§ 28 Abs. 5 Krankenanstaltengesetz (KAG) , BGBl. 1/1957, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Nach § 28 Abs. 5 KAG ist der Vorsitzende des Schiedsgerichtes vom Präsidenten des Rechnungshofes (RH) aus dem Kreise der rechtskundigen Beamten des RH zu bestellen. Andere als die im B-VG umschriebenen Aufgaben können dem RH nur im Wege eines Bundesverfassungsgesetzes übertragen werden, wie dies z. B. durch {Finanz-Verfassungsgesetz 1948 § 16, § 16 F-VG 1948}, BGBl. 45/1948, und durch Art. II des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. 46/1970 geschehen ist. Das gleiche gilt zufolge der Bestimmung des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 122, Art. 122 Abs. 3 B-VG}, wonach der RH aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und den erforderlichen Beamten und Hilfskräften besteht, auch für diese Personen. Auch diesen können Aufgaben, die nicht in dem durch das B-VG umschriebenen Rahmen des 5. Hauptstückes des B-VG liegen, nur durch bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen übertragen werden. Der einfache Gesetzgeber ist nur befugt, die "näheren Bestimmungen" über Einrichtung und Tätigkeit des RH zu treffen. Diese Befugnis hat aber lediglich den Inhalt, unter Beachtung der Anordnungen des Verfassungsgesetzgebers nähere Bestimmungen insoweit zu erlassen, als dies der Verfassungsgesetzgeber nicht ohnedies bereits getan hat (vgl. Slg. 4106/1961) . Daß der Aufgabenkreis des RH im B-VG taxativ umschrieben werden sollte, kommt auch in der RV zu dem Bundesverfassungsgesetz BGBl. 143/1948 (584 BlgNR V. GP) zum Ausdruck, wo es in den EB zur Neufassung des Art. 121 B-VG heißt: "Art. 121 soll künftighin den gesamten Wirkungskreis des RH kurz umreißen, während die späteren Artikel die einzelnen Aufgaben des RH in systematischer Reihenfolge bringen." Durch § 28 Abs. 5 KAG wird der verfassungsgesetzlich umschriebene Aufgabenbereich des Präsidenten des RH und des zum Vorsitzenden des Schiedsgerichtes bestellten rechtskundigen Beamten des RH, ohne daß hiefür eine verfassungsgesetzliche Grundlage bestünde, gegenüber dem verfassungsgesetzlich gezogenen Rahmen erweitert. Diese Regelung verstößt somit gegen Art. 121 und 128 B-VG.
Nach § 28 Abs. 5 KAG ist die Entscheidung des Schiedsgerichtes auch für die zur Genehmigung der von den Streitteilen abzuschließenden Verträge berufene Landesregierung verbindlich. Dies kann nur bedeuten, daß die Landesregierung einen Vertrag i. S. des § 11 Abs. 4 KAG nur genehmigen darf, wenn er der Entscheidung des Schiedsgerichtes entspricht. Gemäß Art. 20 Abs. 1 B-VG müssen alle Verwaltungsbehörden, die keine obersten Organe i. S. des B-VG sind (sofern nicht verfassungsgesetzliche Ausnahmen bestehen, die z. B. in Art. 11 Abs. 5, 118 Abs. 4 und 133 Z 4 B-VG) , der Leitung und Weisung der zuständigen obersten Organe unterstellt sein (vgl. z. B. Slg. 4648/1964) . Bezüglich der Schiedsgerichte als Verwaltungsbehörden der Länder besteht keine solche Ausnahme. Sie sind daher verfassungsmäßig an die Weisungen der Landesregierung, als der obersten Vollziehungsorgane der Länder (Art. 19 und 101 B-VG) gebunden. Aus der in § 28 Abs. 5 KAG getroffenen Regelung ergibt sich aber, daß das Schiedsgericht, ohne daß eine verfassungsgesetzliche Grundlage hiefür gegeben wäre, von der Weisungsgebundenheit ausgenommen ist. Die Regelung in ihrer Gesamtheit, nämlich, daß die Entscheidung einem Schiedsgericht übertragen ist, das in der vorstehend dargestellten Beziehung zum RH steht, und daß diese Entscheidung für die Landesregierung verbindlich ist, kann nur dahin verstanden werden, daß es der Landesregierung nicht zukommt, dem Schiedsgericht bezüglich des Inhaltes der von diesem zu treffenden Entscheidung eine Weisung zu erteilen. Die Regelung verstößt somit gegen {Bundes-Verfassungsgesetz Art 20, Art. 20 Abs. 1 B-VG}.
