Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 2 Z 2 und 3 SMG über die Berufung der Staatsanwaltschaft Wien gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. Juli 2025, GZ **-7.3, nach der am 24. September 2025 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Röggla, im Beisein der Richterin Mag. Schneider Reich und des Richters Ing.Mag. Kaml als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Wallenschewski, des Angeklagten A* sowie seines Verteidigers Dr. Christian Werner durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen, auch ein rechtskräftiges Verfallserkenntnis enthaltenden Urteil wurde der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter und sechster Fall, Abs 2 Z 2 und 3 SMG schuldig erkannt und hiefür nach dem Strafsatz des § 28a Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten verurteilt, wovon gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil von 14 Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er in ** als Mitglied einer kriminellen Vereinigung vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabiskraut (beinhaltend die Wirkstoffe Delta-9-THC mit einem durchschnittlichen Reinsubstanzgehalt von 0,6 % und THCA mit einem durchschnittlichen Reinsubstanzgehalt von 7,91 %), in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen
I./ überlassen, und zwar im Zeitraum Dezember 2019 bis August 2020 in mehrfachen Angriffen zumindest 9.700 Gramm an bekannte und unbekannte Abnehmer;
II./ verschafft, und zwar am 17. August 2020 zwei unbekannten Abnehmern jeweils 500 Gramm, indem er diese für den Ankauf des genannten Suchtgifts an B* vermittelte.
Das Erstgericht wertete bei der Strafzumessung als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), das reumütige Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 15 StGB) sowie das beinahe fünf Jahre währende Wohlverhalten seit der Tat (§ 34 Abs 1 Z 18 StGB, RIS-Justiz RS0108563), erschwerend demgegenüber den langen Deliktszeitraum, die mehrfache Deliktsqualifikation sowie das Handeln aus Gewinnstreben (RIS-Justiz RS0106649, RS0130193 [T4]).
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 8), mit ON 10 fristgerecht zur Ausführung gelangte Berufung der Staatsanwaltschaft Wien mit dem Antrag auf Erhöhung der Freiheitsstrafe und Ausschaltung der teilbedingten Strafnachsicht, der keine Berechtigung zukommt.
Die Anklagebehörde bringt vor, das Gericht habe die Strafzumessungsgründe nicht entsprechend gewichtet bzw den Milderungsgründen zu viel Bedeutung beigemessen, und werde die Strafe insbesondere generalpräventiven Aspekten nicht gerecht.
Damit überzeugt sie nicht, denn das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe im Wesentlichen vollständig erfasst und auch angemessen gewichtet und ist unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungsregeln des § 32 StGB sowie spezial und generalpräventiver Aspekte ausgehend von einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe zu einer rund ein Fünftel ausmachenden zwar milden, jedoch gerade noch schuld und tatangemessenen Strafe gelangt, die keiner Erhöhung bedarf.
Dabei war entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft den vorliegenden Milderungsgründen besonders große Bedeutung beizumessen. Der Angeklagte verantwortete sich nämlich umfassend, reumütig und zur Wahrheitsfindung beitragend geständig (ON 7.2, S 2 ff), nachdem der Verdacht auf ihn aufgrund von im Rechtshilfeweg beigeschafften Unterlagen eines Joint Investigation Teams der französischen Behörden mit Belgien und den Niederlanden (Daten vom Server des Krypto-Messenger-Dienstes **) gefallen war. Er schilderte seine Motivation, sich Ende 2019 der kriminellen Vereinigung anzuschließen (schwere Erkrankung des Vaters, Kosten für Therapien und Ausfall von Unterstützungen, die mit seinem Einkommen als Kraftfahrer nicht zu bewältigen waren), den Ablauf des Suchtgifthandels, die Mengen und Preise und auch unwiderlegbar, dass er im August 2020, also vor mittlerweile über fünf Jahren, freiwillig – und sogar unter Bedrohung und Attacken anderer Mitglieder der Tätergruppe – aufgehört hat und ausgestiegen ist. Dies sowie der bis dahin ordentliche Lebenswandel des Angeklagten stellen so gewichtige Umstände dar, die eine Erhöhung der Strafe auch aus dem Aspekt der Generalprävention und unter Berücksichtigung der mehrfachen Qualifikation, der Menge und des professionellen Handelns aus Gewinnstreben nicht rechtfertigen; ein langer Tatzeitraum ist hier nicht anzunehmen (nach der Spruchpraxis erst ab mehr als einem Jahr, siehe Riffel in WK-StGB § 33 Rz 4 mwN).
Ein Gebrauchmachen von der Rechtswohltat teilbedingter Strafnachsicht ist wiederum insbesondere aus spezialpräventiven Aspekten weitaus sinnvoller als der Vollzug einer längeren Freiheitsstrafe, ist der Angeklagte doch voll sozial (wirtschaftlich, beruflich und familiär) integriert, arbeitet seit Jahren als Kraftfahrer bzw Logistiker mit einem Nettoeinkommen von EUR 3.000,--, sorgt für seine Frau und drei Kinder und hat sich seit Jahren von der kriminellen Lebensführung und den anderen Tätern der Gruppe distanziert, sodass – ohne eine Bagatellisierung der Taten herbeizuführen – die Berufung der Staatsanwaltschaft erfolglos bleiben muss.
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