 vorsehe, müsse die antragstellende Gesellschaft auf Grund des zweiten Halbsatzes des Spruchpunktes II. dennoch sofort handeln. Bei Vollzug des Bescheides bestehe die Verpflichtung zu einer sofortigen Reduktion der Kreditrisikokonzentration unter 25 % der anrechenbaren Eigenmittel. Schon per 30. September 2011 habe jedoch ihre kroatische Tochtergesellschaft Veranlagungen iHv TEUR 255.368 gehalten. Dabei handle es sich aber nicht um ein Eigeninvestment der G Gruppe, sondern um Kapitalveranlagungen der kroatischen Tochtergesellschaft zur Sicherstellung des dort gesetzlich geforderten Deckungsstockes, insbesondere in der Lebensversicherung, um die jederzeitige Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den mit kroatischen Versicherungsnehmern abgeschlossenen Versicherungsverträgen sicherzustellen. Dieser Deckungsstock steige zudem von Jahr zu Jahr. Bei einem sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides wäre die antragstellende Gesellschaft somit zur Setzung eines - aus Sicht des kroatischen Rechts - rechtswidrigen, unter Verwaltungsstrafsanktionen stehenden Verhaltens verpflichtet, da sie ihrer kroatischen Tochtergesellschaft auftragen müsste, den gesetzmäßig geforderten Deckungsstock ab sofort nicht mehr zu bilden bzw. aufzulösen. Die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen stellten jedenfalls einen unverhältnismäßigen Nachteil iSd §85 Abs2 VfGG dar. Auch könnten einmal erfolgte Umschichtungen im Falle des Obsiegens der beschwerdeführenden Gesellschaft nachträglich nicht mehr wettgemacht werden, da sowohl die Sanktionsfolgen wegen Verstoßes gegen Rechnungslegungsvorschriften als auch Umschichtungskosten und Zins- und Kapitalverluste durch risikoreichere oder weniger zinsträchtige Investitionen für die Dauer der Umschichtung bereits unwiederbringlich eingetreten wären. Da die Höhe des zu bildenden Deckungsstocks bereits auf Grund des bestehenden Prämienvolumens laufend steige, dürfte sie mit sofortiger Wirkung auch keine neuen Versicherungsverträge mehr abschließen, womit erhebliche Umsatzeinbußen verbunden wären. Damit wäre die antragstellende Gesellschaft de facto zur Aufgabe der Geschäftstätigkeit in Kroatien verpflichtet. Dieser Vermögensnachteil sei jedenfalls als unverhältnismäßig einzustufen.
Abschließend weist die antragstellende Gesellschaft darauf hin, dass die Republik Kroatien in Kürze [am 1. Juli 2013] Mitglied der Europäischen Union sein werde, was dazu führe, dass spätestens im Beitrittszeitpunkt - wenn man der Rechtsansicht der FMA folgte - der gesetzmäßige Zustand hergestellt sein werde.
3. Die vom Verfassungsgerichtshof zur Abgabe einer Stellungnahme eingeladene belangte Behörde gab zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine Erklärung ab.
4. Gemäß §85 Abs2 VfGG hat der Verfassungsgerichtshof über Antrag des Beschwerdeführers der Beschwerde mit Beschluss aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
4.1. Grundvoraussetzung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist zunächst, dass der angefochtene Bescheid einem "Vollzug" iSd §85 Abs2 VfGG zugänglich ist. Dies ist insoweit der Fall, als mit dem angefochtenen Bescheid unmittelbar die Verpflichtung der antragstellenden Gesellschaft zu einem aktiven Tun, nämlich u.a. zur Reduktion der gewichteten Kreditrisikokonzentration gegenüber der Republik Kroatien bis 31. Dezember 2013, verbunden ist.
4.2. Um dem Verfassungsgerichtshof die gebotene Interessenabwägung zu ermöglichen, ist es weiters erforderlich, dass der Antragsteller sein Interesse an der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch ein präzises Vorbringen bzw. die Vorlage von Bescheinigungsmitteln hinreichend konkretisiert.
Das Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft zum unverhältnismäßigen Nachteil ist nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes geeignet, ein solches Interesse zu belegen. Die belangte Behörde hat diesem Vorbringen nicht widersprochen.
5. Da im vorliegenden Fall zwingende öffentliche Interessen am sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides offenbar nicht bestehen (die belangte Behörde hat Gegenteiliges nicht geltend gemacht) und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für die antragstellende Gesellschaft ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre, war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß §85 Abs2 und 4 VfGG Folge zu geben.
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