Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* und weitere Angeklagte wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 zweiter Fall und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufungen des Zweitangeklagten B* wegen Strafe sowie des Drittangeklagten C* wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe jeweils gegen das Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt vom 16. Mai 2025, GZ ** 202.7, nach der unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Mag. Jilke, im Beisein der Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart des Oberstaatsanwaltes Mag. Hinterleitner, der Angeklagten B* und C* sowie deren Verteidiger Dr. Michaela Lehner und Dr. Christoph Neuhuber durchgeführten Berufungsverhandlung am 14. Oktober 2025 zu Recht erkannt:
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Zweit und Drittangeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen auch rechtskräftige Schuldsprüche anderer Angeklagter und einen Teilfreispruch des Drittangeklagten sowie einen Verfolgungsvorbehalt enthaltendenUrteil wurden die ungarischen Staatsangehörigen B* und C* jeweils des Verbrechens des teils versuchten schweren und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 zweiter Fall und 15 StGB (A./I./ und II./) sowie des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt und dafür, und zwar B* zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 28 Monaten und C* zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und sechs Monaten unter Anrechnung der Vorhaft verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben A*, B*, C* und D*
A./ fremde bewegliche Sachen Nachgenannten mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern,
I./ weggenommen, und zwar B*, C* und D*im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 StGB)
1./ im November 2024 in ** einem nicht mehr auszuforschenden Opfer mehrere Plastikkisten
2./ in der Nacht vom 13.12.2024 auf den 14.12.2024 in ** indem sie die Vorhängeschlösser von Holzcontainern unter Zuhilfenahme von Werkzeug aufzwickten sowie die Türe eines Bürocontainers mittels Brecheisens aufbrachen,
a./ Verfügungsberechtigten der E* GmbH Kabel und Kupferseile im Gesamtwert von ca. EUR 3.900,00,
b./ Verfügungsberechtigten der F* drei Bohrhammer Marke **, drei Motorsägen Marke **, zwei Flex Marke **, vier kleine Akku-Flex und ein Nivelliergerät Marke ** im Gesamtwert von EUR 7.357,00,
3./ am 21.12.2024 in ** Verfügungsberechtigten der Fa. G* einen Bohrer Marke ** im Wert von ca. EUR 600,00, zwei Bohrhammer Marke ** im Wert von je EUR 2.028,00 (insgesamt sohin EUR 4.056,00), eine Benzinwasserpumpe im Wert von EUR 189,68, einen Rüttelstampfer im Wert von EUR 1.700,00, eine Schneidemaschine Marke ** im Wert von EUR 1.800,00, eine Schneidemaschine Marke ** im Wert von EUR 1.100,00, eine Motorflex Marke ** im Wert von EUR 1.100,00 und Werkzeug Marke ** im Wert von EUR 1.564,00, indem sie
a./ beim Lagerplatz Süd das Vorhängeschloss des Einfahrtstors unter Zuhilfenahme von Werkzeug aufzwickten, die Vorhängeschlösser mehrerer Container durchtrennten, eine Containertüre mithilfe von Werkzeug aufbrachen und eine auf dem Pritschenwagen ** verwahrte Werkzeugtransportbox aufzubrechen versuchten,
b./ beim Lagerplatz Nord das Vorhängeschloss eines Containers aufzwängten und eine weitere Containertüre aufzubrechen versuchten sowie das auf dem Lagergelände abgestellt Fahrzeug ** durchsuchten,
II./ wegzunehmen versucht, und zwar A* , B*, C* und D*am 29.12.2024 in ** im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 StGB) Wertgegenstände der H* GmbH, indem D* - dem gemeinsamen Tatplan entsprechend - vor dem Lagerplatz Aufpasserdienste leistete sowie seine Mittäter im PKW zwecks gemeinsamen Abtransports der Beute und Weiterfahrt wartete, während C*, B* und A* den Zaun des Lagergelände der H* GmbH unter Zuhilfenahme eines Bolzenschneiders aufzwickten sowie einen weiteren Zaun durchtrennten, so in den Lagerplatz der H* GmbH gelangten und dort bei fünf Containern die Vorhängeschlösser mittels Bolzenschneiders aufschnitten, diese fünf und drei weitere unversperrte Container durchsuchten, jedoch ohne Beute flüchten mussten, weil sie durch die infolge Alarmierung eintreffenden Polizeibeamten vor der Tatvollendung gestört wurden, wobei A* , B*, C* und D*den Diebstahl jeweils als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung, nämlich dem auf zumindest mehrere Monate angelegten Zusammenschluss (zumindest) der Genannten, sohin von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung gewerbsmäßig Einbruchsdiebstähle in Container und Lagerplätze ausgeführt werden, unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung, indem sie zur Ausführung der Tat in einen Lagerplatz und umschlossene Räume einbrachen, sowie den Diebstahl durch Einbruch nach § 129 Abs 1 StGB gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 1 StGB) begingen bzw. zu begehen trachteten sowie sowie B*, C* und D* an Sachen, deren Wert insgesamt EUR 5.000,00 übersteigt begingen bzw. zu begehen;
B./ sich durch das im Zuge der nachstehenden Fahrten erfolgte Auskundschaften von Tatorten künftiger Einbruchsdiebstahlsangriffe als Mitglieder an der unter Pkt. A./ beschriebenen kriminellen Vereinigung durch Informationserlangung und Informationsweitergabe in dem Wissen beteiligt, dass sie dadurch die Vereinigung oder deren strafbare Handlungen fördern, nämlich B*, C* und D*im Jahr 2024 im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 StGB) im Zuge von Fahrten nach **, ** und **.
