Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Jilke als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen §§ 127ff StGB über dessen Einspruch gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Eisenstadt vom 15. September 2025, AZ **, GZ **-64 des Landesgerichts Eisenstadt, nichtöffentlich entschieden:
Dem Einspruch wird teilweise Folge gegeben und die Anklageschrift hinsichtlich der Fakten A./5. und A./7. sowie B./1. und B./2. gemäß § 215 Abs 3 StPO aus dem Grund des § 212 Z 3 StPO zurückgewiesen. Im Übrigen wird der Einspruch abgewiesen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festgestellt.
Die Untersuchungshaft wird aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und 2 Z 1 und Z 3 lit a und lit b StPO fortgesetzt
Begründung:
Mit obgenannter Anklageschrift legt die Staatsanwaltschaft Eisenstadt dem am ** geborenen ungarischen Staatsangehörigen zur Last, er habe in ** und andernorts in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem bislang unbekannten Mittäter „B*“ bzw. noch auszuforschenden Mittätern (§ 12 StGB) gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 1 und 3, Abs 2 StGB) Nachgenannten fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 5.000 Euro übersteigenden Wert, mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrecht mäßig zu bereichern, durch Einbruch in Wohnstätten, indem sie sich durch Aufbrechen von Fenstern bzw. Türen jeweils unter Einsatz eines besonderen Mittels, das die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen in Wohnstätten nahelegt, Zutritt zu den jeweiligen Wohnhäusern verschafften,
A./ weggenommen, und zwar
1./ am 20. Dezember 2024 in ** der C* 17 Uhren und 37 Schmuckstücke im Gesamtwert von 10.785 Euro, indem sie mit einem Draht ein Kellerfenster öffneten (Faktum 1);
2./ am 31. Dezember 2024 in ** dem D* Bargeld, Lebensmittelgutscheine sowie fünf Schmuckstücke im Gesamtwert von 6.420 Euro, indem sie mit einem Gasbrenner eine Fensterscheibe zum Bersten brachten (Faktum 2);
3./ am 31. Dezember 2024 in ** der Familie E* einen Tresor samt Inhalt, Gold, Bargeld sowie Schmuck im Gesamtwert von 51.440 Euro, indem sie eine Terrassentür mit einem Werkzeug aufbrachen (Faktum 3);
4./ am 24. Jänner 2025 in ** der F*, dem G* und der H* Bargeld, 29 Uhren, 18 Schmuckstücke, zwei Golddukaten und ein Paar Schuhe im Gesamtwert von 24.457 Euro, indem sie mit einem Werkzeug ein Küchenfenster aufbrachen (Faktum 5);
5./ am 12. Februar 2025 in ** der Familie I* Bargeld, vier Uhren, 40 Schmuckstücke und eine Umhängetasche im Wert von 17.255 Euro, indem sie mit einem Werkzeug die Terrassentür aufzwängten (Faktum 6);
6./ am 8. März 2025 in ** dem Familie J* vier Uhren, 47 Schmuckstücke und 42 Münzen im Wert von 19.348 Euro, indem sie mit einem Werkzeug eine Terrassentür aufzwängten (Faktum 8);
7./ am 17. Mai 2025 in ** der Familie K* Bargeld, vier Uhren, 35 Schmuckstücke und zwei Schmuckkassetten im Gesamtwert von 14.800 Euro, indem sie das Badezimmerfenster aufbrachen (Faktum 10);
B./ wegzunehmen versucht, und zwar
1./ am 31. Dezember 2024 in ** der L*, indem sie danach trachteten, mit einem Werkzeug ein Fenster aufzubrechen, woran sie jedoch scheiterten (Faktum 4);
2./ am 7. März 2025 in ** dem M*, indem sie die Terrassentür mit einem Werkzeug aufzwängten, wobei sie durch die heimkommende Familie gestört wurden und von ihrem Vorhaben ablassen mussten (Faktum 7).
A*habe hiedurch das Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 erster Fall und Abs 3, 15 StGB begangen.
