Keine Bedenken gegen die Regelung des § 27 Disziplinarstatut im Hinblick auf {Europäische Menschenrechtskonvention Art 6, Art. 6 MRK}.
Die Ahndung von Verstößen gegen Standespflichten und Berufspflichten fällt nicht unter Art. 6 MRK. Die durch Art. 6 MRK garantierten Menschenrechte und Grundfreiheiten sind nämlich nicht mit Strafdrohungen verknüpft, die ihrem Wesen nach - wie dies bei den in Rede stehenden Disziplinarstrafen der Fall ist - bloß berufsinterner Natur sind. Dazu kommt, daß auch die Europäische Kommission für Menschenrechte in ihrer Entscheidung vom 29. Mai 1961, Appl. Nr. 734/60 (Slg. Nr. 6, Seite 29) , der Meinung Ausdruck gegeben hat, {Europäische Menschenrechtskonvention Art 6, Art. 6 MRK} beziehe sich nur auf Anklagen, die wegen einer Verletzung der ordentlichen strafgesetzlichen Vorschriften (ordinary penal code) erhoben werden, nicht auch auf Anklagen, die die Verletzung von Disziplinarvorschriften betreffen.
Es erscheint ausgeschlossen, dem {Disziplinarstatut 1990 § 27, § 27 Abs. 1 DSt} einen Inhalt beizumessen, gemäß dem der Beschuldigte einen Anspruch auf Übertragung der Zuständigkeit auf einen anderen Disziplinarrat wegen Befangenheit des Disziplinarrates der Kammer hat, solange dieser als gemäß § 21 der Geschäftsordnung beschlußfähiges Kollegium aus unbefangenen Mitgliedern gebildet werden kann. Darin liegt jedoch keine Aussage darüber, ob ein Anspruch auf Delegierung besteht, wenn ein beschlußfähiges Kollegium aus unbefangenen Mitgliedern nicht gebildet werden könnte und ob das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt wäre, würde ein solcher Anspruch auf Delegierung rechtswidrigerweise negiert werden.
§ 2 der Geschäftsordnung des Disziplinarrates der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer bestimmt, daß der Disziplinarrat aus seiner Mitte zwei Vizepräsidenten zu wählen hat. Gemäß dem letzten Absatz des § 8 der GeschäftsO wird die Funktion des Präsidenten bzw. der Vizepräsidenten, im Falle ihrer "Verhinderung, Ablehnung oder Befangenheit" von einem hiefür vom Disziplinarrat aus seiner Mitte zu wählenden Mitglied besorgt.
Gegen die Gesetzmäßigkeit der umschriebenen Regelung des § 8 sind Bedenken nicht entstanden. Aus § 29 a Abs. 1 erster Satz DSt ergibt sich nämlich, daß die GeschäftsO Präsidenten-Stellvertreter vorsehen kann, also die Vertretung des Präsidenten regeln kann. Auch der nach § 8 der GeschäftsO zu wählende Vertreter ist ein Präsidenten- Stellvertreter, wenn er auch nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet wird.
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