Bei der Strafbemessung wertete die Erstrichterin beim Zweit und Drittangeklagten den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die teilweise geständige Verantwortung als mildernd, als erschwerend demgegenüber das Zusammentreffen von strafbaren Handlungen und das getrübte Vorleben.
Gegen dieses Urteil richten sich die unmittelbar nach Entscheidungsverkündung angemeldeten Berufungen des Zweitangeklagten wegen Strafe und des Drittangeklagten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe (AS 86 in ON 202.6) ausgeführt in ON 257.1 bzw ON 256.1.
Den Rechtsmitteln kommt keine Berechtigung zu.
Zur Berufung des Drittangeklagten.
Mit Verfahrensrüge (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO) kritisiert C* die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung vom 16. Mai 2025 gestellten Anträge auf Vernehmung seiner Lebensgefährtin, deren Mutter und seines Schwagers zum Beweis dafür, dass er sich zu den angenommenen Tatzeitpunkten zu Faktum A./I./1./, 2./ und 3./ nicht an den jeweiligen Tatorten, sondern an seiner Wohnadresse aufgehalten habe (AS 73 in ON 202.6).
Eine gegen die Missachtung von Beweisanträgen gerichtete Verfahrensrüge kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie sich auf einen in der Hauptverhandlung gestellten entsprechenden Antrag bezieht, dem unabhängig von der Person des Antragstellers neben Beweismittel und Beweisthema zu entnehmen sein muss, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse und inwieweit dieses für Schuldund Subsumtionsfrage von Bedeutung ist, soweit dies nicht offensichtlich ist (§ 55 Abs 1 und Abs 2 StPO). Zunächst birgt der erst am Ende des Beweisverfahrens und damit erst fünf Monate nach der ersten Einvernahme des Drittangeklagten gestellte Beweisantrag die Annahme einer versuchtenVerfahrensverschleppung in sich. Wenn das Gesetz auch Prozessökonomie als Grund für die Abweisung eines Beweisantrags nur unter dem Gesichtspunkt der Undurchführbarkeit gelten lässt, wird vom Antragsteller eine umso eingehendere Begründung dafür verlangt, warum das angestrebte Beweisergebnis erwartet werden kann, je mehr sein Verhalten eine bewusste Verfahrensverzögerung erkennen lässt und je fraglicher die Brauchbarkeit des geforderten Verfahrensschrittes im Lichte der übrigen Beweisergebnisse ist (14 Os 55/08g). Neben dem Aspekt der möglichen bewussten Verfahrensverschleppung ist fallbezogen insbesondere beachtlich, dass der Drittangeklagte in seiner Beschuldigtenvernehmung am 26. März 2025 vor der Polizeiinspektion I* jedenfalls seine Anwesenheiten an den Tatorten zu Faktum A./I./ eingestanden hatte (ON 158.2). Ungeachtet der dahin geänderten und dann leugnenden Verantwortung des Drittangeklagten hätte dieser in seinem Beweisantrag umso genauer darlegen müssen, warum die von ihm beantragten Zeugen zum einen nach doch längerer Zeit und zum anderen just für die Tatzeitpunkte (zum Teil für den ganzen November) ihm ein Alibi geben könnten. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass die Tatzeiten in der Nacht anzunehmen sind und die Fahrt von Ungarn nach Österreich in wenigen Stunden zu bewältigen ist. Auch unter diesem Aspekt ist nicht zu erwarten, dass die beantragten Zeugen verlässliche Angaben zu den Anwesenheiten des Drittangeklagten machen könnten, müssten diese doch quasi rund um die Uhr zu diesem Kontakt halten.
Bezogen auf das Faktum C I erweist sich der Beweisantrag verfehlt, weil der Angeklagte von diesem Faktum freigesprochen wurde.
Mit Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) kritisiert der Angeklagte zunächst zu Faktum B./ dass zum Tatbestandsmerkmal längerer Zeitraum im Urteil jegliche Feststellung fehle.
Zu Faktum A./1./ und 2./ läge ein gewerbsmäßig schwerer Diebstahl nach § 130 Abs 1 zweiter Fall StGB nur dann vor, wenn die (geplanten) Einzelhandlungen einen schweren Diebstahl darstellten, nicht auch, wenn sich die Qualifikation des schweren Diebstahls nur aus der Zusammenrechnung nach § 129 (gemeint wohl: 29) StGB ergebe (schwerer und gewerbsmäßiger Diebstahl). Um eine entsprechende Qualifikation herbeizuführen fehle es an Feststellungen im Urteil.
