Die Bestimmungen des § 6 Abs. 1, 2, 4, 5, 6, 7 erster Satz, 8 sowie der §§ 8 und 11 des Bundesgesetzes vom 1. Juni 1960 zur Ordnung der Mühlenwirtschaft (Mühlengesetz) , BGBl. Nr. 113, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 bis 6 und 9, des § 3 Abs. 1, 2, 3, des § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 des MühlenG, BGBl. Nr. 113/1960, widersprechen nicht den Kompetenzbestimmungen des B-VG.
Die Rechtsprechung über die Auslegung der Kompetenztatbestände ( sogenannte Versteinerungstheorie) schließt nicht aus, auf einem durch den Stand der Gesetzgebung am 1. Oktober 1925 inhaltlich bestimmten Rechtsgebiet Neuregelungen zu erlassen; diese müssen allerdings nach ihrem Inhalt dem betreffenden Rechtsgebiet angehören.
Der Zweck, dem eine Angelegenheit dienen soll, ist nur in jenen Fällen für die Unterstellung dieser Materie unter einen bestimmten Kompetenztatbestand von Belang, in denen die Umschreibung des Kompetenztatbestandes ausdrücklich auf den Zweck Bezug nimmt.
Nicht jede Maßnahme zum Schutze eines Zweiges des Gewerbes oder der Industrie fällt unter den Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" . Vielmehr muß es sich um eine Maßnahme typisch gewerberechtlicher Art handeln. Maßnahmen zum Schutze des Gewerbes können nur dann und nur insoweit als "Angelegenheiten des Gewerbes" angesehen werden, als sie sich auch in ihrer inhaltlichen Regelung als eine solche Maßnahme darstellen.
Ein Überblick über die Entwicklung des österreichischen Gewerberechtes ergibt, daß es Regelungen zum Schutze von Gewerben als gewerberechtliche Einrichtungen stets gegeben hat; es kann beispielsweise auf die Vorschriften über den Lokalbedarf (§ 18 Abs. 3 und {Gewerbeordnung 1973 - ÜR § 23, § 23 Abs. 5 GewO}) hingewiesen werden, die einen Schutz der betreffenden Gewerbe vor unerwünschten Konkurrenzverhältnissen bedeuten. Das gleiche gilt für Regelungen, die auf die Bedürfnisse der Bevölkerung Rücksicht nehmen. Schließlich gab es im Jahre 1925 insbesondere auch schon quantitative Beschränkungen bei der Ausübung des Gewerbes als gewerberechtliche Maßnahmen (Beschränkung der Ausübung des Gewerbes auf bestimmte Zeiten, wie Sperrstundenvorschriften für das Gastgewerbe und Schankgewerbe, Beschränkung des Beherbungsgewerbes auf eine bestimmte Bettenanzahl, Ausverkaufsbeschränkungen u. dgl.) . Wenn nun der Gesetzgeber eine Regelung erläßt, die dem Schutz des Gewerbes dient und Maßnahmen vorsieht, die der Berücksichtigung der Änderung des Bedarfes der Bevölkerung und der Konkurrenzverhältnisse dienen, die seit dem Zeitpunkt des Erwerbes der Gewerbeberechtigung eingetreten ist, und überdies in einer quantitativen Beschränkung der Gewerbeausübung bestehen, so liegt eine Neuregelung vor, die sich ihrem Inhalte nach als eine Angelegenheit des Gewerbes darstellt.
Aus {Bundes-Verfassungsgesetz Art 77, Art. 77 Abs. 1 B-VG} ergibt sich, daß die Aufgaben der Bundesverwaltung nur durch BM und ihnen unterstellte Dienststellen besorgt werden dürfen. Die BM werden im Namen und im Auftrag des mit ihrer Leitung betrauten BM tätig. Es ist daher verfassungswidrig, Behörden einzurichten, die nicht im eigenen Namen, sondern im Namen und im Auftrag der mit der Leitung dieser BM betrauten BM, also neben den BM, tätig werden.
Das Aufsichtsrecht der vorgesetzten Organe gegenüber ihren nachgeordneten Organen wird ganz allgemein durch {Bundes-Verfassungsgesetz Art 20, Art. 20 Abs. 1 erster Satz B-VG} durch die Anordnung festgelegt, daß die Organe der Verwaltung unter der Leitung der obersten Organe des Bundes und der Länder die Verwaltung führen. Denn eine Leitung ohne Aufsichtsbefugnis ist nicht denkbar. Dieses Aufsichtsrecht ist verfassungsgesetzlich nicht beschränkt und umfaßt daher grundsätzlich alle denkbaren Möglichkeiten der Aufsicht. Einer gesetzlichen Determinierung bedarf es nicht. Es hat sich daher in der österreichischen Gesetzgebung die Praxis entwickelt, die Befugnisse der Aufsichtsbehörden nur in jenen Fällen ausdrücklich gesetzlich festzulegen, in denen die Aufsichtsbefugnisse der vorgesetzten Verwaltungsorgane nach dem Willen des Gesetzgebers auf bestimmte Mittel beschränkt werden sollten. Insbesondere wird diese Methode angewendet, wenn das Weisungsrecht der Organe der unmittelbaren Staatsverwaltung gegenüber Organen der mittelbaren Staatsverwaltung ausgeschlossen werden soll.
Ein einfaches Gesetz, das das Weisungsrecht des zuständigen BM ausschließt, ist verfassungswidrig ({Bundes-Verfassungsgesetz Art 20, Art. 20 Abs. 1 zweiter Satz B-VG} .
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