Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht hat am 19. September 2025 durch die Richterin Mag. Maruna als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Frigo und Dr. Bahr als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen § 75 StGB und im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des Genannten in einem ForensischTherapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über die Berufung der Staatsanwaltschaft Wien gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht in Strafsachen junger Erwachsener vom 7. Juli 2025, GZ ** 45.3, in der in Gegenwart der Oberstaatsanwältin HR Mag. Riener, des Angeklagten A* und seines Verteidigers Dr. Rudolf Mayer durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 17 Jahre erhöht.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde der am ** in ** geborene österreichische Staatsbürger A* des Verbrechens des Mordes schuldig erkannt und unter aktenkonformer Vorhaftanrechnung sowie unter Anwendung des § 19 Abs 1 iVm Abs 4 Z 1 JGG nach § 75 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt.
Unter einem ordnete das Erstgericht gemäß § 21 Abs 2 StGB die Unterbringung in einem forensisch therapeutischen Zentrum an.
Nach dem Inhalt des Wahrspruches hat A* am 18. Februar 2025 in ** B* durch das Versetzen von zahlreichen Faustschlägen und Fußtritten, wodurch das Opfer ein schweres Gesichtsschädeltrauma mit Blutverlust nach außen erlitt, getötet.
In der Strafzumessung wertete das Geschworenengericht das umfassende und reumütige Geständnis, den bisherigen ordentliche Lebenswandel, den Umstand, dass A* die Tat zwar nach Vollendung des 18., aber vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangen hat und die Herabsetzung der Dispositionsfähigkeit mildernd, hingegen erschwerend den Umstand, dass der Angeklagte grausam (dies unabhängig von der psychischen Verfassung als erschwerend zu werten) und unter Einsatz eines außergewöhnlich hohen Ausmaßes an Gewalt gehandelt hat.
Die Unterbringung in einem forensischtherapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB gründete das Geschworenengericht auf die besonders hohe Gefährlichkeit, die vom Angeklagten ausgehe, der lediglich mit der Anordnung der Unterbringung entgegenzuwirken sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 46) und fristgerecht ausgeführte Berufung der Staatsanwaltschaft (ON 49), mit der sie eine Erhöhung der Freiheitsstrafe anstrebt.
Der Berufung kommt Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe zutreffend zur Darstellung gebracht, diese aber – wie die Staatsanwaltschaft zu Recht moniert - nicht richtig gewichtet.
Nicht im Recht ist die Staatsanwaltschaft mit ihrem Einwand, der Milderungsgrund des reumütigen Geständnissen sei zu relativieren, weil der Angeklagte sich zwar geständig zeigte, jedoch nur – selbst unter Berücksichtigung der gutachterlich festgestellten psychischen Erkrankung - eingeschränkt reumütig. Ein reumütiges Geständnis nach § 34 Abs 1 Z 17 erste Variante StGB verlangt das Zugeben des vorgeworfenen Sachverhalts sowie ein Schuldbekenntnis im Sinne einer Verantwortungsübernahme (vgl Birklbauer/Stiebellehner , SbgK § 34 Rz 122). Gerade bei der Persönlichkeit des Angeklagten, der von Beginn an die Tat gestand und auch bei den Jugenderhebungen (ON 22.2,6: Sie „ist 47“ und habe zwei Kinder gehabt; „Ich bin der Mörder einer Mutter, die Frau ist jetzt tot“; das „pack ich gar nicht“ , ON 4, 9: „Zu den Geschehnissen im laufenden Verfahren präsentiert er sich reuig und schockiert. Im Gespräch ist eine Opferempathie und Perspektivenübernahme möglich. Er übernehme die volle Verantwortung für sein Verhalten, wobei er den Ursprung der Tat in seinem Suchtmittelkonsum sehe und zeigt selbtsbestrafende Tendenzen.“ ) sich reuig und schockiert gezeigt hat, dies nur unter dem Eindruck einer Geschworenenverhandlung nicht so zum Ausdruck bringen konnte, dürfen nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden, weshalb sehr wohl ein reumütiges Geständnis vorliegt.