Gegen diese Anklageschrift, konkret gegen die Anklagepunkte A./3./ - 7./ und B./1./ und ./2, richtet sich der rechtzeitige, inhaltlich auf die Einspruchsgründe nach § 212 Z 2 und 3 StPO gestützte Einspruch des Angeklagten (ON 68), mit der Behauptung, die Anklageschrift enthalte zu den Anklagepunkten A./3./, A./5./, A./7./, B./1./ und B./2./ überhaupt keine Begründung des Tatverdachts. Hinsichtlich der Fakten A./ 3./ - 7./ , B./1./ und B./2./. gebe es keine DNA-Übereinstimmungen; weiters würden die sichergestellten Schuhabdruckspuren nicht beweisen, dass diese vom Angeklagten stammen, zumal ein Abgleich mit den Schuhen des Angeklagten nicht stattgefunden habe. Die in verschiedenen Ortschaften begangenen Taten würden keinen Hinweis auf den Angeklagten liefern, zumal der modus operandi – das Aufbrechen von Fenstern und Terrassentüren mit Werkzeugen – keineswegs ein Alleinstellungsmerkmal des Angeklagten sei. Nachdem im Europäischen Haftbefehl von „N* und O* E*" als Opfer die Rede sei, wohingegen die Anklageschrift unter A./3./ den unbestimmteren Begriff „Familie E*" anführe, der Angeklagte auf den Grundsatz der Spezialität jedoch nicht verzichtet habe, sei zudem fraglich, inwiefern dieser Anklagepunkt im Europäischen Haftbefehl Deckung finde.
Dem Einspruch kommt teilweise Berechtigung zu.
Das Oberlandesgericht hat die Zulässigkeit der Anklage und die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts aus Anlass des Einspruchs von Amts wegen nach allen Richtungen auf das Vorliegen der Voraussetzungen zu prüfen (Birklbauer in WK-StPO § 215 Rz 4). Im Einspruchsverfahren ist – neben der Prüfung, ob Rechtsfragen durch die Anklagebehörde richtig gelöst wurden (§ 212 Z 1 StPO), der Antrag an wesentlichen formellen Mängeln leidet (§ 212 Z 4 iVm § 211 StPO), die sachliche und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts besteht (§ 212 Z 5 und 6 StPO), der nach dem Gesetz erforderliche Antrag eines hiezu Berechtigten vorliegt (§ 212 Z 7 StPO) und die Staatsanwaltschaft das Verfahren zu Unrecht nachträglich gemäß § 205 Abs 2 StPO fortgesetzt hat – zum Tatverdacht zu prüfen, ob genügend Gründe vorhanden sind, den Betroffenen der ihm angelasteten Straftat für verdächtig zu halten, und ob der Sachverhalt für eine Antragseinbringung hinreichend geklärt ist (§ 212 Z 2 und 3 StPO). Selbst im Rahmen der amtswegigen, praktisch nicht an das Einspruchsbegehren gebundenen (Mayerhofer, StPO 6 § 215 E 3) Kontrolle der Anklageschrift ist nur eine die schöffengerichtliche Zuständigkeit begründende Verdachtslage zu prüfen.
Der Einspruchsgrund der Z 1 setzt sich mit unrichtigen Lösungen von Rechtsfragen durch die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift auseinander (EBRV StPRefG 245). Die Frage, ob der angeklagte Lebenssachverhalt als prozessualer Tatbegriff – hypothetisch als erwiesen angenommen – unter den Tatbestand zumindest einer gerichtlich strafbaren Handlung (als rechtliche Kategorie) zu subsumieren wäre (Birklbauer in WK-StPO § 212 Rz 4), ist nach den Kriterien der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO zu lösen (Kirchbacher, StPO 15 § 212 Rz 2). Sonstige rechtliche Gründe umfassen materiellrechtliche Schuldausschließungsgründe, Rechtfertigungsgründe, Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe, aber auch verfahrensrechtliche Verfolgungshindernisse iS des § 281 Abs 1 Z 9 lit b (vgl EBRV StPRefG 245).
