Keine Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Juli 1954, LGBl. Nr. 72, mit der die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung errichtet worden ist.
Mit der Schaffung eines neuen politischen Bezirkes ist notwendigerweise die Änderung der bestehenden Sprengeleinteilung verbunden. Weder das Übergangsgesetz 1920 noch ein anderes Bundesverfassungsgesetz schließt diese Änderung von der Regelung des § 8 Abs. 5 lit. d zweiter Satz ÜG 1920 aus. Für die Schaffung eines neuen politischen Bezirkes gilt daher auch diese Regelung. Der Satz "Die Grenzen der politischen Bezirke, der Gerichtsbezirke, autonomen Bezirke und der Ortsgemeinden dürfen sich nicht schneiden" ist wörtlich zu nehmen. Es handelt sich um die in der Natur verlaufenden Gebietsgrenzen, die - entgegen dem Vorbringen der Beschwerde - weder direkt noch indirekt durch die Lage des Amtssitzes der betreffenden Behörde bestimmt oder mitbestimmt werden.
Unter "Errichtung neuer Behörden" i. S. des Erk. Slg. 2332/1952 ist nur die Errichtung neuer Arten von Behörden im Bereich der autonomen Landesverwaltung - insbesondere die Errichtung einer autonomen Bezirksverwaltung - zu verstehen. Das Erk. enthält keine Aussage über die Errichtung neuer Bezirkshauptmannschaften.
Über den Sitz der Gemeindebehörde, des Bezirksgerichtes, der autonomen Bezirksbehörde und der Bezirkshauptmannschaft enthält weder § 8 Abs. 5 lit. d ÜG 1920 noch irgendeine andere Stelle der Verfassung eine Vorschrift, die besagt, daß er sich innerhalb der entsprechenden Sprengelgrenzen befinden muß.
Der Amtssitz hat mit den Grenzen der örtlichen Zuständigkeit nichts zu tun.
Es gibt keine Bestimmung der Bundesverfassung, die es verbieten würde, daß die NÖ Landesregierung ihren Sitz in Wien hat.
Ist eine Verordnung ohne gesetzliche Deckung erlassen worden, so kann ein nachfolgendes Gesetz eine einwandfreie Deckung geben.
Die Aufhebung des § 1 Abs. 3 der Verordnung der NÖ Landesregierung vom 12. Juli 1966, LGBl. Nr. 273, mit der die Geschäftsordnung der NÖ Landesregierung aufgestellt wird, gemäß {Bundes-Verfassungsgesetz Art 139, Art. 139 B-VG} von Amts wegen wirkt auf den Anlaßbeschwerdefall zurück. Bestehen blieb § 3 der Geschäftsordnung der Landesregierung; diese Verordnungsstelle regelt taxativ, welche Angelegenheiten durch die Landesregierung als Kollegium zu besorgen sind. Infolge des Wegfalles der Bestimmung des § 1 Abs. 3 der Geschäftsordnung ist hinsichtlich der nicht von § 3 erfaßten Landesvollziehungsangelegenheiten die Zuständigkeit ungeregelt. Es ist ungeregelt, welchem Landesregierungsmitglied ein Vollziehungsakt in diesen Angelegenheiten zuzurechnen ist. In diesem Fall kann auch die Bestimmung des § 3 Abs. 3 des B-VG vom 30. Juli 1925, BGBl. Nr. 289, betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, nicht zum Tragen kommen, die vorsieht, daß sich die einzelnen Mitglieder der Landesregierung durch Beamte vertreten lassen können.
Der bekämpfte Bescheid kann also gesetzmäßigerweise weder der Landesregierung noch einem Landesregierungsmitglied noch einer anderen Behörde zugerechnet werden. Das Amt der Landesregierung hat ihn unter Inanspruchnahme einer nicht gesetzmäßig begründeten Zuständigkeit erlassen.
Der Bf. wurde daher durch den bekämpften Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, dem gesetzlichen Richter nicht entzogen zu werden, verletzt.
Das Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer gesetzwidrigerweise existierenden Behörde verletzt, der gesetzmäßigerweise überhaupt keine Zuständigkeit zukommen kann.
Aufhebung des bekämpften Bescheides im Anlaßbeschwerdeverfahren nach Aufhebung einer präjudiziellen Verordnung von Amts wegen.
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