Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Röggla als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Schneider Reich und den Richter Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung aus der weiteren Unterbringung nach § 21 Abs 2 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 17. September 2025, GZ ** 13, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Begründung:
Der ** geborene A* verbüßt in der Justizanstalt Stein die über ihn mit Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt vom 18. April 2011 wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB verhängte Freiheitsstrafe von elf Jahren, wobei gleichzeitig seine Unterbringung in einem forensischtherapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB angeordnet wurde.
Er befindet sich seit 18. April 2011 im Maßnahmenvollzug, das Haftende der Strafe fiel auf den 17. November 2021, sodass sich der Untergebrachte nun rein im Maßnahmenvollzug befindet.
Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Erstgericht fest, dass die weitere Unterbringung des A* in einem forensischtherapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB notwendig sei.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 14) Beschwerde, auf deren Ausführung der Untergebrachte explizit verzichtete.
Die Beschwerde ist berechtigt.
Nach § 25 Abs 3 StGB hat das Vollzugsgericht mindestens alljährlich von Amtswegen zu prüfen, ob die Unterbringung nach (hier) § 21 Abs 2 StGB noch notwendig ist. Nach § 47 Abs 2 StGB ist die bedingte Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme zu verfügen, wenn nach der Aufführung und Entwicklung des Angehaltenen in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen anzunehmen ist, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, nicht mehr besteht.
Gegenständlich gründete das Erstgericht seine Entscheidung im Wesentlichen auf die, im angefochtenen Beschluss korrekt wiedergegebenen Stellungnahmen der Anstaltsleitung der Justizanstalt Stein und des Maßnahmenteams, der Äußerung der BEST und das psychiatrischen Sachverständigengutachten von Dr. B* vom 8. Dezember 2023 und erachtete im Hinblick darauf, dass keine wesentliche positive Änderung im therapeutischen Prozess oder sonstige Umstände, die eine Änderung der Beurteilung durch den Sachverständigen nahelegen, eingetreten seien, eine Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens derzeit als nicht indiziert und die weitere Anhaltung des Untergebrachten im forensisch therapeutischen Zentrum notwendig sei.
Es ist zwar richtig, dass im Verfahren wegen Entscheidung über die Notwendigkeit der weiteren Unterbringung die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie oder Psychologie nicht generell zwingend vorgeschrieben sein mag (RISJustiz RS0087517; Pieber WK² StVG § 162 Rz 18), es doch nach einem längeren Zeitablauf seit der letzten Begutachtung des Untergebrachten durch einen Sachverständigen beweismäßig im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand und seine Wesensart zur Klärung der Notwendigkeit der weiteren Unterbringung erforderlich sein kann, eine aktuelle Expertise einzuholen. Insbesondere in Fällen, in denen der Maßnahmenvollzug keine Freiheitsstrafe mehr vikariiert und das letzte Gutachten vor zwei Jahren erstellt wurde, kann es auch mit Blick auf die seither absolvierten Therapien und etwaige Behandlungsfortschritte, notwendig sein, ein aktuelles Sachverständigengutachten einzuholen (vgl. Pieber aaO), zumal eine Entscheidung nach § 47 Abs 2 letzter Halbsatz auf der Grundlage einer nicht hinreichend faktenbasierten Entscheidungsgrundlage eine Verletzung des darstellt (erneut Pieber aaO; RIS
Gegenständlich kommt die BEST in ihrer Äußerung vom 20. Mai 2025 zwar zum Ergebnis, dass angesichts der vorliegenden Informationen sich die Störung des Untergebrachten weiterhin praktisch unverändert darstelle, woraus das Erstgericht den Schluss zieht, dass die Einholung eines (aktuellen) Sachverständigengutachtens nicht geboten sei. Die BEST stützt das Ergebnis ihrer Äußerung allerdings im Wesentlichen auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. B* vom 8. Dezember 2023 sowie die Stellungnahmen des Herrn C* der D* aus dem Jahr 2024. Eine aktuelle Stellungnahme aus dem Jahr 2025 über die therapeutische Entwicklung des A* liegt nicht vor.
Ausgehend davon, dass in der Lehre bei einer eine Freiheitsstrafe nicht mehr vikariierende Unterbringung ein aktuelles Sachverständigengutachten einzuholen ist, wenn das letzte Gutachten vor mehr als einem Jahr erstellt wurde (Pieber WK² StVG § 162 Rz 18) und sich die gegenständliche Einschätzung im Wesentlichen auf Berichte, die zumindest ein Jahr zurückliegen und ein Gutachten, das nahezu zwei Jahre alt ist, stützt, war der angefochtene Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Einholung eines aktuellen Sachverständigengutachtens aufzutragen.
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