Fallkonkret bringt die Staatsanwaltschaft eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Tat zur Darstellung, ohne dass rechtliche Ausschlussgründe bestehen. Weshalb angesichts des die angeklagte Tat als historischen Lebenssachverhalt umfassenden Europäischen Haftbefehls (ON 7, ON 28; siehe Hinterhofer in Höpfel/Ratz, WK² § 31 Rz 13 f) in Verbindung mit dem rechtskräftigen, die Auslieferung des Angeklagten bewilligenden Beschluss des Hauptstädtischen Gerichtshofs in Budapest (vgl. ON 50) ein Verstoß gegen den Grundsatz der Spezialität nach § 31 EU-JZG vorliegen soll, wird im Einspruch nicht nachvollziehbar dargetan. Konform gehend mit der Stellungnahme liegt das vom Angeklagten mit Blick auf Anklagepunkt A./3. relevierte prozessuale Verfolgungshindernis der Spezialität der Auslieferung (§ 31 EU-JZG) jedenfalls nicht vor, stimmen doch der anklagegegenständliche Sachverhalt und jener, auf den sich der Europäische Haftbefehl (ON 33 S 3) bezieht, überein (Identität der Tat) und ist der Umstand, dass die Opfer im Europäischen Haftbefehl als „N* und O* E*“, in der Anklageschrift zu Punkt A./3. Hingegen als „Familie E*“ bezeichnet werden, bedeutungslos. Der angeklagte – hypothetisch als erwiesen angenommene – Lebenssachverhalt ist in Übereinstimmung mit der Anklagebehörde unter den Tatbestand des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 erster Fall und Abs 3, § 15 StGB zu subsumieren.
Im Rahmen der Einspruchsgründe nach Z 2 und 3 ist zu prüfen, ob der Antrag den im Verfahren entscheidungswesentlichen Sachverhalt in Übereinstimmung mit den Erhebungsergebnissen zur Darstellung bringt, die aus den objektiven Unterlagen gezogenen Schlüsse der Anklagebehörde und die daran geknüpften Darlegungen zur objektiven und subjektiven Tatseite denkrichtig und möglich sind oder der Einspruchswerber Umstände aufzeigt, die zu einem logisch nicht lösbaren Widerspruch führen. Inwieweit die aktenkundigen Verdachtsgründe und Beweismittel ausreichen, den Einspruchswerber der ihm zur Last liegenden strafbaren Handlungen zu überführen, muss der Entscheidung des nach den Grundsätzen der Unmittelbarkeit, Mündlichkeit und freien Beweiswürdigung erkennenden Schöffengerichtes vorbehalten bleiben, der vorzugreifen im Einspruchsverfahren nicht zulässig ist (§§ 429 Abs 1, 215 Abs 5 zweiter Satz StPO). Die Ermittlungen müssen aber so weit gediehen sein, dass sie die Anordnung einer Hauptverhandlung rechtfertigen, wozu gehört, dass die für die Hauptverhandlung relevanten Beweismittel überblickt werden können und so vorbereitet sind, dass sie in der Hauptverhandlung ohne wesentliche Verzögerung unmittelbar durchgeführt werden können (Birklbauer aaO § 212 Rz 16). Eine (vorläufige) Zurückweisung der Anklageschrift kommt dann in Betracht, wenn die Staatsanwaltschaft von weiteren möglichen Erhebungen Abstand nimmt und auf Basis eines nicht hinreichend geklärten und ausermittelten Sachverhalts Anklage erhebt (vgl Birklbauer in WK-StPO § 212 Rz 14). Die Ermittlungsergebnisse bilden dann eine ausreichende Grundlage zur Durchführung einer Hauptverhandlung, wenn ein einfacher Tatverdacht eine Verurteilung nahe legt (Birklbauer aaO § 212 Rz 15). Dazu muss vom Gewicht der be- und entlastenden Indizien her bei der Gegenüberstellung mit einfacher Wahrscheinlichkeit ein Schuldspruch zu erwarten sein, die naturwissenschaftliche Wahrscheinlichkeit also mehr als 50 % betragen, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist (Birklbauer aaO § 212 Rz 15). Eine „allumfassende“ Beweisaufnahme ist nicht erforderlich (§§ 13 Abs 2, 55 Abs 3, 91 Abs 1 StPO; Schmoller in WK-StPO § 13 Rz 41 ff, § 55 Rz 93 ff; Vogl in WK-StPO § 91 Rz 2 ff). Dies ergibt sich aus dem in § 91 Abs 1 StPO normierten Zweck des Ermittlungsverfahrens, den Tatverdacht durch Ermittlungen soweit zu klären, dass im Fall der Anklage eine zügige Durchführung der Hauptverhandlung ermöglicht wird (Birklbauer, aaO § 212 Rz 14 ff).