Die prozessordnungsgemäße Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes erfordert striktes Festhalten an den tatsächlich getroffenen Urteilskonstatierungen in ihrer Gesamtheit und die auf dieser Grundlage zu führende Darlegung, dass dem Gericht bei Beurteilung des Urteilssachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen sei. Unerheblich ist dabei, ob die mit dem Gesetz zu vergleichenden Feststellungen einwandfrei zustande gekommen oder dargestellt sind oder erheblichen Bedenken begegnen (RISJustiz RS0099810).
Die zu Faktum B./ vermissten Feststellungen finden sich allesamt auf US 14, im Übrigen wenn die Rechtsrüge so zu verstehen ist legt sie nicht dar, warum das Vergehen der kriminellen Vereinigung neben einer Anlegung des Zusammenschlusses auf längere Zeit und seiner Ausrichtung auf die Ausführung gewisser strafbarer Handlungen auch eine (tatsächlich erfolgte) Delinquenz über einen längeren Zeitraum erfordern sollte.
Zu Faktum A./1./ und 2./ übersieht der Drittangeklagte, dass eine Subsumtion unter § 130 Abs 2 erster Fall StGB („gewerbsmäßig schwerer Diebstahl“) gar nicht erfolgte, sondern nach § 130 Abs 2 zweiter Fall StGB.
Auch die Berufung wegen Schuld geht fehl.
Die Tatrichterin hat unter Einbeziehung des von allen in der Hauptverhandlung Vernommenen gewonnenen persönlichen Eindrucks in ihrer Beweiswürdigung schlüssig und empirisch einwandfrei dargelegt, aufgrund welcher Verfahrensergebnisse nämlich der vor der Polizei noch zum Teil geständigen Verantwortung des Drittangeklagten, der an Einbruchswerkzeug haftenden DNA Spur des Drittangeklagten, der Bilder von Diebsgut auf seinem Handy und der belastenden Depositionen der Mitangeklagten sie zur Überzeugung vom konstatierten objektiven Handlungsablauf und der darauf gerichteten subjektiven Tatseite des Angeklagten gelangt ist (US 15 bis US 19).
Dem Berufungsargument der bloß laienhaften Tatbegehung, welche der erstgerichtlichen Annahme der Professionalität entgegenstünde ist auszuführen, dass fünf vollendete Diebstähle keinesfalls von laienhafter Begehung zeugen und die Art und Weise der wiederholten Tatbegehung ohne weiters einen vom Erstgericht gezogenen Schluss auf Professionalität und Gewerbsmäßigkeit zulassen. Versucht der Drittangeklagte aus dem abgeführten Beweisverfahren für ihn günstigere Schlüsse zu ziehen ist ihm entgegenzuhalten, dass selbst dann, wenn ein Verfahrensresultat mehrere Auslegungen oder Schlussfolgerungen zuließe, das Gericht keineswegs gehalten ist, sich die für den Angeklagten günstigste der sich anbietenden Varianten zu eigen zu machen, es kann sich vielmehr jeder Meinung bilden, die den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung nicht widerspricht (Mayerhofer StPO 6 § 258 E 42a). Diesen Anforderungen wurde die erstgerichtliche Beweiswürdigung jedenfalls gerecht.
Letztlich scheitert auch die Berufung wegen Strafe.
Die Erstrichterin hat die besonderen Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und angemessen gewichtet. Bei einem Strafrahmen von bis zu siebeneinhalb Jahren (§ 39 Abs 1 StGB) kann sich der Drittangeklagte durch die dreieinhalbjährige Unrechtsfolge nicht beschwert erachten, liegt diese doch ungeachtet seines mehrfach einschlägig getrübten Vorlebens noch knapp unter der Hälfte dieses Strafrahmens.
Warum bei näherer Betrachtung die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 StGB nicht vorliegen sollten, legt die Berufung nicht nachvollziehbar dar.
Der Berufung des Drittangeklagten war daher ein Erfolg zu versagen.
Zur Berufung des B*:
Auch beim Zweitangeklagten hat die Erstrichterin die Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und angemessen gewichtet. Entgegen dem Berufungsvorbringen sind auch ausländische Verurteilungenbei fallbezogen anzunehmenden Voraussetzungen des § 73 StGB als erschwerend heranzuziehen.
Bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren kann sich der Zweitangeklagte durch die Verhängung einer 28 monatigen Freiheitsstrafe nicht beschwert erachten, liegt doch auch diese Sanktion ungeachtet einschlägig getrübten Vorlebens noch innerhalb der ersten Hälfte des zur Verfügung stehenden Strafrahmens.
Fallkonkret gebieten bei beiden Angeklagten auch generalpräventive Erwägungen eine spürbare Freiheitsstrafe, um dieser geradezu ausufernden Form der Vermögenskriminalität entschieden entgegenzuwirken.
Den Berufungen war daher ein Erfolg zu versagen.
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