Wenn durch einfaches Bundesgesetz oder Landesgesetz eine Enteignung ohne jede Entschädigung zugelassen werden kann, dann ist die Gesetzgebung umsomehr berechtigt, sie gegen eine Entschädigung zu verfügen, die erst künftig durch Gesetz der Höhe nach bestimmt und fällig gestellt werden soll, u. zw. auch dann, wenn der Zeitpunkt, in dem diese Entschädigung erfolgen oder gesetzlich geregelt werden soll, noch unbestimmt ist.
Die Verpflichtung zur Entschädigung des Enteigneten ist verfassungsgesetzlich überhaupt nicht festgelegt. § 365 ABGB hat wohl die Entschädigungspflicht allgemein ausgesprochen, doch ist diese Bestimmung nicht Bestandteil des Art. 5 des StGG über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger geworden (Slg. 1123) und kann daher zur Stützung der Ansicht, daß jede Enteignung begriffsmäßig die Entschädigungspflicht gegenüber dem Enteigneten in sich schließe, nicht herangezogen werden. Tatsächlich hat sich auch die Gesetzgebung von dem Enteignungsbegriff des {Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 365, § 365 ABGB}, der die Entschädigungspflicht in sich schloß, in der Zeit nach dem ersten Weltkriege entfernt und in zahlreichen Gesetzen Enteignungen ohne jede Entschädigung zugelassen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Gesetze sind deshalb nicht am Platze, weil nach Art. 5 StGG eine Enteignung "in den Fällen und in der Art" , die das Gesetz bestimmt, erfolgen kann, zur "Art der Enteignung" aber zweifellos auch die Frage gehört, ob der Enteignete zu entschädigen ist oder nicht.
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