Mit Blick auf die vorliegenden Beweisergebnisse liegt der Einspruchsgrund der fehlenden Verurteilungswahrscheinlichkeit (§ 212 Z 2 StPO) fallkonkret nicht vor. Zum objektiven Tatgeschehen konnte sich die Anklagebehörde auf die kriminalpolizeiliche Berichterstattung des Landeskriminalamts ** (ON 2, 5, 10 – 17, 27, 31, 54,) stützen. Allerdings reichen fallbezogen - in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Oberstaatsanwaltschaft Wien – die von der Staatsanwaltschaft dargestellten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in tatsächlicher Hinsicht lediglich aus, den Angeklagten der ihm unter Anklagepunkt A./1., A./2., A./3., A./4 und A./6. zur Last gelegten, oben geschilderten Taten hinreichend für verdächtig zu halten. Hinsichtlich der Anklagepunkte A./1. und A./2. sichern die geständige Verantwortung des Angeklagten (ON 54.4, 4 und ON 56, 5) und eine Personentreffer-Mitteilung (ON 10.14) iVm mit einer Spur-Spur-Übereinstimmung (ON 10.16) die Beweislage ab. So enthielt der Spurenabrieb **, welcher am Steher des Maschendrahtzaunes (Faktum 1) abgenommen wurde, DNA-Spurenmaterial des Angeklagten (ON 2.2, 5). Selbiges Profil wurde am Tatort in ** (Faktum 2) unter der Spurenzahl ** von einem Gartentischrahmen gesichert (vgl. Bericht des Bundeskriminalamts in ON 5.1; ON 5.8; ON 2.2, 8). Der Gartentisch war durch die Täter ortsverändert worden, um durch ein Fenster einzusteigen. Hinsichtlich Anklagepunkt A./3./ resultiert die Verdachtslage aus der unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Nähe zu Faktum A./2. So ereigneten sich die diesen Fakten zugrunde liegenden strafbaren Handlungen jeweils am 31. Dezember 2024 und befinden sich die beiden Tatorte in derselben Straße, nur 450 Meter bzw. eine Autominute von einander entfernt. Die Wahrscheinlichkeit, dass in derselben Nacht in der selben Straße nur ein paar Häuser von einander entfernt zwei unterschiedliche Tätergruppen Einbrüche verüben, erscheint äußerst gering zu sein.
Zu Anklagepunkt A./4. (= Faktum 5) wiederum ergibt sich ein hinreichender Tatverdacht aus dem Untersuchungsbericht in ON 5.18, der eine Musterübereinstimmung zwischen den am Tatort in ** (Anklagepunkt A./1.) und ** (Anklagepunkt A./4.) gesicherten Schuhspuren ausweist. Eine ebensolche Musterübereinstimmung konnte zwischen den Tatorten in ** (Anklagepunkt A./4.) und ** (Anklagepunkt A./6.) festgestellt werden (ON 5.23; ON 17.4). Dem Einspruchswerber ist darin beizupflichten, dass gesicherte Schuhabdruckspuren alleine für die Begründung eines (wenngleich nur einfachen) Tatverdachtes nicht ausreichen. Fallkonkret wurden die übereinstimmenden Spuren jedoch an mehreren Tatorten vorgefunden, darunter auch an jenem zu Faktum A./1, zu welchem sich der Angeklagte unter dem Eindruck des DNA-Treffers geständig verantwortet hat.
Weitere „Gemeinsamkeiten“ in der Vorgehensweise ergeben sich aus dem Anlassbericht vom 4. April 2025 (ON 2.2, 21). Demnach gingen die Täter beim Aufbrechen der Türen und Fenster jeweils unterschiedlich vor und wählten für den Ausstieg aus den Einbruchsobjekten stets einen anderen Weg als für den Einstieg. Sämtliche Objekte befinden sich an den Ortsrändern mit angrenzenden Äckern bzw. führen Feldwege hinter den Gärten vorbei, sodass sich die Täter regelmäßig den Grundstücksrückseiten annähern konnten.
