Der VfGH hat mit Beschluß Slg. 4955/1965 eine an ihn gerichtete auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen, die gleichfalls gegen eine Entscheidung des Wahlausschusses der israelitischen Kultusgemeinde Wien betreffend das Wahlrecht einzelner Angehöriger der Kultusgemeinde gerichtet gewesen ist. Er hat dazu ausgeführt, daß die Durchführung der Wahlen eine innere Angelegenheit der Religionsgesellschaft und daher die Entscheidung des Wahlausschusses der Kultusgemeinde kein Bescheid einer Verwaltungsbehörde und auch keine faktische Amtshandlung i. S. der Rechtsprechung zu Art. 144 Abs. 1 B-VG (Fassung vor der Nov. BGBl. 302/1975) sei. Der VfGH hält an dieser Rechtsprechung fest. Eine, in einer inneren Angelegenheit einer Religionsgesellschaft gesetzte Maßnahme ist auch durch die Nov. BGBl. 302/1975 nicht beim VfGH bekämpfbar geworden. Die Bf. erachten den zit. Beschluß des VfGH als unzutreffend. Sie halten ihm entgegen, daß § 9 Abs. 3 des Gesetzes vom 21. März 1890, RGBl. 57, betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft (im folgenden Israelitengesetz) Regeln für das Verfahren der Wahl der Organe der Kultusgemeinde aufstelle. Diese Regelungen geben nach Meinung der Bf. den (Zwangs-) Mitgliedern der Kultusgemeinde subjektive öffentliche Rechte, die zu verfolgen sie dort berechtigt sein müßten, wo diese Regeln geschaffen wurden, also im staatlichen Bereich. Außerdem schreibe das IsraelitenG zwingend die Bestellung eines Vorstandes für jede Kultusgemeinde vor, dem die Verwaltung der Angelegenheiten der Gemeindemitglieder obliege und dem es auch zukomme, die Gemeinde nach außen zu vertreten. Vor allem die Pflichten, die den Vorständen auferlegt werden, erlaubten ebenfalls den Schluß, daß die Wahl zum Vorstand keine innere Angelegenheit der Religionsgesellschaft sei. Diese Rechtsansicht werde noch dadurch untermauert, daß der Gesetzgeber in § 9 Abs. 3 IsraelitenG bestimmte Regeln für die Wahlen ausgestellt habe, an die die Organe der Kultusgemeinde gebunden seien. Auch diese Ausführungen der Bf. sind nicht dazu angetan, den VfGH von seiner im obzitierten Beschluß geäußerten Meinung abzubringen. Dieser Beschluß geht von der in ständiger Rechtsprechung (z. B. VfSlg. 3657/1959 und 3816/1960) geäußerten Ansicht aus, daß Organe von anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, soweit sie eine innere Angelegenheit ordnen oder verwalten, keine staatlichen Behörden sind. Die Durchführung von Wahlen zu Organen anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften ist eine Angelegenheit der inneren Organisation und damit eine innere Angelegenheit i. S. des Art. 15 StGG (vgl. Ermacora, Handbuch der Grundfreiheiten und Menschenrechte, 1963, 414 ff) . Jede andere Auslegung würde dem Zweck des Art. 15 StGG, den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ein von staatlichen Eingriffen ungestörtes Eigenleben zu garantieren, zunichte machen ( vgl. Ermacora, aaO, 412; siehe auch Klecatsky, Die Kirchenfreiheit in Österreich, in: "Kirche und Staat: Fritz Eckert zum 65. Geburtstag" , herausgegeben von Schambeck, 1976, 147 ff) . Ob ein Gesetz Bestimmungen über die Durchführung von Wahlen und über das aktive und passive Wahlrecht zu Organen von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften enthält, ist bei Beurteilung der Frage, ob es sich bei der Durchführung der Wahl um eine "innere Angelegenheit" i. S. des Art. 15 StGG handelt, unerheblich. Aus diesem Grunde hat der VfGH auch bei Entscheidung über die vorliegende Beschwerde § 9 des IsraelitenG nicht anzuwenden; er hat daher aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung nicht zu untersuchen. Die Meinung der Bf., daß ihnen § 9 Abs. 3 IsraelitenG subjektive öffentliche Rechte einräume, die sie vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes durchsetzen könnten, ist unzutreffend. Diese Bestimmung regelt, wie ausgeführt, eine innere Angelegenheit der Kultusgemeinde, also nur Rechtsbeziehungen zwischen der Kultusgemeinde und ihren Angehörigen; sie begründet keine subjektiven öffentlichen Rechte. Der Umstand, daß die Wahl von Organen einer juristischen Person durch Gesetz geregelt wird, bewirkt für sich allein nicht, daß die die Wahl vorbereitenden und überwachenden Stellen zu Behörden würden (vgl. VfSlg. 7717/1975 . Ebenso wenig wird dies dadurch bewirkt, daß die zu wählenden Organe einer juristischen Person diese nach außen (also auch im staatlichen Bereich) vertreten (vgl. z. B. ähnliche Regelungen des Aktienrechtes und Vereinsrechtes, wonach der Wahlvorgang auch dann kein behördliches Verfahren ist, wenn er sich auf solche Organe der Aktiengesellschaft oder des Vereines bezieht, denen die Vertretungsbefugnis zukommt) . Der Wahlausschuß der israelitischen Kultusgemeinde ist sohin keine Behörde i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 144, Art. 144 Abs. 1 B-VG}.
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