Nach § 5 des Versammlungsgesetzes vom 15. November 1867, RGBl. Nr. 135, sind unter anderem Versammlungen oder Aufzüge zur Ausübung eines gesetzlich gestatteten Kultus, wenn sie in der hergebrachten Art stattfinden, von den Bestimmungen dieses Gesetzes ausgenommen. Diese Bestimmung hat insofern eine grundlegende Erweiterung erfahren, als gemäß Art. 63 Abs. 2 und Art. 67 des Staatsvertrages von St. Germain das Recht der öffentlichen Religionsübung heute nicht mehr bloß, wie dies Art. 15 StGG bestimmt hatte, den Angehörigen der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften zusteht, sondern daß alle Einwohner Österreichs berechtigt sind, öffentlich oder privat jede Art Glauben, Religion oder Bekenntnis frei zu üben, sofern deren Übung nicht mit der öffentlichen Ordnung oder mit den guten Sitten unvereinbar ist. Es sind daher heute auch Versammlungen von Anhängern gesetzlich nicht anerkannter Religionen, sofern sie der Übung eines religiösen Bekenntnisses dienen und "in der hergebrachten Art stattfinden" , von den Bestimmungen des Versammlungsgesetzes ausgenommen.
Die Abhaltung von Vorträgen religiösen Inhaltes kann einen sehr wesentlichen Bestandteil von Kultushandlungen und damit der Übung von Glauben, Religion und Bekenntnis i. S. des Art. 63 Abs. 2 des Staatsvertrages von St. Germain bilden. Aber es genügt ein solcher Vortrag allein noch nicht, um eine Versammlung als eine solche zur Übung eines religiösen Bekenntnisses erkennen zu lassen.
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