Die Annahmen zur subjektiven Tatseite sind zufolge großteils nicht geständiger Einlassung unvermeidbar und in rechtsstaatlich unbedenklicher Weise aus dem objektiven Verhalten zu erschließen (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz in WK-StPO § 281 Rz 452). Im Ergebnis reichen Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts aus, um eine (die Anklageerhebung rechtfertigende) Verurteilung iSd der erforderlichen Wahrscheinlichkeit für möglich zu halten. Die Frage, ob der Einspruchswerber tatsächlich nicht an den von ihm abgeleugneten Tathandlungen beteiligt war, muss vor dem Hintergrund der dargestellten belastenden, die Anklagethese stützenden Beweisergebnissen der Entscheidung des nach den Grundsätzen der Mündlichkeit, Unmittelbarkeit und freien richterlichen Beweiswürdigung erkennenden zuständigen Schöffengerichts vorbehalten bleiben, der vorzugreifen im Einspruchsverfahren nicht zulässig ist.
Da die Anklageschrift den Namen des Angeklagten sowie weitere Angaben zu seiner Person, zur Tatzeit, zum Tatort und zu den näheren Umständen der Begehung der ihm zur Last gelegten Taten sowie die gesetzliche Bezeichnung der durch sie verwirklichten strafbaren Handlungen iSd § 211 Abs 1 StPO benennt, leidet sie nicht an formellen Mängeln (§ 212 Z 4 StPO). Ebenso wenig fehlt der nach dem Gesetz erforderliche Antrag eines Anklageberechtigten (§ 212 Z 7 StPO) noch ist eine sachliche oder örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts (Z 5 und 6) erkennbar.
Da somit betreffend die Fakten A./1., A./2., A./3., A./4. und A./6. keiner der Fälle des § 215 Abs 2 bis 4 StPO vorliegt, ist der Einspruch insofern gemäß § 215 Abs 6 StPO abzuweisen und – weil auch das sachlich und örtlich zuständige Gericht angerufen wurde – die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift in diesem Umfang festzustellen.
Zutreffend verweist der Einspruchswerber hingegen darauf, dass sich ein hinreichender Tatverdacht in Bezug auf die Anklagepunkte A./5. und A./7. sowie B./1. und B./2. weder aus der Anklagebegründung, noch aus dem Akteninhalt ergibt. Damit erweist sich der Sachverhalt in Hinblick auf diese Anklagepunkte für eine Anklageerhebung nicht ausreichend ausgemittelt und war die Anklageschrift in diesem Umfang gemäß § 215 Abs 3 StPO zurückzuweisen.
Allerdings ergeben sich aus dem Ermittlungsakt Anhaltspunkte für mögliche zusätzliche Beweisaufnahmen, die eine weitere Klärung des Sachverhalts zur Intensivierung der Verdachtslage erwarten lassen. So wäre hinsichtlich der Anklagepunkte A./5. und 7. sowie B./1. und 2. in Bezug auf die jeweils gesicherten DNA-Spuren (vgl etwa ON 5.17, 7 und 11 [identisch mit ON 13] bzw ON 31.4, 17, ON 15.1, 5ff und ON 16, 14) zu prüfen, ob sich diese für einen direkten Vergleich mit dem DNA-Profil des Angeklagten eignen. Weiters liegt etwa betreffend Faktum A./7. und B./1. und 2. kein Auswertungsbericht zu den am beschädigten Wohnzimmer- bzw Badezimmerfenstern fotografisch dokumentierte Werkzeugspuren vor (ON 5.17, 12, ON 31.4, 17 und ON 16, 13).
Bei der gemäß § 214 Abs 3 StPO vorzunehmenden Prüfung der Haftfrage war die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den Gründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a und lit b StPO zu beschließen. Über den aufgrund gerichtlich bewilligter Festnahmeanordnung der Staatsanwaltschaft Eisenstadt (ON 32) am 1. Juli 2025 um 11.20 Uhr in Ungarn, ** festgenommenen (ON 50, 2; ON 51, 3) Angeklagten wurde am 3. Juli 2025 Auslieferungshaft verhängt (ON 51.3). Nach seiner Übergabe an die österreichischen Behörden in ** (ON 55, 1) und Einlieferung in die Justizanstalt Eisenstadt am 4. September 2025 wurde aus den Haftgründen der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr am 5. September 2025 mit Wirksamkeit bis 19. September 2025 die Untersuchungshaft verhängt (ON 57). Die für 18. September 2025 (ON 1.31) und dann 26. September 2025 (ON 1.36) angesetzte Haftprüfungsverhandlung fand nach Zurückziehung des Enthaftungsantrags (ON 66) nicht statt (ON 1.38).
