Das Brieftaubengesetz vom 1. Oktober 1938, DRGBl. I S. 1335, stellt eine Regelung im Rahmen der allgemeinen Sicherheitspolizei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG} dar. Das Gesetz gilt nicht mehr in Vorarlberg.
Die Unanwendbarkeit ist für sich allein noch kein innerer Erlöschensgrund.
Für die Regelung der Einfuhr und Ausfuhr von Nachrichtentauben kommt die Kompetenz des Bundes nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG} in Betracht.
Daß auch ein verfassungswidriges Gesetz frühere verfassungsrechtlich einwandfreie Gesetze abändern und ausdrücklich aufheben kann ({Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 9, § 9 ABGB}) ergibt sich daraus, daß auch jenes bis zum Tage des Wirksamkeitsbeginnes seiner Aufhebung durch Erkenntnis des VfGH dieselbe Wirkung wie ein verfassungsrechtlich einwandfreies Gesetz äußert. Dies ergibt sich aus {Bundes-Verfassungsgesetz Art 89, Art. 89 Abs. 1 B-VG}, der für die Gültigkeit nur die gehörige Kundmachung des Gesetzes voraussetzt, aus Art. 140 Abs. 4 B-VG, welcher von gesetzlichen Bestimmungen spricht, die durch ein verfassungswidriges Gesetz aufgehoben worden sind, und auch aus {Bundes-Verfassungsgesetz Art 140, Art. 140 Abs. 3 B-VG}, der die Befugnis des VfGH zur Aufhebung verfassungswidriger Gesetze ausspricht. Art. 140 B-VG trifft keine Unterscheidungen nach der Art der Verfassungswidrigkeit und gilt gleichermaßen für Bundesgesetze und Landesgesetze. Darum ist nach der Vorschrift des Art. 140 Abs. 4 B-VG auch dann vorzugehen, wenn ein unter Verletzung der Kompetenzbestimmungen erlassenes und aus diesem Grunde verfassungswidriges Landesgesetz bundesgesetzliche Bestimmungen aufgehoben hat. Die vor der B-VG-Nov. von 1929 geäußerte Ansicht, daß ein Landesgesetz einem Bundesgesetz überhaupt nicht derogieren, sondern in seinem Bereich nur dessen Geltung zurückdrängen könne und daß mit der Aufhebung des verfassungswidrigen Landesgesetzes durch den VfGH die Wirkung des Bundesgesetzes wiederhergestellt sei, ist durch die allgemeine, auch diesen Fall einschließende Regelung des Art. 140 Abs. 4 B-VG überholt. Aus Art. 140 Abs. 4 B-VG ergibt sich aber auch, daß die von einer verfassungswidrigen Norm ausgehende Derogationswirkung nur befristet ist, weil der VfGH die früheren gesetzlichen Bestimmungen wieder in Wirksamkeit setzen kann. Durch Art. 140 Abs. 4 B-VG wird der VfGH autorisiert, nach seinem Ermessen die künftige Rechtslage zu gestalten. Die von einem verfassungswidrigen Landesgesetz aufgehobenen Bestimmungen eines Bundesgesetzes treten daher für das betreffende Bundesland dann nicht wieder in Kraft, wenn das Erkenntnis des VfGH ein solches Wiederinkrafttreten nicht verfügt. Es besteht kein Grund zur Annahme, daß sich im Falle der Aufhebung eines verfassungswidrigen Landesgesetzes das Erkenntnis des VfGH auf den Ausspruch zu beschränken hätte, ob und welche früheren landesgesetzlichen Vorschriften wieder in Wirksamkeit treten. Der VfGH ist vielmehr berechtigt auszusprechen, daß auch frühere bundesgesetzliche Bestimmungen, welche durch das von ihm als verfassungswidrig erkannte Landesgesetz aufgehoben wurden, nicht wieder in Kraft treten. Bemerkt sei, daß auf den Fall, daß ein späteres Gesetz frühere gesetzliche Bestimmungen nicht aufgehoben, sondern nur deren Geltung eingeschränkt hat - wie dies bei einer lex specialis im Verhältnis zur lex generalis die Regel sein wird -, die Vorschrift des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 140, Art. 140 Abs. 4 B-VG} nicht anwendbar ist.
Der VfGH ist nach § 64 VerfGG 1953 nur berechtigt, den ganzen Inhalt des Gesetzes oder bestimmte Stellen als verfassungswidrig aufzuheben.
Ist daher eine bestimmte Gesetzesstelle, weil sie in einem Satz verfassungsrechtlich verschieden zu beurteilende Angelegenheiten regelt, in einer Beziehung verfassungsgemäß, in einer anderen hingegen verfassungswidrig, so muß sie aufgehoben werden. Eine verfassungswidrige, nach "Stellen" , d. h. nach Worten, nicht teilbare Norm, kann nicht nach Sinn und Bedeutung geteilt werden.
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