Wie der VfGH im Erk. Slg. 5921/1969 ausgeführt hat, ist der Kompetenztypus der Grundsatzgesetzgebung dadurch gekennzeichnet, daß die Wirksamkeit gesetzgeberischer Maßnahmen für den Bereich der Vollziehung zweier gesetzgeberischer Akte bedarf: Der erste Akt (das Grundsatzgesetz) enthält Normen, die an den Ausführungsgesetzgeber, nicht aber an die Vollziehung gerichtet sind, erst der zweite Akt (das Ausführungsgesetz) ist die für die Vollziehung bestimmte Rechtsgrundlage. Als Maßstab für das Verhalten der Verwaltung kommt somit nur das Ausführungsgesetz in Betracht; dieses hat die dem Art. 18 Abs. 1 B-VG entsprechende Determinierung zu enthalten. Das Grundsatzgesetz, das nicht an die Vollziehung gerichtet ist, kann daher nicht dem in {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 1 B-VG} liegenden Determinierungsgebot widersprechen. Es müssen im Grundsatzgesetz auch nicht die wesentlichen Merkmale der vom Ausführungsgesetz vorzunehmenden Determinierung enthalten sein, denn die Grundsatznormen begrenzen zwar den Inhalt der Ausführungsregelung, bestimmen ihn aber nicht durch Umschreibung seiner wesentlichen Merkmale (vgl. Slg. 3649/1959) . Das Verhältnis des Grundsatzgesetzes zum Ausführungsgesetz ist im Wesen verschieden von dem zwischen Gesetz und Verordnung.
Bedenken des VfGH gegen die in Prüfung stehenden Gesetzesbestimmungen aus dem Grunde der mangelnden Determinierung können sich so mit richtiger Ansicht nach nur auf die ausführungsgesetzliche Regelung beziehen.
§ 44 Abs. 4 und 5 Oberösterreichisches Krankenanstaltengesetz, LGBl. 19/1958, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Gegenstand der schiedsgerichtlichen Entscheidung nach § 44 Abs. 4 OÖ KAG kann die Frage der von den Versicherungsträgern an die Krankenanstalten zu bezahlenden Verpflegskosten (Pflegegebühren und Sondergebühren) sein; das Gesetz enthält für diese Entscheidung keinerlei determinierende Regelung. Es ist nicht einmal ein verbindlicher Rahmen im Gesetz vorgesehen. Selbst wenn die von der Landesregierung gemäß § 38 OÖ KAG für jede öffentliche Krankenanstalt festzusetzenden und im LGBl. kundzumachenden Pflegegebühren (Sondergebühren) als Obergrenze angesehen werden könnten, fehlt für die schiedsgerichtliche Entscheidung im übrigen jegliche Determinierung. Eine kostendeckende Ermittlung scheidet von vornherein aus, denn die Kostendeckung ist schon für die Festsetzung der Pflegegebühren (Sondergebühren) durch die Landesregierung gemäß §§ 37 und 38 OÖ KAG kein Maßstab. Für die Auslegung dieser ausführungsgesetzlichen Bestimmungen ist § 28 Abs. 1 KAG heranzuziehen, wonach die Pflegegebühren und Sondergebühren nur für die Vorschläge und Rechnungsabschlüsse kostendeckend zu ermitteln sind. Daß die Kostendeckung keine Richtschnur für die Festsetzung der Pflegegebühren und Sondergebühren bildet, erhellt auch daraus, daß das Gesetz selbst eigene Bestimmungen über die Deckung des Betriebsabganges enthält (§ 34 KAG; §§ 47 bis 49 OÖ KAG) und besondere Zweckzuschüsse und Beiträge des Bundes zum Betriebsabgang der Krankenanstalten vorsieht (§§ 57 bis 59 KAG) . Auch die in § 44 Abs. 2 OÖ KAG enthaltene Regelung, wonach die mit den Rechtsträgern von öffentlichen Krankenanstalten, die nicht von einer Gebietskörperschaft betrieben werden, zu vereinbarenden Pflegegebührenersätze und allfälligen Sondergebühren nicht niedriger sein dürfen als jene, die vom gleichen Versicherungsträger an den Rechtsträger der nächstgelegenen öffentlichen, von einer Gebietskörperschaft betriebenen Krankenanstalt mit gleichartigen oder annähernd gleichwertigen Einrichtungen geleistet werden, kommt als ausreichender Maßstab nicht in Betracht. Denn abgesehen davon, daß diese Regelung für vertragliche Vereinbarungen gilt, deren Nichtzustandekommen gerade die Voraussetzung für die schiedsgerichtliche Entscheidung bildet, können die für den angeführten Fall zum Vergleich dienenden Verpflegsgebühren der von Gebietskörperschaften betriebenen Krankenanstalten selbst Gegenstand einer schiedsgerichtlichen Entscheidung sein, ohne daß für diese Entscheidung eine Determinierung vorgegeben werde.
Bezüglich der Verfassungswidrigkeit des Abs. 5 gilt das gleiche wie für § 28 Abs. 5 KAG.
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