Der in Erledigung des Anklageeinspruchs beschriebene Tatverdacht ist jedenfalls dringend im Sinne des § 173 Abs 1 StPO und ist auch qualifiziert anzunehmen, dass A* – wie oben dargestellt – im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit zumindest einem Mittäter gewerbsmäßig Einbruchsdiebstähle in Wohnstätten beging. In subjektiver Hinsicht besteht der dringende Verdacht, der Genannte habe den oben genannten Geschädigten fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert durch Einbruch in Wohnstätten mit Bereicherungsvorsatz wegnehmen wollen, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen in Wohnstätten eine längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Die subjektive Tatseite ist mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit aus den objektiven Umständen (vgl RIS-Justiz RS0098671; RS0116882), der mehrfachen Tatbegehung, den beiden im engsten Sinn einschlägigen Vorstrafen (Ecris-Auskunft in ON 20) und seiner tristen finanziellen Situation (ON 56, 2) abzuleiten. Ausgehend von diesem im Sinne des § 173 Abs 1 StPO qualifizierten Tatverdacht liegen nach Auffassung des Beschwerdegerichts auch die angezogenen Haftgründe der Flucht- und der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit a und b StPO, nicht aber der Verdunkelungsgefahr nach Z 2 leg cit vor.
Aufgrund der fehlenden sozialen Integration des ungarischen Staatsangehörigen im Inland, des Fehlens eines Wohnsitzes im Bundesgebiet (vgl. ON 56) und des massiven Fluchtanreizes aufgrund der drohenden Strafe steht konkret zu befürchten, er werde sich dem Verfahren durch Flucht zu entziehen suchen. Zwar kann mangelnde soziale Integration in Österreich alleine die Annahme der Fluchtgefahr nicht begründen, wenn die soziale Integration in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gegeben ist (vgl OGH 11 Os 31/08f, Mayerhofer/Salzmann, StPO 6 § 173 E 74). Doch ist im konkreten Fall aufgrund des offenbar unsteten Aufenthaltes des Angeklagten, der extra immer nach Österreich einreiste, um hier zu delinquieren (vgl. ON 54.4, 4), damit zu rechnen, er werde versuchen unterzutauchen. Im Hinblick auf die Zahl der Tatangriffe und seine beiden im engsten Sinn einschlägigen Vorstrafen in Ungarn (ON 20) besteht weiters die Gefahr, er werde auf freiem Fuß ungeachtet des wegen einer mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedrohten Straftat gegen ihn geführten Strafverfahrens eine strafbare Handlung mit schweren Folgen (Einbruch in Wohnstätten) begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist, wie die ihm angelastete Straftat mit schweren Folgen bzw eine strafbare Handlung mit nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist, wie die ihm angelastete strafbare Handlung, weil ihm nunmehr wiederholte Handlungen angelastet werden.
Verdunkelungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 2 StPO setzt konkrete Anhaltspunkte in der Person des Beschuldigten oder in der Tat voraus, aus denen auf die Besorgnis der Verdunkelung geschlossen werden kann. Die bloße Möglichkeit der Setzung von Verdunkelungshandlungen genügt ebensowenig wie die bloße Befürchtung, der Angeklagte werde nicht ausgeforschte Mittäter von den kriminalpolizeilichen Ermittlungen in Kenntnis setzen (Nimmervoll, Haftrecht³ Rz 515 ff). Fallbezogen wurden die Spuren an den Tatorten sichergestellt und liegen nun keine konkreten Anhaltspunkte für zukünftige Verschleierungsmaßnahmen vor.
Den angeführten Haftgründen kann im Hinblick auf ihre Intensität nicht effektiv (Mayerhofer/Salzmann, StPO 6§ 173 E 192) durch gelindere Mittel des § 173 Abs 5 StPO begegnet werden. Auch steht die Fortsetzung der erst knapp vier Monate andauernden Auslieferungs- bzw. Untersuchungshaft weder zur Bedeutung der Sache noch zu der im Falle eines Schuldspruchs zu erwartenden Strafe außer Verhältnis. Die (hypothetische) Möglichkeit einer bedingten Entlassung ist ebenso wenig wie jene einer (teil)bedingten Strafnachsicht Gegenstand der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 173 Abs 1 StPO (ua OGH 14 Os 63/10m). Ein Ausspruch über die Haftfrist hat mit Blick auf die vorliegende Anklage zu entfallen (§ 175 Abs 5 StPO).
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