Entgegen den Ausführungen der Staatsanwaltschaft wertete das Erstgericht auch nicht die Enthemmung durch den Suchtgiftkonsum vor der Tat (RIS-Justiz RS0091056) mildernd, sondern nur die zur Tatzeit aufgrund seiner psychiatrischen Grunderkrankung herabgesetzte Dispositionsfähigkeit. Der Angeklagte hat die Tat nämlich unter dem Einfluss einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, nämlich einer tat(mit)bestimmenden kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen, Borderline, aggressiv–explosiven und dissozialen Anteilen (ICD 10, F 61) sowie einer Polytoxikomanie, (derzeit abstinent in beschützender Umgebung [ICD 10, F 19]) begangen (SV-GA ON 34.2, 32 ff; § 34 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB, RIS-Justiz RS0090247; [T1]; Leukauf/Steininger/
Hingegen ist die Staatsanwaltschaft im Recht, dass der Handlungsunwert auffallend hoch ist, weil der Angeklagte bei der Tatbegehung ein außergewöhnlich hohes und langanhaltendes Ausmaß an Gewalt einsetzte.
Nach dem medizinischen Sachverständigengutachten starb das Opfer infolge eines schweren Gesichtsschädeltraumas mit Trümmerbrüchen, ausgeprägter Blutunterlaufung der Augenlider und tiefreichenden Weichgewebsdefekten, insbesondere in der linken Augenregion mit Blutverlust nach außen und Einatmung von Blut bis in die tiefen Atemwege. Dieses ausgeprägte Verletzungsbild im Gesicht, einer hochsensiblen Körperregion, lässt sich vorwiegend durch mehrfache heftige stumpfe Gewalteinwirkung erklären und mit zahlreichen Faustschlägen und allenfalls auch Tritten gegen das Gesicht in Einklang bringen. Überdies wurden beidseitigen Rippenbrüche und der Bruch des Brustbeines festgestellt, was auf eine stumpfe Gewalteinwirkung gegen den Brustkorb deutet und auch Einblutungen in die Halsweichteile und Brüche am Kehlkopfskelett sowie punktförmige Einblutungen in die Gesichtshaut, die auf eine Kompression der Halsweichteile hinweisen, die sich allenfalls begünstigend auf den Eintritt des Todes ausgewirkt hat (ON 39.2, 9).
Aus der beschriebenen besonderen Brutalität und der zahlreichen Verletzungen, vor allem im Gesicht des Opfers, welche letztendlich zum Tod führten, erhellt somit ein äußerst hohes Aggressionspotential des Angeklagten sowie ein auffallender Charaktermangel.
Bei rechtbesehener Abwägung der dargestellten Strafzumessungserwägungen erweist sich die über den Angeklagten verhängte Sanktion in Ansehung der ihm zu Last gelegten Tat insgesamt als nicht schuldadäquat und dem Unrechtsgehalt der Tat gerecht werdend. Unter Berücksichtigung, dass der Angeklagte die Gewalttat, wenngleich auch durch den Suchtgiftkonsum bedingt und enthemmt, ohne jeglichen fassbaren begreiflichen Anlass mit besonderer Brutalität ausführte, gilt es, dem Angeklagten das Unrecht seiner Tat besonders nachhaltig vor Augen zu führen, um ihn in Hinkunft zu einem rechtstreuen Leben zu bewegen. Die vom Erstgericht ausgemittelte Sanktion trägt den spezialpräventiven Strafzwecken nicht in ausreichendem Maß Rechnung, sodass sie im Hinblick auf die in der Tat zum Ausdruck kommende aggressionsbereite Täterpersönlichkeit wie im Spruch ersichtlich zu korrigieren war.
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