Zulässigkeit der (Haupt-)Anträge des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg auf Aufhebung der Wortfolge "Beschwerden gegen die auf Grund dieser Bestimmung erlassenen Bescheide der Präsidentin oder des Präsidenten sowie über" in §22 Abs4 letzter Satz Sbg LandesverwaltungsgerichtsG - S.LVwGG, LGBl 16/2013 idF LGBl 18/2016.
Das antragstellende Gericht geht nicht denkunmöglich davon aus, dass es - im Rahmen der Beschwerdeverfahren gegen die von der Präsidentin des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg erlassenen Bescheide - unter anderem die angefochtene Wortfolge des §22 Abs4 letzter Satz S.LVwGG anzuwenden hat. Da diese Bestimmung die Zuständigkeit des Personal- und Disziplinarausschusses des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide der Präsidentin des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg in Dienstrechtsangelegenheiten seiner Richter festlegt, ist diese Bestimmung präjudiziell.
Die angefochtene Wortfolge bildet mit dem verbleibenden - die Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffenden - Gesetzesteil des §22 Abs4 letzter Satz S.LVwGG keine untrennbare Einheit. Der Wegfall der angefochtenen Teile des §22 Abs4 letzter Satz S.LVwGG ließe den verbleibenden Rest nicht unverständlich oder unanwendbar werden.
Aufhebung der angefochtenen Wortfolge.
Aus der Verweisung des Art134 Abs7 B-VG auf Art87 Abs2 B-VG lässt sich für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ableiten, dass der einfache Gesetzgeber ermächtigt ist, Aufgaben der Justizverwaltung an Einzelrichter oder Senate oder Kommissionen der Verwaltungsgerichte zu übertragen. Auf Grund dieses Verweises ist auch die Rechtsprechung zu Art87 Abs2 B-VG für die Verwaltungsgerichtsbarkeit heranzuziehen. Unter Justizverwaltung versteht Art87 Abs2 B-VG eine durch Richter ausgeübte, ihrem Inhalt nach aber nicht der Rechtsprechung zuzuzählende Tätigkeit, bei deren Besorgung diese - je nachdem, ob ein Einzelrichter oder ein Richterkollegium tätig wird, was vom einfachen Gesetzgeber festzulegen ist - grundsätzlich entweder weisungsgebunden sind oder richterliche Unabhängigkeit genießen. Aus Art87 Abs2 B-VG und der dazu ergangenen Judikatur ergibt sich, dass sich Einzelrichter, wenn sie Justizverwaltungssachen erledigen, nicht in Ausübung ihres richterlichen Amtes befinden, sondern Verwaltungsorgane sind. Sofern Aufgaben der Justizverwaltung kollegial zu besorgen sind, werden die Richter hingegen in Ausübung ihres richterlichen Amtes tätig und liegt eine Vollziehung durch Gerichtsbehörden vor.
Nach §22 Abs4 erster Satz S.LVwGG ist der Präsident in dienstrechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich "Dienstbehörde" ua für alle Richter. Seine Entscheidungen stellen eine Angelegenheit der Justizverwaltung dar. Der Präsident wird in diesen Angelegenheiten nicht als Organ der Gerichtsbarkeit, sondern als weisungsgebundenes Verwaltungsorgan tätig. Die Bescheide des Präsidenten sind daher verfassungsrechtlich als Akte der (einzigen) Administrativinstanz und damit als "Bescheide einer Verwaltungsbehörde" iSd Art130 Abs1 Z1 B-VG zu qualifizieren.
Bei Beschwerdeverfahren nach Art130 Abs1 Z1 B-VG in Angelegenheiten der Justizverwaltung (wie es bei §22 Abs4 letzter Satz S.LVwGG der Fall ist) handelt es sich um keinen Sonderfall im Vergleich zu den dem Landesverwaltungsgericht sonst zur Entscheidung zugewiesenen Aufgaben. Da die monokratisch besorgte Justizverwaltung der Staatsfunktion Verwaltung zuzuordnen ist, richtet sich auch der Rechtszug gegen Entscheidungen eines als Träger der Justizverwaltung tätigen monokratischen richterlichen Organs nach den für die Verwaltung maßgebenden Vorschriften. Beschwerden gegen Entscheidungen, die von einem monokratischen Organ in Angelegenheiten der Justizverwaltung gemäß Art87 Abs2 B-VG ergangen sind, sind daher als Beschwerden gemäß Art130 Abs1 Z1 B-VG zu qualifizieren, über die die Verwaltungsgerichte mit Beschluss oder Erkenntnis zu entscheiden haben. Wie bei jeder anderen mit Bescheid zu erledigenden Verwaltungsangelegenheit sind die Verwaltungsgerichte dabei als Rechtsmittelinstanz in der Rechtsprechung tätig, die gemäß Art135 Abs1 B-VG den Einzelrichtern und Senaten verfassungsrechtlich vorbehalten ist.
Art135 Abs1 vierter Satz B-VG legt im Rahmen der Entscheidung über Beschwerden gemäß Art130 Abs1 Z1 B-VG für die Zusammensetzung der Senate fest, dass sie - von der Mitwirkung fachkundiger Laienrichter abgesehen - aus den Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes von der Vollversammlung oder einem aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss zu bilden sind. Die konkrete Bildung der in der Rechtsprechung über Beschwerden gemäß Art130 Abs1 Z1 B-VG tätigen Senate obliegt sohin ausschließlich der Vollversammlung bzw einem aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss.
Allein aus der Wortwahl in §22 Abs4 letzter Satz S.LVwGG, wonach der Personal- und Disziplinarausschuss über Beschwerden gegen Bescheide des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg "als Senat" entscheidet, kann nicht abgeleitet werden, dass damit ein richterliches Kollegialorgan eingesetzt wurde, das auch als Senat iSd Art135 Abs1 B-VG zu qualifizieren ist. Bei dem nach §10 Abs1 S.LVwGG gebildeten Personal- und Disziplinarausschuss handelt es sich - ungeachtet dessen, dass sämtliche seiner Mitglieder auch Mitglieder bzw Richter des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg sind - um keinen Senat, der alle verfassungsrechtlichen Voraussetzungen des Art135 Abs1 B-VG erfüllt. Auf Grund der zwingend vorgesehenen Zugehörigkeit des Vizepräsidenten des Landesverwaltungsgerichtes wird der Senat nämlich nicht, wie verfassungsrechtlich normiert, zur Gänze "von der Vollversammlung oder einem aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss" gebildet.
Bei dieser der Vollversammlung bzw einem aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss zukommenden Aufgabe handelt es sich nicht um eine bloße "Mindestgarantie", sondern um eine verfassungsrechtlich zwingend einzuhaltende Vorgabe. Der einfache Gesetzgeber ist insofern in seiner Gestaltungsfreiheit verfassungsrechtlich eingeschränkt; es kommt ihm keine Zuständigkeit zu, eine zwingende Mitwirkung bestimmter Mitglieder für die Aufgaben nach Art130 Abs1 Z1 B-VG vorzusehen.
Die angefochtene Wortfolge des §22 Abs4 letzter Satz S.LVwGG, womit die Zuständigkeit zur Entscheidung über Beschwerden gemäß Art130 Abs1 Z1 B-VG an ein Organ übertragen wird, welches nicht zur Gänze von der Vollversammlung oder einem aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss gebildet wird, verstößt somit schon aus diesem Grund gegen Art135 B-VG.
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