Aufhebung der Wr. Dienstordnung für die Beamten der Bundeshauptstadt Wien.
Sollen bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern, die bislang in einem nach den Grundsätzen des Privatrechtes gestalteten Dienstverhältnis standen, fortan in ein dem öffentlichen Recht zugehöriges pragmatisches Dienstverhältnis überführt werden, so kann dies - wie auch die normative Gestaltung dieses Dienstrechtes selbst - nur auf dem Wege eines Gesetzes erfolgen. Die Regelung durch Verordnung ist unzulässig.
Die Bestimmung des Art. V Reichsgemeindegesetz räumt den Gemeinden das freie Selbstbestimmungsrecht auch im selbständigen Wirkungskreis auf jeden Fall nur mit Beobachtung der bestehenden Reichsgesetze ( Bundesgesetze) und Landesgesetze ein.
Jene Artikel des RGG von 1862, die durch ihre Aufnahme in § 8 Abs. 5 lit. f des Übergangsgesetzes 1920 (Fassung der Novelle BGBl. Nr. 269/1925) verfassungsgesetzliche Wirkung erlangt haben, räumen in keiner ihrer Bestimmungen den Gemeinden eine über Art. 18 Abs. 2 B-VG hinausreichende Befugnis zur Erlassung von gesetzändernden oder von selbständigen Verordnungen ein. Mit diesen Feststellungen soll keineswegs in Abrede gestellt werden, daß die Organe der Gemeinden, im besonderen auf dem Gebiete der Lokalpolizei und des Abgabenrechtes, einer über den Rahmen des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 2 B-VG} hinausreichenden Befugnis zur Erlassung selbständiger Verordnungen nicht entraten können. Es ist aber eben Aufgabe des Bundesverfassungsgesetzgebers, den Gemeinden für diese Zwecke die erforderliche besondere Ermächtigung zu solchen Akten zu erteilen.
Tatsächlich hat auch die Bundesverfassungsgesetzgebung solche besondere Ermächtigungen den Gemeinden in sehr beträchtlichem Umfang erteilt. Es sei in dieser Hinsicht nur auf die den Gemeinden durch Art. II § 8 des ÜG 1929 für das Gebiet der örtlichen Sicherheitspolizei erteilte besondere bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung verwiesen, die ihrerseits auch den sonstigen den Gemeinden durch die Gemeindeordnungen und Städtestatute erteilten Anordnungsbefugnissen auf den anderen Gebieten der Ortspolizei die erforderliche bundesverfassungsgesetzliche Grundlage nachträglich gegeben hat. Es sei ferner für den Bereich des Finanzausgleichsrechts auf die einschlägigen Bestimmungen des F-VG 1948 und des in seiner Ausführung erlassenen FAG 1948 verwiesen. Soweit aber durch Bundesverfassungsgesetz eine solche Ermächtigung nicht gegeben ist, sind auch die Gemeinden zur Erlassung selbständiger oder gesetzesändernder Verordnungen nicht befugt. Durch ein einfaches ( Bundesgesetz oder Landesgesetz) Gesetz wie auch durch ein Landesverfassungsgesetz aber kann eine solche über den Rahmen des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 2 B-VG} hinausgehende Verordnungsermächtigung nicht erteilt werden, da nur ein Bundesverfassungsgesetz hiezu befugt ist.
Aus der Tatsache, daß die Bundeshauptstadt Wien nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 2, Art. 2 Abs. 2 B-VG} auch ein Land des Bundesstaates ist, muß die Folge gezogen werden, daß die Angestellten der Stadt Wien - die gewiß primär Gemeindeangestellte sind - gleichzeitig auch Angestellte eines Landes sind und daß daher für diese Angestellten jene besonderen verfassungsgesetzlichen Grundsätze Geltung haben, die das B-VG für die Angestellten der übrigen Länder, im besonderen in Ansehung der Kompetenz zur Regelung ihres Dienstrechtes aufgestellt hat.
Eine Ausnahme für Wien legt weder die Kompetenzbestimmung des Art. 12 Abs. 1 Z. 9 B-VG selbst noch die ihr gegebene Übergangsbestimmung des § 3 Abs. 1 V-ÜG 1920 fest. Es muß daher gefolgert werden, daß die in diesen Verfassungsbestimmungen für die Kompetenz in Ansehung des Dienstrechts der Angestellten der Länder getroffene Regelung im gleichen Umfang auch für die Regelung des Dienstrechts der Angestellten der Stadt Wien Geltung hat, da Wien eben nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 2, Art. 2 B-VG} ein Land des Bundesstaates ist.
Nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 12, Art. 12 Abs. 1 Z 9 B-VG} gehört das Dienstrecht der Angestellten der Länder, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben, zu jenen Angelegenheiten, in denen Bundessache die Gesetzgebung über die Grundsätze, Landessache die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung ist. Ein Bundesgrundsatzgesetz über das Dienstrecht der Angestellten der Länder, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben, ist bisher nicht erlassen worden. Sohin ist gemäß § 3 Abs. 1 V-ÜG 1920 derzeit die Landesgesetzgebung befugt, die Materie zu regeln, wobei jedoch das bezügliche Landesgesetz nur mit Zustimmung der Bundesregierung kundgemacht werden darf.
Durch das neuerliche Vollwirksamwerden des B-VG am 19. Dezember 1945 ist allen jenen in früheren Gesetzen enthaltenen Ermächtigungen derogiert worden, die während der Geltung der Vorläufigen Verfassung wirksam waren, nunmehr aber mit dem neuerlich in Kraft getretenen {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 2 B-VG} in Widerspruch gerieten.
Da § 89 lit. a der Verfassung der Stadt Wien eine dem {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 2 B-VG} widersprechende Ermächtigung zur Erlassung von selbständigen Verordnungen enthielt, ist diese Bestimmung vom neuerlich uneingeschränkten Wirksamkeitsbeginn des B-VG, also vom 19. Dezember 1945 an, insoweit als aufgehoben anzusehen, als sie dem Gemeinderat die Befugnis zur Regelung des Dienstrechtes der öffentlichrechtlichen Angestellten mittels einfachen Beschlusses erteilt hat. Das gleiche gilt insoweit für die dem § 89 lit. a korrespondierenden Bestimmungen der Verfassung der Stadt Wien, wie im besonderen § 71 Abs. 2, § 72, § 74 Abs. 2 Z 1 lit. d.
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