Der Wahlanfechtung (Gemeinderatswahl in Ziersdorf vom 19. März 1972) wird keine Folge gegeben. (Wesen des geheimen Wahlrechtes wird durch § 33 Niederösterreichische Gemeindewahlordnung nicht verletzt.) Der Wortlaut des § 33 Gemeindewahlordnung läßt es zu, daß Stimmzettel, die für ein und dieselbe Partei abgegeben werden, auch dann gültig sind, wenn sie sich sowohl ihrem äußeren Bild nach (z. B. durch verschiedene Handschriften in verschiedenen Schreibfarben und verschiedener Anordnung) als auch ihrem Inhalt nach (z. B. durch verschiedene Namen und Namenskombinationen von Bewerbern) unterscheiden. Gegen diese Regelung bestehen keine Bedenken im Hinblick auf die Verfassungsvorschrift über das geheime Wahlrecht ({Bundes-Verfassungsgesetz Art 117, Art. 117 Abs. 2 B-VG}) .
Das Wesen des geheimen Wahlrechtes zwingt nicht zur Einführung des amtlichen Stimmzettels. Der VfGH hat keine Bedenken, daß die Regelung des § 33 GWO diesem Wesen des geheimen Wahlrechtes widerspricht.
Dieses Ergebnis wird durch die Bedachtnahme auf folgende geschichtliche Umstände unterstrichen: Schon in der von der Konstituierenden Nationalversammlung am 1. Oktober 1920 beschlossenen Fassung des B-VG befand sich im Art. 26 Abs. 1, im Art. 95 Abs. 1 und im Art. 119 Abs. 2 die Vorschrift, daß die allgemeinen Vertretungskörper auf Grund des geheimen Wahlrechtes gewählt werden.
Dieselbe Konstituierende Nationalversammlung hatte vorher das Gesetz vom 20. Juli 1920, StGBl. 317, über die Wahl und die Einberufung der Nationalversammlung beschlossen, in dessen § 1 es heißt, daß die Abgeordneten auf Grund des geheimen Wahlrechtes gemäß der mit dem Gesetz vom 20. Juli 1920, StGBl. 316, erlassenen Wahlordnung gewählt werden. Diese WahlO - verlautbart mit Vollzugsanweisung der Staatsregierung vom 21. Juli 1920, StGBl. 351 - enthält in ihrem § 29 Bestimmungen über den Stimmzettel, die ähnlich der Regelung des § 33 Niederösterreichische GWO sind; jener § 29 ließ gleiche Unterschiede in den für ein und dieselbe Partei geltenden Stimmzetteln zu, wie sie dieser § 33 zuläßt. Daraus ist zu schließen, daß die Konstituierende Nationalversammlung die Regelung jenes § 29 als dem geheimen Wahlrecht (i. S. des Gesetzes StGBl. 317/1920 und i. S. des B-VG) entsprechend ansah und daß daher auch § 33 GWO der diesbezüglichen Vorschrift des Art. 117 Abs. 2 B-VG nicht widerspricht (daß der Begriff "geheimes Wahlrecht" im {Bundes-Verfassungsgesetz Art 117, Art. 117 Abs. 2 B-VG} einen anderen Inhalt hat als im {Bundes-Verfassungsgesetz Art 26, Art. 26 Abs. 1 B-VG} erscheint ausgeschlossen) .
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