Keine Bedenken gegen die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 30. Jänner 1975 über ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht über 5 t auf der Brenner Bundesstraße.
§ 43 StVO 1960 beschränkt die dort vorgesehenen Maßnahmen weder im Hinblick auf die Eigenschaft der Straße als Bundesstraße noch sonst etwa in zeitlicher Hinsicht. Vielmehr hat bei Zutreffen der dort genannten Voraussetzungen die Behörde die betreffende Verordnung zu erlassen. Sie hat hiebei wohl die im einzelnen umschriebenen Interessen an der Verkehrsbeschränkung mit den Interessen an der unbehinderten Benützung der Straße abzuwägen und dabei die (tatsächliche) Bedeutung des Straßenzuges zu berücksichtigen. Für ein allgemeines Verbot bestimmter Maßnahmen auf Bundesstraßen wegen dieser ihrer Eigenschaft findet sich jedoch in der StVO kein Anhaltspunkt.
Ein solches Verbot läßt sich auch nicht aus dem Bundesstraßengesetz ableiten. Daß es sich bei Bundesstraßen um Straßenzüge mit Bedeutung für den Durchzugsverkehr handelt, wird die Abwägung der Interessen i. S. des § 43 StVO 1960 beeinflussen, vermag aber keine der dort zugelassenen Maßnahmen von vornherein auszuschließen. Eine Straße, die nur mit Fahrzeugen bis 5 t befahren werden darf, verliert den Charakter einer für den Durchzugsverkehr bedeutsamen Straße ebensowenig wie ein stellenweise für längere Zeit gesperrter Straßenzug. Wenn § 1 Abs. 2 BStG die Übernahme und den Bau weiterer Straßenzüge als Bundesstraßen von der Bedeutung für den Durchzugsverkehr abhängig macht und § 7 Abs. 1 BStG die Bundesstraßenverwaltung verpflichtet, die Straße derart zu erhalten, daß sie nach Maßgabe der straßenpolizeilichen Vorschriften von allen Straßenbenützern ohne Gefahr benützbar ist, so dient dies nicht der Beschränkung straßenpolizeilicher Maßnahmen, sondern lediglich straßenverwaltungsrechtlichen Zwecken. Die Handhabung der Straßenpolizei wird dadurch - wie schon der ausdrückliche Vorbehalt der straßenpolizeilichen Vorschriften zeigt - nicht beschränkt.
Die Verordnung, mit der für die Brenner Bundesstraße zwischen der Autobahnausfahrt Matrei und der Staatsgrenze ein Fahrverbot für Lastfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht über 5 t (ausgenommen Anrainer und Zustelldienste) angeordnet wird, stützt sich auf Abs. 2 lit. d des § 43 StVO 1960. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten wurde schon 1972 aus Kreisen der Bevölkerung des Wipptales unter Hinweis auf die Gefährdung und die Belästigung der Bewohner und des Fremdenverkehrs gefordert, den Schwerlastverkehr durch eine Gewichtsbeschränkung von der kurvenreichen Bundesstraße mit ihren engen Ortsdurchfahrtenwegen auf die fertiggestellte Autobahn abzuleiten. Verkehrszählungen ergaben damals im Mai 243 und im Oktober 287 Ferntransporter pro Tag.
Die auf der italienischen Seite vom Brennerpaß bis Gossensaß verfügte Beschränkung für LKW über 5 t auf der Staatsstraße war schließlich Anlaß eines neuerlichen Vorstoßes der Bürgermeister der Orte Gries, Steinach und Matrei sowie der Vertreter verschiedener Interessengruppen. Im Oktober 1974 wurde für diese Orte eine Frequenz von rund 200 Schwerlastfahrzeugen täglich geschätzt. Seit Jänner 1975 erfolgt auch die Zollabfertigung für Fahrzeuge über 5 t auf italienischer Seite nur mehr an der Autobahn. Unter den gegebenen örtlichen und verkehrstechnischen Umständen hält der VfGH die von der Behörde getroffene Abwägung zwischen den Interessen der Bevölkerung und des Fremdenverkehrs einer Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen, insbesondere durch Geruch oder Lärm, einerseits und den Interessen der nichtanliegenden Wirtschaftstreibenden bloß einer mautfreien Benützung des Brennerpasses anderseits für gesetzmäßig.
Die Behörde hat vor Erlassung der Verordnung eine Besprechung mit den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden und Vertretern verschiedener Interessengruppen abgehalten, zu der auch die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol unter Ankündigung des Vorhabens geladen wurde und mehrere Vertreter entsendet hat. Damit war die Pflicht zur Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretung der Mitglieder jener Berufsgruppe, deren Interessen berührt werden, genüge getan. Da keineswegs nur die Gruppe der Transportunternehmer an der unbehinderten Benützung der Brenner Bundesstraße interessiert ist, bestand keine Veranlassung, die entsprechende Untergliederung der Kammer gesondert zur Stellungnahme einzuladen. Der Verordnung haftet daher ein formeller Mangel wegen Verstoßes gegen § 94 f Abs. 1 lit. a Z 3 StVO 1960 nicht an.
Der VfGH hat aber auch keine Bedenken gegen die Art der verfügten Verkehrsbeschränkungen. Nach § 43 Abs. 2 lit. b StVO 1960 ist es u. a. gestattet, das Befahren einer Straße mit bestimmten Fahrzeugarten zu verbieten. Mit dem Wort "Fahrzeugart" verweist das Gesetz nicht auf bestimmte Kategorien des Kraftfahrrechtes, sondern stellt lediglich klar, daß das Verbot die Fahrzeuge gattungsmäßig umschreiben muß und nicht individuell bestimmen darf. In diesem Sinn sind auch Fahrzeuge mit über 5 t Gesamtgewicht (entgegen der Auffassung von Lukas, ZVR 1977, 5 f) eine bestimmte Art von Fahrzeugen.
Gemäß {Bundes-Verfassungsgesetz Art 4, Art. 4 Abs. 2 B-VG} dürfen innerhalb des Bundes Zwischenzollinien oder sonstige Verkehrsbeschränkungen nicht errichtet werden. Dieses Verbot erfaßt jedoch nur solche Beschränkungen oder Erschwerungen des Verkehrs von Personen oder Waren, die die Einheit des Bundesgebietes als Währungsgebiet, Wirtschaftsgebiet oder Zollgebiet beschränken (VfGH Slg. 4649/1964 und 4940/1965) . Von einer solchen Beschränkung kann deshalb nicht die Rede sein, weil sie nur den Verkehr mit bestimmten Fahrzeugen auf einer bestimmten Straße betrifft und der Verkehr von und nach dem betroffenen Gebiet von der Beschränkung zudem noch ausgenommen ist (vgl. VfGH Slg. 4243/1962 über das Wochenendfahrverbot für LKW) .
Das durch Art. 4 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freizügigkeit der Person und des Vermögens bezieht sich auf die örtliche Bewegung als solche. Das Verbot der Benützung eines bestimmten Fahrzeuges auf einer bestimmten Straßenstrecke beschränkt zwar den Verkehr, nicht aber die Freizügigkeit der Person oder des Vermögens von Ort zu Ort (vgl. Slg. 7361/1974) .
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